Alles aus dem Hahnen

Der Pionier in Sachen 100-°C-Hahnen ist Quooker aus den Niederlanden. Eine Lösung für das Mineralwasser zu Hause hat das Unternehmen jedoch nicht im Programm. Bild: Quooker

Küchenarmaturen mit Mehrwert.  Kochend heisses Wasser, normales Warm- und Kaltwasser und dann noch gekühltes und gefiltertes Mineralwasser aus dem Wasserhahn: Immer mehr Küchenarmaturen können dies, auch wenn es dann manchmal zwei davon sein müssen.

Keinen Platz für den Wasserkocher zu brauchen, weil er überflüssig geworden ist, und nie wieder Mineralwasserkästen schleppen. Das geht mit Küchenarmaturen, die neben Kalt- und Warmwasser zusätzliche Funktionalitäten haben. Die Vorteile liegen auf der Hand. Trinkwasser ist eines der am besten kontrollierten Lebensmittel überhaupt. Wer sein Mineralwasser selbst zubereitet, spart nicht nur Kistenschleppen, sondern schont die Umwelt, weil die Transportwege und der Energieeinsatz für die Flaschen entfallen. Das kochende Wasser aus dem Hahn hat vor allem praktische Relevanz, es wird immer nur so viel entnommen, wie auch gebraucht wird.

Inzwischen gibt es eine stattliche Produktpalette für kochend heisses Wasser und auch für die Mineralwasserzubereitung direkt am Wasserhahn. Doch das Feld ist etwas unübersichtlich. Das liegt daran, dass die Produkte in ihrem Mehrwert und auch der Funktionsweise je nach Hersteller unterschiedlich ausfallen. Bislang war es so, dass für die Umsetzung aller Funktionalitäten zwei Hähne nötig waren. «Wir haben uns das angeschaut, aber da braucht man noch eine zweite Armatur für das normale Wasser. Deshalb haben wir uns dagegen entschieden», schreibt ein Kosument auf haus-forum.ch zu seinen Überlegungen, eine 100-ºC-Armatur in der neuen Küche zu realisieren. Dem Kunden könnte heute geholfen werden. Denn inzwischen gibt es zwei Armaturen mit entsprechender Technik dahinter, oder besser gesagt darunter, die alles können.

Nur zwei echte Alleskönner

Auch Urs Jäger, Geschäftsführer der Soda Fresh Schweiz AG im aargauischen Seon, hatte einen Kunden, der zusammen mit dem Kalt- und Warmwasserhahn auch Mineralwasser sowie kochend heisses Wasser realisiert haben wollte. «Aber dieser wollte keine zwei Hähne», so Jäger. Also machte sich der gelernte Hammerschmied auf, einen Hahnen zu konstruieren, der die ganzen technischen Funktionen in sich vereint. Heraus kam die Armatur «Lugano», die fünf Sorten Wasser liefert. Normales Kalt- und Warmwasser kommt über den Einhebelmischer. Durch Antippen auf dem Bedienpanel erhält der Benutzer entweder gefiltertes, gesprudeltes oder 98 Grad heisses Wasser.

Kochendes und gekühltes Trinkwasser mit oder ohne Kohlensäure und gleichzeitig eine normale Küchenarmatur bietet auch «AIO» aus dem Hause Clage. Die Besonderheit ist dabei, dass Kühler und Boiler in einem Gehäuse untergebracht sind.

Bei Grohe hat man die Linien «Blue» und «Red» geschaffen, die entsprechend sprudelndes respektive kochendes Wasser liefern. Will man alles, braucht es zwei Hähne, von denen einer dann auch als Mono-Version mit nur einer Funktionalität ausgestattet sein kann, entweder der Mineralwasserzapfstelle oder dem Kochwasser. Besonderheit bei «Blue» von Grohe sind die drei unterschiedlich gekühlten und gefilterten Trinkwasser. Still, medium oder sprudelnd kann direkt am Hahn eingestellt werden, ganz nach Belieben.

Der niederländische Hersteller Quooker konzentriert sich auf die Anlagen für kochend heisses Wasser. Der Pionier in diesem Bereich bietet damit ein formschönes und funktionales System. Wer allerdings auch noch Mineralwasser möchte, müsste entweder eine weitere Armatur haben oder gleich auf ein anderes System gehen.

Unterschiede in der Technik

Technisches Herzstück für die Aufbereitung von Mineralwasser aus dem Hahn ist die Einheit von Kühler, Kohlendioxidflasche und vor allem dem Filter. «Beim Kühler sind zwei Leistungsdaten ganz entscheidend: der Geräuschpegel und der Energieverbrauch im Standby-Betrieb», weiss Urs Jäger von Soda-Fresh. Die Geräuschemis- sion der am Markt befindlichen Kühlag- gregate liegt je nach Gerät zwischen 40 und 55 dB. Und das sind bedeutende Unterschiede, wenn man bedenkt, dass 10 dB Unterschied eine Verdopplung der empfundenen Lautstärke darstellt.

«Unser Gerät ist so leise, weil wir eine andere Technik beim Lüfter einsetzen, die besonders geräuscharm ist», erklärt Jäger. Ähnlich zeigt sich die Situation beim Stromverbrauch im Standby-Modus: Hier reicht die Spanne der Geräte von 0,06 bis 1,5 kWh (dann inklusive Kochwasserboiler) Verlustverbrauch pro Tag. Ein separater Boiler zum Erhitzen des Wassers auf etwa 100 ºC kommt im Durchschnitt mit 15 bis 20 W aus, was einem Tagesverbrauch von 0,36 bis 0,48 kWh entspricht.

Da kochend heisses Wasser auch eine Gefahrenquelle darstellt, weisen die Armaturen mit Kochwasser-Funktionalität eine Kindersicherung auf. Lediglich bei Dornbracht verzichtet man auf eine solche explizite Einrichtung. Stattdessen funktioniert die Hebelarmatur nach dem Prinzip «Totmannschaltung». Wird der Hebel losgelassen, stoppt der Wasserfluss.

Die Volumina der Boiler liegen zwischen 1,5 und 8 Litern. Nach der Anzahl und den Gewohnheiten der Benutzer richtet sich die Kapazität. Beachten sollten man dabei aber auch, dass die Grösse für die Aufheizzeit entscheidend ist. Der schnellste Boiler schafft dies in 10 Minuten, ein grosses 8-Liter-Gerät braucht dafür schon eine halbe Stunde.

Was gefiltert werden muss

Es herrscht auch unter Fachleuten durchaus Uneinigkeit darüber, ob nun das Trinken von Mineralwasser aus Flaschen oder von gefiltertem Hahnenwasser die bessere, weil gesündere Variante ist. Alle Anbieter der Technik für das Mineralwasserwerk zu Hause haben eine Filtereinheit mit verbaut. In der Regel handelt es sich dabei um Ak-tivkohlefilter als Ionentauscher, die den Wassergeschmack durch die Filterung von Chlor, Schwermetallen sowie Geruchs- und Geschmacksstoffen verbessern. Auch der Härtegrad des Wassers wird dadurch ein- geregelt, wobei das Wasser etwas Kalk braucht, damit es die Kohlensäure überhaupt aufnehmen kann. Das Wasser vor Ort sollte man in jedem Fall kennen, um die optimale Filterpatrone zu finden. Und: Ein Filter verringert auch den verfügbaren Wasserdruck. «Bei 3,5 Bar Druck sollte der Filter aber keinerlei Auswirkungen auf den Wasserdruck haben», erklärt Urs Jäger. Die Intervalle für den nötigen Wechsel der Filterkartuschen liegen für gewöhnlich bei sechs Monaten oder einmal jährlich. Dies sollte unbedingt beachtet werden, weil sich sonst die Filterfunktion umkehrt. Die gesammelten Schadstoffe werden dann in höherer Konzentration vom Filter an das Wasser abgegeben.

Den Platz rechtzeitig einplanen

Mehr als 900 Millionen Liter Mineralwasser werden pro Jahr in der Schweiz getrunken. Ein enormer logistischer Aufwand und auch Material- und Energieeinsatz mit entsprechenden Begleiterscheinungen. Sein Mineralwasser selbst zuzubereiten, ist hier sicher eine gute Alternative, unabhängig davon, ob man auch noch den Wasserkocher abschaffen möchte und durch einen zentralen Kochwasserboiler ersetzt.

Einen Nachteil hat die ganze Technik unter dem Spülbecken: Der sonst als Abfalltrennsystem genutzte Platz muss einen neuen Standort finden. Da die Montage der Technik durch einen Installateur erfolgen muss, empfiehlt es sich, bei der Küchenplanung frühzeitig die Zusammenarbeit zu suchen. Denn je nach verwendetem Produkt braucht es im Detail unterschiedliche konstruktive Massnahmen, vor allem für die Lüftungsöffnungen im Korpus. Dass die durch die Geräte erwärmte Luft auch wieder abfliessen kann, ist dabei entscheidend. Sonst währt die Freude am Wassergenuss nicht lange.

www.soda-fresh.chwww.clage.dewww.grohe.chwww.quooker.chwww.dornbracht.comwww.blanco.ch

ch

Veröffentlichung: 10. März 2016 / Ausgabe 10/2016

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