Diskret die Akustik verbessern

Mit fahrbaren Stellwänden wurde die Raumakustik dieses Mehrzweckraumes nachträglich verbessert. Die Mikroperforation der Flächen ist fast nicht zu erkennen. Bild: Lignokustik AG

Mobile Stellwände.  Mehr Diskretion und Privatatmosphäre sollen Stellwände in erster Linie bringen. Sie können aber auch die Raumakustik und damit die Sprachverständlichkeit optimieren. Der Markt bietet neben den Modellen mit textilen Oberflächen auch Schreinerlösungen an.

Aus Grossraumbüros sind sie nicht wegzudenken, die mobilen Stellwände. Sie bieten Sichtschutz und helfen in vielen Fällen mit, den Raumschallpegel zu reduzieren. Auf Büroeinrichtungen spezialisierte Unternehmen bieten zahlreiche verschiedene Systeme an, viele davon mit schallabsorbierender Wirkung. Ihre Oberflächen bestehen in den meisten Fällen aus textilen Bespannungen.

Holzwerkstoffe statt Textilien?

Mit Holzwerkstoffen lassen sich erwiesenermassen schallabsorbierende Flächen mit guter Wirkung herstellen. Warum kommen solche Elemente oft an Decken, Wänden und Schrankfronten zur Anwendung, aber relativ selten an mobilen Stellwänden? Einer der Gründe für diese Situation ist sicher bei den Kosten zu suchen. Elemente mit Stoffbezügen lassen sich relativ preisgünstig herstellen. Deshalb sind sie im Massenmarkt weit verbreitet. In weitläufigen Grossraumbüros stellt man die Arbeitsplätze häufiger um. Hier sind preisgünstige Stellwände mit Stoffbezug sicher gerechtfertigt. In kleineren Büros mit nur zwei oder drei Arbeitsplätzen gibt es aufgrund der Grundrisssituation weniger Möglichkeiten, sie anders einzurichten. Hier kommen eher hochwertige Stellwände mit Holzoberflächen zum Einsatz. Holz erfordert zwar tendenziell dickere Konstruktionen und ist relativ schwer. Dieser Nachteil wird aber durch die widerstandsfähigen Oberflächen wettgemacht.

Die Lignokustik AG stellt Akustikelemente her. Geschäftsleiter Albert Glaus nennt verschiedene Argumente, die für schallabsorbierende Oberflächen aus Holzwerkstoffen sprechen: «In einigen Einsatzgebieten empfehlen sich Holzoberflächen aufgrund ihrer Robustheit, zum Beispiel überall dort, wo regelmässig Kinder spielen.»

Es werde bei Höhen über 200 cm schwierig, mit textilen Stoffen bezogene Elemente aus einem Stück herzustellen. Das Gleiche gelte für Stoffpaneelen, die über 80 cm breit sein sollen. Im Gegensatz dazu liessen sich mit Holzwerkstoffen fast beliebig grosse Elemente einteilig herstellen, sagt Albert Glaus.

Nachträglich verbessern mit Stellwänden

Oft kommen mobile Stellwände als Sichtschutz zum Einsatz, also dort, wo man etwas optisch trennen will. Weil die zusätzlichen Wandflächen gleichzeitig eine Möglichkeit bieten, die Raumakustik zu verbessern, führt man sie häufig schallabsorbierend aus.

Es gibt aber auch Fälle mit umgekehrten Vorzeichen: Bei schlechten raumakustischen Bedingungen sind nachträglich ergänzte Stellwände eine gute Möglichkeit, die unbefriedigende Situation zu verbessern. Albert Glaus erzählt von einem solchen Objekt. «In dem betreffenden öffentlich genutzten Raum wurde relativ viel Geld in den Umbau investiert, auf die Raumakustik hat aber niemand richtig geachtet. Bei den ersten Veranstaltungen kam dann das grosse Aha-Erlebnis.»

Deshalb hat man mithilfe von schallabsorbierenden Stellwänden die Akustik verbessern müssen. «Bei nachträglichen Massnahmen braucht es in der Regel hoch absorbierende Elemente», erklärt Albert Glaus. «Nur so lässt sich auf den meist beschränkten Flächen noch die notwendige Wirkung erzielen.» Man müsse halt von Fall zu Fall abklären, welche Art von Elementen sich am besten eigne. Für Trennwände in Büros habe seine Firma auch schon geschlitzte Platten eingesetzt. Im erwähnten Mehrzweckraum habe man jedoch auf eine Mikroperforation mit Lochdurchmessern von 0,4 mm gesetzt. «Hier waren die Anforderungen sehr hoch, nicht zuletzt, weil der Raum bis in die Dachschräge reicht. In solchen Räumen ist es besonders schwierig, eine gute Akustik zu erreichen.»

Weil der Saal sehr unterschiedlich genutzt wird, rüstete man die mobilen Wände zudem mit Laufrollen aus.

Schallabsorption im Programm

Einfache Stellwandmodelle für den Bürobereich basieren in der Regel auf sichtbaren Metallkonstruktionen, an die mit Stoff bespannte Paneele gehängt werden. Das würde an sich auch mit Holzelementen funktionieren, wird aber selten so ausgeführt. «Als wir unser System ‹Tamos Silence› entwarfen, ging es nicht darum, eine preisgünstige Stellwand zu entwickeln. Wir wollten unseren Kunden primär etwas Schönes bieten», erklärt Urs Zurbuchen von der Zurbuchen Büromöbel AG in Amlikon. «Auch die Absorptionswerte standen nicht im Zentrum. Die haben wir erst später, für ein spezielles Projekt, bei der Empa messen lassen. Die Resultate fielen aber erstaunlich gut aus.»

Das auf die Herstellung von Büromöbeln spezialisierte Unternehmen kam über einen Kundenauftrag zum Thema Akustik. Es ging darum, Druckernischen attraktiv zu verkleiden. Die dort gewonnenen Erkenntnisse liess man anschliessend in die Produkte des eigenen Programms einfliessen. «Seit einigen Jahren nimmt im Bürobereich der Bedarf nach Stauraum ab. Diese Entwicklung wollen wir kompensieren mit Adaptionselementen wie etwa Stellwänden.»

Das Produktionsunternehmen spricht gehobene Kundensegmente an. Deshalb passt auch die geschweifte Stellwand «Wave» ins Programm, deren formverleimte Sandwichkonstruktion in der Herstellung sehr aufwendig ist. «Die Kunden müssen jedoch auf Anhieb vom Äusseren dieses Modells überzeugt sein. Nur so können wir es verkaufen. Wenn der Preis wichtig ist, kommen wir damit nicht zum Zug», erläutert Urs Zurbuchen seine Erfahrung.

Flexibel organisierbar

«Unser Stellwandsystem soll einerseits Diskretion bieten, andererseits so weit den Schall absorbieren, dass Gespräche unter angenehmen akustischen Bedingungen möglich sind», erklärt Marc Nafzger die Grundidee, die hinter «Divisio» steckt. Das System der Gehri AG aus Aarberg wurde als Ergänzung zu den Beraterinseln für den Dienstleistungsbereich entwickelt, welche das Unternehmen ebenfalls herstellt.

Der modular aufgebaute Raumteiler eignet sich im Büro ebenso wie im Schaufenster oder in der Empfangs- und Kundenzone. Die Paneele sind wahlweise in satiniertem Acrylglas, farbig lackiert oder furniert erhältlich. Schallabsorbierende Oberflächen werden von der eigenen Schreinerei mit dekorativ wirkenden Schlitzbahnen und einem Sandwichaufbau ausgeführt.

Die Funktion von «Divisio» geht über den Sichtschutz und die Schallabsorption hinaus: Zubehör wie Prospektablagen, Posterschienen, Beleuchtungs- und Regalkomponenten lassen sich an den Elementen fixieren und erlauben dadurch einen flexiblen Einsatz. Das System wird ebenfalls anderen Schreinereien für die Anwendung bei deren Kunden angeboten.

www.lignokustik.chwww.zurbuchen.comwww.gehri.ch

Durch raumakustische Massnahmen wird die Schallreflexion an Böden, Wänden und Decke reduziert. Dies führt zu einem geringeren Raumschallpegel. Schallschluckende Stellwände senken den Pegel ebenfalls. Sie sind allerdings nur in Kombination mit einer Akustikdecke sinnvoll. Fehlt diese, werden die Schallwellen an der Decke reflektiert, was die Wirkung von Stellwänden praktisch aufhebt.

In Büros liegt die optimale Stellwandhöhe im Bereich von 160 cm. Stehenden Personen ermöglicht diese Höhe noch einen gewissen Weitblick. In der Praxis wählt man für kleinere Räume tendenziell niedrigere Wände, um das Gefühl des Eingeschlossenseins zu vermeiden.

Veränderte Ausgangslage

Die Geräuschkulisse heutiger Büros hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Viele Geräte sind leiser geworden. Computer und Notebooks verursachen kaum noch Betriebsgeräusche, es ist fast nur noch das Klicken der Tastaturen zu hören. Drucker und Kopierer sind im Standby-Modus fast geräuschlos und verursachen bei entsprechender Einhausung selbst im Betrieb nur wenig Lärm. Das Klingeln von Telefonen ist durch unterschiedliche Klingeltöne und variable Lautstärkenregelung erträglicher geworden.

Gleich geblieben ist jedoch die Lautstärke der menschlichen Stimme. Mit dem leiseren Hintergrund- oder Umgebungspegel und der konstant gebliebenen, eher lauteren Sprechweise entsteht durch den ständigen Wechsel von leise zu laut eine sehr unruhige, dynamische Geräuschkulisse. Unfreiwillig mitgehörte Gespräche führen bei den Betroffenen oft zu Stress und Unbehagen. Untersuchungen zeigen, dass Zwangs-Zuhören und Zwangs-Gehörtwerden zu Leistungsverlust führen.

hw

Veröffentlichung: 01. Februar 2013 / Ausgabe 5/2013

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