Am Ende bleibt nur die Trennung

Brettsperrholz prägt ein neues Mehrfamilienhaus in Bern Bümpliz. Die Decke erhält die nötige Masse durch eine Splittschüttung. Bild: Nils Sandmeier (Timbatec)

Schallschutz.  Im Grossen wie im Kleinen ist die Entkoppelung von Bauteilen das zentrale Element für einen wirksamen Schallschutz, wenn mit Holz gearbeitet wird. Was bei neuen Gebäuden wirksam realisiert wird, sorgt bei Umbauten immer wieder für Fragezeichen.

Ringhörige Gebäude aus Holz sind heute weitestgehend Geschichte. Das gilt zumindest dann, wenn der Schallschutz im Neubau hinreichend beachtet und die Massnahmen dazu korrekt ausgeführt werden. «Der Holzbau erfüllt die Schallschutzvorschriften heute problemlos», schreibt die Timbatec Holzbauingenieure Schweiz AG auf ihrer Internetseite. Das Unternehmen hat sich mit zahlreichen Projekten und Beweisen ihrer Lösungskompetenz einen Namen gemacht. Inzwischen betreibt Timbatec Büros in Thun, Zürich, Bern, Delémont und Wien. Das Wichtigste für einen guten Schallschutz im Holzbau seien mehrlagige Konstruktionen mit guter Trennung der einzelnen Schichten. So würden die Schallneben- wege unterbrochen. Darüber hinaus brauche es schwere, aber zugleich biegeweiche Schichten.

Die Wirksamkeit der Schalldämmung bei mehrschaligen Bauteilen beruht auf dem Prinzip des Wechsels von Masse und Feder. Werden grosse Massen und weiche Federn eingesetzt, bricht die Schallübertragung wegen des unterschiedlichen Verhaltens der Materialien ein.

Die Schalldämmeigenschaften von einschaligen Bauteilen mit monolithischem Aufbau hängen dagegen von ihrer Masse und der Steifigkeit ab. Im Allgemeinen gilt: je mehr Masse, desto besser die Schalldämmung. Deshalb ist der Holzbau – auch in massiver Form mit Brettsperrholz – für einen guten Schallschutz mit einschaliger Konstruktion wenig geeignet.

Holz mit Beton ist keine Lösung

Die Holz-Beton-Verbunddecke war deshalb in der jüngeren Vergangenheit oft die erste Wahl bei Neubauten, aber auch bei Umbauten in Holz. Dem Holz allein fehlt die nötige Masse, um die Fortsetzung tiefer Frequenzen wirksam zu unterbinden. Diese werden etwa durch das Begehen der Deckenkonstruktion verursacht. Abgesehen von einzelnen speziellen Konstruktionen, die mittels Fertigteil-Verbinder rückbaufähig sind, schafft die übliche feste monolithische Verbindung von Beton und Holz jedoch ein Verwertungs- und Müllproblem. Lange nur ein Aspekt am Rande, findet das nachhaltige Bauen zunehmend Beachtung.

Laut Bundesamt für Umwelt (Bafu) ist die Bautätigkeit mit 84 % für den grössten Anteil des Abfallaufkommens in der Schweiz verantwortlich. Allein rund 17 Mio. Tonnen an Müll entfielen jährlich auf Rückbaumaterial. Kein Wunder muss die Branche bessere Lösungen finden als den Einsatz von Beton und Verbundmaterialien, wenn sie ihren Beitrag zur Senkung der CO2-Emissionen leisten will. Die Herstellung von Zement und Beton trägt einen erheblichen Anteil zur Emission des für den Klimawandel relevanten Gases bei.

Einfach kleine Steinchen und Ähnliches

Bei Timbatec verzichtet man schon seit Jahren auf den Einsatz von Verbundkonstruktionen in Beton und Holz für die Ausführung von Decken. Stattdessen kommt eine Schüttung mit Splitt aus natürlichem Gestein zum Einsatz. Die so beschwerten Holzdecken verhindern die Ausbreitung von störendem Schall. Regelmässig erzielt das Unternehmen damit gute Resultate, wie etwa bei «Sue und Til» in Winter- thur ZH, einer Überbauung mit über 300 Wohnungen.

Schüttungen sind in vielfältiger Form seit Längerem am Markt, jedoch eher als Ausgleichsschüttung, um gerade bei Umbauten Differenzen auszugleichen und die Übertragung von Luftschall zu minimieren. Der Einsatz von Schüttungen zur niederfrequenten Schalldämmung mittels Einbringung von Masse ist hingegen eher weniger bekannt. Dafür eignet sich wegen des Gewichts vor allem Gestein wie etwa Granit oder Kalkstein. Neben dem Effekt der Schalldämmung finden in der Schüttungsebene auch Installationen ihren Platz, und zudem lassen sich Unebenheiten der Deckenkonstruktion, wie sie häufig bei älteren Holzbalkendecken auftreten, bei Umbaumassnahmen einfach ausgleichen. Diese Methode zur Beschwerung und damit zum besseren Schallschutz ist übrigens nicht neu. In mehrgeschossigen städtischen Wohnbauten wurden Schüttungen aus Sand, Lehm und Splitt zur Beschwerung von Holzbalkendecken um 1900 oft eingesetzt. Dies ermöglichte den Einsatz von lokalen Baustoffen, kann doch viel gebrochenes Gestein verwendet werden. Der weitere Bodenaufbau kann entweder konventionell mit der Einbringung eines Estriches oder auch weiter im Trockenaufbau erfolgen.

Vorteile für den Trockenaufbau

Bei der Holz und Funktion AG im luzernischen Wauwil beschäftigt man sich schon länger intensiv mit dem Trockenaufbau von Decken und Böden. Häufig setzt man ein Kalksteingranulat ein. Mit etwa 1400 kg/m3 Masse lässt sich so mit wenigen Zentimetern Schütthöhe das Flächengewicht einer Holzdecke deutlich vergrössern. Laut Timbatec sind Schüttaufbauten mit einem Gewicht von 120 kg/m2 geeignet, um die erforderliche Masse für einen wirksamen Schallschutz etwa in Brettsperrholz-Konstruktionen zu realisieren.

Analog zum konstruktiven Holzbau bringt der Bodenaufbau in trockener Form eine Reihe von Vorteilen mit sich. Etwa der Wegfall von Trocknungszeiten, was vor allem bei kleineren Umbauten die gehäufte Stückarbeit vermeidet und der Prozess dadurch wirtschaftlich vonstatten gehen kann.

Binden ist überflüssig

Trotzdem werden Schüttungen in der Praxis oft bei der Einbringung mit einer wässrigen Lösung gebunden, sprich verklebt. Ist die Schüttung druckfest wie aus Splitt, sei dies jedoch überflüssig, sagt Matthias Trösch, Inhaber und Geschäftsführer der Holz und Funktion AG. «Ist die Schüttung stabil, braucht es kein Bindemittel. Wir wollen keine Verklebungen und setzen deshalb auf lose Schüttungen mit geeigneten Materialien, sprich hoher Kornfestigkeit», sagt Trösch. Gipsschüttungen und die Vielzahl der geschredderten polymerisierten Materialien müssen dagegen gebunden werden, weil diese der mechanischen Belastung auf Dauer nicht standhalten und es so zu Setzungen kommen kann. Viele Produkte eignen sich auch nicht, um die erforderliche Masse bei annehmbarer Aufbauhöhe zu erreichen.

Intelligente Produkte sind gefragt

«Trockenbau mit gebundener Schüttung geht eigentlich nicht, denn die Masse lässt sich nicht mehr einfach abziehen wie eine Trockenschüttung. Es wird dann ungenau und muss anschliessend wieder ausgeglichen werden. Mit Estrich geht das, im Trockenbau macht das keinen Sinn», erklärt Trösch. Auch ökologisch sind gebundene Schüttungen schwierig. Selbst bei natürlichem Splitt erwächst aus dem Material am Ende des Lebenszyklus beim Rückbau ein Müllproblem. Trockener Gesteinssplitt kann abgesaugt, wiederverwendet oder in den natürlichen Kreislauf zurückgegeben werden. «Eine gebundene Schüttung muss bei einem Rückbau herausgespitzt werden», merkt Trösch an. Ganz zu schweigen vom Aufwand, den eine defekte Leitung innerhalb einer gebundenen Schüttung mit sich bringt.

Einen schalltechnisch interessanten Ansatz bieten auch Platten, die das Prinzip von «Masse-Feder-Masse» gewissermassen bereits in sich tragen. «Silencium» von Holz und Funktion ist eine biegeweiche Platte, die mit sandgefüllten Kammern ausgestattet ist. Ein Quadratmeter solcher Platten in der Version «Gold» wiegt 42 kg und erreicht hohe Schalldämmwerte. Zwar entspricht die doppelte Lage von «Gold» noch nicht den Werten einer Kalksplittschüttung, doch sei dies auch nicht nötig wegen der Wirkweise durch den Aufbau. «Eine biegeweiche Platte braucht nicht die Masse, um den Schallschutzeffekt einer Schüttung zu erzielen. Oft reicht die Hälfte des Gewichtes aus», erklärt Trösch. Das ist besonders interessant im Umbau, denn dort lässt sich oft nicht das Gewicht einer mineralischen Schüttung einbringen, denn ältere Deckenkonstruktionen in Holz können eine solche Last gar nicht tragen. Die Platte «Silencium» wird ähnlich zugeschnitten wie eine Gipsfaserplatte, auf einer Unterlage liegend, damit der Sand nicht herausrieselt. Anschliessend wird die Schnittkante mit einem Klebeband wieder versiegelt, damit die Kante geschlossen ist und kein Sand herausrieseln kann.

Details können entscheidend stören

Wie der schwimmende Estrich sind auch Schüttungen mittels Randdämmstreifen schalltechnisch von den umgebenden Wänden zu trennen. Beim Einbringen der Streifen ist wichtig, dass diese den Oberbelag überragen und so eine schalltechnische Trennung der Schichten durchgängig erfolgt. Schallbrücken entstehen immer wieder trotz guter konstruktiver Grundlösungen, weil das Thema nicht so präsent ist. «Die Befestigung und damit die Verbindung von Schichten ist immer ein Knackpunkt, das fängt schon bei den Klammern für die Befestigung der Bodenheizungsleitungen an, die tief in den Grund reichen», erklärt Holztechniker Simon Meier, Leiter Marketing bei Timbatec. Auch durch Fehler bei der Befestigung im Innenausbau kommt es immer wieder zur Schaffung von Schallbrücken etwa vom Boden zur Wand. Der Einsatz von Schallschutzdübeln und entkoppelte Winkel zur Befestigung von Sockeln und wandhängenden Schränken und Einbauten sind dabei nur ein Detail, aber auch wichtig.

www.timbatec.chwww.holzfunktion.ch

Christian härtel

Veröffentlichung: 26. August 2021 / Ausgabe 35/2021

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