Auf dem See ist Feuer entfacht

Saunaboot.  Der gelernte Möbelschreiner Res Wallimann aus Kriens LU realisierte zusammen mit zwei Freunden ein Saunaboot. Im Mai 2019 wurde es im Vierwaldstättersee eingewassert. Seit einigen Monaten kann man es buchen, Feuer darin machen und tüchtig schwitzen.

Unter anderem war Res Wallimann schon Surflehrer in Griechenland, Maurer auf verschiedenen Baustellen oder Schreiner von edlen Möbeln unter eigenem Label. Im Moment betreut und begleitet der 32-Jährige als Werkstattleiter Studierende an der Luzerner Hochschule für Kunst und Design. «Als Schreiner hat man viele Möglichkeiten, weil man einen guten Überblick über Materialien, Statik und Möglichkeiten besitzt. Für mich ist die Schreinerlehre die beste Allrounderausbildung, die man machen kann», sagt er.

Schwimmende Plattformen

Auf einer Reise in Finnland sah Wallimann erstmals schwimmende Plattformen aus Holz. «Das erschien mir merkwürdig, und ich konnte mir gar nicht vorstellen, was das sein sollte», erzählt er. Erst als ihm während seiner Tätigkeit als Bühnenmeister im Luzerner Theater eine Opernsängerin aus Schweden von der Existenz von Saunabooten erzählte, ging dem Schreiner ein Licht auf. Er erfuhr, dass diese Saunaboote im Prinzip schwimmende Holzhäuschen mit Ofen sind. Das machte ihm Eindruck. «Ein Feuer auf dem See entfachen, die Wintersonne vor der Panoramascheibe – genial», findet Wallimann.

Ein einzigartiges Projekt

Im folgenden Jahr verpasste der Schreiner seinem Leben die Überschrift «Saunaboot zu vermieten». «Als projektorientierter Mensch tauchte ich voll und ganz in dieses Abenteuer ein. Ich redete von nichts anderem mehr. Alle schauten mich mit grossen Augen an und sagten: Zu komplex, ein Hirngespinst, die Mieter machen doch alles kaputt und überhaupt bekommst du dafür gar keine Bewilligung», berichtet er.

Allen Unkenrufen zum Trotz begann Wallimann einen Prototyp zu planen. Zuerst erstellte er unter Anleitung des Yachtdesigners Jonas Panacek aus Holzlatten und Packpapier ein Modell im Massstab 1:1. Weiterhelfen konnte Panacek ihm auch bei der Frage, wie gross das Gefährt sein darf, damit es mit dem 8-PS-Motor, den man auf Schweizer Gewässern ohne Brevet anwerfen darf, Fahrt aufnimmt.

Schlussendlich legten sie sich auf zweieinhalb Meter Breite und sieben Meter Länge fest. So würde das Boot in jeden Anlegeplatz und auch auf die Autobahn passen. Die beiden Schwimmer wurden in Venedig mit dem Aluminiumboden «verheiratet» und mit einem Anhänger am Auto in die Schweiz gefahren.

Praktische und moralische Stützen

Zur Unterstützung holte sich der Schreiner zusätzlich den Filmschaffenden Samuel Muff und die Grafikerin Stella Holz mit an Bord. Mit diesen beiden guten Freunden gründete er in Luzern die Saunaboot GmbH. Während Stella Holz den Webauftritt und das Reservationssystem realisierte, kümmerte sich der gelernte Elektriker Samuel Muff um die Elektrik und Verkabelung an Bord. Schliesslich enthält das Boot 100 Meter Stromkabel, die die Postionslichter und das Ankerlicht speisen und auch eine Handyladestation mit Energie versorgen. «Ohne den moralischen Beistand der beiden wäre das Saunaboot nie entstanden», sagt Wallimann rückblickend.

Experten für jedes Fachgebiet

«Wirklich grossartig war das Wohlwollen des Amts für Schiffbau. Sie hatten selber Freude an dieser Idee und berieten mich optimal in Bezug auf Vorschriften und Konstruktion. Das haben wir nicht erwartet, denn man prophezeite uns immer wieder, dass wir den Segen der Behörden niemals bekommen würden», berichtet Wallimann.

Nach einem Jahr Planung legte das Trio mit dem Bau los. «Ein Problem war, dass ich als Möbelschreiner nicht so viel über Schiffsbau wusste. Glücklicherweise unterstützte mich der inzwischen im Ruhestand weilende Klaus Odermatt aus Kriens, ein Schreiner von altem Schrot und Korn, und selbst Bootsbesitzer.» Als Bauschreiner war dieser zudem Spezialist für Fassadentechnik.

Den Steuerstand montierte der Bootsbauer «Swissboot». Auch die Wahl des Materials für das Boot war knifflig. Innen heiss, aus-sen nass und kalt. Am Ende entschied sich Wallimann auf Rat eines Zimmermanns für Accoya-Holz. «Es ist zwar relativ teuer, aber man spricht von einer Haltbarkeit von 25 Jahren mit Wasserkontakt», erklärt er.

Der Innenraum der Sauna hingegen ist aus Lindenholz. «Leicht und mit viel Luft im Inneren. So werden die Sitzbänke nicht zu heiss», sagt er. Aus Gewichtsgründen entschied sich Wallimann bei der Konstruktion für die Ständerbauweise.

Da Konzept geht auf

Seit neun Monaten fährt das Saunaboot. Es ist das erste und bisher einzige in der Schweiz. Wer möchte, kann es mit vollem Tank, Schwimmwesten, Instruktionsvideo, Feuerlöscher, Holz für den Ofen und unendlicher Freiheit zu verschiedenen Zeiten am Tag mieten. Insgesamt 70 Mieter, vom Pärchen bis zu Kollegengruppen, haben das bisher getan. «Die Menschen gehen sehr sorgfältig mit dem Boot um. Sie können das Vertrauen, das wir ihnen schenken, kaum fassen. Den Güsel nehmen sie mit. Null Problem», sagt Wallimann. «Es bedeutet mir sehr viel, etwas gebaut zu haben, das ich mit anderen teilen kann», fügt er an.

Viele Kenntnisse erworben

Zudem habe er in vielen Bereichen dazugelernt, habe Kenntnisse im Bereich Isolation, Boots- und Saunabau erlangt und sich auch mit den Schifffahrtsvorschriften auseinandergesetzt. Die Bürki Saunabau in Zürich stellte ihm das Wissen rund um den Bau der Sauna zur Verfügung. «Überall stiess ich auf offene Ohren und extreme Hilfsbereitschaft. Ich brachte vielleicht eine Flasche Wein mit. Aber verlangt wurde nichts. Das hat mich überrascht und gefreut», sagt er.

Doch genug erzählt. Jetzt setzt sich Wallimann hinters Steuer und dreht den Schlüssel. Nach zwei Versuchen ein Gluckern und Blubbern. Der Motor läuft. Gemächlich schiebt sich das Holzhäuschen auf den See hinaus. Vergessen sind die schlaflosen Nächte, das Grübeln, das Tüfteln und die Zweifel. Langsam dunkelt es ein. Vor dem Panoramafenster legt sich der Nebel wie ein Tuch über den See. Wallimann legt ein weiteres Holzscheit in den Ofen, reibt sich die Hände und beobachtet einen Kormoran, der sich gleich neben dem schaukelnden Saunaboot einen Fisch in den Schlund rutschen lässt. Wallimann zieht den Pullover und die Wollmütze aus.

Staunender Segler

Sein mollig warm geheiztes Saunaboot scheint jetzt im Februar das einzige Boot auf dem See zu sein. Nur ein einsamer Segler, dick eingepackt wie ein Eskimo, überholt das Gefährt, kann dabei den Blick gar nicht mehr abwenden und winkt.

Wahrscheinlich denkt er: «Jetzt im Februar sitzt da ein Mann im T-Shirt gemütlich mitten auf dem See am lodernden Feuer. Wie geht das denn?»

www.saunabau-buerki.chwww.yacht-design.ch

Reservationen

Das Saunaboot steht seit Oktober 2019 im kleinen Hafen vor dem Seehotel Kastanienbaum, St. Niklausenstrasse 105, 6047 Kastanienbaum LU. Weitere Information und Reservation unter hello[at]saunaboot[dot]ch.

www.saunaboot.ch

beb, beb

Veröffentlichung: 24. Februar 2020 / Ausgabe 8/2020

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