Bauprodukte unter der Lupe

Schreiner sind oft beides: Verarbeiter und Hersteller von Bauprodukten. Bild: BBL

Markt.  Der freie internationale Handel bringt für den Schreiner viele Vorteile mit sich. Er profitiert von einer grossen Auswahl beim Händler zu angemessenen Preisen mit klar deklarierten Leistungen. Die Marktüberwachung sichert dabei einen geregelten und fairen Markt.

Seit dem Jahre 2001 erleichtert ein Abkommen mit der EU und dem EWR den hindernisfreien Handel mit Produkten. Dieses «Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen» wurde im Jahre 2008 um ein Kapitel 16 für Bauprodukte ergänzt. Damit kommen seitdem auch Bauprodukte in den Genuss des erleichterten Marktzugangs. Prüfungen und Zertifizierungen von Produkten werden gegenseitig anerkannt, dadurch entfallen zusätzliche Prüfungen für den europäischen respektive für den Schweizer Markt.

Kontrollen sind vorgegeben

Basis des Kapitels 16 dieses Abkommens sind Gesetze und Verordnungen, welche sowohl in der EU und dem EWR als auch in der Schweiz gleichwertige Regelungen enthalten. Vorausgesetzt wird nach diesem Abkommen auch, dass die Marktüberwachung der vom Abkommen erfassten Länder gleichwertig und effektiv ist.

Die Marktüberwachung ist eine staatliche Aufgabe. In der Schweiz wird die Bauproduktegesetzgebung durch das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) umgesetzt. Im Gesetz ist festgehalten, dass das Bundesamt auch die zentrale Marktüberwachungsbehörde für Bauprodukte in der Schweiz ist.

Wann ist der Schreiner in der Pflicht?

Ein Schreiner ist in vielen Fällen ein Verwender eines Bauproduktes und stellt dieses nicht selbst her. Er verarbeitet beispielsweise Plattenmaterialien, Massivholz und Kunststoffe im Innenausbau. Als Verwender hat der Schreiner keine direkten Pflichten aus der Gesetzgebung. Er wird jedoch dann zum Hersteller eines Bauproduktes, wenn er Türen, Fenster oder Täfer herstellt und diese entweder selber montiert oder als Produkte weiterverkauft. Im Falle von Türen, Fenstern und Täfer handelt es sich um Bauprodukte aus dem harmonisierten Bereich, hier macht das Gesetz klare Vorgaben für den Hersteller, insbesondere wie das Produkt geprüft werden soll.

Mit dem Schritt zum Hersteller ändert sich für den Schreiner auch die Perspektive zur Marktüberwachung: Er wird zu einem Marktakteur im Sinne des Gesetzes. Damit sind auch gegenüber der Behörde bestimmte Pflichten zu erfüllen.

Ziele der Marktüberwachung

Die Marktüberwachung verfolgt mit ihren Aktivitäten drei gleichwertige Ziele: Geschützt werden sollen

  • die Bevölkerung vor risikobehafteten Produkten.
  • der Wettbewerb vor «schwarzen Schafen», die nicht gesetzeskonforme Produkte vermarkten.
  • die Eigentümer und Nutzer von Bauten und Bauwerken vor unsicheren Produkten.

Kontrolle beim Händler oder Hersteller

Die Grundlagen für die Tätigkeiten der Marktüberwachungsbehörde sind in der Gesetzgebung festgelegt. Diese ermöglichen die Erreichung der drei genannten Ziele. Dafür werden dem BBL verschiedene Werkzeuge in die Hand gegeben. So kann das Amt Bauprodukte sowohl im Herstellungsbetrieb als auch beim Händler am Lager und beim Verarbeiter auf der Baustelle kontrollieren.

Stellt es dabei fest, dass ein Produkt nicht konform mit der Gesetzgebung verkauft wird, so fordert das BBL den Hersteller oder Händler zu Korrekturmassnahmen auf. Kommt dieser der Aufforderung nicht nach, so kann das Amt die notwendigen Massnahmen selber durchführen. Die Kosten für die Massnahmen wird der fehlbare Hersteller oder Händler tragen müssen. Das Gesetz sieht ausserdem die Möglichkeit strafrechtlicher Konsequenzen vor.

Pflichten der Marktakteure

Im Rahmen der Marktüberwachung durch das BBL sieht die Gesetzgebung Pflichten für die Hersteller und Händler von Bauprodukten vor. In erster Linie sind dies die Anforderung an ein eigenverantwortliches Handeln und die Pflicht zur Zusammenarbeit mit der Marktüberwachungsbehörde. So ist ein Marktakteur verpflichtet, Massnahmen zu ergreifen, wenn er einen Anhaltspunkt hat, dass mit einem bestimmten Bauprodukt etwas nicht in Ordnung ist. Er ist auch zur umfassenden Mitwirkung gegenüber der Behörde verpflichtet. So muss er dieser auf Verlangen Auskünfte erteilen, Dokumente aushändigen und den Zugang zu Produktions-, Lager- und Büroräumlichkeiten gewähren.

In der Regel liegt es im Interesse des Herstellers selbst, dass Probleme mit einem mangelhaften Produkt aus seinem Hause möglichst schnell gelöst werden können. Aus dieser Perspektive wird jeder Hersteller die proaktive Zusammenarbeit mit der Marktüberwachungsbehörde suchen, um den besten, schnellsten und günstigsten Weg zu finden, das Problem zu lösen.

Marktüberwachung in der Praxis

Die Behörde wird auf zwei verschiedene Arten aktiv. Auf der einen Seite geht sie anlassbezogen Meldungen über mögliche mangelhafte Produkte nach und andererseits prüft sie Bauprodukte in Marktüberwachungsprogrammen.

Anlassbezogene Fälle haben ihren Auslöser in einer Meldung eines Marktbeobachters. Dies kann der Hersteller eines Produktes selber sein, ein Händler, ein Verwender oder auch eine Behörde – beispielsweise auf kantonaler oder kommunaler Ebene. Das BBL geht jeder Meldung nach und klärt den Sachverhalt auf. Das bedeutet in der Regel, dass das Amt vom Hersteller die erforderlichen Dokumente einfordert. Bei Produkten aus dem harmonisierten Bereich sind dies insbesondere Unterlagen zur werkseigenen Produktionskontrolle, zu Prüfungen und Zertifizierungen.

Wird in der Sachverhaltsaufklärung effektiv ein Mangel festgestellt, so fordert das Amt den betroffenen Hersteller auf, geeignete Massnahmen zur Beseitigung des Mangels zu ergreifen. Sind die Massnahmen des Herstellers ungenügend oder nicht geeignet, so kann die Marktüberwachungsbehörde selber Massnahmen ergreifen. Mögliche Massnahmen sind beispielsweise Verkaufsverbote, Produkterückrufe und -rücknahmen oder Exportverbote.

Stichproben aus Produktegruppen

Marktüberwachungsprogramme umfassen meist ganze Produktegruppen. Dabei werden aus einer ausgewählten Produktegruppe stichprobenmässig einzelne Produkte ausgewählt. Bei diesen werden die begleitenden Dokumente auf Vollständigkeit und Korrektheit geprüft. Insbesondere sind dies die Leistungserklärung, die Prüfberichte, Dokumente zur werkseigenen Produktionskontrolle usw. In einem weiteren Schritt werden die einzelnen Produkte der Stichprobe im Labor auch auf ihre Leistungen geprüft. So muss die im Labor ermittelte Leistung der in der Leistungserklärung deklarierten Leistung entsprechen.

Testet beispielsweise ein Labor ein Fenster mit der Angabe «Luftdichtigkeitsklasse 4» in der Leistungserklärung auf das wesentliche Merkmal «Luftdichtigkeit», muss ein zufällig aus der Produktion ausgewähltes Fenster auf dem Fensterprüfstand ebenfalls die Luftdichtigkeitsklasse 4 erreichen. Auch im Rahmen der Marktüberwachungsprogramme aufgedeckte Mängel verfolgt die Behörde weiter. In solchen Fällen wird der Hersteller ebenfalls aufgefordert, die geeigneten Massnahmen zur Beseitigung des Mangels zu ergreifen.

Unsicherheiten bei der Herstellung

Erfahrungen der Marktüberwachungsbehörde zeigen, dass noch Informationsbedarf bei den herstellenden Betrieben besteht. So gibt es Betriebe, die schon von der Bauproduktegesetzgebung gehört haben, aber unsicher sind, ob und wieweit sie davon betroffen sind. Hier würde es dem einzelnen Betrieb sicher weiterhelfen, sich aktiv bei Verbänden und Behörden über die allfälligen Pflichten zu informieren.

Das BBL hat eine «Wegleitung zur Bauproduktegesetzgebung» erarbeitet, welche praxisbezogen die Gesetzgebung erläutert. Diese Wegleitung kann auf der Internetseite des Amtes kostenlos im PDF-Format bezogen werden.

Mängel melden

Ein Schreiner, der Bauprodukte verwendet, indem er sie nur einbaut, aber nicht vorher selbst hergestellt hat, ist von der Bauproduktegesetzgebung nur indirekt betroffen. Hegt er den Verdacht, dass ein von ihm gekauftes Bauprodukt Mängel aufweist, so kann er dies der Marktüberwachungsbehörde melden. Solche Mängel können insbesondere fehlende Leistungserklärungen bei harmonisierten Bauprodukten, falsche Angaben in der Leistungserklärung oder vermutlich fehlende Prüfungen und Zertifizierungen sein. Die Marktüberwachungsbehörde geht jeder Meldung nach.

Stellt ein Schreiner Bauprodukte selbst her, so hat er die Vorgaben der Bauproduktegesetzgebung zu beachten. Wenn die Marktüberwachungsbehörde im Falle einer Meldung oder eines Stichprobenprogrammes auf ihn zukommt, so ist er zur Kooperation mit der Behörde verpflichtet. Es ist in seinem Interesse, allfällige Mängel möglichst schnell zu beseitigen.

Der Autor

Christoph Wüthrich (CHW) ist Fachspezialist für Bauprodukte beim Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) in Bern.

Der gelernte Schreiner schloss nach der Berufsmatura das Studium zum Holzingenieur an der Berner Fachhochschule Architektur, Holz und Bau (AHB) in Biel ab. Es folgten mehrjährige Tätigkeiten in der Holzwerkstoffindustrie in der Schweiz in den Bereichen Qualitätssicherung, Produktionskontrollen und Produkteentwicklung. Danach war Wüthrich über 13 Jahre an der AHB im Bereich der Forschung und Entwicklung mit Schwerpunkt Qualitätsmanagement sowie als Dozent tätig.

Seit 2014 arbeitet er beim Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) im Fach- bereich Bauprodukte.

Infostelle für Bauprodukte

Für Fragen rund um die Bauproduktegesetzgebung und die daraus entstehenden Pflichten gibt die Produkt- infostelle des BBL Auskunft. Sie kann telefonisch oder auch per E-Mail erreicht werden. Telefon 058 461 14 50, produktinfostelle[at]bbl.admin[dot]ch

www.bbl.admin.ch

chw

Veröffentlichung: 14. März 2019 / Ausgabe 11/2019

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