Bis 60 % geringere Such- und Rüstzeiten

Die hohen Bestände in der Endmontage machten im alten Werkstattlayout das effiziente Arbeiten schwierig.

Fenster.  Die Reorganisation der Endmontage eines Fensterbetriebs ist eine Herausforderung. Anhand eines Beispiels deutet die SZ an, welche Faktoren für den Erfolg entscheidend sein können. Im Rahmen der Windays vom 19. und 20. März wird dieses Projekt im Detail vorgestellt.

Die Wenger Fenster AG ist ein Familienunternehmen, das seit über 80 Jahren besteht und heute mit 140 Mitarbeitern an den Berner Oberländer Standorten Wimmis und Blumenstein 14 000 Fenster pro Jahr produziert. Energiesparende Konstruktionen in Holz und Holz-Metall (zum Beispiel Systeme «Eiger» und «Pollux») sind seine Schwerpunkte, zusätzlich setzt das Unternehmen seit 2003 auf die Verklebetechnologie. Die wachsende Produktion und die Unmöglichkeit einer Werkserweiterung erforderten jedoch eine Reorganisation der Endmontage. Michael Allenbach schrieb seine Diplomarbeit an der Berner Fachhochschule Architektur, Holz und Bau in Biel mit dem Titel «Umplanung der Endmontage eines mittelständischen Fensterbaubetriebes» und konnte bei Wenger zahlreiche seiner Empfehlungen 2014 umsetzen. Der Erfolg bestätigt seine Arbeit.

Lange Materialwege

«Eine optimale Produktion lebt von der Philosophie ‹lean production›», äussert sich Michael Allenbach. Die Wenger Fenster AG forderte die Entwicklung einer schlanken Produktion mit Fokus auf die Endmontage. Die Herausforderung für das neue Werkstattlayout habe darin gelegen, dass die neu entwickelten Produkte schlank durch die Produktion laufen. Die Endfertigung von durchschnittlich 60 Blendrahmen und 90 Flügelelementen pro Tag waren ebenso gefordert wie die Bewältigung der hohen Variantenvielfalt der Fenstersysteme.

«Es wurden Arbeitsablauf, Organisationsform, Materialfluss und früheres Werkstattlayout für eine effizientere Endmontage verändert», erläutert Allenbach. Konkret sei es dabei um unnötige Transporte in der Fertigung gegangen, um zu hohe Bestände, zu lange Suchaufwendungen und um eine effiziente Nachbearbeitung.

Viele Berührungspunkte

«Die Schwachstellen festzustellen, ist einfach. Die Gründe dafür zu finden und daraus die richtigen Massnahmen einzuleiten und zu treffen, ist die eigentliche Herausforderung», ist eine Aussage der Diplomarbeit. Hierfür brauchte es eine fundierte Ist-Analyse, für die Allenbach in einer vierwöchigen Mitarbeit in den verschiedenen Abteilungen der Produktion tätig war. Für die Arbeit lag der Fokus auf der Endmontage. Bei Themen wie Fertigungsform, Arbeitsvorbereitung oder Produktionsablauf waren aber auch die Organisation, die Produktionssteuerung und die Teilefertigung betroffen.

Herausforderungen noch und noch

Die Problemstellung war vielfältig: Mit der Inbetriebnahme einer neuen Fertigungsanlage und den konstruktiven Änderungen an den Produkten veränderten sich auch die Prozessabläufe. Das neue Werkstattlayout wurde nur für die Endmontage der Fensterflügel und -rahmen ab Ausgang Oberflächenbehandlung entwickelt. Teil des Fensterflügelprozesses ist auch die Verklebung der Fensterscheiben auf der «Pollux»-Klebeanlage, wobei heute der Anteil an verklebten Flügeln rund 45 % beträgt, in Zukunft soll er erhöht werden.

Grundlage der Analyse war ein neues Produktionslayout. «Der Weg vom idealen zum realen Layout ist schwierig. Es gibt dafür keine allgemeingültige Methode und die Einflussfaktoren sind vielfältig und unterschiedlich. Das Ideallayout muss den vorhandenen Gebäudegrundrissen angepasst werden, wodurch der Planer in seinen Möglichkeiten eingeschränkt ist.

Das führt zu Veränderungen gegenüber der idealen Konzeption. Beim Projekt der Wenger AG gilt dies besonders für die flächenmässige Anordnung der Betriebsmittel und den Materialfluss, der durch vorhandene Tore, Aufzüge, Kräne und Raumhöhen entscheidend beeinflusst wird. Aber auch gesetzliche Bestimmungen, wie die Forderung nach einer Aussensichtverbindung für den Mitarbeiter oder die Einschränkungen aufgrund von Brandschutzvorschriften (Fluchtweglänge usw.), erschweren und beeinflussen die Layoutplanung massgeblich», wird in der Diplomarbeit vermerkt.

Weitere Umstellungen vorgesehen

Ein weiterer wichtiger Faktor der Massnahmen sei die funktionsorientierte, nutzungsbedingte Erweiterungsfähigkeit der Produktion gewesen: Insbesondere die Endmon- tage der Flügelelemente werde sich in naher Zukunft verändern. Dieser Flexibilitätsaspekt in der Flügel-Endmontage musste daher in die Layoutplanung mit einbezogen werden, so dass eine Umstellung in mittelfristig absehbarer Zukunft möglich und ohne grossen Aufwand vollzogen werden könne.

Der Umbau forderte letztlich alle Beteiligten. Markus Wenger, Mitinhaber der Wenger Fenster AG, schildert die Umstrukturierung wie folgt: «Wir haben die Fenstersysteme angepasst, die spanende Bearbeitung ausgetauscht, die Organisation wurde geändert und die EDV erhielt ein Upgrade. Das alles bedingte eine intensive Vorbereitungszeit. Neben der Diplomarbeit war ein Mitarbeiter fast zwei Jahre lang mit Analysen und Vorbereitungen zur Umstellung beschäftigt.» Der Umstellungsprozess sei sehr aufwendig gewesen, weil es verschiedene Strukturen zu ändern gab. «Wir hatten sechs Abteilungen in der Produktion, welche die Fenster nacheinander bearbeiteten und eine Durchlaufzeit von 15 Tagen – heute haben wir drei Abteilungen und fünf Tage Durchlaufzeit», erklärt Wenger.

Suchzeiten massiv reduziert

Auf die weiteren Vorteile der Reorganisation angesprochen, kann Markus Wenger mit zusätzlichen Zahlen aufwarten: «Suchzeiten von bis zu 60 Minuten pro Mitarbeiter und Tag gehören heute der Vergangenheit an. Jetzt setzen wir einen Logistiker für zwei bis drei Stunden täglich ein, der ein strukturiertes Lager bedient und so am Vortag weiss, was er für jeden Arbeitsplatz bereitstellen muss. Der einzelne Mitarbeiter muss daher am Morgen nicht mehr sein Material zusammensuchen, sondern kann gleich mit seiner Arbeit beginnen.»

Bei der ganzen Angelegenheit geht es aber auch um Kapitaleffizienz: Früher standen beispielsweise 50 Glasböcke mit 500 Scheiben, also ein Umlaufvermögen von rund 65 000 Franken, auf der Lagerfläche bereit. Heute gibt es nur noch 25 Glasböcke, also die Hälfte an Umlaufkapital und mehr freien Lagerplatz. Früher hat Wenger auf drei Etagen beengt gearbeitet und jetzt arbeiten die Fensterbauer nur noch auf zwei Etagen – und viel übersichtlicher. «Vor 30 Jahren hätten wir nicht so wie heute produzieren können, weil die Rüstzeiten auf den Maschinen viel zu gross gewesen wären. Heute liegen sie fast bei null», erklärt Markus Wenger im Wissen, dass die Prozesse noch längst nicht abgeschlossen sind.

Die Details zum Projekt: Michael Allenbach wird über die Fertigungsoptimierung bei der Fenster Wenger AG im Rahmen der Windays 2015 in Biel detailliert berichten (siehe Box) .

www.wenger-fenster.ch

Windays 2015

Die Fenster- und Fassadenbranche trifft sich in Biel

Am Donnerstag, 19., und Freitag, 20. März geht im Kongresshaus in Biel die bedeutendste Fachtagung der Fenster- und Fassadenbranche in der Schweiz über die Bühne: die Windays. Das Ziel der Veranstaltung ist es, den wissenschaftlichen Erfahrungsaustausch zu fördern, einen umfassenden Einblick in den Markt zu geben und eine Plattform für Diskussionen rund um das Thema Fenster und Fassade zu schaffen.

Ein attraktives Programm bietet einen bunten Mix an Referenten und Informationen. Praktische Montage- und Produktionsthemen wechseln ab mit Schwerpunkten in Sachen Glas, Lüftung, Schallschutz und Statik. Auch ein Blick in die Zukunft des Fensterbaus mit den neuesten Technologien wird gewagt.

Das Windays-Programm wird abgerundet mit Informationen rund um die Projekte und Tätigkeiten der Berner Fachhochschule in Biel sowie mit den Thematiken Internetmarketing und dem gezielten Einsatz von Social Media. Die Durchführung der Windays erfolgt in Deutsch und Französisch mit Simultanübersetzung.

www.windays.ch

jp

Veröffentlichung: 26. Februar 2015 / Ausgabe 9/2015

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