Bloss nicht blenden lassen

Hand anlegen muss man nur noch selten beim Licht, dafür sorgen intelligente Steuerungen bei Qualitätsleuchten wie hier von Flos. Bild: Santi Caleca (Flos)

Lichtplanung.  Der Blick auf die Fakten offenbart die Notwendigkeit, auch bei der Lichtplanung nach nachhaltigen Lösungen zu streben. Die Anzahl der Lichtquellen steigt bei einem Umbau meist sprunghaft an. Intelligente Lösungen können dann den Stromverbrauch senken.

Den Erfolg verdankt die LED-Technologie ihrer Energieeffizienz. Inzwischen wissen Herr und Frau Schweizer genau, dass LED gegenüber den herkömmlichen Leuchtmitteln bei gleicher Lichtausbeute deutlich weniger Energie verbraucht. Das ist ein Teil der Wahrheit. Der andere: Der Siegeszug der LED wäre ohne die immer wieder verschärften Vorschriften für ein Mehr an Energieeffizienz kaum möglich gewesen. Das Ganze nimmt seit ziemlich genau zehn Jahren seinen Lauf (siehe Kasten).

Die Rechenprobe fällt meist aus

Jeder hat so seine Vorlieben, auch Architekten. Leuchten sind schnell geplant, und manchmal können es kaum genug davon sein. Die Vorlieben der Beteiligten finden sich zu einer Union zusammen. Der Bauherr will gerne vielfältige Möglichkeiten, der Architekt sein Werk möglichst gut in Szene gesetzt wissen, den Elektrikern samt Herstellern und Lieferanten können es gar nicht genügend Lichtquellen sein. Das Gefühl «Es ist ja LED-Technik, die wenig Strom verbraucht» ist weit verbreitet.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass wenn die heute möglichen und üblichen Lichtquellen mit LED-Technik in einem Raum umgesetzt werden, der Energieverbrauch oft höher ist wie zu Zeiten vor der LED-Revolution. Treppenstufen, Sockel von Küchen und Möbeln und eigentlich jedes Objekt ist mit indirektem Linearlicht versehen oder mittels Spots in Szene gesetzt. Dazu kommen Stimmungslichter, Wand- und Deckenfluter, und am Ende braucht es natürlich dort Licht, wo man sitzt, isst oder arbeitet. In der Summe folgt der Lust am Licht nicht selten eine nüchterne Erkenntnis: Es braucht ganz schön viel Energie. Nur gerechnet wird selten bei all der Begeisterung für die Lichteffekte. Das Bundesamt für Energie (BFE) dagegen rechnet regelmässig und kommt aktuell zu diesem Ergebnis: «Rund zehn Prozent des schweizerischen Stromverbrauchs entfallen auf die Beleuchtung.» Fünf Jahre zuvor waren es noch etwa zwölf Prozent. Die Richtung stimmt also, könnte man sagen. Doch wenn LEDs tatsächlich 90 % weniger Energie verbrauchen und inzwischen laut BFE einen Verkaufsanteil von 64 % im Jahr 2020 erreicht haben, müsste die Einsparung deutlich grösser ausfallen. Es sei denn, diese wird durch die Anzahl der eingebauten LED kompensiert. Und das ist offensichtlich der Fall. «Der Ausbaustandard und die Möglichkeiten, mit Licht zu gestalten, nehmen weiter zu», sagt Peter Schwarber, Geschäftsführer der Störi Licht AG in Netstal GL. Es komme jedoch für den Stromverbrauch nicht allein darauf an, wie viele Beleuchtungsmöglichkeiten vorhanden seien, sondern auch darauf, wie diese genutzt würden.

Es geht um die Steuerung, einen Teil dessen, was als Smart Home bezeichnet wird. Etwa wenn die Beleuchtung in Abhängigkeit vom Tageslichteinfall nur so stark Licht liefert, wie es nötig und zuvor definiert wurde. In Büroräumen üblich, kann dies auch in Wohnräumen gerade in der Dämmerung helfen, trotz vielfältiger Lichtquellen Energie einzusparen. Daneben sorgen Sensoren dafür, dass nur dann das Licht aktiv ist, wenn sich eine Person nähert, was etwa für das Arbeitslicht in der Küche eine Lösung zum Energiesparen darstellt. Individualisierte Steuerungsmöglichkeiten mit Szenenspeicherungen über Wifi, Bluetooth oder Zig Bee können mittels Sprachbefehl, Fernbedienung oder App gesteuert werden. «Das selektive Bedienen von Licht und dessen Steuerung über Sensoren spart Energie», zeigt sich Schwarber überzeugt.

Technik hilft bei der Nachhaltigkeit

Auf dem Weg zum richtigen Licht kann man sich leicht im Steuerungsdschungel verirren. Oft ist gerade bei Umbauvorhaben kein professioneller Lichtgestalter und Lichtplaner mit von der Partie. Es gibt die Wünsche der Bauherrschaft, die Planung des Architekturbüros, die vorbereitenden Arbeiten des involvierten Elektrikers, und irgendwann kommt auch der Schreiner dazu und sieht sich nicht selten bereits auf halber Strecke auf dem Weg zum Licht.

Der Treppenbauer hat dann schon die Linearleuchten unterseitig auf die Trittstufen montiert. Welches Steuerungssystem vom Elektriker installiert wurde und wie das alles am Ende zusammenpassen soll mit den Lichtquellen der Küche, des Badezimmers und mit weiteren Leuchten im Innenausbau – die Lösung braucht dann viel Mühe und nicht selten Spezialisten zur Abklärung. Den Letzten beissen bekanntlich die Hunde.

Lichtplaner, wie Martin Hösli von der Störi Licht AG, kommen spätestens dann ins Spiel. «Die Planungen mit Licht vom Schreiner brauchen manchmal eine Optimierung. Inzwischen machen wir auch oft Bemusterungen, mithilfe derer sich planende Schreinereien ein besseres Bild vom erwarteten Ergebnis machen können», sagt Hösli. Für Möglichkeiten der Energieeinsparung müsse man darüber hinaus immer das jeweilige Objekt genauer unter die Lupe nehmen. Schon eine einfache Steuerung, in der Dimmstufen hinterlegt sind, kann beim Energiesparen helfen. «Im Gegensatz zu den Halogenlampen gibt es bei den LEDs einen direkten Zusammenhang zwischen Dimmung und Energieverbrauch. Je weiter abgedimmt wird, desto weniger Energie wird verbraucht, auch wenn der Zusammenhang nicht ganz linear ist», sagt Hösli.

Schreiner in die Offensive

Damit am Ende alles zusammenpasst, gibt es eine einfache Lösung. Rechtzeitig Widerstand anmelden und den Lichtpartner mit ins Boot holen. «Elektriker und Schreiner sollten frühzeitig miteinander sprechen, um Fehler zu vermeiden», erklärt Patrick Kerschbaumer, zuständig für das gute Licht bei der Beat Bucher AG in Tägerwilen TG. In der Praxis geschehe dies jedoch leider zu selten. Denn am Anfang einer jeden Lichtplanung müsse nun mal um die Erkenntnis gerungen werden, was am Ende wirklich gewünscht und gebraucht werde. «Damit alles perfekt zusammenpasst, wäre die Wahl eines Herstellers für alle Komponenten ideal. In der Praxis ist das jedoch kaum machbar, weshalb frühzeitige Absprachen dringend nötig sind», erklärt der gelernte Elektriker Kerschbaumer. Auch er sieht die Steuerungsmöglichkeiten als immer wichtiger werdendes Element auf dem Weg hin zu einer nachhaltigen Lichtplanung an. Denn die Anzahl der Leuchten und auch die Leistung der einzelnen Leuchten nehmen zu. Und damit der potenzielle Energieverbrauch insgesamt.

Überflüssiges weglassen, es sei denn ...

Manche Eigenschaften von LED-Leuchten sind wenig nachhaltig. Allen voran geht es um die veränderbare Farbtemperatur. «In der Praxis wird diese kaum jemals verändert», erklärt Claude Gehri, Geschäftsführer der Beat Bucher AG. Damit die Farbtemperatur, auch als Lichtfarbe bezeichnet, verändert werden kann, müssen je eine kaltweisse und warmweisse LED verbaut werden, die gemischt werden können. Werden solche LEDs standardmässig verbaut und der Wechsel der Lichtfarbe nicht genutzt, steht dem ein unnützer, doppelter Mitteleinsatz gegenüber. Dabei geht es um teure Rohstoffe, allen voran Seltene Erden und Metalle.

Wer sich bei der Beleuchtung um Nachhaltigkeit bemühen möchte, sollte sich für die passende Farbtemperatur entscheiden und dann lieber eine hohe Qualität an Leuchten aussuchen. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen die Feinjustierung der Lichtfarbe die Lösung sein kann. «Wenn im Raum verschiedene Leuchten mit unterschiedlichem Licht vorhanden sind, lässt sich über die Einstellung eine Annäherung erzielen. Dann ist die Möglichkeit der Farbeinstellung sinnvoll. Das kommt in der Praxis immer wieder vor und löst dann ein Problem mit unpassenden Farbtemperaturen der verbauten Leuchten», sagt Gehri.

Ein weiteres Beispiel für eine Optimierung hin zu einem Mehr an Nachhaltigkeit betrifft die Linearleuchten. Lichtpunkte will man inzwischen nicht mehr sehen müssen. In der Folge werden stärkere Diffusoren eingesetzt, die wiederum eine hohe Leuchtkraft der Dioden voraussetzen, um am Ende die gewünschte Lichtstärke zu erhalten. Ein grosser Teil wird dann aber durch den Diffusor geschluckt. Besser ist es, die optisch nahezu linear leuchtenden COB-LEDs als Stripe zu verwenden. Vereinfacht ausgedrückt, wird dabei eine Vielzahl an LEDs direkt nebeneinander ohne Gehäuse auf die Platine mit einer Phosphorschicht montiert, was zur Wahrnehmung als Linie führt. Diffusoren können dann sehr dünn ausgeführt und auch auf kleineren Profilen aufgebracht werden, ohne dass Lichtpunkte zu sehen sind. Das spart Energie – ausser es wird ein anthrazitfarbener und energiefressender Diffusor verwendet. Diese sollen derzeit bei Architekten und Gestaltern beliebt sein, damit auch im ausgeschalteten Zustand die Abdeckung der LED-Leuchte im dunklen Ambiente kaum sichtbar ist.

www.stoeri-licht.chwww.bbag.ch

Energieetikette für Lichtquellen

Neu sind «leere» Klassen

Seit dem 1. September 2021 müssen Lichtquellen in der Schweiz und den Ländern der Europäischen Union mit der neuen Energieetikette gekennzeichnet sein. Die Kennzeichnungen der Plus-Klassen wurde abgeschafft und stattdessen die ursprüngliche Skala von A bis G umgesetzt. Die Klasse A bleibt dabei zunächst generell leer, damit die Hersteller einen stärkeren Anreiz haben, effizientere Produkte zu entwickeln.

Bei Lampen und Leuchten bleibt aktuell sogar die Klasse B leer. Die effizientesten Vertreter der LEDs finden sich derzeit in der Kategorie C wieder. Dazu müssen diese mindestens 160 Lumen/Watt Lichtausbeute aufweisen. Vermerkt sein muss auf der Etikette neben Marke oder Hersteller sowie Modellname auch der Energieverbrauch in kWh pro 1000 Stunden. Darüber hinaus ist ein QR-Code aufgedruckt. Der Link hält technische Informationen bereit. In der Schweiz geschieht dies auf freiwilliger Basis.

www.bfe.admin.ch

Christian Härtel, ch

Veröffentlichung: 03. März 2022 / Ausgabe 9/2022

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