Dahinter steckt stets ein schlauer Kopf

In der Schweiz konzentriert sich das Vertrauen vieler Konsumenten auf wenige Marken. Bild: Shutterstock

Küchengeräte.  Welche Hersteller und Marken von Küchengeräten ihrem guten Ruf gerecht werden und dabei ihren Preis auch wirklich wert sind, offenbart sich manchmal auch an Kleinigkeiten. Oft kann man jedoch nicht sicher sagen, ob drin steckt, was drauf steht.

Es war wohl die bislang grösste Rückrufaktion für Küchengeräte. Rund fünf Millionen Geschirrspüler sollen 2013 davon betroffen gewesen sein. Neben Geräten von Bosch und Siemens steckte derselbe Fehler offensichtlich auch in Maschinen von Neff, Constructa sowie beim Hersteller Junker und Ruh unter den Gehäusen. Da es sich damals um einen sicherheitsrelevanten Defekt handelte, war der Schaden für die Produzenten gross. Bei einem elektronischen Bauteil bestand die akute Gefahr einer massiven Überhitzung. Besonders stark waren deutsche Konsumenten davon in Mitleidenschaft gezogen. Allein bei den Nachbarn betraf die Panne zwei Millionen Geschirrspüler. Rund 70 Geräte sollen bis zum erfolgten Rückruf tatsächlich durch den Fehler in Brand geraten sein. In der Schweiz warnte das zuständige Bundesamt vor den Risiken, und auch Konsumentenportale berichteten darüber. Offensichtlich handelte es sich jedoch um eine geringe Anzahl an Geräten, die im Umlauf waren.

Ein Jahr nach der umfänglichen Rückrufaktion hat Siemens seine Anteile am gemeinsamen Unternehmen an Bosch veräussert, schied damit aus dem Geschäft aus und vergab die Lizenz zur Nutzung von Siemens an die BSH-Gruppe, sprich Bosch. Das scheint lukrativ. Täglich werden weltweit zahlreiche Geräte von Siemens verkauft.

Man kennt es von den Autos

Würde Ähnliches heute wieder passieren, wären die Auswirkungen vielleicht noch massiver. Denn inzwischen gehören nicht nur weitere Marken und Unternehmen zur BSH Hausgeräte GmbH, sondern auch die Anzahl der sogenannten baugleichen Produkte hat weiter zugenommen. Wobei, ähnlich wie in der Autoindustrie auch, zwar identische Bauteile und Gruppen davon in den Produkten stecken, ganz baugleich sind die Geräte am Ende jedoch meist nicht. Mit einem Rest an besonderen Funktionalitäten und vor allem im Design, manchmal auch in der Materialisierung, unterscheiden sich die sich ähnelnden Kochfelder, Kühlschränke und Co.

Das Phänomen ist selbstredend nicht neu. Die Gründungsunternehmen der Kooperation BSH aus Bosch und Siemens hatten sich bereits 1967 zusammengefunden. Auch die Premium-Marke Gaggenau gehört bereits seit 1995 zur Gruppe. Als Edelmarke agiert das Unternehmen jedoch weitestgehend selbstständig. Bei Gaggenau hat man eigene Modelle, und auch die Ausführungsqualität ist deutlich höher, obwohl das Unternehmen zur BSH-Gruppe gehört. «Das merkt man sofort, wenn man eine Backofentür öffnet. Die Scharniere haben eine ganz andere Stabilität, die Verglasung hat mehrere Scheiben, und hinter dem Gehäuse stecken eine bessere Isolierung und eine andere Technik. Die Geräte sind alles andere als baugleich zu Bosch oder Siemens», sagt David Haefeli-Dauti, Inhaber und Geschäftsführer des Haushaltgeräte-Unternehmens Haefeli Service in Balsthal SO.

Aber es finden sich auch immer wieder Beispiele für wenigstens bauähnliche Produkte innerhalb einer Gruppe. Wer sucht, der findet aktuell wenigstens einen Kühlschrank von Gaggenau, der baugleich mit einem Gerät von Siemens ist, von kleinen optischen Unterschieden mal abgesehen.

Marken sind Garanten für Erfolg

Jede Marke hat ein Ziel. Es geht um Vertrauen in das Label und damit eine langfristig stabile Kundenbindung an die Marke. In der Praxis führt dies im Idealfall für die Marke dazu, dass Konsumenten im Zweifel zum Produkt des Vertrauens greifen, auch wenn der Preis dafür unter Umständen deutlich höher liegt als bei vergleichbaren Produkten. Damit das funktioniert, muss eine Marke in den Köpfen der Konsumenten fest und langfristig verankert sein.

Herr und Frau Schweizer haben dafür ein gutes Gespür. Herstellern wie V-Zug, Miele oder Elektrolux wird immer wieder ein hohes Mass an Vertrauen durch die Konsumenten bescheinigt. Dazu gehört auch die exklusive Marke Gaggenau, aber auch Siemens, Bosch und Bauknecht finden sich laut dem Portal statista.com häufig in Schweizer Küchen. Das sind vor allem Marken, die auf eine lange Geschichte blicken sowie eigenständig Produkte entwickeln und auch überwiegend selbst produzieren.

Experte Haefeli nennt dieselben Marken, wenn es um Vertrauen und Verlässlichkeit geht, und hat dafür noch einen weiteren Grund: «Ein guter Parameter für die Verlässlichkeit einer Marke bei grossen Küchengeräten ist der Umstand, ob auf der Strasse auch Servicefahrzeuge des Unternehmens zu sehen sind.» Denn irgendwann gehe schliesslich jedes Gerät einmal kaputt, sei es auch nur in Form eines Verschleissteiles. Die Verfügbarkeit von Ersatzteilen ist deshalb ein wichtiger Punkt. «Wenn Kunden bei uns anfrufen, weil ihre koreanische Maschine defekt ist, müssen wir leider abwinken, weil wir keinen direkten Zugriff auf die Ersatzteile haben», sagt Haefeli. Die Apparate seien deshalb nicht schlecht, aber jedes technische Gerät brauche nunmal irgendwann eine Reparatur. Und da manche Marke zu äusserst niedrigen Preisen verkauft werde, würden solche Küchengeräte dann häufig einfach getauscht. Denn: «Wenn die Beschaffung eines Ersatzteiles vier bis sechs Wochen dauert, ist das natürlich unbefriedigend.»

Global vernetzt und kauffreudig

Die internationalen Verflechtungen von Elektronikkonzernen, Herstellern von Küchengeräten, Zulieferern sowie kleineren Spartenunternehmen der Branche ist enorm und lässt sich meist nur schwer durchdringen. Es werden munter produzierende Unternehmen übernommen, eingegliedert und Lizenzen vergeben. Die Folge: Kaum jemand kann wirklich einen Marktüberblick haben. Wer was für wen produziert und welche Geräte mit welcher Technik ausgestattet sind, kann auch von Kennern der Szene nur punktuell nachvollzogen werden.

Fest steht: Die drei weltweit grössten Akteure stammen aus China. Zusammen vereinen sie etwa die Hälfte des globalen Umsatzes mit Grossgeräten für die Küche. In Europa ist die BSH-Gruppe der stärkste Akteur, aber auch der Elektrolux-Konzern und Whirlpool gehören zu den umsatzstärksten Unternehmensgruppen der Branche. Im Vergleich zu den Konzernen aus China, die viele Marken unter sich vereinen, machen diese jedoch nur einen Bruchteil des globalen Marktes aus.

Die Unternehmen und Marken der chinesischen Haier Group etwa erzielten 2018 nach eigenen Angaben einen Umsatz von umgerechnet rund 37 Mrd. Franken, was einem Marktanteil von über 15 % entspricht. Nebst dem neuseeländischen Produzenten Fisher und Paykel hat Haier auch die Sparte der Haushaltsgeräte vom amerikanischen Konzern General Electric übernommen. Weiter gehört der japanische Sanyo-Konzern sowie Candy, der italienische Hersteller von Küchengeräten, mit zum Portfolio. Spätestens mit Candy ist das Unternehmen auch in der Schweiz präsent.

Etikettenschwindel zerstört Marken

Die internationalen Verflechtungen und die Konzentration von Unternehmen und Marktmacht kann man gut finden oder auch nicht. Die Entwicklung ist Fakt. Dass Unternehmen versuchen, ökonomische Skaleneffekte zu nutzen und Kosten für Forschung und Entwicklung möglichst effizient zu nutzen, entspricht wirtschaftlichem Handeln, wie es akzeptiert ist. Dazu kommt, dass die elektronischen Bauteile einen gewichtigen Teil der Geräte ausmachen. Es geht heute viel weniger um grundsätzliche Funktionselemente als um «Features», die zusätzliche Funktionalitäten ermöglichen.

Schwierig wird es jedoch, wenn Abkür- zungen für schnelles Markenzutrauen genommen werden, die völlig aus der Luft gegriffen sind. So tauchen seit einigen Jahren vermehrt längst verschwundene Marken auch bei den Küchengeräten wieder auf.

Die deutsche Traditionsmarke Grundig etwa ging 2003 insolvent. Kurz danach übernahm Beko, türkischer Hersteller von Küchengeräten, die Marke. Dieser gehört wiederum zur ebenfalls türkischen Arcelik-Gruppe, und vor einigen Jahren fanden sich an den einschlägigen Fachmessen die ersten Backöfen, Kochfelder und andere Einbaugeräte mit dem Label Grundig. Zu diesem Zeitpunkt soll Grundig selbst ganze 72 Mitarbeitende gehabt haben. Dahinter steckte also Beko-Technik, Produktion und auch der Vertrieb durch die Gruppe. Hinter Beko und dem türkischen Mutterkonzern wiederum steht der chinesische Konzern Hisense, der als einer der Weltmarktführer in der Kältetechnik gerne stärker auch das Küchensegment bedienen würde. Hisense hat dazu den slowenischen Qualitätshersteller Gorenje übernommen, wozu wiederum der skandinavische Premium-Hersteller Asko gehört. Gorenje liefert übrigens auch Technik für die Schweizer Sibir Group, die von V-Zug übernommen wurde.

Während Kooperationen helfen, sich behaupten zu können, ist das reine Markenkleben, gelinde gesagt, eine Frechheit. Aber ähnlich wie Beko machen es auch andere Unternehmen. Man kauft einen guten Namen und klebt diesen auf vorhandene Produkte. Damit der Vorwurf des baugleichen Typus nicht greift, gesellen sich kleine Veränderungen und Varianten dazu. So gibt es heute etwa auch Küchengeräte von Blaupunkt. Der einstige Spezialist für Autoradios hatte nie in seiner Geschichte solche Produkte hergestellt. Bis sich diese neue Verwendung der Marke fand, ging der Rest des Unternehmens durch einige Hände von Fondsgesellschaften aus unterschiedlichen Ländern. Und auch weitere, längst untergegangene, aber einst innovative Qualitätshersteller mit wohlklingenden Namen sind wieder aufgetaucht. So waren die Geräte der Unterhaltungselektronik von Nordmende früher sehr geschätzt. Heute ist die Marke auch in der Schweiz wieder auferstanden. Dazwischen lag einiges Hin und Her zwischen französischen und indischen Unternehmen über den Erwerb der Markenrechte für die Nutzung. Das ist in etwa so, als ob demnächst Autos aus dem Hause Märklin Modelleisenbahnen aus Algerien angeboten würden.

Nicht zu weit aus dem Fenster lehnen

Weil das Innenleben der Küchengeräte und damit dessen Wert und Herkunft meist verborgen bleiben, sollten Schreiner und Küchenbauer mit Aussagen in Richtung «Das ist die bessere Marke oder das bessere Gerät» vorsichtig sein. Stattdessen sind Argumente wie Service, Garantiedauer und Produktionsort vielleicht wirksamer und wichtiger. V-Zug etwa entwickelt und fertigt seit über 100 Jahren in der Schweiz Apparate für die Küche. «Wir haben 300 Service-Techniker flächendeckend in der Schweiz im Einsatz», sagt Jasmin Riesen, zuständig für das Marketing im Unternehmen.

Wäre da nicht die Sache mit dem Preis. So wie die Verbindungen in der Branche vielerorts nicht gerade transparent sind, ist auch die Preisgestaltung für die Produkte oft nicht wirklich nachzuvollziehen. Hinter vorgehaltener Hand sagen Branchenkenner, dass die Margen im Geschäft mit den grossen Geräten nach wie vor hoch und deshalb der Spielraum bei der Ausgestaltung von Preisen recht gross sei.

Dieser Eindruck festigt sich auch beim Vergleich bauähnlicher Produkte und kann sowohl örtlich als auch zeitlich stark variieren. Am Beispiel der beiden bauähnlichen Kühlschränke von Siemens und Gaggenau aus der BSH-Gruppe mit identischen Leistungsdaten beträgt die Preisdifferenz zum gleichen Zeitpunkt in Deutschland ziemlich genau 100 %, während in der Schweiz die beiden Geräte nur um wenige Franken auseinanderliegen. Bei Geräten anderer Marken kann es sich aber auch genau umgekehrt verhalten.

www.haefeli-service.chwww.vzug.com

Christian härtel

Veröffentlichung: 29. April 2021 / Ausgabe 18/2021

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