Denn die Erinnerung wirkt als Antrieb

Die Kirche St. Nikolaus in Frauenfeld wurde 1904 bis 1906 erbaut und wird momentan umfassend restauriert sowie in manchen Dingen heutigen Bedürfnissen angepasst.

Denkmalschutz.  Immer mehr werden auch denkmalgeschützte Gebäude aus der eher jüngeren Vergangenheit fachgerecht der heutigen Zeit angepasst und restauriert. Damit eröffnet sich ein Spezialbereich mit vielen Möglichkeiten – auch für Schreinereien.

Mit dem Fortschreiten der Zeit und den gemachten Erfahrungen gibt es durch neue Erkenntnisse andere Möglichkeiten und damit auch Gewohnheiten. Das Wissen, woraus sich Dinge entwickelt haben, ist ein zentraler Punkt, um Veränderungen zu verstehen und neue herbeizuführen. Erreichtes macht dabei stolz und schafft eine Identifikation mit dem Resultat sowie der Geschichte davor, denn diese bilden das Fundament, auf dem gebaut wird.

Pflege der Zeitzeugen

Markante Dinge aus der Vergangenheit sind somit Zeitzeugen, die eine Identifikation und somit ein Gefühl von Heimat vermitteln. Sie spornen auch an, mit hoher Qualität weiter Neues zu schaffen. Mit der Denkmalpflege wird sichergestellt, dass dieses Fundament nicht einfach verloren geht. Sie basiert auf einem Bundesgesetz, ist aber rein kantonal geregelt.

Die Denkmalpflege erforscht, schützt und pflegt Baudenkmäler und ihre Ausstattung, historische Gärten, technikgeschichtliche Anlagen, Baugruppen und Ortsbilder aus der Zeit des frühen Mittelalters bis in die jüngste Vergangenheit, denn auch Herausragendes von heute wird später ein Zeitzeuge sein.

Geeignete Betriebe

Baudenkmäler und ihre Ausstattung erhalten bedeutet die Erhaltung der materiellen Ausführung dieser Dinge, was zu einer handwerklichen Herausforderung bei einer Renovation werden kann. Dazu ist Wissen und Können aus der entsprechenden Zeit erforderlich.

Durch die ständige Automatisierung und den heute in starkem Masse vertretenen Plattenbau bei Schreinerarbeiten fehlen vielen modernen Betrieben die maschinellen und personellen Grundlagen für solche Arbeiten. Werkstätten, die beispielsweise noch stärker im Massivholzbereich tätig sind und auch traditionelle Verbindungen sowie Aufbauten pflegen, bieten unter Umständen eher den passenden Hintergrund.

Schützenswerte Bauten können aber nicht einfach in ein Museum gestellt werden, sondern sind Teil des modernen Lebens und müssen sich in vertretbarem Mass der neuen Zeit anpassen. Das kann die Isolation, den Brandschutz sowie die technische Ausstattung betreffen. Um Anpassungen vornehmen zu können, müssen entsprechend Decken, Wände und Böden geöffnet und allenfalls in gleicher Art wieder nachgebaut werden.

Es gibt Dinge, die restauriert und ergänzt werden müssen, wozu es ausgewiesene Spezialisten mit Erfahrung und dem notwendigen Netzwerk braucht. Es gibt aber auch Neues, Ergänzendes, was das Gebäude heute erst nutzbar macht. Solche Arbeiten entsprechen der heutigen Zeit und werden mit heutigen Mitteln ans Alte angepasst, hergestellt und ergänzend verbaut.

Ein gutes Beispiel für einen zeitgemäss nutzbaren Umbau eines alten Bauernhauses wurde im Freilichtmuseum Ballenberg BE erstellt und zeigt Möglichkeiten, geschützte Objekte auch für die Zukunft und einer zeitgemässen Nutzung fit zu machen.

Einigkeit über das Vorgehen

Die Kantone führen Bauinventare, in die Objekte mit signifikanter, bauhistorischer Bedeutung aufgenommen werden. Für diese gibt es kein Bauverbot. An Renovationen, Veränderungen und Ergänzungen werden jedoch hohe Qualitätsanforderungen gestellt. Dinge, die von öffentlichem Interesse sind, werden auch auf Antrag hin mit öffentlichen Geldern unterstützt. So ist es natürlich auch in öffentlichem Interesse, dass entsprechende Arbeiten mit gemachten Vorgaben übereinstimmen.

Wie ein solches Beitragsverfahren abläuft, ist beispielsweise auf der Internetseite der Denkmalpflege Thurgau punktuell beschrieben. Der Online-Auftritt der Denkmalpflege Luzern geht sehr ausführlich auf ganz verschiedene wissenswerte Zusammenhänge in diesem Bereich ein. Es lohnt sich, die jeweils geltenden kantonalen Möglichkeiten zu kennen.

In der Regel weiss der Hauseigentümer, ob sein Gebäude zu den schützenswerten Bauten gehört. Spätestens aber wenn eine Eingabe für eine Baubewilligung gemacht wird, ruft das den Denkmalpfleger auf den Plan. Es empfiehlt sich von allem Anfang an, eng mit der zuständigen Person zusammenzuarbeiten. So wird ein historisch stimmiges und vom Start weg effizientes Vorgehen möglich. Um eine Baufreigabe zu erhalten, muss vor dem Beginn der Arbeiten Einigkeit über das Vorgehen und die zu verwendenden Materialien herrschen.

Partnerschaft als Chance

Die Denkmalpflege hat eine wichtige beratende Aufgabe. Das betrifft nicht nur den historischen Aspekt, sondern auch die ganz praktische Unterstützung, beispielsweise bei der Findung der erforderlichen Spezialisten. Hanspeter Strang hat in Tobel TG eine Firma für Restaurierungen in Holz und Farbe. Als Spezialist arbeitet er gerade am Orgelgehäuse und den Beichtstühlen der Stadtkirche in Frauenfeld. Mit Restaurierungen beschäftigt sich der gelernte Schreiner schon seit vielen Jahren und unterrichtet auch nachkommende Fachleute.

«Solche Arbeiten müssen laufend dokumentiert werden», gibt er zu bedenken, «und das fängt schon vor der Offertstellung mit einer recht detaillierten Erfassung durch eine Schadenskartierung an. Eine Arbeit, die viel Erfahrung braucht und auch Fingerspitzengefühl, wie weit Wissen schon preisgegeben werden sollte, bevor man den Auftrag hat.»

Es versteht sich von selbst, dass kaum jemand bei der ersten Offerte eine umfassende Schadenskartierung mit einreichen will, denn das ist eine Vorarbeit, die nicht einfach so «verschenkt» wird. Genauso wie ein detaillierter Plan für einen Innenausbau. Aber dennoch: Wer für sich nichts erfasst hat, kann auch kein wirkliches Angebot machen. Sobald der Auftrag erteilt ist, gilt das Dokumentieren als eine geforderte Dienstleistung, die allenfalls auch einen Preis hat.

Kompetente Ansprechpersonen

Federführend sollte bei einer solchen Ausführungsarbeit ein ausgewiesener Spezialist im Bereich der Restaurierung von historischen Bauten sein. Er führt auch alle heiklen Arbeiten, die sein Wissen und Können benötigen, aus. Weiter berät er allenfalls zusätzliche Schreiner, worauf diese beispielsweise beim Einbau der modernen Küche achten müssen. «Handwerker, die normalerweise nicht an geschützten Bauten arbeiten, müssen oft erst ein Verständnis für die wichtigen Zusammenhänge entwickeln», meint dazu Hanspeter Strang. In seinem langjährigen beruflichen Wirken trifft er auch immer wieder auf Betriebe, denen dieser Bereich neu ist.

Kommt also eine normale Schreinerei an einen interessanten Auftrag in einem geschützten Gebäude, empfiehlt es sich, einen geeigneten Spezialisten als Partner zuzuziehen.

Zusätzlicher Geschäftszweig

Unternehmen, die sich vermehrt im Bereich geschützter Bauten engagieren wollen, müssen sich die erforderlichen Kompetenzen vorgängig erst einmal aneignen. Gesucht sind ausgewiesene Spezialisten. Der Lehrgang «Handwerker in der Denkmalpflege» des Verbandes der Luzerner Schreiner umfasst all diese notwendigen Grundkenntnisse. Er ist in enger Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege entstanden und wird von entsprechenden Experten durchgeführt.

Die Listen der Absolventen werden in den kantonalen Ämtern hinterlegt, wodurch diese Personen dann als Spezialisten bekannt gemacht werden. Jeder gute Handwerker, der gerne auf Baustellen mit historischem Hintergrund arbeitet und eine entsprechende Ausbildung hat, dürfte in Zukunft eine gute Auslastung haben, denn auch Objekte aus der jüngeren Vergangenheit werden durch Renovation in ihrer Nutzbarkeit der heutigen Zeit angepasst.

www.ballenberg.chwww.denkmalpflege.tg.chwww.da.lu.chwww.luzerner-schreiner.ch

ab

Veröffentlichung: 12. November 2015 / Ausgabe 46/2015

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