Der Erfinder mit gutem Gewissen

Nachhaltigkeit ist Urs Jäger wichtig. Sei es beim Hausbau, Autokauf oder der Armaturenproduktion. Bild: Alex Spichale (CH Media)

Armaturen.  Der Wasserhahn in der Küche übernimmt immer mehr Funktionen. Nebst kochend heissem Wasser liefert er auch gekühltes, gefiltertes und sprudelndes Wasser. Einer, der die unterschiedlichen Systeme genaustens kennt, ist Urs Jäger von Soda Fresh.

Er ist ein Idealist auf allen Ebenen und ein Macher. Wer Urs Jäger trifft, wird mir nichts, dir nichts von seinem sprudelnden Quell an Ideen mitgerissen und kopfüber in seine Welt der Küchenarmaturen getaucht. Da geht es um Kühler, Kohlensäure und um Filter, aber auch um Geräuschpegel, Energieverbrauch und um den Wasserstrahl. Urs Jäger, Geschäftsleiter der Soda Fresh Schweiz AG, ist seit den 1980er-Jahren in dieser Branche tätig. Er entwickelt im aargauischen Seon seit über dreissig Jahren Armaturen für sprudelndes, gefiltertes, gekühltes und kochend heisses Wasser. Das kleine Unternehmen mit knapp 15 Mitarbeitenden hat sich nebst der Entwicklung und dem Vertrieb auch auf die Reparatur spezialisiert. In seinem Showroom finden sich Armaturen von diversen Herstellern und laden zum direkten Vergleich ein. Denn, wer sich einen alleskönnenden Wasserhahn anschaffen will, hat nicht nur die Qual der Wahl in Sachen Design und Funktionen, er muss sich auch mit einer Menge Technik auseinandersetzen, die sich unter dem Spülbecken verbirgt. Jäger hilft da gerne weiter. Er kennt nicht nur seine eigenen Untertischgeräte bis auf die letzte Schraube, sondern auch die Produkte der Konkurrenz. «Bekomme ich zum Beispiel einen neuen Kühler von einem anderen Hersteller angeliefert, dann schraube ich diesen natürlich auf und schaue mir an, wie er aufgebaut ist», erzählt Jäger, und seine Begeisterung für die Materie ist ihm anzusehen.

Der Macher

Sich auf dem Erfolg auszuruhen, ist nicht seine Art. Ständig ist er am Tüfteln. Wenn ein Kunde ein Problem mit einer seiner Armaturen hat, versucht er eine Lösung dafür zu finden. «Wir hatten den Fall, dass ein Kunde, der in einer höher gelegenen Ortschaft wohnt, Probleme mit dem kochenden Wasser hatte. Der Wasserstrahl dampfte zu stark. Dazu kam es, weil sich der Siedepunkt von Wasser in der Höhe verschiebt», erinnert sich Jäger. Er suchte mit seinem Team nach einer Lösung und meldete kurz darauf ein Patent an namens «Stream Reduction Solution» (SRS). Vereinfacht gesagt, handelt es sich dabei um einen Regler, mit dem man den Wasserstrahl einstellen kann. «Schon bald ist der SRS serienmässig in unseren Gasto-Geräten eingebaut», freut sich Jäger und sagt im gleichen Atemzug: «Natürlich können wir nicht auf jedes individuelle Problem eingehen, aber Sonderanfertigungen sind eine spezielle Herausforderung, die ich gerne annehme.»

Die Ungehorsame

Angefangen habe alles mit dem Kauf eines Sodastream-Gerätes, erzählt Jäger. Seine Frau Margrit habe es angeschafft, obwohl er dagegen gewesen sei. Heute muss er ihr für diesen Ungehorsam wohl dankbar sein. Von der Technik und vom nachhaltigen Gedanken hinter dem Gerät waren die Jägers schnell begeistert, und sie entschieden sich, den Vertrieb von Sodastream für die Schweiz zu übernehmen. «Nach sieben Jahren erzielten wir bereits einen Umsatz von 15 Millionen Franken.» Nachdem das englische Mutterhaus Sodastream an den israelischen Konkurrenten Soda Club verkauft wurde, musste Jäger sich neu orientieren. Der gelernte Hammerschmied besann sich auf seine Wurzeln und konzentrierte sich fortan auf die Herstellung von Sprudel-Geräten. «Auch das mit dem kochend heissen und Soda-Wasser aus einer Armatur ist auf unserem ‹Mist› gewachsen», stellt Jäger klar und grinst: «Wer hat’s erfunden?»

Der Nachhaltige

Heute werden die Produkte von Soda Fresh in ganz Europa vertrieben. Die Entwicklung der Armaturen geschieht in Seon. Wobei Jäger die Nachhaltigkeit nicht aus den Augen lässt. «Wir haben uns dazu entschieden, ab 2022 ganz auf verchromte Armaturen zu verzichten. Unsere Armaturen stellen wir nur noch aus Edelstahl her», sagt er. Chrom sei schlicht zu problematisch für die Umwelt. Edelstahl hingegen sei nicht nur viel robuster, es enthalte auch keine gesundheitsschädlichen Zusätze. Bei den verwendeten Schläuchen setzte Jäger schon sehr früh auf Silikon und Teflon. Einerseits sind die Schläuche einfacher zu verlegen, weil Silikon biegsamer ist als die herkömmlichen Kunststoffschläuche, andererseits gibt Silikon keine Weichmacher ins Wasser ab, welche die Konsumenten dann mit dem Wasser zu sich nehmen.

Der Prinzipientreue

Man kann sich vorstellen, dass jemand, der sich solche Gedanken im Produktionsprozess macht, nicht einfach irgendein Haus baut oder irgendein Auto kauft. Urs Jäger bleibt auch in solchen Dingen seinen Prinzipien treu. Er fährt seit 2013 einen Tesla «Model S». Auch die Soda-Fresh-Fahrzeugflotte kommt ganz ohne fossile Brennstoffe aus. Beim neuen Gebäudeteil des Hauptsitzes steht die Ökologie ebenfalls im Vordergrund. Der Holzständerbau, für welchen 1000 Kubikmeter Holz verbaut wurden, erfüllt alle Kriterien des Minergie-Plus-Standards. Auf dem Dach des Firmengebäudes befindet sich eine Photovoltaikanlage, die das Haus und die Fahrzeugflotte mit Strom versorgt.

Der Schweizer

Man kann so viel Idealismus entgegenhalten, dass das zwar schön und nett ist, aber die Armaturen dadurch einfach teurer werden. Jäger kann mit solchen kritischen Stimmen umgehen. Er habe sich sehr bewusst für alles entschieden: «Es stimmt, wir sind preislich etwas teurer, aber dafür stimmt die Qualität unserer Produkte. Aus-serdem ist die Produktion grösstenteils in der Schweiz, und das ist günstiger gar nicht machbar.» Wer eine Armatur von Soda Fresh bestelle, bekomme alles im Preis inbegriffen mitgeliefert. «Bei anderen Herstellern kommen zum Kaufpreis noch zusätzliche Kosten für Kalkfilter oben drauf, was die Kunden dann ärgert», erklärt er.

Der Entwickler

So umsichtig er mit den verwendeten Ressourcen und der Gesundheit umgeht, so weitsichtig leitet er auch die Geschicke seines Unternehmens. Bereits jetzt ist eine Lösung für die Nachfolgeregelung gefunden: «Es war mir sehr wichtig, dass das Unternehmen Soda Fresh in der Schweiz bleibt und unter diesem Namen weitergeführt wird», betont Jäger. Es freue ihn darum umso mehr, dass er mit dem Filterhersteller, mit dem er schon seit vielen Jahren zusammenarbeite, einen perfekten Partner gefunden habe. Er selbst zieht sich noch nicht endgültig aus dem Geschäft zurück. Er wolle sich in Zukunft ganz auf die Entwicklung von neuen Armaturen konzentrieren und dem Unternehmen weiterhin beratend zu Seite stehen. Dafür hat er sich bereits einen Werkstattraum im Neubau gesichert, wo er weiterhin vor sich hin werkeln könne.

www.soda-fresh.ch

, Isabelle Spengler

Veröffentlichung: 17. Dezember 2020 / Ausgabe 51-52/2020

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