Der Lohn muss fair sein

Für Mitarbeitende ist es nicht nur wichtig, dass sie für ihre Arbeit einen angemessenen Lohn erhalten, sondern auch, dass dieser gerecht ist im Vergleich mit den Löhnen der Kollegen und Kolleginnen. Archivbild: Reto Schlatter

Arbeitszeit- und Lohnmodelle.  Um Fachkräfte anstellen zu können, muss der Lohn stimmen. Das Gehalt muss angemessen und fair sein, zudem wird es von definierten und persönlichen Faktoren bestimmt. Ein Vergleich und Tipps für Schreinerbetriebe.

Wer gut ausgebildete Schreiner-Fachkräfte einstellen möchte, der muss sich mit dem Thema Lohn auseinandersetzen. Aber was ist ein angemessener und fairer Lohn? Die Antwort darauf ist komplizierter als vermutet. Mehrere Faktoren bestimmen die Höhe des Lohnes, unter anderem der Mindestlohn gemäss Gesamtarbeitsvertrag (GAV). Auswirkungen auf die Lohnhöhe haben zudem äussere Faktoren wie die Arbeitsregion, die Arbeitsmarktsituation sowie die Stellenanforderungen. Hinzu kommen persönliche Faktoren wie schulische und berufliche Qualifikationen, Erfahrung und Alter. Schliesslich spielt auch das Lohnniveau im Betrieb eine wichtige Rolle bei der Bestimmung eines fairen Gehalts. Dieses soll nämlich fair gegenüber allen Mitarbeitenden sein. Unbegründete Lohnungleichheiten sind nicht nur unfair, sondern gemäss dem Gleichstellungsgesetz des Bundes auch gesetzeswidrig.

Gestartet wird bei 4207 Franken

Eine Berufsarbeiterin oder ein -arbeiter in der Schreinerbranche erhält im ersten Erfahrungsjahr gemäss GAV einen Lohn von mindestens 4207 Franken. Der ordentliche Mindestlohn ab dem 24. Altersjahr beträgt 5111 Franken. Fachmonteure und Monteure verdienen gemäss GAV mehr – nämlich ab ordentlichem Mindestlohn 5418 respektive 5264 Franken. Die Lohntabelle kann auf der Website des Verbands Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten (VSSM) unter der Rubrik «Dienstleistungen – Gesamtarbeitsvertrag GAV» abgerufen werden.

Im Vergleich zum Lohn der Schreinerin und des Schreiners schneiden andere Handwerksberufe besser ab, wie ein Vergleich zeigt: Eine Zimmerin oder ein Zimmermann EFZ erhält im ersten Dienstjahr mindestens 4539 und nach fünf Jahren 5256 Franken. Ein gelernter Bau-Facharbeiter verdient nach der Lehre mindestens 4792 Franken. Der «Basislohn» ab dem vierten Dienstjahr beträgt 5638 Franken in den Regionen mit den tiefsten Löhnen. Als Gärtnerin, Installateur, Malerin oder Gipser beispielsweise verdient man jedoch weniger als eine Schreinerin. Ein Polizist, ein beliebter Zweitberuf von Schreinern, erhält nach der Ausbildung im Alter zwischen 23 und 27 Jahren ein Gehalt zwischen 5478 und 5689 Franken. Der gesetzliche Mindestlohn reicht demnach nicht als Argument, eine Schreinerlehre anzutreten oder in der Branche zu bleiben.

Mittelwerte der Berufshauptgruppen

Gemäss dem Bundesamt für Statistik verdient eine Angestellte oder ein Angestellter in der Berufshauptgruppe der Handwerks- und verwandten Berufe im Mittel mehr als in der Berufshauptgruppe Land- und Forstwirtschaft und mehr als in der Gruppe der Dienstleistungsberufe und Verkaufskräfte, wie Zahlen von 2018 zeigten. Bürokräfte, Techniker und Akademikerinnen verdienen mehr.

Vergleicht man diese Mittelwerte der Berufshauptgruppen mit den Löhnen der VSSM-Mitgliederstatistik, fällt allerdings auf, dass Schreinerinnen und Schreiner mehr als andere in derselben Berufshauptgruppe verdienen. Schreiner-Berufsarbeiter verdienen gemäss Mitgliederstatistik im Mittel 73 700 Franken im Jahr, gemäss Bundes- amt für Statistik erhalten Arbeitnehmende in Handwerks- und verwandten Berufen jährlich durchschnittlich 71 500 Franken. Tragisch ist hingegen, dass gemäss dem Bundesamt für Statistik Frauen in Handwerksberufen lediglich rund 61 100 Franken jährlich verdienen.

Auf der Stufe Projektleiter/Avor verdienen Schreiner gemäss VSSM-Mitgliederstatistik 85 800 Franken. In der Berufsgruppe Techniker oder gleichrangige Berufe verdienen Mann und Frau im Total 77 100 Franken gemäss Bundesamt für Statistik, ein Mann jedoch 94 000 und eine Frau 77 000 Franken. Die Mitgliederstatistik ist auf der VSSM-Website im Bereich für Mitglieder zu finden.

Weiterbildungen zahlen sich aus

Weiterbildungen befähigen, qualifizierte Tätigkeiten auszuüben. Die zeitliche und finanzielle Investition, die man für eine Weiterbildung aufbringt, zahlt sich in der Regel aus. Ein Holztechniker verdient gemäss der ODEC, dem Schweizerischen Verband der diplomierten Absolventinnen und Absolventen Höherer Fachschulen, rund 87 750 Franken jährlich. Mitarbeitende eines VSSM-Mitgliedbetriebs erhalten finanzielle Unterstützung der Militär- und Ausbildungsentschädigungskasse (Maek) für die Finanzierung der Schreinerweiterbildungen. Auch Kantone und Bund leisten finanzielle Rückzahlungen. Mehr Informationen dazu sind unter «Bildungsfinanzierung» beim VSSM online zu finden.

Lohn und Vereinbarkeit

Gemäss der 2021 vom VSSM durchgeführten Umfrage zum Thema Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben in der Schreinerbranche schätzt ein Drittel der Mitarbeitenden von Schreinereien seinen Lohn als «eher tief» oder «tief» ein. Am wenigsten zufrieden mit ihrem Lohn sind Berufsarbeiter, Projektleiter und Monteure. Am meisten zufrieden sind Geschäftsführer, das kaufmännische Personal sowie Lernende. Sie empfinden ihren Lohn als «angemessen» und somit auch fair. Empfinden Mitarbeitende ihren Lohn als unfair, bewerten sie die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben allgemein als weniger gut, wie die Umfrage zeigte. Insbesondere Personen mit Betreuungspflichten leiden unter einem unangemessenen Lohn. Sie müssen vermutlich nicht nur für sich selber aufkommen, sondern auch für Angehörige und Kinder.

Alternative Arbeitszeitmodelle

Schreinerbetriebe sind einem hohen Wettbewerb ausgesetzt. Deshalb müssen die Preise tief gehalten werden, dies trotz laufender Investitionen. Meist ist deswegen nicht viel Spielraum vorhanden für Lohnerhöhungen. Um den Beruf dennoch attraktiv zu gestalten, sind andere Formen der Wertschätzung für Mitarbeitende gefragt. Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber brauchen gute Argumente für die Rekrutierung und Retention von Mitarbeitenden. Eine Stelle auch im Teilzeitpensum anzubieten, kann beispielsweise dazu beitragen, mehr Bewerbungen zu erhalten.

Die Fachstelle UND, die mit dem VSSM beim Thema Vereinbarkeit zusammenarbeitet, hat einiges Verbesserungspotenzial für die Schreinerbranche identifziert. Das sind: Mitgestaltung der Mitarbeitenden bei der Einsatzplanung, Controlling von Mehrstunden, Stellvertretungslösungen für Mitarbeitende, Teilzeit in allen Funktionen, Homeoffice, Gespräche mit werdenden Eltern, der Ausbau von Mutter- und Vaterschaftsurlaub sowie Unterstützungsangebote für Eltern. Zudem sollten Führungskräfte zum Thema Vereinbarkeit geschult werden.

Lohnungleichheit bleibt oft ungeklärt

In der Schweiz erhalten Frauen derzeit durchschnittlich 19 Prozent weniger Lohn als Männer. Gemäss des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) kann rund die Hälfte des Unterschieds mit objektiven Faktoren erklärt werden. Die andere Hälfte bleibt jedoch ungeklärt und enthält potenzielle Lohndiskriminierung. Es ist dem VSSM nicht bekannt, wie gross die Lohndifferenzen in der Schreinerbranche sind. Unter Anbetracht des hohen Fachkräftemangels ist es für jeden Schreinerbetrieb jedoch empfehlenswert, sein Lohnsystem auf Ungleichheiten zu durchleuchten. Denn ein Weg aus dem Fachkräftemangel heraus ist die Retention von Mitarbeiterinnen.

www.vssm.chwww.seco.admin.ch/kmu-handbuchwww.fair-pay.ch.www.fachstelle-und.ch

Serie lohn- und arbeitszeitmodelle

Die Arbeitswelt verändert sich, neue Berufe werden geschaffen, intelligente Programme und Roboter werden eingesetzt, und die Digitalisierung erlaubt ein hohes Tempo. Nur eines blieb unverändert: die 42-Stunden-Woche. Hat das Modell Normalarbeitszeit ausgedient? Wie sieht das Arbeitsmodell der (nahen) Zukunft aus? Welche Ansprüche stellt die neue Generation an die Arbeitswelt? Ist das 80-Prozent-Pensum die neue Vollzeit? Die lose Serie «Neue Lohn- und Arbeitszeitmodelle» geht diesen Fragen nach.

www.schreinerzeitung.ch

Freiwillige Nebenleistungen

Fringe Benefits helfen bei der Zufriedenheit der Mitarbeitenden

Auf Deutsch bedeuten Fringe Benefits einfach Nebenleistungen. Dies sind Leistungen, die ein Arbeitgeber freiwillig und ohne gesetzliche Verpflichtung erbringt. Diese Fringe Benefits können, wenn sinnvoll angewendet, zur Zufriedenheit der Angestellten und somit zur Mitarbeiterbindung beitragen. Beispiele sind: Geschäftsfahrzeug für den Privatgebrauch, Geschäftsmobiltelefon, Kantine oder Lunchchecks, Vergünstigungen oder Angebot von Sport- und Freizeiteinrichtungen, Vergünstigungen oder Angebot von Kindertagesstätten sowie die Übernahme der Kosten für Weiterbildungen. Besonders Arbeitgeber, die keinen jährlichen Bonus auszahlen, können gezielte Nebenleistungen als Zeichen der Wertschätzung ihrer Mitarbeitenden einsetzen.

Michèle Ofri, ndo, MOF

Veröffentlichung: 24. November 2022 / Ausgabe 47/2022

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