Der veränderte Blick aus dem Fenster

Eine fachlich richtiger Unterhalt der Fensterfronten wirkt langfristig werterhaltend. Bild: Franco Brunner

Unterhalt.  Spezialisierte Fensterbauunternehmen und immer weiter wachsende Ansprüche verdrängen den Schreiner aus einem seiner früheren Aufgabenfelder. Ganz ausgedient hat er im Bereich des Fensterbaus und Fensterunterhalts aber trotzdem noch nicht.

Die Zeiten ändern sich. Zugegeben, dieser Spruch ist reichlich verbraucht und ja, er wird wohl auch viel zu oft verwendet. Und doch, es liegt ein Funken Wahrheit darin. Denn, ob wir nun wollen oder nicht, ändert die Zeit eben doch so einiges. Auch, vielleicht sogar ganz besonders, in der Arbeitswelt. Technik, Fortschritt, neue Anforderungen, mehr Möglichkeiten und nicht zuletzt stetig steigender Preisdruck und Konkurrenzkampf haben die Ausgangslage in den vergangenen Jahren in wohl so ziemlich jeder Branche merklich verändert, um nicht zu sagen neu gestaltet.

Wandel zur Spezialisierung

Veränderungen gibt es auch im Bereich des Fensterbaus respektive des Fensterunterhalts. Was vor ein paar Jahren in erster Linie noch eine reine Schreinerangelegenheit war, hat sich heutzutage zu einem weitaus komplexeren Fachbereich entwickelt, sowohl in technischen Belangen als auch, was die Frage nach der Zuständigkeit anbelangt. «Die Herstellung von Fenstern erfolgt in der Schweiz zunehmend mit moderneren Fertigungsanlagen, welche ausschliesslich auf diese Produktion ausgerichtet sind», erklärt Daniel Egli, Firmeninhaber und Geschäftsleiter der J. Stocker Fensterbau AG im aargauischen Fenkrieden.

Bereiche definieren sich neu

Der klassische Schreiner, welcher bei Bedarf auf seinen konventionellen Anlagen gelegentlich Fenster herstellen wolle, habe es in diesem Umfeld schwer, bestehen zu können, gibt Egli zu bedenken. Zusätzlich seien die Einkaufsbedingungen für Zulieferungen wie Holz, Glas, Beschläge oder Aluminium bei Kleinmengen schlicht weniger vorteilhaft. Ebenso sei der Preiskampf bei grösseren Bauprojekten in den Ballungsgebieten enorm und nur top eingerichtete Fensterbaubetriebe könnten die hohen Anforderungen bezüglich Zertifikaten, Preisen, Terminen und Kapazitäten überhaupt noch erfüllen. «Die Grossen der Branche kämpfen mit ihren Standardprodukten um Marktanteile», sagt Egli weiter. Wobei hier die Bezeichnung «Standard» nicht abwertend verstanden werden dürfe. Ganz im Gegenteil. Es handle sich um topmoderne Fensterkonstruktionen, deren Vielfalt an individuellen Optionen, bedingt durch Optimierungsprozesse, allerdings überblickbar sei.

Marktnischen sind gefragt

Nicht zuletzt aufgrund dieser schwierigen Voraussetzungen suchen sich viele Schweizer Fensterbauunternehmen ihre eigenen Marktnischen. Marktnischen, wie zum Beispiel Fenster mit denkmalpflegerischen Anforderungen oder andere Spezialkonstruktionen, welche sich nach den individuel- len Kundenwünschen richten. Ebenfalls in diesen Nischenbereich gehören Fensteranschlussarbeiten wie die Herstellung von Holzfuttern, Simsen oder Vorhangbrettern.Die bieten zwar auch die meisten Fensterbauer an, sie können allerdings oftmals noch immer durch den Schreiner ausgeführt werden.

Die Grenzen des Zuständigkeitsbereiches beim Fensterbau und Fensterunterhalt sind nicht immer klar abzustecken. So fliessend diese auch sein können, so unterschiedlich gestalten sich die Arbeitsphilosophien der einzelnen Unternehmen. Die FFN Fensterfabrik Niederwil AG zum Beispiel bietet sozusagen alles aus einer Hand an. «In unserem Unternehmen haben wir eine Montage- sowie eine Serviceabteilung», erklärt der Geschäftsführer Erwin Eschbach. In dieser Express-Serviceabteilung werde alles ausgeführt, was mit dem Fensterbereich zu tun habe. Einbruchschäden, Glasbrüche, Beschlagspflege sowie Beschlägewechsel bei Defekten und Dichtungsersatz. Auch Massnahmen zum Einbruchschutz stünden hier an erster Stelle, führt Eschbach aus. Ebenfalls eine Serviceabteilung hat die J. Stocker Fensterbau AG. Für gewisse Spezialkonstruktionen oder individuelle Kundenwünsche suche man jedoch auch die Zusammenarbeit mit ortsansässigen Schreinereien oder dem freischaffenden Mitarbeiter Beny Camenzind von Fenster Camenzind aus Sempach. Camenzind wird demnach vornehmlich für Spezialarbeiten wie das schalloptimierte Ausisolieren von bestehenden Rollladenkastenkonstruktionen oder das Instandstellen älterer, erhaltenswerter oder denkmalgeschützter Fensterkonstruktionen herbeigezogen. Eine Zusammenarbeit, die sich in der Vergangenheit als klassische Win-win-Situation erwiesen habe, wie beide Parteien übereinstimmend betonen.

Der Schreiner hat nicht ausgedient

Apropos Win-win-Situation. Die Frage stellt sich, ob es im Fensterbaubereich eine solche überhaupt auch noch für den klassischen Schreiner gibt oder ob ihm die eigentlichen Fensterbauunternehmen nicht schon längst den Rang abgelaufen haben. Nun, es gibt sie zumindest noch, die ortseingesessenen KMU-Holzverarbeiter, welche der Tendenz trotzen können und das ganze Spektrum an Fensterholzbauarbeiten anbieten. Ein «Alles aus einer Hand»-Prinzip, das vornehmlich noch im Berner Oberland und im Wallis Anklang findet. Die Schreinerei Bieri GmbH aus dem bernischen Oberbottingen bietet zwar nicht mehr alles, aber zumindest noch eine ganze Menge im Fensterbaubereich an. «Wir bieten nach wie vor die Montage der Fenster an», sagt Geschäftsführer Markus Bieri. Die Produktion der Fenster habe er derweil aus Kostengründen auslagern müssen. So produziere nun das Fensterbauunternehmen, mit dem er zusammenarbeite, die Fenster nach von ihm vorgegebenen Mass- und Ausführungsangaben. Des Weiteren würden diverse andere Fensterarbeiten noch immer in seinen Schreinerbereich fallen, erklärt Bieri weiter. Das sind Arbeiten wie das Auswechseln von Fenstern oder Servicearbeiten wie Fenster richten, defekte Gläser und/oder Beschläge sowie Dichtungen ersetzen. Ebenso gehören allgemeine Umgebungsarbeiten dazu, wie zum Beispiel das Erstellen und Montieren der Vorhangbretter, Fensterbänke, Fensterfutter oder Rollladenkästen. Geld verdienen lasse sich dabei hauptsächlich noch im Bereich der Fensterauswechslungen, also bei der Demontage alter respektive der Montage neuer Fenster, erklärt Bieri.

Keine Frage, der Fensterbereich habe sich aus Schreinersicht im Laufe der Jahre sehr stark verändert und grundsätzlich sei es wohl eher schwieriger denn einfacher geworden, sagt Bieri weiter. Dank der engen Zusammenarbeit mit dem Fensterproduzenten könne er seinen Kunden jedoch noch immer beinahe jede Lösung anbieten. Deshalb würde er der Zeit, in welcher der Fensterbau noch vornehmlich Schreinersache gewesen sei, auch nicht allzu sehr nachtrauern.

Da wären wir also wieder – bei der Zeit und den Veränderungen, die sie mit sich bringt. Ja, die Zeiten haben sich tatsächlich geändert – auch im Fensterbaubereich. Doch eine kleine Konstante ist immerhin geblieben: Das Schreinerhandwerk ist auch hier sehr wohl noch immer gefragt – mal mehr, mal eben etwas weniger.

www.stocker-fenster.chwww.fenster-camenzind.chwww.ffn.chwww.bierigmbh.ch

Pflege- und Wartungstipps für Fenster

Schweizer Fensterbauunternehmen garantieren und liefern sowohl Qualitätsarbeit als auch Qualitätsmaterial. Trotzdem bleiben Service- oder Unterhaltsarbeiten, die vom Experten ausgeführt werden müssen, nicht immer aus. Diese kann der Kunde mit Eigenleistungen reduzieren. Voraussetzung hierfür ist regelmässige und korrekte Pflege und Wartung der Fenster.

Hier ein paar Tipps:

  • Richtiges Lüften verhindert Kondenswasser und Feuchtigkeitsschäden. Zu vermeiden ist das Dauerlüften im Winter durch gekippte Fenster. Grundsätzlich gilt, dass bewohnte Räume morgens, mittags und abends während fünf bis maximal zehn Minuten bei vollständig geöffneten Fenstern gelüftet werden sollten.
  • Selbst neue Fenster benötigen eine regelmässige und fachgerechte Pflege und Wartung. Bei leichter Verschmutzung eines Aluminiumfensters können die Profile mit einem sauberen Tuch und wenig Spülmittel unter leichtem Druck abgewischt werden. Kunststoffprofile sollten mehrmals jährlich mit einem schonenden Reinigungsmittel und viel Wasser gereinigt werden. Bei Holzprofilen schliesslich müssen spätestens alle zwei Jahre die bewitterten Oberflächen kontrolliert und die Beschichtung allenfalls erneuert werden.
  • Im Bereich der Beschlägewartung hilft jährliches Fetten und Ölen aller beweglichen Teile im Flügel und Rahmen, um Verschleiss zu vermeiden. Hier bietet sich die Verwendung eines säure- und harzfreien Fettes respektive Öles wie Nähmaschinenöl an. Die Beschläge sind vor dem Fetten oder Ölen mit einem Lappen zu reinigen.

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Veröffentlichung: 09. April 2015 / Ausgabe 15/2015

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