Des Schreiners Risse sind punktuell

Diese Metallfenster in einem denkmalgeschützten Haus müssen raus. Der Grund: Konstruk-tionsfehler des Herstellers. Bilder: Christian Härtel

Bauschaden-analyse.  Rund 1,6 Mia. Schweizer Franken beträgt das jährliche Volumen an Bauschäden. Die häufigsten Schäden haben mit der Arbeit von Schreinern nur wenig zu tun; bei Fenstern und Parkettböden gibt es jedoch immer wieder Anlass zur Beanstandung.

Die gute Nachricht: Mit den meisten Bauschäden in neu erstellten Hochbauten hat die Arbeit des Schreiners nichts zu tun, denn die meisten Schäden gehen auf das Konto anderer Gewerke. Neben Problemen mit Feuchtigkeit und der daraus resultierenden Schimmelbildung werden vor allem Putzrisse häufig beanstandet. Zu diesem Ergebnis kommt eine wissenschaftliche Untersuchung der ETH Zürich in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Baumeisterverband (SBV) über «Mängel im Hochbau». Betrachtet und ausgewertet wurden dabei 1337 dokumentierte Baumängel aus 505 Gutachten zwischen 2002 und 2010. Die Verursacher der Mängel wurden identifiziert und die Schäden nach ihrem Entstehungsort katalogisiert. So lässt sich beim Studieren der Lektüre zum Beispiel leicht feststellen, dass der Grund zu Beanstandungen bei geneigten Dächern vor allem durch Fehler beim Ausführen der Dampfbremse entstehen. Dies vor allem durch undichte Anschlüsse.

Überraschend positiv ist die Situation bei Bodenbelägen für Balkone und Terrassen; in diesem Bereich gab es nur selten Anlass zur Beschwerde. Obwohl manches am Markt befindliche Befestigungssystem für Terrassendecks nicht den nötigen bauphysikalischen Anforderungen nachkommt, gibt es hier offensichtlich kaum Grund zur Beanstandung. Auch der Arbeit von Fensterbauern bei Balkon- und Terrassentüren stellt die Analyse ein gutes Zeugnis aus, da nur selten ein Schadenfall auftritt, etwa bei der Abdichtung des Anschlusses der Tür oder der Türschwelle. Viel häufiger dagegen wird die mangelnde Abdichtung zum Anschluss der Tür, also die Arbeit des Flachdachbauers, bemängelt.

Mängel vor allem bei Fenstern

Aber es gibt auch eine Nachricht, die Schreiner aufhorchen lassen sollte: Die Bauanschlussfuge von Fenstern und auch deren Konstruktion gehören unter den Schreinerarbeiten zu den häufigsten Ursachen für Reklamationen. Schaut man sich die Zahlen im Bereich «Einbauelemente» an, wird schnell klar, warum der Fokus dabei auf den Fenstern liegt. Mängel bei Storen, Treppen, Küchen oder Türen sind eher Einzelfälle. Bei Fenstern jedoch fanden die Autoren unter den insgesamt 1337 ausgewerteten Mängeln eine stattliche Anzahl, welche das Einbauelement Fenster betreffen. Bei der Analyse der Mängelarten werden Einbau und Konstruktion am häufigsten genannt. Insbesondere bei Glasfalzdichtungen treten offensichtlich öfter Probleme mit ungenügender Haftung des Dichtstoffes oder Fehlstellen bei der Dichtung auf.

Auch die Fensterbänke tauchen in der Analyse oft auf. Insbesondere das Fehlen der seitlichen Abdichtung bei der Montage von Fensterbänken wird bemängelt. Der eigentliche Knackpunkt ist für Fensterbauer aber die Bauanschlussfuge bei Fenstern. Fehlen und Undichtigkeit der Fuge zur Aussenwand stellen laut den Wissenschaftlern die wichtigsten klar benannten Mängel dar. Die Autoren weisen deshalb auf die wichtigen Normen hin, etwa die SIA 331 bzw. die Merkblätter des Schweizerischen Fachverbandes Fenster- und Fassadenbranche (FFF).

Für eine Überraschung bei der Auswertung haben aber offenbar Konstruktionsmängel von Fensterelementen gesorgt.

Ein Beispiel aus dem deutschen Freiburg im Breisgau verdeutlicht dies: Im Erdgeschoss eines denkmalgeschützten Hauses wurden vor wenigen Jahren Ganzmetallfenster mit Segmentbögen, Flügeln und Türen installiert. Jetzt müssen die über vier Meter hohen Fenster ersetzt werden, weil die Entwässerung der schlanken Profile nur ungenügend funktioniert. Bei Schlagregen läuft Wasser in die im Haus untergebrachte Zahnarztpraxis.

Eine Nachbesserung durch den niederländischen Hersteller der Fenster scheint nicht möglich zu sein. Da es sich in dem aktuellen Beispiel insgesamt um vier grosse Elemente handelt, ist der resultierende Schaden erheblich.

Auf dem Boden der Tatsachen

Auch beim Fussboden konnten die Analysten häufige Bauschäden ausmachen. Zwar tauchen diese vor allem bei Plattenbelägen auf, doch auch Holzbeläge sind offensichtlich öfter mangelhaft. «Mängel am Holzbelag entstehen durch schlechte Verklebung und geringe Belagsreife des Unterbodens», so die Autoren. Neben den Unterlagsbodenbauern wird deshalb der Parkettleger als häufigster Verursacher von Bauschäden bei Fussböden genannt. Bemängelt werden vor allem Spaltbildungen und die Haftung durch ungenügende Belagsreife bei der Ausführung von Holzbelägen. Die Interessengemeinschaft der Schweizerischen Parkett-Industrie (ISP) empfiehlt deshalb in einem Merkblatt, bei grossen Flächen, unsicherer Oberflächenbeurteilung oder mangelhaft erscheinenden Untergründen Probeverklebungen durchzuführen. So kann ein Systemaufbau abgesichert werden. Der Zeit- und Kostendruck auf dem Bau steht dem allerdings oft im Weg. Die Qualität des Parketts selbst oder Farbabweichungen scheinen nur selten ein Problem zu sein. Wichtiger sind am Boden auftretende Verschmutzungen durch den Baubetrieb.

Feuchtigkeit im Bau betrifft Schreiner

Neben unsachgemässer Ausführung oder mangelnder Konstruktion hängen viele Schäden direkt oder indirekt mit zu hoher Feuchtigkeit zusammen. Häufige Folge ist die Bildung von Schimmelpilzen, insbesondere auf den Innenseiten von Aussenwänden: «Eine häufige Ursache sind schlecht gedämmte Aussenwände. Sie kühlen in den kälteren Jahreszeiten aus und werden deshalb zu feucht. In der Folge kommt es dort zu Schimmelwachstum», so das Bundesamt für Gesundheit (BAG). Was bei einer gut belüfteten Wand noch nicht sichtbar ist, kann beim Aufstellen eines Schrankes oder der Montage eines Einbaumöbels schnell zu einem Problem werden. Aber wer misst im Zweifel schon mit einem Baufeuchtemessgerät den Wassergehalt einer Wand, an der ein Einbauschrank geplant wird?

Dabei ist das Vorhandensein von Schimmelpilzen häufiger, als man denkt. Eine ältere Studie aus Deutschland, bei welcher mehr als 5000 Wohnungen untersucht wurden, zeigte auf, dass mehr als 20 % das Potenzial für Feuchteschäden aufwiesen. «Organisches Material als Nahrungsgrundlage für Schimmelpilze ist in Innenräumen stets genügend vorhanden. Kommt Feuchtigkeit hinzu, sind die Bedingungen für das Wachstum von Schimmelpilzen gegeben», so Gerhard Führer, Sachverständiger für Schadstoffe in Innenräumen. «Feuchtigkeit und Schimmel treten in der Schweiz und in anderen europäischen Ländern in jedem vierten bis fünften Haushalt auf», so das BAG. Diese reichten von kleinen Schimmelflecken bis hin zu häufig beschlagenen Fensterscheiben, grossflächigem Schimmelbewuchs und Stockflecken in verschiedenen Räumen.

Schimmelpilze können zwar mit Bioziden bekämpft, befallene Bauteile können saniert werden. Doch ist eine Bekämpfung mit erheblichen Kosten verbunden, und auch eine Gesundheitsgefährdung kann dabei nicht ausgeschlossen werden. Eine mögliche Schimmelpilzbildung zu verhindern, ist deshalb von grösster Bedeutung. Schimmelpilzarten gibt es viele, aber fast alle können schon bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 80 % gut gedeihen. Auch haben Forscher herausgefunden, dass unterhalb von 70 % relativer Luftfeuchte kein Wachstum von Schimmelpilzen in Gebäuden auftritt.

Das Thema ist gravierend, weshalb das BAG in Zusammenarbeit mit einigen Verbänden eine Ratgeberbroschüre zum Umgang mit Schimmelpilz bzw. dessen Vermeidung herausgegeben hat. Die Broschüre räumt mit einigem Halbwissen auf und gibt wertvolle Hinweise, etwa der, dass Antischimmelmittel keine Sanierung ersetzen können, oder dass Raumluftentfeuchter erst nach der Beseitigung der Schimmelpilze aufgestellt werden sollen.

ch

Veröffentlichung: 21. Januar 2016 / Ausgabe 3/2016

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