Die hohe Schule der Ordnung

Aufgeräumt und gut zugänglich, so präsentiert sich diese Brotschublade der Seliner AG aus Niederurnen GL. Bild: Dominik Stauffer

Schubladen.  In einer Küche kann man kaum zu viel Stauraum haben. Schubladen in allen Variationen spielen dabei eine zentrale Rolle. Für Schreinereien stellt sich die Frage: Lohnt es sich, diese selbst herzustellen, oder sollen diese zugekauft werden?

Eine neue Küche ist eine grosse Investition. Da müssen Kunden manchmal Abstriche machen, um das Budget einzuhalten. So kostet eine Schublade zwischen 200 und 300 Franken, ein Tablar möglicherweise lediglich 20 Franken. Daher verringern manche Kunden gern die Anzahl an Schubladen. Küchenverkäufer Kai Baumann von der Schreinerei Koller AG in Schwyz gestaltet seine Offerten daher so: «Ich führe die Schubladen als separate Positionen in der Offerte auf, sodass der Kunde sich den zusätzlichen Kosten bewusst ist. So kann er entscheiden, ob er bereit ist, den Mehrwert einer Schublade zu bezahlen.» In Appenzell ist die Firma Holzin AG beheimatet, der Betrieb mit rund 60 Mitarbeitern hat unter anderem eine eigene Produktionshalle für Küchen. Adrian Inauen, bis vor Kurzem Leiter des Küchenzusammenbaus, erzählt: «Die Anzahl Schubladen pro Küche va- riiert sehr. Bei exklusiven Küchen verbauen wir gut einmal über 40 Schubladen.» Die Mitarbeitenden der Küchenproduktion sind Profis im Zusammenbau. So ist eine Schublade in rund dreieinhalb Minuten zusammengebaut und bereit, um die Front anzubringen und im Korpus eingehängt zu werden. Doch lohnt es sich für jeden Betrieb, Schubladen selbst herzustellen? Oder ist der Einkauf von fertigen Schubladen sinnvoller?

Schubladen vom Spezialisten

Schreiner Sven Rüegg aus Wattwil SG hat für sich eine einfache Formel gefunden: Ab vier Schubladen für ein Möbel oder eine Küche legt er selbst Hand an und fertigt die Schubladen in seiner Schreinerei. Sind es weniger Schubladen, greift er auf Fertigprodukte zurück. Bei der Grundsatzfrage, was alles produziert wird oder ob ein Zukauf bevorzugt wird, spielen betriebswirtschaftliche Faktoren, die Möglichkeiten des eigenen Maschinenparks, die personellen Ressourcen und auch die verwendeten Produkte und Materialien eine Rolle.

Die Firma Box-Manufaktur in Tägerwilen TG wirbt etwa damit, dass durch die Konfiguration und Bestellung der Schublade 80 Prozent der Produktionszeit eingespart werden könnten. Wer also bei der Box- Manufaktur bestellt, der muss keine Stücklisten erstellen, nichts zuschneiden, bekanten und sonstwie bearbeiten. Auch der Zusammenbau fällt weg. Nicht nur solche Spezialfirmen bieten diese Art von Outsourcing an, sondern auch grosse Beschlägelieferanten, die als Zwischenhändler fertige Schubladen von nationalen und internationalen Anbietern im Angebot haben.

Vor der Coronapandemie nahm die Beschaffung für Schubladen etwa zwei Wochen in Anspruch. Aktuell muss mit Lieferfristen von drei bis vier Wochen gerechnet werden. Wer als Schreiner also Schubladen zukaufen möchte, muss die längeren Lieferfristen bereits in den Planungsprozess einbeziehen. Dabei ist es dann wichtig, dass der Kunde sich früh entscheidet, wo in der Küche er überall Schubladen haben will. Kann sich die Kundschaft allerdings nicht zu einem Entscheid durchringen und bleibt der Liefertermin fix, ist die Schubladenherstellung in der eigenen Schreinerei dann der schnellere Weg.

Die in Winterthur ZH angesiedelte Schreinerei Holz & Wert der Quellenhof-Stiftung ist eine Integrationsfirma. Sie legt einen Schwerpunkt auf die Ausbildung von Lernenden, die mit Schwierigkeiten in ihrem Leben zu kämpfen haben oder hatten. So gilt es für die Schreinerei auch immer wieder, Arbeiten zu suchen, die sich optimal für die Ausbildung von Lernenden eignen. Kürzlich prüfte die Integrationsfirma, ob es sich lohnen würde, Schubladen selbst zu fertigen oder sie weiterhin zuzukaufen. Das Fazit: Die Beschaffung von Beschlägen und Material ist rund 40 Franken günstiger als der Einkauf einer fertigen Schublade. Der Leiter des Schreinerbetriebs Rico Garzotto sagt dazu: «Wenn wir in guter Qualität produzieren können und dabei gleich teuer oder günstiger fahren als jetzt, wollen wir in Zukunft selbst Schubladen anfertigen.» Das käme der innerbetrieblichen Wertschöpfung zugute. Die Frage ist nun – nebst der Frage nach den vorhandenen Produktionskapazitäten –, ob sich das Ziel mit einem Betrag von 40 Franken pro Schublade realisieren lässt. Vorerst will der Betrieb in Möbeln eigene Schubladen einsetzen. Wenn sich dies bewährt, soll geprüft werden, ob selbst produzierte Schubladen grundsätzlich, etwa für Küchen, infrage kommen.

Prozess evaluieren

In vielen Betrieben bauen Lernende die Schubladen zusammen. Eine Routinearbeit, die aber sehr exakt ausgeführt werden muss. Das häufige Wiederholen der Handgriffe führt zu effizienterer Arbeit und die ersichtliche Leistungssteigerung ist für Lernende ein Erfolgserlebnis.

Es lohnt sich für Schreinereien. hier den Prozess zu evaluieren und mit einem Partner zu definieren, welche Lösung am sinnvollsten ist. Ist ein Betrieb voll ausgelastet und muss er für ein grösseres Projekt eine Vielzahl von Schubladen produzieren, so kann eine externe Produktion in Betracht gezogen werden. Der Betrieb fokussiert dadurch seine Kapazitäten auf die eigentlichen Stärken und monotone Arbeiten können ausgelagert werden.

Werden Schubladen selbst produziert, gilt es, sich einen praktischen Arbeitsplatz einzurichten (siehe Beitrag über Lean-Management in SZ Nummer 26). Dank passender Montagehilfen lassen sich Schubladen dann präzise und rasch zusammenbauen.

www.kollerag.swisswww.holzin.chwww.boxmanufaktur.ch

Das Multitalent in der küche

Die eine Richtige gibt es nicht

Kochutensilien systematisch zu verstauen und diese schnell griffbereit zu haben, ist das A und O in einer guten Küche. Der Beschlagspezialist Häfele Schweiz AG aus Kreuzlingen schreibt in seinem Schubladenhandbuch: «Die eine richtige Schublade gibt es nicht.» Stattdessen listet das Handbuch 30 Fragen auf, die helfen sollen, die Bedürfnisse und Anforderungen der Kundschaft aufzunehmen und zu verstehen. Bereits beim Verkaufsgespräch sollten daher der Kundschaft die richtigen Fragen gestellt werden. Auf diese Weise können die richtigen Schubladen verkauft werden, die dem Kunden auf die jeweilige Situation abgestimmt den gewünschten Mehrwert bieten. Häfele unterteilt die Anforderungen und Nutzen an eine Schublade in sieben Unterkategorien:

  • Design
  • Sicherheit
  • Innenausstattung
  • Komfort
  • Wirtschaftlichkeit
  • Wartung und Pflege
  • Beratung und Verarbeitung.
www.haefele.ch

Dominik Stauffer, DST

Veröffentlichung: 07. Juli 2022 / Ausgabe 27-28/2022

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