Die neue Leichtigkeit

Oft reicht der gezielte Einsatz von Licht, um die Küche optisch zum Schweben zu bringen. Bild: Schreinerei Merk AG

Schwebende Küchen.  Bei der Küche «von der Stange» kann der Schreiner preislich oft nicht mithalten. Dafür ist er fähig, die Küche zu einem Blickfang zu machen, sie mit individuellen Details auszustatten oder sie einfach einmal vom Boden abheben zu lassen.

Die Küche ist ein zentrales Gestaltungselement in einer Wohnung. Stand früher eher deren praktischer Aspekt im Vordergrund, ist sie heute auch ein Vorzeigeobjekt und drückt in ihrer Ausgestaltung das Lebensgefühl seiner Besitzer aus.

Gefragt ist eine neue Leichtigkeit. Denn wer hat eigentlich gesagt, dass die Küche zwingend auf einem Sockel stehen und jeder kleinste Winkel als Stauraum genutzt werden muss? Was spricht dagegen, sie einfach mal zum Schweben zu bringen?

Mehraufwand in der Planung

Genau wie der Umzug in ein neues Zuhause ist auch der Einbau einer neuen Küche eine ideale Gelegenheit, zu entrümpeln und Ballast abzuwerfen. Sind all die Tassen mit den mehr oder weniger lustigen Sprüchen darauf, die unbenutzte Brotschneidemaschine und das unpraktische Waffeleisen erst einmal raus, zeigt sich, mit wie wenig Platz man auskommen kann, wenn man bereit ist, sich auf das Wesentliche zu beschränken. Und schon ist der Weg frei für eine leichte Konstruktion.

Schwebende Küchen sind in verschiedensten Varianten realisierbar und eröffnen dem Schreiner ein weites Feld, um seine Kreativität unter Beweis zu stellen. Werden die Unterbauten sockellos ausgeführt und mit Konsolen an die Wand montiert, so wirkt die Konstruktion leicht und luftig und bietet während der Kochvorbereitungen zusätzlich den Vorteil der Beinfreiheit. Je nach Ausführung eignen sich solche Küchen auch für barrierefreie Wohnungen.

Küchen mit schwebenden Elementen erfordern einen gewissen Mehraufwand in der Planung. Denn hier muss die Art der Montage neu definiert werden. Dies wiederum bedingt eine recht genaue Einschätzung des Gewichtes der schwebenden Teile in beladenem Zustand. Genau durchdacht sein muss auch die Zufuhr von Strom und Wasser sowie die Platzierung der einzelnen Küchenelemente. So beispielsweise jene des Geschirrspülers, des Kehrichteimers oder auch des Spülbeckens. Denn ist der Korpus vom Boden abgehoben, stellt sich die Frage nach praktikablen Lösungen, die den in der Küche so wichtigen Arbeitsfluss nicht beeinträchtigen.

Kleine Tricks mit grosser Wirkung

Doch nicht immer muss der Sockel weggelassen werden, um einen klotzigen Eindruck der Küche zu vermeiden.

Wie die folgenden Beispiele beweisen, genügen oft kleine Tricks, wie der Einsatz von Lichtakzenten oder von verspiegelten Sockelelementen, um den Korpus optisch vom Boden abzuheben.

 

Bühne frei für den Boden

Eine Küche mit Bodenplatten aus dem ehrwürdigen Hotel Gurten Kulm in Bern verlangte von der Baer Schreinerei AG aus Ostermundigen BE eine sockellose Konstruktion des Küchenmöbels mit Nussbaumfronten. Dies, um zu vermeiden, dass der rote, um die Bodenfläche gegossene Streifen seine Wirkung verliert.

Der Geschirrspüler wurde mit einer speziell angefertigten Stahlkonsole an die Wand zwischen die Möbel gehängt. Dabei musste gewährleistet werden, dass das Gerät jederzeit mit einem andern Norm-Gerät ersetzt werden kann.

Weniger ist mehr

Mit starken Stahlkonsolen wurde auch das sideboardartige Möbel mit Kochfeld und Spülbecken an die Wand gehängt. Um die Wohnlichkeit nicht durch eine Dunstabzugshaube zu stören, wurde ein Kochfeldabzug eingebaut. Die Fronten sind matt lackiert, die Abdeckung besteht aus 8 mm dickem Chromstahl. Die Beleuchtung spendet ein gutes Arbeitslicht und verleiht dem Raum das gewünschte Ambiente.

www.baer-schreinerei.ch

 

Filigrane Ausleger

Das Ziel der Retri-Küchen AG aus Brunnen SZ war es, etwas zu zeigen, das man nicht überall sieht. Die Idee entstand zu der Zeit, als die Küche nicht mehr ein kleiner, abgegrenzter Raum sein sollte, sondern Teil eines offenen Wohnbereichs. Entstanden ist eine u-förmige Küche, die dank der mit Plexiglas abgestützten Ausleger in den Raum hineinragt, ohne einen klotzigen Eindruck zu hinterlassen. Mit der Farbkombination aus dezentem Anthrazit und knalligem Grün wurde ein Farbtupfer gesetzt, der den schwebenden Charakter zusätzlich hervorhebt. Die Fronten wurden mit Pulverlack der Ramseier Woodcoat AG gespritzt. Bei der Abdeckung aus Glas von Galvolux wurde die Farbe des oberen Frontbereichs übernommen.

Verbindung zur Natur

Das Grün ist im Zuge des Trends zu grossen Fenstern bewusst gewählt worden, um die Farben der Natur im Wohnbereich wieder aufzunehmen und eine Verbindung von Innen- und Aussenraum zu schaffen.

www.retri-kuechen.ch

 

Völlig losgelöst

Für eine Privatwohnung in Österreich hat die Auer Tischlerei GmbH zusammen mit der Hasenkopf Industrie Manufaktur aus dem bayerischen Mehring den Trend der leichten Küche neu interpretiert. Als Blickfang der Wohnküche dient eine schwebende Kochinsel. Für die Montage konnte der bereits vorhandene Kamin genutzt werden. Flächig mit Spiegeln kaschiert, verleiht er dem Raum zusätzliche Tiefe. Verstärkt wird der schwerelose Eindruck durch die gezielt eingesetzten Beleuchtungselemente.

Fugenlose Verarbeitung

Die Ummantelung der Kochinsel wurde mit dem massiven Mineralwerkstoff Corian in Glacier White realisiert. Corian eignet sich dank seiner porenlosen Oberfläche besonders gut für hygienische Bereiche wie die Küche. Ausserdem kann das Material naht- und fugenlos verarbeitet werden.

Entscheidend waren diese Eigenschaften auch bei der Auswahl der Arbeitsfläche mit flächenbündig untergebauter Spüle. Komplettiert wird der leichte und harmonische Gesamteindruck durch das Spülbecken Fontana FSP-50 von Hasenkopf. Die Mineralwerkstoffe ermöglichen eine Verknüpfung von Stil mit pflegeleichten, robusten Oberflächen.

www.hasenkopf.de

 

Fliessende Formen

Die aussergewöhnliche Gebäudearchitektur des «Flexhouses» im zürcherischen Feldmeilen, entworfen vom Architekturbüro Camenzind Evolution AG aus Zürich, stellte die Aim Innenausbau GmbH aus Lachen SZ vor eine technische und gestalterische Herausforderung: Die Formensprache sollte sich in der Küche widerspiegeln. Dies gelang dank der Kochinsel mit ihren speziellen Rundungen und Abschrägungen. Die Konstruktion mit dem schwebenden Rüst- und Spülbereich wirkt wie aus dem Boden gewachsen, übernimmt die fliessenden Formen des Gebäudes und schafft eine visuelle Verbindung der einzelnen Gestaltungselemente.

Der schlichte, raumhohe Rückwandbereich aus weissen Hochglanzoberflächen unterstützt das leichte Raumgefühl. Das Design mit den Nischen aus sägerauer, geräucherter Lärche wiederholt sich in den Wohnzimmer-Möbelfronten. Die abgerundeten Formen finden sich auch in der schwebenden Abzugshaube wieder. So selbstverständlich die Küche mit dem Raum und der Umgebung verschmilzt, so selbstverständlich ergibt sich durch den Kochbereich mit seinen fliessenden Übergängen ein optimaler Arbeitsablauf.

www.aimgmbh.ch

 

Leuchtende Details

Der Kälin Holztechnik AG aus Trachslau SZ ist es mit einigen gezielt eingesetzten Konstruktionsdetails gelungen, ihre Küche zum Schweben zu bringen. So insbesondere mit dem zurückversetzten Sockel und der darauf abgestimmten Beleuchtung. Die Leichtigkeit wird unterstrichen durch die Fronten in Hochglanz-Reinweiss und die Hi-Macs-Küchenabdeckung in «Alpine White», die sich durch den Einsatz von Eichencrack vom Korpus abhebt. Die Eichenelemente wiederholen sich beim Backofen und beim schmalen Oberschrank und entfalten ihre flächendurchbrechende Wirkung im Zusammenspiel mit der sideboardartigen Verbindung von der Küche zum Wohnraum. Wirkungsvoll unterstrichen wird das luftige Erscheinungbild durch die gute Ausleuchtung der Küche und die geschickt eingesetzten Lichtakzente.

www.kht.ch

 

Sinnliche Leichtigkeit

Mit ihrer schwebenden Holzküche holte sich die Schreinerei Merk AG aus dem zürcherischen Uster 2013 beim Wettbewerb des Branchenverbands Küche Schweiz den Swiss Kitchen Gold Award. Das Konzept: Sinnliche Leichtigkeit trotz massiven Materialien. Die Küche besticht durch die Kombination aus geöltem Eisen und gepresstem Eschenholz in Spaltoptik. Abgerundet wird das Küchendesign durch die schwarze Keramikabdeckung Dekton Domoos. Die lichtumspielte, schwebende Konstruktion verleiht der Kochinsel einen leichten Eindruck. Das Barelement unterstreicht diese Leichtigkeit und schafft einen natürlichen Übergang von der Küche zum Wohnraum.

Alpiner Lifestyle

Die Kombination der edlen Materialien verströmt einen gemütlichen, alpinen Lifestyle. Das Spiel aus Form und Material zieht sich auch im Innenraum weiter. So unter anderem bei den aus einem Holzstück gefertigten Besteck- und Gewürzeinsätzen in den massiven Holzschubladen oder dem mit einem Eisenrahmen eingefassten Hochschrank, in dem auch die Eschenschubladen als Element aufgenommen sind. Ein technisches Highlight ist die I-Pad-Schublade mit integrierter Ladestation.

www.merkraumgestaltung.ch

mh

Veröffentlichung: 11. Juni 2020 / Ausgabe 24/2020

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