Die praktische Werkstatt kommt

Fühlbar: Furnierte Fronten und eine geschliffene Metallabdeckung gehen durch die warme Farbgebung eine natürlich wirken-de Verbindung ein. Bild: Stöcklin Küchenmöbelfabrik AG

Trends.  Die Küche wird wieder zum Gebrauchsgegenstand und soll beim Benutzer möglichst viele Gefühle wecken. Tipps von Küchenspezialisten und Eindrücke des diesjährigen Fachevents Living Kitchen gewähren einen Blick in die Zukunft.

Lange Zeit gab es beim Thema Küchentrends eine ganz klare Fahrtrichtung. Diese führte von weissen und eleganten Elementen über glatte oder polierte Oberflächen zu einer skulpturenartigen Küche. Durch diese genaue und einheitliche Designidee richteten sich natürlich auch die grossen Hersteller auf dieser Schiene aus. So konnte man bei Ausstellungen die Küchen zum Teil nur noch über den Markenstempel unterscheiden.

Nachdem in den letzten Jahren die Farben zurückkehrten und zum Teil sogar ein bestimmendes Element wurden, zeigte sich in diesem Jahr eine ganz neue Grundlage zur Gestaltung. Es scheint so, als lotse die Branche gerade eine neue Fahrtrichtung aus.

Im Wandel der Zeit

Die Wirtschaftslage und der Generationengeist liessen sich schon immer an der Art und Ausstattung der Küche ablesen. So ist es nicht verwunderlich, dass sich die letzten Jahre auch in den kommenden Küchentrends zeigen. Die Familie und der Freundeskreis rücken in vielen Lebenssituationen wieder in den Vordergrund. Das Zusammenrücken hat auch zur Folge, dass die Küche viel mehr Benützung findet. Das gemeinsame Kochen, das Backen für Freunde oder die tägliche Versorgung der Familie brauchen keine schöne und elegante Skulptur, sondern eine schöne und praktische Werkstatt. Die neuen Küchen muss man im wahrsten Sinne beim Kochen auch spüren.

Fühlbare Materialien

Bei der Auswahl der Materialien ist die Oberflächenbeschaffenheit ein zentrales Element. «Da die Küche immer mehr ein Bestandteil des Wohnraumes wird, werden warme und natürliche Materialien nun auch mehr in der Küche eingesetzt», sagt Alain Bühler, Mitinhaber der Bühler Küchen AG aus Bern. Es ist prinzipiell jeder Werkstoff erlaubt, wenn er sich erfühlen lässt. Bei den Fronten sind Hölzer meist strukturiert oder zumindest geölt, damit man das Holz spürt. Weiter kommen Strukturlacke oder Lacke mit samtigem Finish zum Einsatz und bei den Belegen ist vermehrt das Linoleum wieder im Einsatz. Aber auch Variationen mit Leder, Textilbelegen oder Mineralbeschichtungen sind wieder eine denkbare Alternative. Bei den Abdeckungen wird der Spielraum noch etwas grösser. So kommen neben Granit und Metallabdeckungen nun vermehrt Glas, Beton, Massivholz und Kompositematerialien zum Einsatz. Auch hier soll die natürliche Struktur fühlbar bleiben. Der Stein ist rau, das Holz geölt und warm, das Glas sandgestrahlt und das Metall geschliffen. Wenn dünne Materialien zur Gestaltung eingesetzt werden, bietet Keramik eine neue Alternative. Mit Werkstoffen wie zum Beispiel «Neolith» sind ganz neue Gestaltungsfreiheiten gegeben.

Schlichte Farben

Die stimmige Auswahl und Zusammenstellung der Farben rückt durch die neu eröffneten Möglichkeiten wieder in den Vordergrund. So haben die Küchenplaner zum einen wieder mehr Freiheiten in der Gestaltung und zum anderen steht oder fällt der Entwurf auch mit der Farbwahl. «Farbliche Kontraste, wie zum Beispiel eine intensiv farbige Küchenrückwand, werden vermieden. Akzente lassen sich mit schlichten Farben oder Holzelementen, zum Beispiel in offenen Nischen, hervorheben», sagt Alain Bühler. Auch an der diesjährigen Living Kitchen, die mit der Möbelmesse Köln stattfand, zeichnete sich schon ein deutlicher Trend in Richtung der natürlichen Farbgebung ab. So werden neben den immer noch salonfähigen Weiss- und Schwarztönen mehrheitlich erdige und natürliche Farben eingesetzt. Feine Pastelltöne unterstreichen die Materialwahl und heben einzelne Bereiche hervor.

Ebenfalls gelungene Farbwirkungen erzielt der Küchenbauer, wenn er mit nur einer Farbe arbeitet und diese in verschiedenen Matt- und Glanzgraden kombiniert. So entsteht eine schlichte und homogene Wirkung, die durch die Oberflächenbeschaffenheit eine Tiefenwirkung bekommt. Ein weiteres Gestaltungselement, welches vermehrt zum Einsatz kommt, ist die farbliche Angleichung an ein in der Küche verbautes Material. So wird zum Beispiel das rotbräunliche Erscheinungsbild der Kupferrückwand in den Fronten oder einer Blende wieder aufgegriffen und dadurch verstärkt. Das Zubehörprogramm zur Küche wird ebenfalls farblich angeglichen und unterstreicht so das schlichte Erscheinungsbild.

Werkstatt zum Arbeiten

So gross der Stellenwert der Material- und Farbwahl bei einer Küche auch ist: In naher Zukunft wird der Kunde mit seinen Bedürfnissen in die zentrale Planung mit einbezogen. Wie erwähnt wird die Küche vermehrt benützt und steht täglich in vollem Gebrauch. Andrea Grasser, Dozentin für Gestaltung und Kursleiterin der Küchenkurse an der Berner Fachhochschule in Biel, sagt: «Die Küche muss man anfassen und gebrauchen können. So finden auch einzelne erprobte Elemente aus den Profiküchen ihren Weg in die Privatküche.»

Die Oberflächen müssen trotz ihrer Strukturen gut zu reinigen sein und die Pfanne muss auf der Küchenabdeckung kurz abgestellt werden können. Die Küche muss auch bei vollem Kochgeschehen ohne Einbussen zu bedienen sein und genügend Ablagen und Stauraum bieten.

Praktische Beschläge

Hier kann gespannt in die Zukunft des Beschlägemarktes geschaut werden. Es kristallisiert sich ein Mittelweg zwischen den neuen und modernen Beschlägen mit einem Fokus auf die praktische Bedienbarkeit heraus.

So stehen auch die einzelnen Philosophien der Küchenplaner und Hersteller massgebend für die Umsetzungsform. Der eine will automatische Beschläge, die sich bei einer Berührung öffnen oder schliessen, und der andere die praktische Umsetzung auf ganzer Linie. «Für mich muss eine Schublade schnell zu öffnen sein, ohne dass ich das Kochen unterbrechen muss. Dies bedingt nun mal eine Griffmöglichkeit und eine einfache Handhabung der Schubladenbeschläge», sagt Andrea Grasser. Auch hier finden einzelne praktische Beschläge aus den Profiküchen den Weg in den Privatbereich. So kann man zum Beispiel in Vorratsschränken vermehrt einzelne grosse Schubladen anstelle der früher oft eingesetzten Auszugskörbe entdecken. «Hier hat sich einfach die bessere und leichtere Bedienbarkeit im täglichen Gebrauch durchgesetzt», sagt Monika Bendel, Marketing und Verkauf bei der Stöcklin Küchenmöbelfabrik AG aus Aesch BL. Die zukünftigen Küchenbesitzer haben die Qual der Wahl.

Sie können sich aus einem auf die häufigsten Bedürfnisse zugeschnittenen Zubehörangebot das individuell beste zusammenzustellen. Mit dem Ausbau und Angebot von eigenen Zubehörausstattungen wird die praktische Tauglichkeit dem privaten Kunden von den Herstellern nahegebracht.

Von innen nach aussen

Hier boten vor allem die Aussteller an der diesjährigen Living Kitchen einiges, um den Kunden das volle Zubehörprogramm zur Verfügung stellen zu können. So werden die Schubladen mit den unterschiedlichsten Einsätzen für Besteck, Pfannen, Geschirr, Gewürze oder anderen Küchenhelfern ausgestattet. Verwendet werden auch bei den Einsätzen nur die besten Materialien, die auch materialtechnisch oft auf die restliche Küche abgestimmt sind.

Die Werkstoffe aus dem Wohnbereich sind definitiv in der Küche angekommen. Natürlich bietet jede neue Phase der Gestaltung und Materialwahl auch viel Spielraum für ausgefallene und skulpturenartige Ausführungen. In der privaten Küche ist mit dem Ruf nach praktischen und durchdachten Küchen, die zum Arbeiten erbaut wurden, jedoch eine neue Fahrtrichtung aufgenommen worden.

www.ahb.bfh.chwww.stoecklin-kuechen.chwww.buehler-kuechen.ch

njg

Veröffentlichung: 26. März 2015 / Ausgabe 13/2015

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