Durchblick plus x

«Intermediate Climate» von Saint-Gobain ist mittels Beschichtung, dem Abstandhalter Swisspacer und Argongasfüllung eine Alternative zum 3-fach-Isolierglas in gemässigtem Klima. Bild: Saint-Gobain Glass

Isoliergläser.  An der Glasstec in Düsseldorf haben die Glasproduzenten das Isolierglas nicht neu erfunden. Wichtige Entwicklungen und Verbesserungen sind bei den Beschichtungen auszu-machen sowie der Einbettung von immer mehr Funktionen, wie Lichtlenkung und Photovoltaik.

Glas ist Gegenstand permanenter Veränderung. Es wird viel geforscht und probiert, um dem Glas Eigenschaften einzuhauchen, die sich auf den ersten Blick sogar zu widersprechen scheinen. Zum Beispiel mittels Beschichtungen von Scheiben in Isoliergläsern, so dass diese auf bestimmte Eigenschaften hin getrimmt werden, ohne andere gewünschte Effekte zu vernachlässigen. Und genau darin liegt die Herausforderung derzeit. Einen hohen Wärmeschutzgrad zu erreichen und gleichzeitig möglichst viel Licht in den Raum zu lassen – das klingt nach der Quadratur des Kreises in Sachen Glas.

Vielschichtige Beschichtungen

Die Beschichtungen spielen beim Produktdesign eine entscheidende Rolle. Und die Hersteller optimieren ihre Produktpalette im Isolierglasbereich andauernd. Dabei ist es nicht einfach, den Überblick zu behalten. «Es gibt so viele verschiedene Beschichter und Beschichtungen und manchmal passen auch die Anforderungen bei den Planern und Architekten von g-Werten und Transmissionswerten nicht richtig zusammen. Und auch Fachleuten in Sachen Glas fällt es manchmal schwer, den Durchblick in diesem Beschichtungsdschungel zu behalten», sagt ein Brancheninsider an der Glasstec hinter vorgehaltener Hand.

Wenn man das 3-fach-Isolierglas als Standard nimmt, lässt sich schon heute ein sehr guter Wärmeschutz erzielen. Die solare Effizienz eines solchen Glases ist jedoch tendenziell schlechter. Beschichtungen zur Optimierung und 3-fach-Verglasungen sind nicht zuletzt deshalb eng aneinander gekoppelt, aber auch bei 2-fach-Verglasungen kommt den Beschichtungen eine Schlüsselrolle zu. Die Glashersteller zeigten dazu an der Glasstec vielfältige Möglichkeiten für jeden Einsatzbereich.

Deutlich wird das auch bei den Beschichtungen für die Aussenseite des Glases. Je besser die Wärmedämmung eines Warmglases, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich bei hoher Luftfeuchtigkeit ein Aussenbeschlag bildet. Eine solche Kondensation ist normal: Sie entsteht, weil die Heizwärme aus dem Inneren nicht mehr bis zur Aussenscheibe gelangt. Diese bleibt kalt und die Feuchtigkeit kann sich so sichtbar niederschlagen. Ein Umstand, den einige Hersteller mit entsprechenden Beschichtungen vermeiden, wie etwa bei Glas Trösch mit der Beschichtung beim «Silverstar Free Vision T» oder der «Anti-Fog-Verglasung» aus dem Hause Interpane. Die Beschichtung aussen verändert das Abstrahlverhalten der äusseren Scheibe und verunmöglichst so die Bildung von Tauwasser, auch bei sehr tiefen Ug-Werten.

Insgesamt eine Herausforderung für den Fensterbauer, bei all den angebotenen und optimierten Produkten, das jeweils am besten geeignete Isolierglas für einen bestimmten Einsatzzweck zu finden.

An der Glasstec wurde auch deutlich, dass es nicht mehr nur um die Kombination von Beschichtungen zum Erreichen auch von entgegengesetzten Eigenschaften geht, sondern um weiteren Nutzen. Etwa eine Lichtlenkung im Isolierglasverbund, die für bessere Tageslichtverhältnisse im Raum sorgt oder die Integration von solaren Gewinnen im Isolierglasverbund. «Hier wird derzeit viel geforscht, um aus Isolierverglasungen weiteren Nutzen zu ziehen», weiss Mike Förster von der Isophon Glas GmbH. Auch hier spielen transparente Beschichtungen eine Rolle, aber auch die Einbettung von Photovoltaik-Elementen in den Glasverbund. Auch von Entwicklungsprojekten mit wasserführenden Systemen war zu hören. Hier gibt es nach wie vor einige Probleme zu lösen: das Ausdehungsverhalten bei der Einbettung von solaren Elementen in Isolierglasverbünde, ihre Effizenz oder schlicht auch deren optisches Erscheinungsbild.

Das Glas als Fenster

Ein Schritt weiter scheint der als rahmenloser Verbund gedachte Ansatz für eine 4-fach-Verglasung aus dem Projekt «mem4win» zu sein. Die Macher sprechen dem Fenster für eine direkte Anwendung in Fassaden Eigenschaften zu, wie einen Ug-Wert von 0,3 W/m2K bei einer Gewichtsreduktion um 50 % und einer Kostensenkung um 20 % gegenüber dem derzeitigen Stand der Technik. Möglich soll dies durch den Einsatz von Dünnglas in einem eingekapselten Randverbund werden. Darin integriert können Funktionalitäten wie Mikrospiegel für Sonnenschutz und Tageslichtsteuerung, Solarkollektoren oder der OLED-Technologie sein. So viele Funktionen haben auch ihren Preis. In diesem Fall die Bauteildicke, an der aber noch gearbeitet wird.

Sicher dazwischen

Von einem Trend zu gänzlich neu gedachten Randverbünden zu sprechen, ist sicher verfrüht, zumal solche Produkte noch gar nicht am Markt angekommen sind. Wer aber immer mehr Funktionen ins Isolierglas bringen möchte, sieht sich mit neuen Ansätzen für deren Einbettung in die Iso-Scheibe konfrontiert.

Auch für mehr Sicherheit gegenüber Angriffen oder sogar Beschuss ist eine veränderte Einbettung in den Isolierglasverbund der Schlüssel. Auch wenn das Dauerthema eine Nische ist und ihren Preis hat. Nicht wenige Hersteller haben immer wieder mit einem Laminat aus zwei äusseren Gläsern und einer Mittellage aus Polycarbonat als leistungsfähige Variante für erhöhte Sicherheitsanforderungen experimentiert. «Das Problem dabei ist das extrem unterschiedliche Ausdehnverhalten der Materialien. Polycarbonat weist ein Vielfaches der Ausdehnung gegenüber Glas aus», erklärt Förster. Das Unternehmen Isophon Glas GmbH ist deshalb einen anderen Weg gegangen. Heraus kam ein 3-fach-Isolierglas mit äusseren Scheiben aus VSG und einer mittleren Scheibe aus Polycarbonat. Diese ist jedoch schwimmend und zwängungsfrei in ein spezielles Profilsystem eingestellt. Das Produkt «Trisophon Protect» erreicht damit die Klasse P8B für Angriffshemmung und ist mit anderen Eigenschaften wie Schalldämmung, Sonnenschutz oder Wärmeschutz kombinierbar. Der Verzicht auf eine Lamination der Materialien schafft so vielfältige Möglichkeiten bei einem Ug-Wert von bis zu 0,3 W/m2K.

Das Nichts im Mittelpunkt

Nichts dämmt besser als das Nichts, weshalb das Vakuum-Isolierglas nach wie vor ein interessantes Betätigungsfeld für die Glasbranche ist. Zwar waren die Erwartungen in der Vergangenheit stets gross, und bei manchen Fachleuten ist die Begeisterung einer gewissen Ernüchterung gewichen. Doch in manchen Ländern ist das Vakuum-Isolierglas längst etabliert. Zum Beispiel in Japan. Dort wird seit über 15 Jahren ein industriell hergestelltes Vakuumglas verkauft. Das Glas «Spacia» von Pilkington wird auch schon seit Jahren in Europa angeboten. Hierzulande ist das Produkt über Flachglas Schweiz erhältlich. Das Einsatzgebiet sieht man derzeit vor allem bei der energetischen Sanierung historischer Fenster. Denn bei einer Dicke von 6,2 mm erreicht das Glas einen Ug -Wert von bis zu 0,9 W/m2K und damit eine Wärmedämmung, die nahe an die Leistung eines 3-fach-Isolierglases heranreicht. Wermutstropfen bei dem Glas bleiben die sichtbaren Distanzhalter zwischen den Scheiben und die Ventilabdeckung auf der Glasfläche. Mit 12 mm Durchmesser ist diese deutlich auf der Scheibe zu sehen. In einem EU-Projekt will man nicht nur bessere Ug-Werte für ein Vakuum-Glas erreichen, sondern es schaffen, die Schutzkappe in den Randverbund zu verlegen, um so die Akzeptanz der Vakuum-Technik als Ergänzungsprodukt zur 3-fach-Verglasung weiter zu steigern.

Ohne Pfosten und Riegel

Auch die Ansprüche an die Verglasung von Fassaden mit Pfosten-Riegel-Konstruktionen scheinen sich zu ändern, geht es nach dem Willen der Anbieter. Etwa beim «iconic skin SCF». Das Versprechen: «Die Glasfassade kann schlicht neu gedacht werden.» Damit das möglich wird, hat man ein hochwärmegedämmtes Wandelement aus Glas geschaffen, das sowohl aussen als auch auf der Innenseite eine plane Oberfläche aus Glas ermöglicht. Kein Pfosten und kein Riegel ist sichbar, transparente und opake Bereiche der Gläser sind frei wählbar. Mit diesem Gestaltungsfreiraum für Planer und Architekten will man bei den gleichzeitig versprochenen Kostenvorteilen bei Losgrösse eins künftig punkten.

Kernstück sind dabei die Elementstösse, die werkseitig implementiert werden. Im Bereich der Stösse und Bauanschlüsse wird das Glas wunschgemäss durch keramischen Digitaldruck beschichtet. Der Luftaustausch und Druckausgleich erfolgt autark, ohne zusätzliche Steuerungen, allein durch eine Lenkung an den Profilstössen, mithilfe thermodynamischer Gesetze.

Ausgelegt auf Standardmodule mit Elementgrössen von 3,20 m × 4,00 m sind projektbezogene vertikale Elemente auch in maximalen Grössen von bis zu 3,20 m × 15 m machbar. Öffnungselemente wie Türen und Fenster sind innen und aussen flächenbündig in das System integriert. Je ausgefeilter das System im Detail wird, desto interessanter dürfte es auch für Anwendungen in kleinerem Format, abseits der Glastürme werden.

www.saint-gobain-glass.chwww.glastroesch.chwww.interpane.comwww.isophonglas.dewww.flachglas.chwww.mem4win.comwww.iconic-skin.com

ch

Veröffentlichung: 06. November 2014 / Ausgabe 45/2014

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