Ein Platz am Fenster, bitte

Die Sitzgelegenheit verbindet den Innenraum optisch mit der Aussenwelt. Bild: Renggli AG

Fensternischen.  Fenster in Verbindung mit einer Sitzgelegenheit erweitern den Wohnraum in die Aussenwelt. Für die Umsetzung sind unterschiedliche Varianten möglich. Konstruktiv und bauphysikalisch sind jedoch ein paar Dinge zu beachten.

Das Fenster bringt Licht, Wärme und Leben in den Wohnraum. Es sorgt für den visuellen Austausch des gemütlichen Innenraums mit der oft hektischen oder naturbestimmten Aussenwelt. Meistens nehmen die Bewohner die eingebauten Fenster und ihre Rahmen jedoch nur unbewusst, für kurze Augenblicke beim Vorübergehen oder beim Blick nach draussen wahr.

Eine Möglichkeit, der Aussenwelt vom Wohnraum her näher zu sein und sie bewusst als Bestandteil zu verankern, ist ein sogenanntes Sitzfenster. Das Wort Sitzfenster sagt eigentlich schon alles über die Eigenschaften dieser Fensterkonstruktion aus. Es handelt sich um ein Fenster, das zugleich eine Sitzmöglichkeit bietet und so zum drinnen sitzen und nach draussen schauen regelrecht einlädt. Ein Ort zum Innehalten und die Welt sowie das Treiben zu beobachten. Aber auch im alltäglichen Gebrauch hat ein Sitzfenster seine Stärken. «Man erhält eine tolle individuelle, zusätzliche Sitzgelegenheit, je nachdem kann sie sogar als Bank für den Esstisch dienen», sagt Lukas Erni, Architekt bei der Renggli AG aus Sursee LU.

Diverse Lösungsansätze

In der Praxis bieten sich bei der Ausgestaltung dieses speziellen Ortes im Haus, der sich zum Entspannen und verträumten Beobachten anbietet, unterschiedliche Ausführungen an. Je nachdem, ob es sich um einen Um- oder Neubau handelt und wie viel Platz sowie Mittel zur Umsetzung bereitstehen, kann mit einem echten Sitzfenster gearbeitet werden. Diese Ursprungsversion, die sich aus den beliebten Blumenfenstern der Siebzigerjahre und den Erkern älterer Gebäude entwickelt hat, kann perfekt an die vorhandene oder gewünschte Architektur angepasst werden. Meist verfügen die Sitzfenster über eine breite Fensterbank, welche je nach der Stärke des Mauerwerks bündig oder auskragend umgesetzt wird.

Eine weitere interessante Möglichkeit für den Schreiner ist, die für das Sitzfenster benötigte Nische durch individuell angepasste Einbaumöbel oder Blenden zu kreieren. So kann mit einem Einbauschrank, der das Fenster umrahmt, oder einem unter der Nische montierten Wandboard nicht nur eine Sitzgelegenheit, sondern auch zusätzlicher Stauraum geschaffen werden.

Die Fensternische durch ein individuelles Schreinersitzmöbel zu ergänzen, ist die einfachste Variante in der Umsetzung. Das Möbelstück wird passgenau vor dem Fenster platziert und an die bestehende Fensterbank angepasst. Dadurch wird diese mehr oder weniger erweitert, und der Kunde erhält ohne grössere bauliche Eingriffe die gewollte Sitzbank vor dem Fenster und kann den herrlichen Ausblick geniessen.

Konstruktion funktional planen

Ob Sitzfenster, Einbaumöbel oder erweiterter Fenstersims, es ist immer auf eine funktionale Ausführung zu achten. Die Tiefe der Sitzfläche sollte mindestens an jene eines Esszimmerstuhls heranreichen, etwas mehr Platz schadet aber auch nicht. Sind noch zusätzliche Polster für den Sitzbereich gewünscht, sollte in der Höhe für diese noch genug Platz eingerechnet werden. Und sitzt, wie in der Schweiz nicht selten, ein Heizkörper vor dem Fenster, ist für diesen die benötigte Luftumwälzung und Wartungszugänglichkeit zu gewährleisten.

Das Thema Bauphysik ist bei einem Sitzfenster in der Regel sowieso etwas erschwert. Denn, je nachdem wie weit voneinander versetzt sich Scheibe und Fassade befinden, desto heikler wird die Planung der Taupunktlinie, und die Gefahr von Feuchte in der Konstruktion steigt. «Auch der exakte Verlauf der Dampfbremse muss auf den Fassadenaufbau abgestimmt werden», sagt der Architekt Lukas Erni.

Normen gegen den Absturz

Befindet sich ein Sitzfenster im Erdgeschoss, hat man planerisch alle Freiheiten. Ab einem Meter Höhe, also sicherlich ab dem ersten Stockwerk, gilt es die SIA-Norm 358 zu beachten. Das bedeutet, es muss beim Fenster in der Sitznische ein Verbundsicherheitsglas (VSG) verwendet werden. Ist das Fenster oder ein Fensterflügel zum Öffnen ausgelegt, benötigt es eine Absturzsicherung. Hier kann auf bekannte Metall- oder Glaslösungen zurückgegriffen werden, die sich an praktisch alle gewünschten Baustile anpassen lassen. «Allenfalls macht ein verschraubter Fensterflügel Sinn, damit das Fenster zur Reinigung geöffnet werden kann», sagt Erni. Die Reinigungsmöglichkeiten sollten beim Planen eines Sitzfensters in jedem Fall beachtet werden.

Mit Leiter und Eimer

Von innen unterscheidet sich die Reinigung eines Sitzfensters natürlich nicht von einem herkömmlichen Fensterelement. Auch wenn eine Absturzsicherung verbaut wurde und mindestens ein Fensterflügel geöffnet werden kann, ist eine normale Reinigung von innen möglich. Sobald jedoch eine Festverglasung eingesetzt wird, muss die Reinigung zwangsläufig von aussen vollzogen werden. Ist das Fenster von aussen her zugänglich, zum Beispiel im Erdgeschoss oder bei einer Terrasse, ist dies in der Regel einfach umzusetzen. Befindet sich das Fenster jedoch im ersten Obergeschoss oder noch weiter oben, muss zur Reinigung eine Leiter oder ein Gerüst beigezogen werden. Diesen Umstand gilt es in der Planung zu beachten und den Kunden darauf hinzuweisen.

Am richtigen Ort eingesetzt und fachmännisch ausgeführt, ist ein Sitzfenster eine spannende Alternative, um einen Wohnraum individuell zu erweitern.

www.renggli.swisswww.manser-holzbau.ch

Normen, Richtlinien, Empfehlungen

Absturzsicherung

Sobald eine Absturzsicherung nötig wird, gilt es, diese nach den geltenden Normen und Richtlinien umzusetzen. Neben der SIA-Norm 358 bietet die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) viel Information auf ihrer Webseite oder in der BFU-Broschüre «Geländer und Brüstungen». Diese kann dort direkt heruntergeladen oder bestellt werden.

www.bfu.ch

njg, NJG

Veröffentlichung: 16. Januar 2020 / Ausgabe 3/2020

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