Eine Frage der Ehre

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Kostenmanagement.  Wenn die effektiven Kosten das Budget übersteigen oder unvorhergesehene Aufwände während des Auftrags entstehen, ist eine unverzügliche Kommunikation angesagt. Eine gewissenhafte Planung und eine laufende Kostenkontrolle ersparen viel Ärger.

Übersteigen die Kosten in einem Auftrag das abgemachte Budget, sollte schnell und direkt gehandelt werden. Ein solcher Vorfall kann die unterschiedlichsten Ursachen haben, ist jedoch immer eine schlechte Referenz für den Handwerker. Damit das Risiko für ein solches Szenario möglichst klein bleibt, gilt es, die Ursachen frühzeitig zu erkennen, die laufenden Kosten zu überwachen und mit dem Kunden im Vorfeld ein realistisches Kostendach zu vereinbaren.

Dem Wunsch entsprechende Leistungen

Eine Hauptursache für das Nichteinhalten des Budgets liegt oftmals in einer nicht zielgerichteten Planung oder zu wenigen Kontrollen. So werden Drittofferten, die Materialpreise oder die Beschlägemenge nicht genau kontrolliert und die Bestellungen fehlerhaft abgesegnet.

Ein Thema, das viele Schreiner betrifft, ist die zielgerichtete Planung. Markus Meienberger von der Meienberger und Egger AG aus Münchwilen TG vergleicht die Situation mit einem Autokauf: «Natürlich kann ich mein Budget nicht einhalten, wenn der Kunde einen Fiat bestellt und ich ihm einen Mercedes fertige.» Es ist die Verantwortung des Planers, die Machbarkeit der Kundenwünsche mit dem Budget abzugleichen und frühzeitig zu reagieren.

Frühzeitige Kommunikation

Ein erfahrener Verkäufer oder Planer sollte am besten schon bei der Ausschreibung mögliche Kostendifferenzen entdecken und direkt vermerken. Nach der Offertphase kommt nochmals eine gute Möglichkeit, noch nicht entdeckte Kosten oder Differenzen zwischen dem Kundenwunsch und dem Budget zu kommunizieren.

Spätestens beim Erstellen der Auftragsbestätigung werden die Mehrkosten ersichtlich. Wenn alle Kosten für Einkauf, Material und Produktion zusammengetragen sind, kann der Projektleiter dem Kunden die zusätzlich anfallenden Kosten mitteilen und bei Bedarf gleich eine budgetfreundlichere Alternative vorschlagen. Durch seine langjährige Erfahrung im Bereich Kalkulation weiss Markus Meienberger: «In dieser Phase sollten alle Kosten mehr oder weniger klar ersichtlich sein. Wenn die Mehrkosten erst nach der Auftragsbestätigung entdeckt und kommuniziert werden, kann dies für den Ruf des Unternehmens schädlich sein.»

Mögliche Gefahren voraussehen

Anfallende Budgetdifferenzen, die zu Beginn eines Auftrages vorhanden sind, können durch eine genaue Planung und Kalkulation vermieden werden.

Um Mehrkosten, die erst im Auftrag selbst auftauchen, zu minimieren, braucht es Erfahrung und Fingerspitzengefühl. Werden zum Beispiel in einem bestehenden Haus die Zimmertüren gewechselt, gehen oftmals die möglichen Folgearbeiten vergessen. So kommt beim Rahmenausbau eine verlegte Elektroleitung zutage, und die Tapete verliert mit dem Rahmen ebenfalls ihren letzten Haltepunkt und löst sich ab. Nun benötigt es den Elektriker, der die Leitung neu verlegt, und den Maler, der die Tapete erneuert. «Hier bleibt es dann meistens nicht nur bei diesen Reparaturarbeiten, da vor allem in älteren Gebäuden oftmals relevante Folgearbeiten im Elektrobereich nötig werden», sagt Meienberger. Die effektiven Entsorgungskosten werden ebenfalls gerne vergessen oder zu niedrig berechnet. Was bei normalen Holzwerkstoffen schon ins Geld geht, wird bei alten Fenstern mit asbesthaltigem Fensterkitt oder alten asbesthaltigen Elektro-, Heizungs- oder Deckenverkleidungen schnell zur grossen Kostenstelle.

Laufende Budgetüberwachung

Damit der Schreiner plötzlich auftretende Kosten schnell kommunizieren kann, muss man diese erst einmal entdecken. Deshalb sollte man mindestens einmal wöchentlich die Materialkosten und Stunden in die EDV übertragen. «Heute ist es dank Branchenprogrammen möglich, dass ein Schreiner seine Kosten mit bescheidenem Aufwand im Wochentakt überwachen kann», sagt Meienberger. Hierzu bieten die mobilen ERP- und CRM-Lösungen eine interessante Lösung für unterwegs. (Siehe SZ 09/2016, Seiten 6 bis 8.)

Stellt man eine unvorhergesehene Kostenstelle fest, ist nicht nur ausschlaggebend, dass man diese schnell mitteilt, sondern auch, wie man das tut. «Schriftliche Mitteilungen sind für den Kunden nicht immer klar und dienen somit nicht der Konfliktvorbeugung», sagt Meienberger und rät zum persönlichen Gespräch mit dem Kunden: «Hier spürt man sein Gegenüber und kann je nach Stimmung auf seinen Gesprächspartner eingehen.»

Aufführen, aber nicht verrechnen

Wie mit den Mehrkosten umgegangen wird, hängt sicherlich mit deren Höhe zusammen. Kleine Beträge oder Kosten, die durch eigene Fehler entstanden sind, sollte man nicht verrechnen. Es ist jedoch sinnvoll, solche Kosten auf der Rechnung mit einem Nullbetrag aufzuführen. Dies aus mehreren Gründen:

  • Es ist eine Sicherheit für den Kunden. Er weiss, die Arbeit wurde aufgeführt, er muss nichts bezahlen, der Auftrag ist beendet. Ansonsten kann es sein, dass er auf eine weitere Rechnung wartet, was zu Unmut führen und das Vertrauensverhältnis belasten kann.
  • Die Kostenstellen können in der eigenen Buchhaltung als Verlust verrechnet werden. Vielmals werden die ausstehen- den Kosten auf eine andere Kostenstelle abgewälzt, was die Erfolgsrechnung verfälscht.
  • Dem Kunden wird klar aufgezeigt, dass eine zusätzliche Leistung erbracht wurde, für die er nicht bezahlen muss. So kann ein ärgerlicher Fehler doch noch in eine kundenbindende Mass- nahme verwandelt werden.

Ein solches Entgegenkommen hinterlässt eine positive Grundstimmung, die sich auch auf folgende Kundenbeziehungen auswirken kann.

Spezialfall: Regiepreise

Noch schnell für den Sanitär ein Loch ausgeschnitten oder für den Elektriker einen Kanal befestigt. Solche Arbeiten gehören auf den Regierapport und müssen vom Verantwortlichen der Kundenseite unterzeichnet werden. Hier sind die Monteure zu sensibilisieren, dass die Rapporte mit einer zeitlichen Nähe zur erbrachten Arbeit unterzeichnet werden.

Auf der anschliessenden Rechnung sollten die Leistungen zweifellos erkennbar sein. «Wir achten auf eine klare Rechnungsstellung. Bei der Kostenstelle hängen wir den unterzeichneten Regierapport dran, damit die Leistung auf eine Stunde genau ersichtlich ist», sagt Meienberger und meint weiter: «So gibt es keine offenen Fragen, und der Kunde wird nicht mit unübersichtlichen Kostenstellen genervt, die nicht zuzuordnen sind.» Die eingesetzten Regietarife sollten sich in einem realistischen Rahmen bewegen. Vor allem bei Privatkunden braucht es etwas mehr Gespür für die individuellen Anliegen und etwas Handlungsspielraum für den Monteur.

Spezialisiertes Montageunternehmen

Zusatzkosten spielen bei einem Montageunternehmen eine zentrale Rolle. «Eine unverzügliche Kommunikation ist das zentrale Element beim Auftreten von Mehrkosten», sagt Albert Raich, Betriebsleiter und Mitglied der Geschäftsleitung bei der Dietsche Montageprofis AG aus dem sankt-gallischen Kriessern. Um einen laufenden Überblick über die Budgets der permanent 90 bis 120 Baustellen zu haben, hat sich beim Unternehmen mit rund 450 Mitarbeitern folgendes System durchgesetzt:

  • Auf jeder Baustelle ist ein verant- wortlicher Chefmonteur zuständig. Dieser tauscht sich zwei Mal wöchent- lich mit dem verantwortlichen Projektleiter aus und überschlägt die Kosten.
  • Jeden Freitag werden die laufenden Kosten im Büro mit dem abgemachten Budget verglichen. Gibt es eine Abweichung, wird der Kunde infor- miert und ein Mehrpreis nach Aufwand abgemacht.
  • Auf der Basis des neuen Preises kann sich der Monteur wieder orientieren und bei weiteren Verzögerungen oder Mehrarbeiten frühzeitig eine Meldung an den Projektleiter abgeben.

Wichtig in diesem System ist die Kommunikation gegenüber dem Kunden, bevor ein Zusatzaufwand geleistet wird. «Auf diese Weise kann der Kunde mitentscheiden, und man erspart sich nachträgliche Diskussionen», sagt Raich.

Dank Analysen zu mehr Qualität

Damit sich nicht ständig die gleichen Fehler wiederholen oder Fehler anderer Unternehmen ausgebügelt werden müssen, hat Dietsche ein eigenes Qualitätssicherungssystem. Ein Qualitätsverantwortlicher fährt regelmässig alle laufenden Baustellen ab und kontrolliert die Qualität und den Stand der Arbeiten. Da die Firma für produzierende Unternehmen montiert, zum Beispiel eine Schreinerei, ist eine Analyse des Fehlers für die weitere Verrechnung der Mehrkosten wichtig. Aus Erfahrung kommen die meisten Fehlerquellen aus einem dieser vier Bereiche:

  • Der Preis wurde vom Auftraggeber zu knapp kalkuliert.
  • Das Produkt wurde ungenügend für die Montage vorbereitet.
  • Die Montagearbeiten wurden unter- schätzt.
  • Bauseitig können die Monteure nicht zuarbeiten.

Der Chefmonteur kontrolliert in regelmässigen Abständen die geleisteten Arbeiten und lässt sie von der Bauleitung abnehmen. Dieser Schritt ist eine zusätzliche Sicherheit für alle Beteiligten, falls plötzlich Beschädigungen durch Dritte am Werkstück auftreten.

Berufsstolz und Können

Ein weiterer Vorteil der zeitgerechten Kommunikation ist die Schonung des eigenen Gewissens. «Rechnungen schreiben sich leichter und mit mehr Freude, wenn der Kunde schon über alle Kosten informiert wurde», weiss Meienberger. Auch Raich weiss aus Erfahrung: «Von uns Handwerkern wird eine ganz scharfe Kalkulation, quasi eine Punktlandung bei den Kosten erwartet.» Für den Schreiner ist es auch eine Frage des Berufsstolzes, wenn er sich bei sehr komplexen Aufträgen innerhalb des abgemachten Budgets bewegen kann.

www.meienberger.chwww.montageprofis.ch

njg

Veröffentlichung: 09. Juni 2016 / Ausgabe 23/2016

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