Eine Kantel kürzer

Kettenförderer und Klinkenreihen stellen bei der «OptiCut S90» einen kontinuierlichen Nachschub sicher. Bild: Philipp Heidelberger

Produktion.  Fensterproduzenten bestellen ihre Kanteln immer öfters fertig kommissioniert. Die Holzlieferanten rüsten sich deshalb mit modernen Kappanlagen aus. Es gibt aber auch Lösungen, die für kleine Betriebe einen Mehrwert bringen können.

Im Innenausbau ist es der Plattenzuschnitt, im Fensterbau das Ablängen der Kanteln: Immer mehr Betriebe kaufen ihr Rohmaterial konfektioniert ein. Ein Grund dafür ist die Verkleinerung des eigenen Lagerbestands, um die Aufwände und Kosten in diesem Bereich zu reduzieren. Oft hängt es aber auch damit zusammen, dass in eine neue Plattensäge oder im Fensterbau in eine neue Kappsäge investiert werden müsste, weil die alte das Ende ihrer Lebensdauer erreicht hat oder die Produktivität schlicht ungenügend ist.

Denn im Bereich der Kappsägen hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan: Technologie, Leistung und Automatisierungsgrad, wie sie bisher nur in der Industrie anzutreffen waren, gelangen vermehrt in den Handwerksbereich. Dadurch steigt natürlich der Druck, beim Zuschnitt der Kanteln effizienter zu werden.

Software stiess an Grenzen

Diese Entwicklung spürt auch die zur De Ligno AG gehörende Steiner Holz im bernischen Walkringen: «Wir haben so viel Arbeit, dass die Kappsäge täglich im Einsatz ist», sagt Matthias Wyss, zuständig für den Verkauf im Innen- und Aussendienst. Das Unternehmen ist im Holz- sowie Holzwerkstoffhandel tätig und bietet auch einen Zuschnittservice an.

Erst kürzlich hat man deshalb eine neue Kappsäge von der Weinig Dimter GmbH & Co. KG gekauft. «Wir hatten bereits zuvor eine ‹OptiCut S75› im Einsatz», erzählt Matthias Wyss. Die Maschine mit dem Jahrgang 2003 sei zwar technisch noch gut in Schuss und auch schon mit einem automatischen Positionsschieber ausgerüstet. Man hatte aber festgestellt, dass sie steuerungs- und softwaretechnisch langsam an ihre Grenzen stiess. Bei der Evaluation wollte man sich dennoch nicht von Beginn an auf eine Anlage von Weinig Dimter festlegen, auch Angebote anderer Hersteller wurden geprüft. Doch relativ bald habe sich herausgestellt, dass das Angebot von Weinig Dimter insgesamt am meisten überzeugte. So fiel der Entscheid auf eine neue «OptiCut S90».

Anlage mit Materialpuffer

Die Anlage stellt im Vergleich zur 15 Jahre alten Vorgängerin nochmals einen Quantensprung dar. Sie verfügt über einen Querkettenförderer mit Klinkenreihen, der als Materialpuffer dient. Die Klinken verfügen alle über einen eigenen Zylinder und ermöglichen es auch, Pakete aufzulegen und zu kappen. Bis zu drei Kanteln oder Pakete können so aufgelegt werden, während die Maschine eine Kantel vermisst und ablängt. Ein solcher Puffer ist dringend nötig, weil ein Bediener alleine fast keine Chance hat, ohne Unterbruch rechtzeitig eine Kantel nachzulegen.

Muss man grosse Mengen Kanteln mit immer der gleichen Dimension kappen, besteht auch die Möglichkeit, ohne die Klinken und mit einer Rückhaltevorrichtung zu arbeiten. Man stellt diese so ein, dass der Schieber nur eine Kantel durch die Öffnung befördern kann. So lässt sich der Materialpuffer ohne Rücksicht auf die Klinken permanent befüllen.

Für die Förderung kommen Ketten aus Kunststoff zum Einsatz. «Diese müssen nicht geschmiert werden und sind somit wartungsfrei», erklärt Werner Blum, Verkaufsleiter Produktbereich Zuschnitt und Verleimen bei Weinig Dimter. Keine Schmierung hat zudem den Vorteil, dass sich kein Staub und Schmutz festsetzt oder irgendwelche Rückstände auf die Kanteln gelangen. Ausserdem bieten die Ketten eine grosse Auflagefläche, und sie sind so gestaltet, dass es möglichst keine Eindrücke oder Kratzer auf den Kanteln gibt. Aus demselben Grund bestehen die Rollen für den Ober- und Seitendruck aus Hartgummi.

Teile automatisch sortiert

So ausgestattet, können mit der Anlage fertige, lamellierte Kanteln sowie auch ungehobelte Hölzer abgelängt werden. «Bei uns hat Naturholz im Fensterkantelbereich immer noch einen Anteil von etwa 40 Prozent», erzählt Matthias Wyss. Beim Kappen von Naturhölzern kann der Bediener deshalb zusätzlich allfällige Holzfehler mit einem Kreidestrich markieren. Beim Vermessen der Kantel erfasst ein Laser die Markierung, und das System passt die Schnitte entsprechend an.

Für kleine Abschnitte, die sich leicht verkeilen könnten, gibt es direkt nach dem Sägeblatt einen Abfallschacht. Lange Abschnitte und die Werkstücke werden dann auf ein Förderband geschoben. Dieses transportiert die Teile zum Sortiertisch, wo Schieber sie nach Kommission getrennt auf zwei Abstapelbänder verteilen. Die nicht benötigten Abschnitte transportiert das Förderband weiter bis zum Ende, wo sie in einem Palettrahmen landen.

Fortlaufende Optimierung

Wichtig beim Kappen ist aber nicht nur die Maschinentechnik, sondern auch die Steuerung und Programmierung. Auf der neuen Anlage sei das Hochladen der Holzlisten einfacher und schneller. «Bei der alten waren da je nachdem noch spezielle Dateiformate oder Zwischenschritte nötig», erklärt Wyss. Das System errechnet und optimiert die Schnitte jetzt automatisch in Echtzeit – unter Berücksichtigung allfälliger Kreidemarkierungen und der gemessenen Länge des Rohmaterials. Der Bediener kann alle Informationen und Parameter auf dem Touchscreen direkt an der Maschine aufrufen und Einstellungen vornehmen. Diese lassen sich materialbezogen abspeichern.

Ebenfalls ersichtlich sind Maschinenstatus und Wartungsstand. Schon bevor das Blatt gewechselt oder ein Lager geschmiert werden muss, erhält der Bediener eine Meldung. So können Ersatzteile rechtzeitig bestellt und die Wartung im Produktionsablauf eingeplant werden. «Man kann auch individuelle Punkte wie zum Beispiel die Kontrolle eines Absaugrohres hinterlegen», sagt Werner Blum.

Beim Abstapeltisch ist ausserdem ein weiterer Bildschirm und ein Etikettendrucker angebracht. Darauf wird dem Bediener angezeigt, welches Werkstück er vor sich hat. Wenn gleichzeitig mehrere Kommissionen zugeschnitten werden, werden die Werkstücke in unterschiedlichen Farben dargestellt. Durch das Kappen von mehreren Kommissionen in einem Durchgang lassen sich die Kanteln noch besser ausnutzen. Und selbstverständlich lassen sich sämtliche Produktionsdaten aufzeichnen und statistisch auswerten.

Automatisierung im Kleinen

Zugegeben, solche Anlagen wie jene der Steiner Holz sind nicht für jedes Unternehmen ein Thema, insbesondere wenn es die Kanteln bereits kommissioniert beim Holzlieferanten bezieht. Dennoch, es gibt sie noch, die Fensterbauer, welche die Kanteln im Paket einkaufen und selber kappen. Auch für Sondergrössen oder Expressaufträge braucht es in der Regel noch eine Kappsäge in der Produktion.

Für solche Anforderungen gibt es auf dem Markt verschiedenste kleinere und kompakte Kappsägenmodelle mit automatischem Werkstückschieber. Interessant dürfte in diesem Bereich auch der «EasyStop» sein: Das automatische Anschlag- und Positioniersystem stammt ebenfalls von Weinig Dimter und lässt sich bei fast jeder bestehenden Kappsäge – egal ob handgeführt oder automatisch – nachrüsten. Der Anschlag lässt sich dafür an bestehende Rollentische montieren, oder man kauft gleich den passenden Tisch in der gewünschten Länge dazu.

Anschlag oder Werkstücktransport

Die Bedienung erfolgt ebenfalls über eine im Paket enthaltene Steuerung mit Touchscreen. Diese erlaubt schon das Erstellen oder Importieren, Optimieren und Abarbeiten von Holzlisten. Der Anschlag lässt sich auch manuell einstellen, zum Beispiel wenn ein Holzfehler ausgekappt werden soll. Die Steuerung rechnet dann sofort den Schnittplan neu aus und zeigt dies grafisch auf dem Bildschirm an.

Für den Anschlag stehen zwei Betriebsmodi zur Verfügung: als einfacher Anschlag oder für den aktiven Werkstücktransport. Im Transportmodus kann er bis zu 60 kg schwere Teile mit einer Verfahrgeschwindigkeit von 60 m/min bewegen. Die Wiederholgenauigkeit soll dabei bei +/– 0,1 mm liegen. Knallt im Anschlagmodus ein Werkstück gegen den Anschlag, dann gibt dieser von selbst etwas nach und fährt dann wieder auf das exakte Mass. So wird verhindert, dass das System Schaden nimmt oder sich der Nullpunkt verschiebt.

Sparen mit Zuverlässigkeit

Je nach Länge und Ausstattung ist der «EasyStop» für knapp 10 000 Franken erhältlich. Das ist viel Geld. Aber richtig eingesetzt, lassen sich mit den passenden Kapplösungen über die Jahre viel Zeit und Material einsparen. Wenn man sich vor Augen führt, wie viele Meter ein Mitarbeiter jeweils zurücklegen muss, nur um einen Anschlag manuell einzustellen oder zu kontrollieren. Hinzu kommen Verschnitt und Ausschuss, weil ein Mass in der Holzliste falsch abgelesen wird oder bei der Stückzahl ein Fehler unterläuft.

www.deligno.chwww.weinig.ch

ph

Veröffentlichung: 15. November 2018 / Ausgabe 46/2018

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