Eine Wolldecke reicht nicht mehr

Wie eine zweite Haut passt sich das Abdeckvlies an die Form der Kücheninsel an und schützt diese. Bild: Fritz Landolt AG

Objektschutz.  Der Schutz der eigenen Werkstücke und des Baukörpers nimmt auf Baustellen eine wichtige Rolle ein. Sauber geplante und ausgeführte Lösungen schützen nicht nur, sondern ermöglichen sauberes Arbeiten, beugen Unfällen vor und dienen als Visitenkarte.

Beim Transport der Korpusse zum Montageort wird eine Wand im Flur beschädigt, die Schranktür wird im Treppenhaus angeschlagen, das Türblatt knallt beim Ablegen auf den Plattenboden oder umhergeschobene Küchengeräte zerkratzen das Parkett. Kommt es während eines Auftrages zu Schäden an einem Werkstück oder am Baukörper, ist dies für alle Beteiligten eine unschöne Angelegenheit.

Erst mit der Abnahme seiner fertigen Arbeiten gibt der Schreiner die Haftpflicht an die Bauherrschaft ab, und die Garantie- sowie die Mängelfristen beginnen zu laufen. Kommt es vor der Bauabnahme zu Schäden oder Mängeln, liegt es am Handwerker, zu beweisen, dass sein Werk nach dem Einbau noch fehlerfrei war, was ohne Bauabnahme nur schwer möglich ist.

Damit es, technische und funktionelle Mängel ausgeschlossen, nicht zu ungewollten Beschädigungen am Werkstück oder Baukörper kommt, ist der Schreiner gut beraten, seine Arbeiten zu schützen. Heute sind zudem oftmals mehrere Handwerker gleichzeitig auf der Baustelle.

Neue Abläufe und Materialien

Die dynamische Projektplanung und das immer knapper werdende Zeitbudget haben häufig auch einen Einfluss auf den Montagezeitpunkt. Früher markierte der Schreiner meistens den Abschluss der Arbeiten auf einer Baustelle. Heute ist dies nicht mehr der Fall, weshalb er sich mehr Gedanken über den Schutz seines Innenausbaus machen sollte. Aber nicht nur der Zeitpunkt der Montage hat sich verändert, auch die Art der eingesetzten Materialien hat sich weiterentwickelt. «Prinzipiell hat der Schreiner ein hohes Bewusstsein für den Objektschutz, da er seit jeher verschiedene hochwertige Werkstoffe wie Holz, Corian, Metall und Glas verwendet», sagt Fachspezialist und Schreiner Thomas Weiss von der Fritz Landolt AG in Näfels GL. Veränderte Konstellationen von Umgebung und Materialien beeinflussen auch die Anforderungen an die Schutzmaterialien.

Auf den Einsatz abgestimmt

Jede Oberfläche hat andere Anforderungen an den Oberflächenschutz und benötigt eine angepasste Lösung. Weichere Materialien sind generell anfälliger gegenüber mechanischen Beschädigungen. Begehbare Oberflächen sind in der Regel höheren Belastungen ausgesetzt. So kommen je nach Material Abdeck- oder Schutzvliese, Luft- oder Schaumpolsterfolien, Oberflächenschutzfolien oder Abdeckpapiere zum Einsatz. Zur Befestigung eignen sich wiederum spezielle Klebebänder oder auch Stretchfolien. Beim Schutz von neuen und speziell heiklen Materialien oder Oberflächen ist eine Absprache mit dem jeweiligen Hersteller sinnvoll. Aber auch der Einsatzzweck hat einen grossen Einfluss auf die Verwendung von Schutzmaterial. «Das beginnt beim Schutz gegen Verschmutzungen, geht über den Schutz gegen mechanische Beschädigung bis zu erhöhten Anforderungen je nach Belastungsgrad», erklärt Weiss.

Falscher Schutz und Zeitpunkt

Nicht nur unzureichend geschützte Werkstücke können beschädigt werden, sondern auch solche, die mit einem ungeeigneten oder verschmutzten Schutz abgedeckt werden. «Mit ungeeigneten Schutzmitteln geschützte Werkstücke können nachträglich mechanische Beschädigungen durch Fremdkörper, Ausrisse oder Verfärbungen aufweisen», sagt Weiss. Neben der Auswahl des Schutzmittels spielt auch der Zeitpunkt eine wichtige Rolle. «Abhängig von Baufortschritt, Bauteil und den anderen Handwerkern, die noch kommen, braucht es unterschiedlichen beziehungsweise mehr oder weniger Schutz», sagt Eduardo Trinidad, Business Unit Manager bei Permapack in Rorschach SG. Deshalb ist es wichtig, dem Thema Objektschutz bereits in einer frühen Phase genügend Beachtung zu schenken. «Der Schreiner bezieht uns als Experten tendenziell eher zu spät ein», sagt Trinidad. Es gelte, Projektplaner vorgängig und präventiv zu sensibilisieren. Dadurch könnten zudem mehrfache, gewerkeübergreifende Abdeckarbeiten eingespart werden. Im Optimalfall wird bereits in der Planungsphase der Objekte die passende Schutzlösung von Werkstücken thematisiert.

Chance für den Schreiner

Für den Umfang der Schäden ist die Grösse der Baustelle nicht so relevant wie der Ausbaustandard des Objektes. Ein höherer Ausbaustandard ist meistens auch mit teureren Materialien verbunden. Diese benötigen entsprechend mehr Schutz. In vielen Fällen gehört der Schreiner zu den letzten Handwerkern, die sich auf der Baustelle befinden und Arbeiten ausführen. «Beim Schreiner kommen oftmals Schäden zum Tragen, die er nicht verursacht hat», sagt Trinidad. Hier kann er proaktiv und informativ vorgehen. Zudem ist der Schutz der eigenen Werkstücke und des Baukörpers ein wichtiger Teil der eigenen Visitenkarte. Der Schreiner kann mit einer sauberen Schutzlösung seinen eigenen Anspruch an die Arbeitsqualität betonen.

Ein sorgfältig geplanter und richtig eingesetzter Schutz ist in jedem Fall wesentlich günstiger als aufwendige, nachträglich auftretende Reparaturen.

www.landolt.comwww.permapack.ch

Sicherheit

Bei jedem Einsatz von Schutzmaterialien ist der sicherheitsrelevante Schutz auf begehbaren Oberflächen nicht zu vernachlässigen.

In der Unfallstatistik UVG 2021 liessen sich 2015 bis 2019 mit über 28 Prozent fast ein Drittel der gut 800 000 Berufsunfälle auf ein Ausgleiten oder Abrutschen der betreffenden Person zurückführen. Weitere zwei Prozent der Unfälle wurden durch Treten «auf, in oder neben etwas» verursacht.

www.suva.ch

Noah Gautschi, NJG

Veröffentlichung: 03. März 2022 / Ausgabe 9/2022

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