Fenster zur Zukunft

In naher Zukunft wird die Fensterbedienung über Apps zum Alltag gehören. Bild: Velux Schweiz AG

Intelligente Fenster.  In Zukunft wird die digitale Bedienung moderner Fensterelemente noch intuitiver werden und somit den Kundennutzen zusätzlich steigern. Einige spannende Praxisbeispiele zeigen, was die Fensterbranche heutzutage schon anbietet.

Das Fenster hat als Bauteil schon immer eine zentrale Rolle in der Gebäudecharakterisierung und dem Nutzungsverhalten eingenommen. Es lässt Licht und Stimmungen in den Innenraum, ermöglicht den geschützten Blick nach draussen und sorgt für den benötigten Luftaustausch. Auch in puncto Raumwirkung und Gestaltung ist das Fenster als optische Verbindung zur Aussenwelt nicht mehr aus der modernen Architektur wegzudenken.

Ausserdem wachsen die Abmessungen moderner Fenster laufend und stellen dementsprechend einen immer grösseren Anteil an der Fassadenfläche, was die funktionellen und technischen Ansprüche an das Bauteil nochmals erhöht. Nebst diesen vielen Ansprüchen wird in Zukunft aber vor allem auch die Bedienung und Vernetzung eine zentrale Rolle spielen.

Gebäude als Einheit verstehen

Was einfach klingt, ist in der Praxis oftmals eine Knacknuss. Viele automatisierte Systeme sind als Insellösung aufgebaut und funktionieren daher nur bedingt im Zusammenspiel mit anderen Haustechniksystemen. «Für uns steht in der Entwicklung neuer Systeme die Erhöhung des Wohnkomforts für den Nutzer im Zentrum», sagt Bodo Gräbner, Leiter Innovation bei der 4B AG im luzernischen Hochdorf. Deshalb achtet das Unternehmen bei der Entwicklung neuer Produkte auf eine intuitive Bedienung und die Offenheit des Systems. «Unsere Produkte lassen sich einfach in immer mehr bestehende Haustechniksysteme integrieren», sagt Gräbner.

Dafür arbeitet die Entwicklungsabteilung beispielsweise mit Storenherstellern, Klimatechnikern und Haustechniksystemgebern zusammen. So kann der Nutzer ein Funktionsangebot beziehen und muss sich nicht um die Kompatibilität kümmern.

Die Geze Schweiz AG in Reiden LU setzt mit «Geze Cockpit» ebenfalls auf ein offenes System für die einfache Ansteuerung automatischer Türsysteme, Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA), Sicherheitsanlagen und Fensterantriebe. Der offene Kommunikationsstandard «Bacnet» ermöglicht hierbei eine herstellerunabhängige Integration weiterer Smart-Building-Elemente.

Die Velux Schweiz AG aus Aarburg AG hat mit «Velux Integra» eine smarte Ansteuerungslösung für Dachfenster, Hitzeschutzprodukte und Innenrollos entwickelt. Das System besteht aus einem Gateway, das die Produkte über WLAN verbindet und über eine App den unterschiedlichen Räumen und den Raumklimasensoren zuordnet. Einmal verbunden, steuert das System das Raumklima anhand benutzerdefinierter Zielwerte zur Innenraumtemperatur, relativer Luftfeuchtigkeit und CO2-Werten.

Praxisorientierte Lösungen

Die zahlreichen neuen Möglichkeiten und Funktionen dürfen den Anwender in keiner Weise überfordern oder ihn in der Raumnutzung behindern. «Für den Nutzer ist es zentral, dass die Systeme intelligent sind und die Bedienung intuitiv erleichtern», sagt Thomas Willi, Produktmanager bei 4B. Das Unternehmen führt im Fensterbereich schon einige zukunftsorientierte Lösungen im Angebot wie zum Beispiel die neue Alarmanlage, die sich auch in gekipptem Zustand scharf schalten lässt. Weil alle Sensoren der Alarmanlage im Rahmeninnern verbaut sind, sind diese bei geschlossenem Fenster nicht sichtbar. Durch die Anbindung über ein Funksystem ist ausserdem kein aufwendiges Verlegen von Kabeln notwendig. Die verbauten Sensoren erkennen drei Zustände: offen, zu und gekippt. So ist jederzeit ersichtlich, welche Fenster geöffnet oder gekippt sind. Die Alarmanlage kann in bestehende Smart-Home-Umgebungen integriert werden, und es lassen sich nachträglich Rauch-, Bewegungs- und Glasbruchmelder anbinden.

Dynamische Gläser im Einsatz

4B entwickelte für den neuen Campus der Sisag AG im Kanton Uri eine Hightech-Glas-Fassade mit den dynamischen Gläsern von «Sage Glass». Über die individuell ansteuerbaren Gläser regelt die Glasfassade den Licht- und den Wärmeeinfall ohne zusätzliche Beschattung. Denn die elektronisch tönbaren Gläser ermöglichen es, Tageslichteinstrahlung, Solarwärme und Blendschutz über variable Zonen zu steuern. Das Glas kann geräuschlos elektronisch verdunkelt oder aufgehellt werden. Dies geschieht entweder automatisch oder manuell. Die Lichtdurchlässigkeit lässt sich zwischen 1 und 60 Prozent, die G-Werte zwischen 3 und 37 Prozent variieren. Damit erübrigen sich ein mechanischer Sonnenschutz und entsprechende Unterhaltskosten.

Barrierefrei und automatisiert

Ein weiterer Trend, der sich immer mehr auch in privaten Haushalten abzeichnet, ist die schwellenlose Ausführung von Durchgängen. «Wir sehen, dass die immer älter werdende Bevölkerung vermehrt automatisierte und barrierefreie Lösungen nachfragt», sagt Bodo Gräbner. Mit der Schiebetür ST1 entwickelte 4B eine Schwellenlösung für komplett flache Übergänge von innen nach aussen. Nebst der Nullschwelle mit 0 mm Übergangshöhe ist eine 25 mm-Schwelle für hindernisfreie Bauten nach SIA 500 erhältlich. Mit der Motorisierung «Auto Move» für die Schiebetür kann das System sogar automatisch geöffnet und geschlossen werden. Das Bedienelement befindet sich im Flügel, und die Motorisierung ist unsichtbar in der Tür integriert.

Daten mit Mehrwert

Die digitale Vernetzung bietet nicht nur einen Benefit für den Nutzer, sondern auch für den Verarbeiter und Anwender. Seit 2019 wird in allen Fensterrahmen der Ideal Fensterbau Weinstock, in der Schweiz durch die Ideal Schweiz GmbH vertreten, ein NFC-Chip verbaut. Über eine App können Händler, Endkunden und Liegenschaftenverwaltungen den Chip am Fenster mit einem handelsüblichen Smartphone einlesen und Informationen zu Massen, Zertifikaten und Pflegehinweisen abrufen. Dadurch ist ein optimierter und individueller Service möglich, was vor allem bei Objekten mit vielen unterschiedlichen Produkten von Vorteil ist. So sind im Service- oder Reparaturfall alle wichtigen Daten direkt verfügbar.

Umfeld für Innovationen schaffen

Alle diese Entwicklungen und Systeme erfordern diverse Sensoren, die Daten über die Nutzung sowie den Benutzer erheben. Hierfür benötigt es auch die gesetzlichen Grundlagen, damit die Systeme vollumfänglich eingesetzt werden können. «Hier muss unser Gesetz noch der Technik nachfolgen, damit wir wettbewerbsfähig bleiben», sagt Mike Vogt, Leiter der Unternehmensentwicklung bei 4B.

Mit dem Kundennutzen und einer intuitiven Bedienung im Fokus bringen moderne Technologien einen Mehrwert ins Fenster.

www.4-b.chwww.geze.chwww.velux.chwww.idealschweiz.ch

Noah Gautschi

Veröffentlichung: 22. Oktober 2020 / Ausgabe 43/2020

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