Gegen Einbrecher gewinnen

Seriös nachgerüstete Fenster und Türen halten auch massiven Einbruchversuchen stand. Bild: Martin Eichholzer AG

Einbruchschutz.  Viele bestehende Gebäude sind schwach gegen Einbrüche geschützt. Mit entsprechenden Nachrüstungen lässt sich die Sicherheit verbessern. Welche Massnahme sich eignet, hängt von zahlreichen Faktoren und manchmal von kleinen Details ab.

In vielen Bereichen braucht sich die kleine Schweiz im internationalen Umfeld nicht zu verstecken. Okay, wie die Fussball-Nationalmannschaft an der Weltmeisterschaft in Russland vorankommt, wird sich erst noch zeigen. Aber das Eishockey-Team erspielte sich an der Weltmeisterschaft in Dänemark schon zum zweiten Mal innert fünf Jahren die Silbermedaille gegen Schweden.

Auch bei den Einbrüchen scheint es in der Schweiz aufwärts beziehungsweise abwärts zu gehen: Das Bundesamt für Statistik vermeldete für das Jahr 2017 einen erneuten Rückgang der Einbrüche. 4,9 Einbrüche pro 1000 Einwohner wurden registriert. Das entspricht 113 Einbruch- und Einschleichdiebstählen pro Tag, 2012 lag diese Zahl noch bei 202.

Im Vergleich mit anderen europäischen Ländern gibt es hier allerdings noch Potenzial. In Deutschland ist die Rate in den vergangenen Jahren ebenfalls gesunken und liegt bei unter 2 Einbrüchen pro 1000 Einwohner. Selbst in Italien, wo sich die Anzahl Einbrüche in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt hat – und dessen Nati sich bekanntlich nicht für die WM qualifizierte – gibt es pro 1000 Einwohner nur etwas mehr als 4 Einbrüche.

Nachholbedarf beim Einbruchschutz

Die Schweiz ist also nach wie vor attraktiv für professionelle und organisierte Einbrecher. Die Gründe dafür sind vielfältig und teilweise politisch stark umstritten. Tatsache ist aber, dass viele Gebäude keine oder ungenügende und lückenhafte Massnahmen bezüglich Einbruchhemmung aufweisen. Langsam findet aber eine Sensibilisierung statt, insbesondere bei Neubauten ist die Einbruchhemmung eher ein Thema. Verschiedene Tür- und Fensterhersteller bieten RC-Elemente vermehrt prominenter und aktiver an.

Doch nicht jeder Immobilienbesitzer will oder kann gleich sämtliche Türen und Fenster ersetzen. Noch schwieriger ist es für Mieter, welche keinen Einfluss auf die verbauten Elemente haben und nicht einfach so Veränderungen vornehmen dürfen. Spätestens wenn in der Nachbarschaft mehrmals eingebrochen wird, steigt der Drang, etwas zu unternehmen. Dann werden auf eigene Faust Zusatzschlösser, Türketten und Fenstergriffsicherungen montiert. Von solchen Kurzschlusshandlungen hält Hermann Eichholzer von der Martin Eichholzer AG wenig: «Die fachgerechte Installation solcher Nachrüstbeschläge ist ebenso wichtig wie die Qualität des Beschlags.» Das Unternehmen aus Zürich hat sich auf die Nachrüstung von mechanischem Einbruchschutz spezialisiert.

Ebenso wichtig ist eine umfassende Beurteilung der Situation vor Ort. Denn auch beim Einbruchschutz taugen die Massnahmen nur so viel wie das schwächste Glied in der Kette. Und genau hier offenbaren sich bei vielen älteren Gebäuden, aber auch bei Neubauten massive Schwachstellen. Bei Mietwohnungen wird die Wohnungstür aufgerüstet, aber daneben befinden sich ungesicherte Fenster. Immer wieder vergessen gehen ausserdem Keller- und Garagentüren, Lichtschächte und Dachluken.

Klar kommunizieren

Dennoch, oft ist das Nachrüsten die einzige Alternative. Genau an dieser Stelle kann der Schreiner mit einer ehrlichen und objektiven Beratung punkten. Das Wichtigste dabei: Die absolute Sicherheit gibt es nicht. «Zudem ist es unseriös, beim Nachrüsten dem Kunden gewisse RC-Klassen zu versprechen», sagt Pierre Scheidegger von der Abteilung Technik & Betriebswirtschaft des VSSM. Denn nur bei geprüften Elementen hat man die Gewähr, dass der entsprechende Widerstand auch erreicht wird. Anmerkungen wie «angelehnt an RC-Klasse XY» sind nicht empfehlenswert, weil dies zu Missverständnissen führen kann.

Bei solchen Beratungsgesprächen können Bilder oder Videos von Einbruchprüfungen oder von Einbrüchen aus der Realität hilfreich sein, um dem Kunden die Schwachstellen zu veranschaulichen. Hermann Eichholzer rät aber, es nicht zu übertreiben: «Ansonsten bekommt der Kunde das Gefühl, es handle sich um Angstmacherei.»

Sichern gegen Aufhebeln

Sind die Schwachstellen eruiert, geht es darum, Schutzziel, Budget und Massnahmen zu definieren. «Als Erstes sollten Fenster, Türen und andere Elemente immer gegen Aufhebeln gesichert werden», sagt Hermann Eichholzer. Denn die Statistiken zeigen klar, dass die überwiegende Mehrheit der Einbrüche mit Hebelwerkzeugen wie Schraubenzieher oder Geissfuss verübt werden. An zweiter Stelle kommt das Aufbrechen mit Körpergewalt, also der sogenannte Schulterwurf.

Verankerung ist entscheidend

Für Fenster gibt es dafür beispielsweise Pilzkopfverriegelungen zum Nachrüsten. Diese verhindern, dass die Verriegelung aus dem Schliessblech gehebelt werden kann. Von dieser Aufrüstung ist optisch nichts zu sehen und man kann das Fenster ganz normal bedienen. Dabei muss einem aber bewusst sein, dass die Pilzkopfverriegelung nur so gut hält wie ihre Verankerung. Insbesondere bei Holz- und Holz-Metall-Fenstern besteht die Gefahr, dass der Rahmen gespaltet wird. Hinzu kommt, dass bei Nachrüstungen die Rahmenqualität nur schwer zu beurteilen ist. Wurden die Schraubenlöcher der bestehenden Beschläge nicht sauber vorgebohrt, dann muss man ohnehin davon ausgehen, dass die Friese bereits vorgespaltet sind. Dieselbe Problematik entsteht, wenn bei bestehenden Türen Mehrpunkteverriegelungen und Schliessbleche nachgerüstet werden.

Mit zusätzlichen Verschraubungen quer zur Holzfaserrichtung im Bereich der Schliesspunkte kann man der Materialspaltung entgegenwirken. Dies ist allerdings auch nicht in jedem Fall möglich. Schliessbleche, welche mit zusätzlichen Schrauben im 45°-Winkel befestigt werden, sind beim Einbruchschutz ohnehin empfehlenswert. «Je nach Situation kann man das Schliessblech dann sogar durch den Rahmen hindurch im Mauerwerk verankern», sagt Hermann Eichholzer.

Einfach zu bedienen

Eine Alternative zu solchen Massnahmen können aufschraubbare Zusatzverriegelungen darstellen. Auf dem Markt sind zahl- reiche Produkte verfügbar, vom einfachen Schwenkriegel bis hin zu Mehrpunkteverriegelungen. Aber auch hier ist die Mon- tage mindestens so wichtig wie der Nachrüstbeschlag selber. Sprich, es braucht eine verlässliche Verankerung.

Bei Holztüren und -fenstern ist der Einsatz von Gewindehülsen und M-Schrauben eine bewährte Methode. So lassen sich hohe Ausrisswerte erreichen und die Befestigung ist verhältnismässig dezent. Insbesondere in Mietobjekten ist dies eine gute Möglichkeit, weil sich die Beschläge auch ohne Probleme wieder demontieren lassen. Lässt die Situation vor Ort keine zuverlässige Befestigung am Rahmen zu, muss allenfalls auf Wände und Decken ausgewichen werden.

Hermann Eichholzer empfiehlt, bei Zusatzverriegelungen darauf zu achten, dass diese beim Öffnen und Schliessen keine oder möglichst wenige zusätzliche Handgriffe verursachen: «Ansonsten besteht die Gefahr, dass der Anwender die Verriegelung aus Bequemlichkeit einfach unverriegelt lässt.» Idealerweise lassen sich Zusatzverriegelungen also über den vorhandenen Drücker oder Fenstergriff bedienen.

Fenstergriff mit Sollbruchstelle

Der Fenstergriff muss aber in jedem Fall mit einem Schlüssel abschliessbar sein. Ansonsten kann ein Einbrecher mit einer Stange durch ein zuvor gebohrtes Loch im Flügelrahmen den Griff bedienen. Gegen das Bohren helfen zwar auch spezielle Metalleinsätze im Flügelrahmen. Allerdings hat der Einbrecher immer noch die Möglichkeit, ein Loch in die Scheibe zu schlagen, um an den Griff zu kommen. Bei den abschliessbaren Fenstergriffen ist darauf zu achten, dass der Vierkant oder der Griff selber eine Sollbruchstelle hat. So lässt sich verhindern, dass der Verschluss mit Gewalt überwunden wird. Ebenfalls wichtig: Der Schlüssel muss nach dem Abschliessen abgezogen und an einer von aussen nicht sichtbaren Stelle platziert werden.

Nicht vergessen darf man ausserdem die Bandseite. Auch diese muss mit Bügeln oder Riegeln gesichert werden.

Permanent verschliessen

Bei grossen Fensterfronten wie zum Beispiel im Bereich von Terrassen oder Sitzplätzen wäre es aber aufwendig und kostspielig, alle Fenster und Fenstertüren so zu sichern. «Da kann man sich überlegen, welche davon effektiv benutzt werden. Alle anderen verschliesst man dann einfach dauerhaft», erklärt Pierre Scheidegger. Dafür eignen sich Z-Profile aus Stahl, die auf den Rahmen geschraubt werden und den Flügel zuhalten. In der passenden Farbe beschichtet, fallen sie kaum auf. Für die Montage der Profile empfiehlt sich wiederum der Einsatz von Gewindehülsen. So müssen am Flügelrahmen keine Löcher gebohrt werden und die Profile lassen sich einfach entfernen – beispielsweise wenn die Flügel zum Reinigen geöffnet werden müssen.

Das Nachrüsten von Sicherheitselementen ist also durchaus eine Option und manchmal auch die einzige Alternative. Es setzt aber einiges an Erfahrung bezüglich Technik, Montage und Beratung voraus. Besonders im Brandschutz- und Fluchtwegbereich muss die Situation mit den Behörden und den Systemlieferanten gründlich abgeklärt werden. Sonst folgt, wie im Sport, nach der anfänglichen Euphorie schnell die Ernüchterung.

www.vssm.chwww.quadragard.chwww.abus.ch

ph

Veröffentlichung: 24. Mai 2018 / Ausgabe 21/2018

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