Gestärkt aus dem Sturm kommen

Krisensituationen können nur als funktionierendes Team gewinnbringend überwunden werden. Bild: Pixabay

Leadership.  In unsicheren Zeiten, wie man sie gerade durchlebt, sehnt sich der Mensch nach Sicherheit und Vertrauen. Vorgesetzte, die gezielt und offen vorgehen, stärken den Zusammenhalt im Team und festigen insgesamt das Arbeitsverhältnis.

Das erfolgreiche Führen von Menschen ist eine Kunst, für welche es keine Anleitung gibt. Auch was dieser Begriff genau bedeutet, muss jedes Unternehmen und jedes Team für sich selbst definieren.

Es gibt jedoch Eigenschaften, die eine erfolgreiche Führung unterstützen und die gerade in Zeiten mit rauerem Seegang zum Tragen kommen. Rohstoffengpässe, Währungsschwankungen, Klimaveränderungen und neuerdings auch Pandemien zeigen auf, dass vor allem ein solides Vertrauensverhältnis und eine klare Kommunikation wichtige Grundstützen der erfolgreichen Mitarbeiterführung sind. Die Herausforderungen, die es in diesem Jahr schon zu meistern galt und die in den kommenden Monaten noch zu bewältigen sind, heisst es nun nicht nur situativ bestmöglich zu überstehen, sondern dank positiven Einflüssen auch gestärkt zu überwinden.

Nicht an Bäumen rütteln

Die aktuelle Situation hat eindrücklich und für jeden spürbar aufgezeigt, dass im Krisenfall weitaus mehr unbeeinflussbare Parameter existieren als solche, die ein Unternehmen aktiv steuern kann. Daher gilt es zu beachten, dass es nicht sinnvoll ist, die bereits knappen Ressourcen für nicht beeinflussbare Probleme einzusetzen. Punkte, die ein autonomes Unternehmen jedoch immer beeinflussen kann, sind die Firmenkultur, der Umgang untereinander und die Kommunikation miteinander.

Führung auf dem Prüfstand

Führungskulturen und Organisationsstrukturen, die in einer stabilen Entwicklung funktioniert haben, erzielen in der aktuellen Krise nicht mehr immer die gewünschte Wirkung. Gerade in Zeiten grosser Unsicherheiten und unbeeinflussbarer Gefahren gilt es, das eigene Team über einen der wichtigsten menschlichen Grundwerte zu führen: das Vertrauen.

Folgende sechs Punkte sollen beim Aufbau eines gesunden Grundvertrauens helfen und als Inspiration im Alltag dienen. Sie festigen die Position einer Führungsperson im Team und unterstützen dessen Zusammenhalt.

1. Achtung zeigen

Der Mitarbeitende soll hören und spüren, wie wichtig seine Position für das Unternehmen in der aktuellen Situation ist und dass man auch in Zukunft auf ihn und seine Arbeit setzen will. Er soll erfahren, dass er ein fester und wichtiger Bestandteil des Teams ist und seine Aufgabe zentral für die erfolgreiche Bewältigung der aktuellen Krise sein wird.

2. Realistischer Umgang

Ehrliche und offene Gespräche mit den Mitarbeitenden stärken das Gemeinschaftsgefühl. Hier können die Ängste und Sorgen abgeholt sowie Mut und Zuversicht gespendet werden. Wichtig sind ein realistischer und ehrlicher Umgang mit der Situation sowie das Vorleben der gewünschten und geforderten Werte.

3. Präsenz markieren

Es wirkt Wunder, wenn eine Führungskraft unverbindlich durch den Betrieb läuft und das Gespräch sucht. Zudem erhält der Vorgesetzte eine ungefilterte Wasserstandsmeldung, wie es gerade in seinem Unternehmen ausschaut.

4. Optimistisch bleiben

Egal wie ausweglos eine Situation auf den ersten Blick zu sein scheint, gilt es als Vorgesetzter immer, eine realistische und lösbare Umsetzung anzustreben. Eventuell müssen bereits gesetzte Ziele durch neu ausgerichtete und erreichbare Vorgaben abgelöst werden. Das Setzen realistischer Ziele, die regelmässig erreicht werden können, sorgt automatisch für kleine und wiederkehrende Motivationsschübe.

5. Aktiv agieren

Als Führungskraft gilt es, eine aktive, agierende Rolle einzunehmen. Zur Unterstützung können mögliche Szenarien und deren Konsequenzen bewusst ausgearbeitet werden. Auf dieser Grundlage können dann sich möglicherweise anbahnende Entwicklungen simuliert, durchgespielt und auch im Team besprochen werden.

6. Beweglich sein

Wie erwähnt, funktionieren in unsicheren Zeiten keine langfristigen Planungen. Wird eine Planung stur durchgezogen, ohne auf die äusseren Einflüsse zu achten, kann sie sogar einschränkend sein und die benötigte Agilität mindern. Beweglich zu bleiben, bedeutet aber einerseits, kurzfristig Entscheidungen zu treffen und deren Auswirkung genau zu betrachten, andererseits Entscheidungen immer wieder von Neuem zu überdenken und mit möglichen neuen Erkenntnissen zu revidieren. Hier können vor allem die Mitarbeiter an der Front wertvolle Inputs einfliessen lassen.

Distanz als zusätzlicher Faktor

Aktuell stehen alle Zeichen auf eine erneute Homeoffice-Phase. Das Führen auf Distanz ist eine ganz neue Herausforderung. Es bedarf einer gewissen Zeit, bis alle Systeme funktionieren und sich das Team neu eingespielt hat. Doch genau solche erzwungenen Schritte können ein Team weiterbringen. Wichtig ist eine einheitliche Einführung in die benötigte Technik und die neuen Abläufe. Weiter ist es sinnvoll, in regelmässigen Abständen Videokonferenzen oder Gruppencalls durchzuführen und zusätzlich die einzelnen Mitarbeiter nach individuellem Bedarf abzuholen. Generell gilt es, den veränderten Informations- und Austauschbedarf zu decken. In Krisenzeiten ist das Informieren eine Bringschuld der Führungskräfte, ohne die Mitarbeitenden aus der Holschuld zu entlassen.

Struktur schaffen und bewahren

Die grosse Kunst bei der ganzen Sache ist es, trotz der benötigten Agilität nicht planlos rüberzukommen. So kann man beispielsweise die Bedürfnisse seines Teams mittels Fragenkatalog abholen und zum aktiven Handeln bewegen (siehe Kasten). Wie der optimale Weg durch eine Krise ausgeschaut hätte, kann man leider immer erst im Nachhinein sagen. Mit einer Konzentration auf die eigenen Kernprozesse und einer agilen Herangehensweise kann ein Unternehmen sich und sein Team mit einem Mehrwert durch dieses Jahr führen.

Bedürfnisse mittels Fragen abholen

Eine gute Möglichkeit, die Anliegen der Mitarbeiter abzuholen und darauf einzugehen, ist die gemeinsame Beantwortung eines Fragenkataloges, welcher auf das eigene Unternehmen abgestimmt ist:

  • Was ist in der Unsicherheit sicher?
  • Worauf können wir uns relativ sicher verlassen?
  • Welches sind die unsicheren Faktoren?
  • Was können wir ändern?

Solche Fragen sorgen für Transparenz und bringen aktuelle Ängste auf den Tisch. Zudem fordern sie das gesamte Team zur Beteiligung auf, was die Basis für aktives und agiles Krisenmanagement schafft.

Noah Gautschi, NJG

Veröffentlichung: 29. Oktober 2020 / Ausgabe 44/2020

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