Handwerk scheut keine neuen Wege

Der Schubladen-Container mit seiner vorgehängten Glasfassade zeugt von grossem Können – wie auch die saubere Polsterarbeit. Bild: Wellis Möbelfabrik AG

Team by Wellis.  Die Entwicklung des international erfolgreichen Schweizer Möbelproduzenten zeigt, wie sich der Markt über die Jahre verändert hat. Und sie gibt Hinweise, wie auch die Zukunft innovativ angegangen werden kann.

Gutes Handwerk mit viel Innovationskraft findet in der Schweiz auf dem Land einen guten Boden. Und so gibt es Firmen, die weit weg von den grösseren Städten Produkte mit internationaler Anerkennung hervorgebracht haben. Im luzernischen Willisau ist man mit guten Ideen sogar ein wenig verwöhnt. Nicht nur jeder Schweizer kennt die wohl härtesten «Guezli» des Landes mit der ihnen typischen Ringform. In der Musikwelt ist das jährlich stattfindende «Jazz Willisau» eines der wichtigsten Ereignisse der zeitgenössischen Jazz-Szene. Und in der Möbelwelt hat die Marke Team by Wellis die Entwicklung international mitgeprägt.

Die Entstehung einer Möbelfabrik

Was 1927 noch als Orgelbau AG gegründet worden war, entwickelte sich schon in den 30er-Jahren zur Wellis AG und hin zur Produktion von Möbeln. Im Laufe der Zeit hat sich die Firma einen Namen im Bereich der Hotelausstattungen gemacht und setzte ab Mitte der 50er-Jahre immer mehr auch auf Design bei der Fertigung von Wohnmöbeln. 1976, mit der Übernahme durch die Inhabersöhne Kurt und Egon Babst, wurde dann auch gezielt diese Richtung für den Handel weiter ausgebaut.

Die Firma hatte aber Mühe, vom Fachhandel angenommen zu werden, da sie nur einen Namen im Hotelbereich hatte. Und so wurde ein Partner gesucht, um dieses Manko aufzuheben. Die neue Zusammenarbeit mit der Fricktaler Design-Firma Team Möbel AG öffnete dann den Weg in den Möbelhandel und bildete eine in der Folge äusserst ergiebige Grundlage für die Schaffung neuer Wohnideen.

Die beiden Unternehmen wuchsen zusammen und die Team Möbel AG wurde zur Tochtergesellschaft der Wellis AG. Im Jahr 1988 entstand die Marke «Team by Wellis». Das Sortiment umfasste schnell den gesamten Wohnmöbelbereich, vom Schlafen über das Wohnen, inklusive Polstermöbeln aus eigener Fertigung, bis hin zum Essen mit eigenen Tischen und Stühlen.

Arbeitsverbund mit klarem Kundenziel

Die Unternehmer Kurt und Egon Babst sowie die Gestalter Kurt Erni und Werner Wernli arbeiteten als festes, ergänzendes Team und bedienten vor allem den Markt im oberen Preissegment. Auch wenn in diesem Bereich nur eine relativ kleine Schicht von Leuten angesprochen wurde, war doch der Konsumentenwunsch, sich etwas zu gönnen, da. Ein familiäres Zuhause wurde als sicher und erstrebenswert betrachtet. Eine gute Möblierung zeigte den eigenen Erfolg und sollte erst nach 20 Jahren ersetzt werden. Die Produkte der Wellis AG waren oft der Zeit voraus und enthielten technische Lösungen, die auch zu neuen Beschlägen führten. Vordenker zu sein, bedeutet auch, warten zu können. Neuerscheinungen können nicht innerhalb eines halben Jahres wirklich als gut oder schlecht beurteilt werden, da sich mögliche Kunden auch erst mit den Neuheiten vertraut machen müssen. Solche Produkte brauchen eine gute, fundierte Beratung durch geschultes Verkaufspersonal. Im Hinblick auf die Kundenbereitschaft, in Möbel zu investieren, rechtfertigte sich dieser Aufwand.

Veränderte Lebensplanung der Kunden

Nicht nur die Zeit ist vorangeschritten, auch die Gesellschaft hat sich verändert. Ein Zusammensein auf ewig mit dem gleichen Partner ist nicht mehr so sicher. Sobald die Kinder das Elternhaus verlassen, bestehen heute für deren Eltern neue, spannende Möglichkeiten, die genutzt werden wollen. Die Bereitschaft für langfristige Investitionen ins eigene Heim ist daher kleiner geworden, denn das Geld muss jetzt auch noch für viele andere Wünsche und Aktivitäten reichen. Die Menschen sind aktiver geworden und haben ihre Prioritäten verschoben.

Der Verkaufsleiter der Wellis AG, Werner Wernli, spricht heute von einem Zeitfenster von nur noch acht Jahren, für das Möbelkunden planen. Das alleine bewirkt bereits, dass die Einrichtung zwar schön und qualitativ gut, aber auch auswechselbar sein soll. Nur noch für sehr ausgesuchte Stücke ist die Bereitschaft da, besonders viel Geld auszugeben.

Generationenwechsel mit Hindernissen

Mit dem Lauf der Zeit ist natürlich auch das Leitungsteam der Firma älter geworden. Und wie bei allen Unternehmen stellte sich die Frage nach der Nachfolge. Eine Weiterführung durch Familiennachkommen oder interne Führungspersonen war dieses Mal leider nicht möglich. Es hatte sich aber schon länger abgezeichnet, dass die Kollektion gut mit den Polstermöbeln der Firma De Sede AG im aargauischen Klingnau harmonierten. Wichtige Ausstellungsräume im Ausland wurden bereits gemeinsam genutzt.

So kam es zum Zusammenschluss und die Wellis AG wurde ein Tochterunternehmen der De Sede AG. Damit einher ging auch die Polstermöbelfabrikation nach Klingnau. Der Rest lief in Willisau in den gewohnten Hallen weiter. Die Kooperation der beiden Betriebe war leider nicht erfolgreich und endete bereits nach zwei Jahren wieder. Rolf Kasper übernahm 2012 mit seiner Kasper Holding AG das Unternehmen, womit der Firmenname von Wellis AG in Wellis Möbelfabrik AG geändert wurde. Rolf Kasper war schon vorher Mitglied des Verwaltungsrats und Besitzer eines Grossteils der Liegenschaften. Durch seine verschiedenen Unternehmungen verfügt er über umfassende Kenntnisse aus dem Möbelbereich.

Neue Zielsetzungen

Mit einer etwas gestrafften Kollektion sucht die Firma jetzt nach einem zeitgemässen Anschluss an die veränderten Märkte. Auch ist wieder eine eigene Polsterei vorhanden.

Die verkürzten Zeitintervalle in der Lebensplanung der Kunden haben dazu geführt, dass für Repräsentationsräume durchaus luxuriöse Unikate gekauft und auch exklusive Kollektionen gewünscht werden. Was dann den privateren Bereich betrifft, sollen die Produkte zwar genauso elegant und qualitativ gut sein, aber nicht so viel kosten. Das ist der Punkt, an dem neu angesetzt wird. Diese Produkte müssen bei der Veröffentlichung topaktuell sein und dürfen nicht der Zeit vorauseilen. Ebenso muss eine optimierte und konstengünstigere Produktion Grundlage der Planung sein. Intensiv wurde die Zusammenarbeit mit einem externen Designer gesucht, der diese Anforderungen erfüllen kann und über einen Stil verfügt, der zu «Team by Wellis» passt. This Weber hat die neue Kollektion gezeichnet und somit den Bereich dieser gehobenen Konsummöbel geschaffen.

Anlagen und Können nutzen

Die neuen Besitzverhältnisse führen aber auch zu neuen Chancen, die in dieser Form bisher vor allem von sehr kleinen Betrieben genutzt wurden. In der gleichen Liegenschaft befinden sich noch ein Metallmöbelhersteller, ein Tisch- und Stuhlfabrikant sowie ein Schrankproduzent. Alle Betriebe gehören zur Kasper Holding AG, funktionieren aber absolut autonom. Besondere Anlagen und Fertigkeiten der einzelnen Firmen werden von den anderen genutzt und einander verrechnet, was mehr Möglichkeiten und eine verbesserte Qualität bei geringeren Kosten ergibt. Auch im Wareneinkauf werden gemeinsame Wege gegangen. Alles zusammen bildet eine Form der Zusammenarbeit, die auch zwischen anderen Betrieben Chancen öffnen könnte.

www.teambywellis.comwww.kasper-holding.ch

ab

Veröffentlichung: 12. Februar 2015 / Ausgabe 7/2015

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