«Ich denke gerne positiv»

«Wichtiger denn je ist, menschlich zu brillieren.»: Brigitte Breisacher, Chefin der Alpnach-Gruppe. Bild: Lignum

Kampagne.  Unternehmerin Brigitte Breisacher ist 2020 für ihren kooperativen Führungsstil bei der Alpnach-Gruppe von einem Wirtschaftsmagazin ausgezeichnet worden. Im Interview mit Lignum Zentralschweiz verrät sie ihr Erfolgsrezept und was ihr dieser Titel bedeutet.

Brigitte Breisacher, im vergangenen Jahr wurden Sie zur «Woman of the year 2020» gewählt. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Brigitte Breisacher: Ich bin sehr dankbar, stolz und sowas von happy. Dankbar, weil ich die meisten Stimmen erhalten habe und demnach in der Vergangenheit vieles richtig gemacht habe. Stolz, weil ich 99 weibliche Persönlichkeiten mit zum Teil Rang und Namen hinter mir gelassen habe. Und ich bin happy, weil mir diese Auszeichnung ein gutes Gefühl gibt und mich darin bestärkt, meinen Weg so weiterzugehen.
Ihnen wird ein kooperativer Führungsstil nachgesagt. Welchen Mehrwert bringt dieser Ihrem Unternehmen?
Ich habe viele langjährige, loyale und tolle Mitarbeitende. Ich übertrage ihnen Verantwortung und schenke ihnen Vertrauen. Ich binde sie in Entscheidungen ein, und so stehen sie auch dahinter. Ich fordere und fördere meine Mitarbeitenden. Das macht ihren Aufgabenbereich spannend und erhöht ihre Motivation und Loyalität. Und das hilft mir und meinem Unternehmen, erfolgreich am Markt unterwegs zu sein.
1987 traten Sie 19-jährig in die Alpnach Norm-Schrankelemente AG ein. Welchen Weg haben Sie seither beschritten?
Ich wollte immer im Unternehmen meines Vaters arbeiten. Das war mein Herzenswunsch. Die ersten drei Jahre habe ich in der Buchhaltung gearbeitet, dann im Verkauf mit einem eigenen Verkaufsgebiet. Später habe ich mich im Bereich Marketing weitergebildet und im Jahr 1999 beim Aufbau der Schwestergesellschaft Alpnach Küchen AG mitgeholfen. Ich bekam immer wieder Spezialaufgaben von meinem Vater, die es zu lösen gab, und so bin ich mehr und mehr ins Business hineingewachsen.
2001 hat Ihnen Ihr Vater zum 35-Jahr-Jubiläum die operative Führung übergeben. War dieser Schritt eine logische Konsequenz, und was hat für Sie dieser Entscheid bedeutet?
Meine fünf Schwestern und mein Bruder haben sich für andere Aufgaben ausserhalb des Unternehmens entschieden. Ich war mir sicher, dass ich am richtigen Ort bin, und ich hatte riesige Freude, dass mein Vater mir die operative Leitung übergab und somit sein Vertrauen schenkte. Ich konnte mein Wissen unter Beweis stellen, und bei Fragen durfte ich auf seinen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Sieben Jahre später kaufte ich meinem Vater das Unternehmen dann ab. Seit 2008 bin ich alleinige Besitzerin. Ich bin mir dieser Verantwortung voll und ganz bewusst. Denn als Inhaberin verpflichtet man sich und trägt ein anderes Risiko, als wenn man im Unternehmen XY als Managerin tätig wäre.
Hatten Sie je das Gefühl, sich als Frau mehr beweisen zu müssen? Begegnete man Ihnen mit Vorbehalt?
Am ersten Arbeitstag sagte mein Vater zu mir: «Hier bist du meine Mitarbeiterin und nicht meine Tochter.» Ich habe tagtäglich mein Bestes gegeben, habe abgeschaut, wie es andere machen, und mir immer überlegt, was ich besser machen kann. Meine Arbeitskollegen wie auch das Umfeld haben gesehen, wie ich etwas mache und was ich gemacht habe, und mich viele Jahre begleitet. Als ich CEO und später Inhaberin geworden bin, hatte ich die volle Akzeptanz. Nie hatte ich das Gefühl, dass ich mehr leisten müsse, «nur» weil ich eine Frau bin. Jedoch war dies immer mein persönlicher Anspruch: Ich will die Beste sein!
Was macht eine weibliche Chefin anders als ihre männlichen Kollegen?
Wie es männliche Kollegen machen, weiss ich nicht. Ich kann nur von mir sprechen. Mein Bauchgefühl hilft bei Entscheidungen stark mit, aber auch die Erfahrung. Und ich gebe auch gerne dem gesunden Menschenverstand Platz. In gewissen Situationen frage ich mich: Wie hätte ich es gerne? Bei mir stehen ganz klar die vier «M» im Zentrum: Man muss Menschen mögen. Wenn ich bei ihnen das Feuer entfachen kann und sie mit mir für ein Thema brennen, dann habe ich vieles richtig gemacht.
Wie ist Ihre Haltung in Bezug auf die Frauenquote?
Kein Thema bei mir. Egal, ob «Männlein» oder «Weiblein»: Die Person, welche die Fähigkeiten hat, der Anforderung gewachsen ist und andere mit innerem Feuer begeistern kann, soll die Aufgabe übernehmen.
Was raten Sie einer jungen Frau, die sich im Beruf verwirklichen und irgendwann eine Führungsrolle anstreben möchte?
Spass und Freude haben an dem, was sie tut. Authentisch sein und die weibliche Seite leben. Nicht perfekt sein – Ecken und Kanten haben. Mit kreativen Lösungen, Talent und Fähigkeiten ein Team ergänzen. Neugierig bleiben. Qualifikationen sind wichtig, und die kann man sich aneignen. Wichtiger denn je ist, menschlich zu brillieren, belastbar und flexibel zu sein.
Wie sieht ein normaler Arbeitstag bei Brigitte Breisacher aus?
Fast jeder Tag bringt etwas Neues, sei es eine Herausforderung mit einem Mitarbeitenden, einem Kunden oder Lieferanten. Kein Tag gleicht dem Vortag. Und darum habe ich immer wieder Abwechslung. Ich bin auch relativ viel unterwegs. Dies hält mich und meinen Geist aktiv und neugierig. Und wenn ich schon denke, dann denke ich gerne positiv.
Hat man als Chefin Lieblingsaufgaben? Wenn ja, welche sind das bei Ihnen?
Ich habe einige Lieblingsaufgaben, wie den Kontakt zu den Kunden. Ich möchte wissen, was wir gut gemacht haben und wo wir uns verbessern können. Und ich liebe es, mich mit Mitarbeitenden auszutauschen und da und dort der Troubleshooter zu sein.
Was bedeutet Ihnen Holz, im Speziellen Schweizer Holz?
Mir gefällt Holz insbesondere, wenn es in Kombination mit anderen Materialien eingesetzt ist. Ich wohne im Elternhaus, und die hohe Decke im Wohnbereich ist in Kirschbaum ausgeführt. Holz ist heimelig, warm, atmungsaktiv und auch im Alter immer noch schön. Es berührt die Sinne, da es ein lebendiges Material ist.

Social-Media-Kampagne

Die Branchenorganisation Lignum Holzwirtschaft Zentralschweiz (LHZ) macht in diesen Wochen mit einer Social-Media-Kampagne Frauen in der Holzbranche sichtbar. LHZ-Mitarbeiterin Fabienne Wey stellt mit Interviews spannende Frauen in den Mittelpunkt, die als Schreinerinnen, Försterinnen oder Sägerinnen arbeiten. Die Schreinerzeitung begleitet die Kampagne und veröffentlicht Inhalte daraus.

www.lignum-zentral.ch

Zur Person

Brigitte Breisacher (53) ist Eigentümerin und Geschäftsleiterin der Alpnach Norm-Schrankelemente AG und der Alpnach Küchen AG. Die Alpnach-Gruppe umfasst heute drei Produktionsbetriebe in der Schweiz. Brigitte Breisacher ist vom Schweizer Wirtschaftsmagazin «Women in Business» in die «Top 100 Frauen» gewählt und vom Publikum schliesslich zur «Woman of the year 2020» gekürt worden.

www.alpnachnorm.ch

Fabienne Wey, SZ, SZ

Veröffentlichung: 11. Februar 2021 / Ausgabe 7/2021

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