Im Duo gegen die Kälte

Das alte Gebäude in Thayngen SH wurde mit Hochleistungsputz gedämmt – ohne optische Einbusse. Bild: Fixit AG

Dämmung.  Entweder Aussendämmung oder Innendämmung – so lautet die Regel. Während die erste Methode weit verbreitet ist, wird die zweite immer wichtiger. In gewissen Fällen kann die Kombination der beiden Dämmungsarten die optimale Lösung sein, wie zwei Beispiele zeigen.

Aus bauphysikalischer Sicht ist in der Regel eine Aussen- gegenüber einer Innendämmung weniger problematisch. Dies, weil die tragende Aussenwand auf der warmen Seite der Dämmung liegt. Doch was ist mit dem Thema Innendämmung, dem eine grosse Zukunft vorausgesagt wird?

Bei der Innendämmung sind die bauphysikalischen Anforderungen viel strikter zu beachten. Der Grund: Es muss immer die Möglichkeit der Tauwasserbildung untersucht und berücksichtigt werden. Ebenso gilt es, Fragen zur Schlagregensicherheit der Fassade zu beantworten und diese Eigenschaft eventuell zu verbessern. Der Fachmann muss Wandaufbauten, Materialien, Details und Anschlüsse gezielt planen und durch entsprechende Computersimulationen vorab auf ihre Eignung prüfen. Mit «Wufi» (Wärme und Feuchte instationär) bietet das Fraunhofer-Institut für Bauphysik in Stuttgart (D) geeignete Software an.

Die Kombination machts

Im Leben gibt es in den allermeisten Fällen nicht nur Schwarz oder Weiss, sondern eben auch Grau. Das ist bei der Gebäudedämmung nicht anders. Es gibt nicht nur Aussen- oder Innendämmung, sondern auch Kombinationsmöglichkeiten beider Varianten. Das ist insofern interessant, als dadurch sowohl bauphysikalisch robuste als auch kostengünstige Lösungsmöglichkeiten geschaffen werden können. Nachfolgend werden zwei Fallbeispiele aufgeführt, wie sie so oder ähnlich recht häufig am Bau vorkommen. Sie dienen als Grundlage für eine Berechnung.

Ausgangslage: Wand ohne Dämmung

Als Ursprungszustand liegt den Fallbeispielen eine Aussenwand aus Vollziegeln mit einer Rohdichte von 1800 kg/m3 zugrunde (Bild rechts). Der Innenputz hat eine Stärke von 1,5 cm, das Mauerwerk eine von 24 cm und der Aussenputz eine von 3 cm. Der Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert) der Konstruktion ohne Dämmung beträgt circa 1,74 W/(m2 K). Die Berechnungen mit gemessenen Klimadaten wurden für die Westseite mit Zürcher Klima und einer Zeitdauer von fünf Jahren durchgeführt.

www.wufi.de


Fall 1: Bestehende Innendämmung

 

Die Fachleute stehen vor einer schwierigen Aufgabe. Ein Altbau aus den 1950er-Jahren mit dem oben beschriebenen Wandaufbau wurde vor rund 20 Jahren von innen mit einer 5 cm starken, mineralischen Dämmplatte isoliert. Damals wurde zwar die Fassade neu gestrichen, jedoch zeigt der über 60-jährige Aussenputz heute an etlichen Stellen Schäden. Mit einem erneuten Anstrich wäre es daher nicht mehr getan. Hinzu kommt, dass der Wärmeschutz für die heutigen Ansprüche an Behaglichkeit nicht mehr ausreichend ist. Eine dicke Aussendämmung ist nicht möglich. Denkbar sind die zwei geschilderten Szenarien (siehe Tabelle in der Box rechts).

U-Wert deutlich verbessert

Die Wandquerschnitte (Bilder unten rechts) zeigen den Alt- und den Neuzustand für Szenario 2. Der U-Wert (Wärmedurchgangskoeffizient) der Aussenwand verbessert sich durch das Aufbringen eines Aerogel-Hochleistungsdämmputzes (siehe Seite 14) bei gleicher Putzstärke von 3 cm von 0,79 auf 0,45 W/(m2 K). Der U-Wert verringert sich um rund 43 Prozent. Die Temperatur der ganzen Wand wird durch den Einsatz des Dämmputzes auf der Aussenseite angehoben, die Wand wird dadurch also wärmer. Diese Veränderung steigert die Behaglichkeit der Bewohnerinnen und Bewohner. Wie das Diagramm zeigt, liegt die Temperatur im Winter im Vergleich zum Altzustand um 5 bis 8° C höher. Dadurch ergeben sich weniger Temperaturschwankungen, was das Risiko für Bauschäden minimiert.

Die thermo-hygrischen Verhältnisse wurden mit einem Simulationsprogramm wie «Wufi» berechnet. Der Fachmann betrachtete dabei den heiklen Bereich hinter der Innendämmung (Tauwasserebene), und zwar im Alt- und im Neuzustand. Das Problem wird stark entschärft. Über das ganze Jahr bleibt die relative Luftfeuchtigkeit hinter der Innendämmung deutlich tiefer. Speziell im Winter ergeben sich hinter der Innendämmung dank des zusätzlichen Dämmputzes nur noch relative Luftfeuchtigkeiten von etwa 65 Prozent anstatt über 85 Prozent wie vor der Sanierung.


Fall 2: Bestehende Aussendämmung

Bei diesem Beispiel geht es um ein Gebäude aus den 1970er-Jahren mit einer 6 cm starken EPS-Aussendämmung (Expandiertes Polystyrol). Diese Dämmstoffdicke kam zur damaligen Zeit häufig zum Einsatz. Der Aussenputz befindet sich in einem guten Zustand. Allerdings müsste die Fassade wieder einmal gestrichen werden. Der Wärmeschutz der rund 40 Jahre alten Immobilie genügt den heutigen Ansprüchen nicht mehr. Der Eigentümer möchte aus finanziellen Gründen auf eine dickere Aussendämmung verzichten, weil Zusatzkosten am Dach (zu geringer Dachüberstand) und an den Fensterbänken verursacht würden.

Auch bei diesem Fall sind zwei Szenarien denkbar (siehe Tabelle). Auf den Wandquerschnitten sind der Alt- und der Neuzustand für Szenario 2 zu sehen. Durch den Einsatz von 5 cm Hochleistungsdämmputz auf der Innenseite verbessert sich der U-Wert der Aussenwand von ursprünglich 0,48 auf 0,26 W/(m2 K). Dies entspricht einer Verbesserung von 46 Prozent.

Auch hier werden die thermo-hygrischen Verhältnisse innenseitig auf der Backsteinoberfläche betrachtet. Die relative Luftfeuchtigkeit ist nach dem Umbau vor allem im Winter etwas höher. Sie beträgt neu 65 bis 74 Prozent. Im alten Zustand lagen die Werte im Winter bei 37 bis 50 Prozent.

Der Grund: Durch das zusätzliche Aufbringen des 5 cm dicken Hochleistungsdämmputzes auf der Innenseite gelangt in der Wintersaison weniger Wärme vom Raum in die Konstruktion. Dadurch steigt die relative Luftfeuchtigkeit etwas an. Dies ist generell so, wenn von innen gedämmt wird – unabhängig vom Dämmstoff.

Grosses Energiesparpotenzial

Der U-Wert verringert sich durch die 5 cm um 46 Prozent, was eine deutliche Energieeinsparung zur Folge hat. Der durch die Dämmung entstehende Raumverlust ist durch die zusätzlichen 3,5 cm (5 cm Dämmputz minus 1,5 cm Altputz) klein. Die Temperaturen auf der inneren Backsteinoberfläche werden im Verhältnis zum Altzustand um 5 bis 8 °C niedriger. Trotzdem bleibt die ganze Wand insgesamt auf einem hohen, unkritischen Temperaturniveau, weil die alte Aussendämmung bestehen bleibt. Vorteilhaft ist darüber hinaus, dass sich durch die zusätzliche Innendämmung die Räume schneller aufheizen lassen.

Der mineralische und diffusionsoffene Aerogel-Hochleistungsdämmputz-Systemaufbau sorgt ausserdem dafür, dass Feuchtigkeit, die von aussen her in das Mauerwerk eindringt, auch zur Raumseite hin austrocknen kann. Durch diesen Umstand verringert sich das Risiko von Bauschäden.

Zum Autor

Thomas Stahl (TS) ist Bauphysiker und war seitens der Empa Hauptentwickler des Fixit-222-Aerogel-Hochleistungsdämmputzes. Seit 2014 ist er in Forschung und Entwicklung der Fixit-Gruppe tätig. Dieser Beitrag ist bereits in der Fachzeitschrift «Applica» des Schweizerischen Maler- und Gipserunternehmer-Verbands erschienen.

Ein Pokal für den Dämmstoff

Der Fixit-222-Aerogel-Hochleistungsdämmputz wurde von der Fixit AG im zugerischen Baar zusammen mit der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt (Empa) im zürcherischen Dübendorf entwickelt. 2014 gewannen Fixit und Empa mit dem Produkt den Schweizer Umweltpreis der Stiftung Pro Aqua  – Pro Vita in der Kategorie Innovation. Die Kombination von Aussen- und Innendämmung ist ein sehr innovativer, doch bisher viel zu wenig beachteter Ansatz der Gebäudedämmung.

Der Hochleistungsdämmputz ermöglicht dabei durch sehr gut dämmende und hoch wasserdampfdurchlässige Eigenschaften völlig neue und höchst effektive Lösungen. Dies beweisen die thermo-hygrischen Simulationen, die für diesen Beitrag neben den Temperaturmessungen durchgeführt worden sind.

www.umweltpreis.ch
www.fixit.ch/aerogel

sz, ts

Veröffentlichung: 18. Januar 2018 / Ausgabe 3/2018

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