Kollegiale Hilfe bei schweren Lasten

Die Arbeit an der Hobelmaschine gehört für Corina Odermatt zum Arbeitsalltag. Bild: Stuber Team AG

Kampagne.  Corina Odermatt arbeitet als Bankschreinerin bei der Stuber Team AG in Rotkreuz ZG. Im Interview sagt sie, wo sie als Frau in diesem Beruf benachteiligt sei: beim Heben von schweren Lasten. «Doch die Kollegen sind bereit zu helfen, wenn ich etwas nicht schaffe.»

Corina Odermatt, wann wussten Sie, dass Sie Schreinerin werden wollen? Und was gab den Ausschlag?
Corina Odermatt: Ich habe mit 25 Jahren eine Zweitausbildung gemacht. Zuerst hatte ich die Wirtschaftsmittelschule in Zug abgeschlossen und eine Zeit lang in verschiedenen Büros gearbeitet. Dies gefiel mir aber nie richtig, und ich wusste, dass ich noch etwas anderes machen muss, weil ich am Ende des Tages ein handfestes Ergebnis meiner Arbeit sehen wollte. Nachdem ich in der Oberstufe in einer Schreinerei schnuppern war, ging mir der Beruf der Schreinerin nie mehr aus dem Kopf. Ein Freund riet mir dann zu einem Praktikum in einer Schreinerei, wo ich nun immer noch arbeite.
In welchen Berufen, ausser der Schreinerin, haben Sie noch geschnuppert?
Ich schnupperte als Hochbauzeichnerin, Drogistin, Grafikerin, Innendekorateurin, Schrift- und Reklamegestalterin und in einer Tierhandlung.
Sie sind als Bankschreinerin tätig. Was beinhaltet diese Tätigkeit in Ihrem Fall?
In meinem Betrieb sind wir die Schnittstelle zwischen Maschinenraum und Montage. Wir bekommen die meist fertig gefrästen Teile vom Maschinenraum und bereiten sie für die Montage vor. Dazu kann die Vor- bereitung der Fronten für die Lackierung gehören, das Fertig-Zusammenschrauben der Küchenelemente und das Palettisieren zum Schluss. Wir sind verantwortlich, dass alles auf den Bau mitgeht, was der Monteur für eine reibungslose Montage benötigt. Wir arbeiten aber auch mit Furnier, das heisst, wir schneiden Furnier zu, furnieren die Werkstücke und machen sie bereit für die Oberflächenbehandlung. Daneben arbeiten wir auch mit Massivholz, beispielsweise bei Tischen oder bei einer Barabdeckung. Aus einem rohen Brett rüsten wir die Friese und verleimen sie. Hier spielt der Kundenwunsch eine grosse Rolle, ob der Tisch schlicht sein soll oder wild – oder sogar mit Ästen versehen. Darauf müssen wir bereits beim Auswählen des rohen Brettes achten.
Was kann der Werkstoff Holz, was andere Werkstoffe nicht können?
Er verleiht in jeder Form und in jedem Raum ein Gefühl von Wärme und wirkt «heimelig». Es gibt so viele verschiedene Hölzer. Ich denke, da ist für jeden Geschmack etwas dabei. Man kann einen Tisch sehr schlicht halten, kann ihn mit Beize sogar farblich noch verändern, man kann aber auch ein absolut rustikales Unikat mit Ästen herstellen. Ohnehin ist eigentlich jedes Stück ein Unikat, Holz lebt, und kein Baum ist genau gleich wie der andere. Gibt es ein schöneres Material?
Begleitet Sie Holz auch in Ihrer Freizeit?
Ja, schon. Ich mache auch gerne Sachen für mich, kürzlich habe ich mir ein neues Bett gebaut. Ausserdem bin ich mittlerweile auch Anlaufstelle für einige Freunde, wenn sie Hilfe brauchen bei eigenen Projekten. Da entwickelt man schon einen grossen Berufsstolz.
Welches Werkstück hat Ihnen in Ihrer Karriere bis jetzt am meisten Freude bereitet?
Ich durfte bereits so viele tolle Sachen machen. Da kommt mir zum Beispiel ein Barwinkel in den Sinn. Den durfte ich mit einem Nussbaumbrett herstellen, das ich nicht besäumte, das heisst, dass die natürliche Form des Baumes noch zu erkennen war. Aber ganz speziell in Erinnerung geblieben ist mir eine Vitrine für Modelleisenbahnen. Da ich da noch in der Lehre war, durfte ich gleich auch mit zum Montieren. Die Arbeit hat mir grosse Freude bereitet. Und so ging es auch der Kundin. Ein Jahr später, an einem Firmenanlass, kam sie zu mir und erzählte, wie viel Freude ihr die Vitrine noch heute mache. Solche Augenblicke sind schon sehr wertvoll.
Welche speziellen Fähigkeiten sind im Schreinerberuf gefragt?
Man muss genau arbeiten können, ein Auge fürs Detail und einfach Freude am Rohstoff Holz haben. Vieles davon kann man in der Ausbildung lernen und trainieren.
Haben Sie als Frau in Ihrem Beruf Nachteile?
Ich denke, der einzig offensichtliche Nachteil ist die Kraft. Ich kann schlicht und einfach nicht so viel heben wie meine männlichen Kollegen. In meinem Betrieb ist dies aber überhaupt kein Thema. Jeder ist bereit, mir zu helfen, wenn ich einmal etwas nicht alleine schaffe. Es kommt auch nie ein dummer Spruch. Dafür bin ich meinen Arbeitskollegen sehr dankbar.
Was bedeutet Ihnen Schweizer Holz?
Das Gute liegt so nah. Klar gibt es auch wunderschönes Holz aus tropischen Gegenden, aber das verarbeite ich immer mit etwas gemischten Gefühlen. Warum Tropenholz verwenden, wenn wir in der Schweiz so viel wunderschönes Holz haben?

Social-Media-Kampagne

Die Branchenorganisation Lignum Holzwirtschaft Zentralschweiz (LHZ) hat mit einer Social-Media-Kampagne Frauen in der Holzbranche sichtbar gemacht. LHZ-Mitarbeiterin Fabienne Wey stellte mit Interviews spannende Frauen in den Mittelpunkt, die als Schreinerinnen, Försterinnen oder Sägerinnen arbeiten. Die Schreinerzeitung veröffentlicht ausgewählte Inhalte aus der Kampagne.

www.lignum-zentral.ch

Zur Person

Corina Odermatt hat mit 25 Jahren eine Zweitausbildung zur Schreinerin gemacht. Zuvor hatte sie mehrere Jahre in verschiedenen Büros gearbeitet, war aber nie so richtig glücklich geworden damit. Bei der Stuber Team AG in Rotkreuz ZG hat sie ihr Glück gefunden. Sie geniesst die Arbeit mit dem Werkstoff Holz und freut sich, wenn sie am Abend sehen kann, was sie während des Tages geleistet hat.

www.stuberteam.ch

Fabienne Wey, SZ, SZ

Veröffentlichung: 26. August 2021 / Ausgabe 35/2021

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