Kunde auf der virtuellen Runde

Bild: Element-Küchen AG

Verkauf.  Die Wunschküche des Kunden entsteht heute im Kopf, auf dem Papier und im Internet. Verschiedene Konfiguratoren und Online-Shops helfen bei der Kaufentscheidung. Die SchreinerZeitung hat sich bei vier Schweizer Unternehmen durchgeklickt – und nachgefragt.

Klar, das Internet ist für den Schreiner Fluch und Segen zugleich. Seit 1990 auch die kommerzielle Welt auf die Datenautobahn eingebogen ist, sind Produkte und Preise viel leichter vergleichbar. Der Massivholztisch des Schreiners ist plötzlich in ganz ähnlicher Ausführung auf dem Netz zu finden; und das zum halben Preis.

Wer kauft im Internet?

Ganz ähnlich läuft es seither im Küchensektor. Schöne, farbige und wirklichkeitsnahe Bilder von Küchenräumen, mit Dekormaterial übersät, locken den Kunden zum Kauf via Internet. Doch der Erfolg ist mit solchen Angeboten nicht garantiert. «In Deutschland, wo nicht nur Hauseigentümer, sondern mehrheitlich auch Neumieter für die ganze Küchenausstattung verantwortlich sind, mag das System funktionieren», erklärt Marcel Halbheer, Produktmanager bei Element-Küchen AG, Tochterfirma von Sanitas Troesch. «Der durchschnittliche Schweizer Kunde aber will mehr als eine Fertigküche aus dem Internet. Er möchte beraten und unterstützt werden.» Da die Element-Küchen AG mit dem Endkunden nur via regionale Schreinereien in Kontakt tritt, sind Fachsupport und Kundenbetreuung gewährleistet.

Planungstool – auch für den Schreiner

Im Internet ist aber auch die Element-Küchen AG, die jährlich um die 1700 Küchen vermittelt und mit über 800 Schreinern zusammenarbeitet, präsent. «Mit dem virtuellen Küchenplaner, der in wenigen Wochen den aktuellen Bedürfnissen angepasst wird, sind wir schon seit 2009 auf dem Markt», berichtet Marcel Halbheer. «Hier holen wir nicht nur die Grundbedürfnisse wie Raummasse, Stil und Kontakt der Endkunden ab. Der Küchenplaner wird auch von unseren Schreinern zur Eingabe der wichtigsten Eckdaten und zur 3D-Visualisierung benutzt.» Die Datenübernahme und Weiterverarbeitung verläuft durchgängig, von der Planung bis zu den ausgelieferten Küchenelementen. Einen weiteren Schritt in der

Digitalisierung geht die Element-Küchen AG mit der neusten Projektvisualisierung in 3D. Ist die Küche vom Schreiner und der Element-Küchen AG fertig geplant, bekommt der Kunde einen Link zu seiner neuen Küche zugeschickt. Mittels spezieller 3D-Brille wird ihm nun das Erlebnis ermöglicht, sich von seiner neuen Küche ein 360-Grad-Bild zu machen – in bester Qualität, in allen Details und verblüffend realistisch. Ein weiteres Hilfsmittel steht dem Element-Küchen-Kunden mit den virtuellen Showräumen zur Verfügung. Alle Ausstellungen an den zehn Standorten des Unternehmens können – mit Zusatzinformationen versehen – virtuell besichtigt und erkundet werden.

Detailplanung durch den Kunden

Die Kinova Küchen GmbH aus dem bernischen Worblaufen betreibt seit vier Jahren ihren einfach bedienbaren und professionellen digitalen Küchenplaner. Wie bei praktisch allen Planungstools können damit vom Grundriss, über Türen und Fenster bis zu den Küchengeräten und Schränken sämtliche Elemente ausgewählt, materialisiert und farblich gestaltet werden. Via Internet entstehen so weit entwickelte Küchen, bereits mit allen Spezifikationen versehen. «Im direkten Kontakt mit dem Kunden optimieren wir das Projekt und offerieren dieses dann sehr zeitnah», erklärt Kinova-Inhaber Marc Herren. Dabei wählt der Kunde aus zwei verschiedenen Preis- und Qualitätssegmenten aus. Die Produktion der etwas gehobeneren Ausführung erfolgt in der Schweiz, die günstigere Variante wird in Deutschland hergestellt. Dies ist im Übrigen auch beim System der Element-Küchen AG der Fall.

Keine Konkurrenz zum Schreiner

Betont wird bei Kinova: «Wir punkten beim Kunden mit unserer raschen Reaktionszeit und mit den schlanken Strukturen.» Tatsächlich besteht das Unternehmen aus lediglich drei Personen und aus Freelancern für den punktuellen Einsatz als Montageverstärkung. Die Firma setzt voll auf die Karte Internet, was sich bisher bestens bewährt hat. «Wir sind deshalb faktisch keine Konkurenz für den Schreiner. Zudem führen wir weder Tische noch Stühle oder Möbel in unserem Sortiment», betont Marc Herren, der sein online-basiertes Planertool mit Shop 2014 als erster Schweizer Küchenanbieter lanciert hat.

Das Internet dient übrigens nach Abschluss des Auftrags auch als Bewertungskanal. Jeder Kunde kann die Leistung mittels Login-Code bei Trusdet Shops, dem führenden Gütesiegel für Online-Shops, bewerten.

Konsequente Preistransparenz

Den völlig transparenten Weg hat Rolf Märki mit seiner Märki AG Innenausbau im aargauischen Gränichen eingeschlagen. Als einer der wenigen Schweizer Schreiner betreibt er seit einigen Monaten einen Online-Küchenshop. «Wir möchten damit ein Zeichen setzen und diesen Markt nicht kampflos den Billiganbietern aus dem Ausland überlassen», erklärt Märki. Um preislich konkurrenzfähig zu sein, hat er für dieses Online-Projekt eine Partnerschaft mit einem deutschen Küchenproduzenten aufgebaut. Auch im virtuellen Küchen-Shop von Märki ist Transparenz angesagt. Die Basis bilden vier verschiedene Küchentypen. Pro Typ stehen wiederum verschiedene fix definierte Vorschläge zur Auswahl. Jeweils ein Vorschlag ist in Sachen Fronten, Griffe, Arbeitsplatten und Geräte frei konfigurierbar. Im Gegensatz zu anderen Systemen weiss hier der Kunde laufend, was die aktuell dargestellte Küchenversion kostet. Drei Möglichkeiten mit Preisabstufung stehen dem Kunden auch bezüglich Lieferung und Montage offen. «Bei der Selbstmontage kann der Kunde die Küchenelemente abholen oder auf die Baustelle liefern lassen», führt Rolf Märki aus. «Und wenn Support gefragt ist, dann stehen unsere Fachleute für telefonische Beratungen, Informationen und die Montage parat.»

Mit neuer Firma mehr Online-Präsenz

Dem System des Online-Küchenverkaufs hat sich auch die bekannte Küchenbauerin Hans Eisenring AG angenommen. Mit der zusätzlichen Firma Merx AG, Küchen &  Geräte, ist das Traditionsunternehmen im dritten Quartal 2016 online gegangen. «Das Online-Angebot hat sich bewährt», zieht Manuel Marzorati, Geschäftsführer der Merx AG, eine positive Bilanz. «Auch wenn viele Privatkunden vor der definitiven Bestellung noch in unserem Store in Volketswil ZH vorbeikommen, um die ausgewählten Materialien anzuschauen.»

Gerätewahl mit persönlicher Beratung

Der Preiskonfigurator auf der Website von Merx basiert grundlegend auf drei Küchenformen und jeweils drei Preisvarianten: für das kleine, das mittlere und das grosse Budget. Die Farbgebung kann ebenfalls pro Typ bestimmt werden. Einzig die Gerätewahl ist nicht bei allen Küchentypen im Online-Konfigurator möglich. «Diese Funktion war ursprünglich auch Teil des Preisrechners bei allen Typen. Unsere Erfahrung zeigte aber, dass der Konsument beim Zusammenstellen seiner Küche oftmals noch keine genauen Vorstellungen der Geräte hat», sagt Marzorati. «Deshalb findet die Geräteauswahl nun grösstenteils nach Übermittlung des Küchenwunsches mit Beratung telefonisch oder per Videochat statt.» Erst dann erfolgt bei Merx eine verbindliche Offertstellung.

Dem Nutzer angepasst

Genutzt wird das Online-Tool von einem leicht älteren Segment als ursprünglich erwartet. «Wir haben deshalb einige Learnings aus dem operativen Geschäft der Merx AG gezogen und entsprechend Optimierungen vorgenommen», erklärt Manuel Marzorati. Das Kundensegment, das mit Merx angesprochen werde, sei aber grundsätzlich nach wie vor dasselbe: preisaffine Personen, die das Internet als praktische und zeitsparende Alternative zum regulären Einkaufen anschauen und zuvor den Einkauf in benachbarten Ländern aufgrund der vermeintlichen Preisvorteile bevorzugt haben.

Die Merx AG hat sich nicht nur auf das breite Online-Angebot an Küchen beschränkt. Ein Online-Shop für Haushaltgrossgeräte steht dem Kunden ebenfalls zur Verfügung. «Die Synergien sind äusserst positiv und ermöglichen das Cross-Selling innerhalb der Firma», erläutert Manuel Marzorati. «Die Geräte im Shop werden über Schweizer Vertriebskanäle bezogen. Die Küchen stammen von einem bekannten und leistungsfähigen Lieferanten aus Deutschland.»

Virtueller Blick in die Küchenzukunft

Die vier Beispiele zeigen eindrücklich, dass Kunden, Hersteller und Händler früher oder später online in der Küchenzukunft landen. «Dieser Bereich wird sich noch weiterentwickeln», ist Marcel Halbheer von Element Küchen überzeugt. «Eine immer stärkere und individuelle Verbindung des Kundentypen mit den virtuellen Küchenvorschlägen sowie das interaktive Erlebnis stehen hier im Mittelpunkt.» Das Schreinerhandwerk aber, da sind sich alle Küchenspezialisten einig, hat auch in der Küchenzukunft seinen festen Platz; insbesondere dort, wo Exklusivität, Individualität und Kundennähe gefragt sind.

www.elementkuechen.chwww.kinova.chwww.maerki-onlineshop.chwww.merx.ch

pet

Veröffentlichung: 26. April 2018 / Ausgabe 17/2018

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