Mit Holz das Fieber senken

Wenig Technik: Die Lüftung im Neubau des Landwirtschaft-lichen Zentrums in Salez SG folgt dem Prinzip eines Kamins. Bild: Seraina Wirz

Bauen im Klimawandel.  Auch beim klimagerechten Bauen steckt der Teufel oft im Detail. Etwa beim sommerlichen Hitzeschutz. Diese und viele weitere Erkenntnisse konnten über 400 Zuhörerinnen und Zuhörer beim virtuellen Holzbautag Biel vergangene Woche mitnehmen.

Der Planet erwärmt sich, das ist kein Gerücht. «Der Klimawandel ist eindeutig und weltweit messbar», sagte Reto Knutti, Klimaforscher von der ETH Zürich. Nachweisbar ist auch, dass der Mensch der dominante Faktor beim Klimawandel ist. Dies zeige der steile Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre seit dem Beginn des industriellen Zeitalters. Und die Bauwirtschaft trifft eine grosse Mitschuld. Denn Konsens ist auch: Allein die Zementindustrie ist für rund acht Prozent der globalen Emissionen von Treibhausgasen verantwortlich. Die Verwendung von Holz statt Beton wäre also eine wirkungsvolle Massnahme.

Genau diesem Aspekt hat sich der Holzbautag vom vergangenen Donnerstag verschrieben: «Klimagerecht bauen mit Holz – die Antwort auf +2 °C». Über 400 Teilnehmende haben den Vorträgen gelauscht und ihre Fragen eingebracht. Deutlich wurde auch, dass nicht nur die Baubranche, sondern auch der Holzbau viele Prozesse überdenken muss. «Wir müssen ganz vorne anfangen», sagte Frédéric Pichelin, Institutsleiter Werkstoffe und Holztechnologie der Berner Fachhochschule (BFH), die den Holzbautag zum 14. Mal durchführte. Die Verarbeitungstechnologien würden sich stetig entwickeln, während die Holzwerkstoffe kaum eine Ent- wicklung erfahren hätten.

Nachteile von Holz beseitigen

Mit der Reduktion des CO2-Ausstosses kann die Klimaerwärmung gebremst werden. Doch auch der Umgang mit der bereits spürbaren Erwärmung beschäftigt die Baubranche. Dabei geht es hauptsächlich um den sommerlichen Hitzeschutz, wo der Holzbau nach wie vor mit einem unvorteilhaften Ruf zu kämpfen hat. Der Grund: In leichter Bauweise erstellte Gebäude haben eine schlechtere Wärmespeicherfähigkeit. Die Innenräume erhitzen sich schneller und stärker als bei massiv konstruierten Gebäuden. «Doch leichtere Bauten haben auch einen Vorteil», sagte Manuel Spadarotto, Bauphysiker beim Holzbauunternehmen Pirmin Jung. Und zwar diesen: Sie kühlen in der Nacht schneller und besser aus.

Wie es gehen kann, zeigte der Architekt Andy Senn am Beispiel des Landwirtschaftlichen Zentrums in Salez SG. Der reine Holzbau kommt mit wenig Technik aus. Das nachhaltige Bauen sei Anspruch und eine technikarme Realisierung der Wunsch der Bauherrschaft gewesen. Für die Belüftung kommt ein Prinzip aus dem landwirtschaftlichen Stallbau zur Anwendung. Die seitliche Luftzufuhr des Gebäudes über die händisch zu bedienenden Fenster bildet zusammen mit der Öffnung am höchsten Punkt des Gebäudes das Kernstück des Belüftungskonzeptes. Die so erzeugte Kaminwirkung der Luftzirkulation funktioniere gut und ohne aufwendige Technik. Weniger Raumtechnik bedinge aber auch ein Mehr an Nutzerverantwortung. Die Fenster müssen von Hand geöffnet und geschlossen werden. «Für Gebäude mit wenig Technik braucht es zuerst einen Bauträger, der bereit ist, diesen Weg zu gehen. Es ist ja nicht so, dass Low-Tech günstiger ist und viel besser funktioniert. Es ist genauso teuer und verlangt den Nutzern einiges ab», erklärte Senn. Nach seiner Einschätzung ist aber die Zufriedenheit der Menschen in weniger technisierten Gebäuden höher als in hochtechnisierten Bauten.

www.bfh.ch/ahb

ch/mf

Veröffentlichung: 03. Juni 2021 / Ausgabe 23/2021

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