Möbeln den Stempel aufdrücken

Beschriftete Möbel, wie hier mit einem Brandstempel ausgeführt, zeugen von Wert und Individualität. Bild: Michi Läuchli

Markenbildung.  Eine Schreinerei, die eine neue Marke bilden möchte, sollte einige wichtige Schritte beachten, um erfolgreich zu sein. Zwei Beispiele aus der Praxis und das Gespräch mit einem Experten zeigen auf, wie es funktionieren kann.

Früher konnte sich ein Hersteller gut über die Qualität und sein Produkt abgrenzen, durch die zunehmende Digitalisierung und Professionalisierung in allen Wirtschaftsbereichen wird eine Abgrenzung über das Produkt zunehmend schwieriger, weil die Qualität für den Kunden einfach vorausgesetzt wird. «Kunden setzen ein korrektes Preis-Leistungs-Verhältnis voraus», sagt Patric Schönberg, Betriebswirtschafter und Mitinhaber der Firma UP. Communications in Bern (siehe auch Kasten Seite 10). «Als Produzent kann ich mich über meine Marke differenzieren. Diese erzählt meine ganz individuelle Geschichte rund ums Produkt. Der Markenkern ist also das, was die Daseinsberechtigung im Markt überhaupt legitimiert», erklärt Schönberg. «Ganz wichtig dabei: Ehrlichkeit ist oberstes Gebot. Man kann den Markt nicht täuschen und beispielsweise sagen, dass mein Produkt rund ist, die Möbel schliesslich eckig sind.» Es gelte, glaubwürdig zu sein. Die Markenstrategie müsse man nicht wortwörtlich nach aussen tragen, sie müsse einfach spürbar sein. Um die Marke erlebbar und bekannter zu machen, gibt es verschiedene Handlungsfelder. Wie Tobias Zimmermann, Mitinhaber der Firma UP. Communications und gelernter Möbelschreiner, sagt, seien dazu vier Elemente notwendig:

  • digitaler Touchpoint: Die Markenbotschaft muss auf der digitalen Schiene erlebbar sein.
  • physischer Touchpoint: Das Produkt muss auf der Verkaufsfläche auch dort stehen, wo es hinpasst.
  • Haptik und Erscheinung: Der Markenkern, welcher das Produkt transportiert, muss direkt am Produkt spür- und erlebbar sein.
  • eigene Mitarbeitende: Sie müssen die Markengeschichte ihrer Produkte kennen, damit sie diese auch draussen erzählen und verkaufen können.

Damit die Geschichte hinter der Marke als Kompass fürs Marketing dienen kann, braucht es ebenfalls vier Bestandteile. Die Marken-DNA ist in einem Satz zusammengefasster, rationaler und emotionaler Zweck der Marke. Der Stil und die Tonalität der Marke zeigt, ob sie beispielsweise dominant oder zurückhaltend, eher frisch oder klassisch ist. Bei der Wertvermittlung geht es darum, welche Werte nach aussen getragen werden. Sollen zum Beispiel Dynamik, Jugendlichkeit und Progressivität oder eher Verlässlichkeit, Tradition und Handwerkskunst weitergegeben werden? Die unterschiedlichen Eigenschaften müssen gut überlegt sein und zur Firma passen. Die Gefühlsvermittlung sagt Bescheid darüber, wie der Kunde die Firma in einem Satz beschreibt.

Für das Bekanntmachen einer Marke gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, wie Schönberg sagt: «Von Social-Media-Kampagnen über Flyer oder Präsenz in Warenhäusern, da muss man sich überlegen, was zum eigenen Preissegment, zur Zielgruppe und schliesslich zu meiner Marke passt.» Wichtig sei ein gut abgestimmter Mix. Grundsätzlich lasse sich nicht sagen, was die beste Form sei. «Aber man kann sich überlegen, wem soll das Produkt verkauft werden, wo sind die Leute medial unterwegs und wo könnte mein Produkt funktionieren.»

Brennen für Schweizer Holz

Mutig sein und von dem überzeugt sein, was man macht. Beides sind die Schreiner und Jungunternehmer David Lunt und Lorenz Hahne. Als die zwei noch beim damaligen Arbeitgeber an einem Samstag für sich am Arbeiten waren, entstand die Idee einer Zusammenarbeit. Aus dem Traum sollte am 1. Januar 2021 Wirklichkeit werden: Dann zogen Lunt und Hahne nämlich in die erste eigene Werkstatt in Zug. Unter dem Namen «Luha.Wood» begannen sie mit der Produktion von Tischen. Der Name setzt sich aus den beiden Anfangsbuchstaben ihrer Nachnamen zusammen. Rund anderthalb Jahre später wurde die Luha.Wood GmbH offiziell eingetragen.

Ein weiterer Meilenstein gelang ihnen, als sie sich im April 2023 beim Zuger Jungunternehmerpreis gegen sieben Jungunternehmer durchsetzen konnten. Mit ihrem Produkt und dem Konzept schafften sie es, das Publikum und die Fachjury zu überzeugen. «Wir hatten von Anfang an ein klares Konzept, wie wir es machen wollten. Einerseits die inhaltliche Ausrichtung, dass wir nur Schweizer Holz verarbeiten und nur regionale Partner unterstützen wollen. Andererseits auch der Auftritt, was bei den Fahrzeugen anfängt, diese sind alle schwarz.»

Ausserdem hätten sie das Glück gehabt, einen Studenten kennenzulernen, der für sie die ganzen Illustrationen und die Homepage machte. Mit ihm haben sie auch eine Corporate Identity entwickelt und die Farben bestimmt. «Durch den Sieg wurden viele auf uns aufmerksam, was uns sehr half, den Namen bekannt und sichtbar zu machen», sagt Lorenz Hahne.

Wie wichtig der Wiederkennungswert ist, zeigte ein Erlebnis von David Lunt: «Obwohl ich bei der Präsentation des Preises nicht dabei sein konnte und man mich nicht kannte, erkannte jemand unser Logo auf meinem Shirt während des Einkaufens wieder und sprach mich deswegen an.» Und darum gehe es ja, dass man einen Wiedererkennungswert habe. «Das Ziel ist es, dass unser Brand und das Logo bei den Leuten Emotionen weckt, dass man es speichert und mit etwas Schönem verbindet.»

Mittlerweile ist die Firma nach Zürich-Wollishofen umgezogen. Dort konnten die beiden eine ehemalige Schreinerei übernehmen und diese auf ihre Bedürfnisse einrichten. Auch da zeigt sich ein klares Konzept: So wurden fast alle Maschinen in derselben Farbe lackiert oder neu bestellt.

Mit Stolz beschriftet

Lunt und Hahne sind sich bewusst, dass es viele gute Schreinereien gibt, sie stellen sich aber auch die Frage, weshalb diese ihre Produkte nicht beschriften. «Wenn wir etwas machen, soll es auch hochwertig sein. Wir wollen zu 100 Prozent dahinter stehen können, weshalb wir unsere Tische auch mit Stolz beschriften», sagt Hahne. Die Beschriftung machen sie mit einem Brandstempel, der je nach Kundenwunsch respektive Blattdicke als Schriftzug oder als grafisches Element auf der Stirnseite des Tischblattes eingebrannt wird. Stirnholz eignet sich am besten dafür, weil es schärfer verbrennt und die Konturen nach dem Schleifen besser zu sehen sind. «Es gibt auch Kunden, die wollen keinen Stempel, was auch vollkommen okay ist. Wir sagen dann halt einfach mit einem Augenzwinkern, wenn er nicht drauf ist, ist er in fünf oder zehn Jahren nur noch halb so viel wert», sagt Hahne schmunzelnd. «Die Beschriftung ist einerseits ein Qualitätssignet, andererseits auch Marketing. Am Tisch kommt man zusammen, schaut automatisch auf das Logo, und schon ist man im Gespräch», sagt Lunt.

Für jeden Tisch ein neuer Baum

Nachhaltigkeit wird bei Luha.Wood sinnvoll umgesetzt. Beispielsweise wird für jeden verkauften Tisch in Zusammenarbeit mit Almighty Tree ein neuer Baum in der Schweiz gepflanzt. «Es ist nicht so, dass wir einfach einen Betrag überweisen, sondern wir gehen dann wirklich in den Wald und pflanzen die Bäume selbst, was auch jedes Mal eine tolle Erfahrung ist. Natürlich dürfen auch unsere Kunden selbst mitkommen», sagt Hahne. Mittels Plakette mit dem darauf befindlichen QR-Code, welche auf der Unterseite des Tisches eingelassen wird, kann der Standort des gepflanzten Baumes gefunden werden.

Die Schreinerei verzichtet zudem konsequent auf PET-Flaschen oder Verpackungsmaterial aus Kunststoff. Sie setzt auch stark auf Digitalisierung. Offerten, Pläne oder Rechnungen werden statt in Papierform nur digital versendet. Weiteres Ziel von Luha.Wood ist es, komplett auf E-Mobilität sowie eigene PV-Anlagen umsteigen zu können.

luhawood.ch

 

Werte mit Plakette zeigen

Anfang 2019 taten sich Michael Leutenegger und Cédric Grimm zusammen, um ihre gemeinsame Leidenschaft für das Handwerk und das Schaffen von Möbelstücken ausleben zu können. Noch im Herbst des gleichen Jahres erfolgte die offizielle Geschäftseröffnung. Nach einigen Monaten, die man zur Herstellung erster Ausstellungsstücke, dem Umbau der Werkstatt, Unternehmens-aufbau sowie Einrichten der Homepage nutzte, wagten die beiden im Frühling 2020 den Markteintritt mit einer Tischkollektion unter dem Namen «Leikwood». Der Name sei ein Wortspiel und habe eine vielschichtige Bedeutung, wie Cédric Grimm, Inhaber und Geschäftsführer, erklärt. «Leik» töne je nach Aussprache wie auf Englisch «lake». Dann stehe der Name für «Holz am See». Gleichzeitig sei «leik» auch Isländisch für «Spiel». «So kann man auch sagen ‹Spiel mit dem Holz› als Anspielung für unsere kreative Möbelgestaltung.» Und schliesslich bedeute «Leikwood» englisch ausgesprochen, dass man Holz möge.

Kein Möbel ohne Plakette

Die Leikwood GmbH besteht aus zwei Sparten: einerseits die Schreinerei, welche sich auf den Innenausbau konzentriert, andererseits die Manufaktur, wo Massivholzmöbel wie beispielsweise Tische aus Altholz oder mit Epoxidharz individuell hergestellt werden. Sämtliche Tische werden mit einer Edelstahlplakette an der Stirnseite und einer Messingplakette beschriftet. Die Messingplakette wird mit einer Produktionsnummer und dem Produktionsjahr versehen und an der Unterseite montiert. «Diesbezüglich gibt es auch keine Diskussionen, da bin ich strikt. Wir verkaufen keine Möbel ohne Plaketten», sagt Grimm. Schliesslich mache es auch keinen Sinn, da man ja auch stolz darauf sei, was man mache. «So kann man später mit Freude sagen, dass man einen der ersten Tische besitzt», so Grimm. Die eingefräste Plakette sei ein guter Markenschutz und bringe die gewährte Garantie von zehn Jahren gut zum Ausdruck. Von seinem Konzept und Team ist Grimm überzeugt: «Wir greifen Trends schnell auf, wo grössere Firmen träge sind. Aus Überzeugung bauen wir für Generationen in hoher Qualität, zudem sind wir sehr flexibel und gehen individuell auf die Kunden ein. Ausserdem setzen wir uns aus Überzeugung für den Umweltschutz, die Nachhaltigkeit und gegen soziale Missstände ein.»

leikwood.ch

Up. communications

Markenexperten mit Holz im Hintergrund

Im Oktober 2023 gründeten Tobias Zimmermann (Bild oben), gelernter Möbelschreiner EFZ und dipl. Holztechniker HF, mit Patric Schönberg (unten), BWL-Master-Absolvent der Universität Bern, die Agentur UP. Communications, mit dem Ziel, Marken und Organisationen im Raum Bern durch strategische Markenkommunikation und prägende Markenerlebnisse nachhaltiges Wachstum zu ermöglichen.

Die Agentur spezialisiert sich auf die langfristige Entwicklung von Marken und folgt einem Ansatz, der auf Verstehen, Entwickeln und Umsetzen basiert. Sie betonen die Bedeutung eines zentralen Ansprechpartners für kleinere Unternehmen im Bereich der Markenentwicklung und -kommunikation und streben langfristiges Wachstum gemein- sam mit ihren Kunden an, wie ihr Motto «Because we grow, together» zeigt. Auch die BFH Biel hat erkannt, dass das Thema Marke in der Ausbildung vertieft behandelt werden muss. Passend dazu werden Zimmermann und Schönberg den Studierenden im Rahmen einer Praxisprojektwoche Einblicke in die Welt der Markenführung geben.

www.up-communications.ch

Michi Läuchli, ML

Veröffentlichung: 09. Mai 2024 / Ausgabe 19/2024

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