Musik aus der Wand

Jederzeit veränderbar: Korpusse können verschoben und mit neuen ergänzt werden. Bild: Trapa

Wandverkleidung.  Paneele zur Gestaltung von Wänden haben sich zu einem interessanten Betätigungsfeld entwickelt. Besonders solche stechen heraus, die nicht nur optisch ansprechend sind, sondern eine Funktion erfüllen – zum Beispiel als Klangkörper, Licht- oder Korpusträger.

Wandvertäfelungen sieht man wieder öfter. Die Produktpalette mit ungeheurer Vielfalt an Materialien und Strukturen ist schier unüberschaubar. Die meisten davon sehen vor allem gut aus. Die wenigsten haben darüber hinaus eine Funktion und einen weiteren praktischen Nutzen.

Das beliebteste Holzpaneel ist derzeit der Parkettboden, weshalb nicht wenige Hersteller sich damit beschäftigen, den Boden auch die Wände hinaufklettern zu lassen. Doch so manches Produkt der Parkettproduzenten für die Wand, präsentiert erst Anfang des Jahres, ist schon wieder eingestampft worden. «Ich sehe nicht, dass Parkett so einfach auch für die Gestaltung von Wänden eingesetzt werden kann. Es sind vielmehr zwei unterschiedliche Bereiche. Trotzdem ist die Verbindung von Boden und Wand, gestalterisch gesehen, natürlich äusserst spannend», weiss Ulrich Scheffold, General Manager beim italienischen Parketthersteller Listone Giordano.

Die Trennung der beiden Produktbereiche und doch eine gestalterische Gemeinsamkeit sieht auch Hermann Hörndler von der österreichischen Trapa GmbH: «Wir beschäftigen uns schon länger mit den Wandpaneelen als ergänzendes Gestaltungselement zu unseren Parkettböden. Ich sehe dabei aber die Wand weniger flächig belegt, sondern eher akzentuiert ausgeführt: entweder mit gleichem oder aber mit kontrastreichem Material zum Boden. Darüber hinaus sollte die Wandverkleidung einen zusätzlichen Nutzen bieten.»

Wenn Wand und Möbel eins werden

Dazu hat Trapa seine Parkettfriese modifiziert und montiert diese, mit einer Fuge versehen, an die Wand. Die im 45-Grad-Winkel ausgeführten Kanten der Paneele bilden das Aufnahmeprofil für wandhängende Korpusse und andere Elemente. Ein entsprechend abgewinkeltes Metallprofil, an der Rückwand der Elemente aufgeschraubt, dient zum einfachen Einhängen. Die Korpusse können einfach verschoben oder umgehängt werden. Dadurch kann die Wand immer wieder anders bestückt werden und der Raum erhält flexible Nutzungs- und Gestaltungsmöglichkeiten. Neben der Flexibilität für die Benutzer kann so auch viel Arbeit gespart werden. Sollen herkömmliche wandhängende Korpusse den Ort wechseln, braucht es den einen oder anderen Handwerker, bis die alten Löcher in der Wand verschwunden sind.

Der Wand und ihrer Verkleidung eine zusätzliche Funktion zu verleihen, scheint ein vielversprechender und gleichsam naheliegender Gedanke zu sein. Am Markt sind jedoch kaum Befestigungssysteme erhältlich, die so etwas mit individueller Planung und Gestaltung ermöglichen. Die offerierten Befestigungssysteme beschränken sich meist auf die Montagemodalitäten. Der Gedanke einer erweiterten Funktion scheint dabei eher unbeachtet. Zudem handelt es sich meist um Systeme, die dann bei der Materialisierung und Oberflächenausbildung nur eine kleine Auswahl bieten. Etwa aus dem Bereich Ladenbau, wo Funktionalitäten von Wandverkleidungen obligatorisch sind. Allerdings sind die dort eingesetzten Profile in aller Regel deutlich sichtbar und deshalb ästhetisch nicht unbedingt für Wohnräume geeignet.

Frei umsteckbare Lichtquellen

Auf der anderen Seite eröffnet dieser Umstand für schnelle und findige Anbieter den Raum dafür, ein eigenes Produkt anzubieten. Kein Wunder, arbeitet Hörndler intensiv an weiteren Nutzungen der Wandpaneelen – allen voran an der stromführenden Unterkonstruktion, damit neben Korpussen auch Lichtquellen einfach umgesteckt und beliebig platziert werden können. «Das ist ein wichtiges Thema für uns. Die Idee einer so völlig frei bestückbaren Wand ist unser Ziel», sagt Hörndler. Da Trapa vom Parkettboden herkommend arbeitet, ist der Schritt zum passenden Wandmöbel nicht weit.

Im Grunde bietet so manches Modell eines zeitgemässen Wohnraummöbels mit grossem, rückseitigem Paneel genau diese Funktionalitäten. Allerdings sind solche Wohnmöbel selten variabel nutzbar, sondern müssen, einmal konfiguriert, auch so belassen werden. Einsatzbereiche für Wandpaneele mit Zusatznutzen gäbe es indes genügend, nicht nur im Wohnraum oder in der Küche: etwa an Bürowänden, an denen schnell ein Whiteboard oder eine Tafel platziert ist und genauso schnell auch wieder verschwinden kann. Gerade im Büro, wo immer wieder auf neue Situationen reagiert werden muss, wäre die Flexibilität der Nutzung von Wandpaneelen auf gros-ser Fläche durchaus wertvoll.

Innenarchitektur würde variabel

Früh aufgegriffen, hat den Gedanken der funktionalen Wand auch Laurameroni. So hat der italienische Grenzgänger zwischen Möbeldesign und Innenarchitektur ein Wand-Montage-System mit Messingprofilen erdacht, das Schiebetüren, Wandverkleidung, Leuchten und wandhängende Möbel miteinander vereint. Die Krux dabei: Das Ganze muss einmal geplant und umgesetzt werden, es ist also nicht variabel. Die furnierten LED-Leuchten werden fix im Messingprofil platziert, und auch die Regalelemente können nicht so einfach umgehängt werden.

Auch Schiebetüren hat man bei Laurameroni schon bei mehreren Projekten in Paneelflächen integriert, sodass die Wand am Ende nicht durch die Türen gegliedert wird, sondern die Türen optisch ein Teil der Wandverkleidung sind. Diese durchaus gängige Verschmelzung von Türen und Wand stellt wohl den Klassiker von Wandverkleidungen mit Zusatznutzen dar, indem sie auch als Tasche dient.

Die Wand als Leuchte

Der niederländische Leuchtenhersteller Quasar hat sich die Wandverkleidung als Leuchte gedacht. Nicht aus Holz, sondern aus Kupferblechen mit verschiedenen Oberflächen-Behandlungen werden diese dabei auf horizontal an der Wand montierte Halteschienen aufgeklickt. Geschlossene und gebogene Bleche, die dann mit Leuchtmitteln versehen sind, können sich nach Belieben abwechseln oder gruppiert werden. So entsteht eine Leuchtwand, dekorativ und nutzbringend zugleich.

In der Schweiz werden die Produkte über die Agentur «Design Collection» vertrieben. Sollen die Leuchten umplatziert werden, braucht es jedoch den Fachmann. Die Bleche müssen vorsichtig von der Klickverbindung gelöst und die Verkabelung eventuell verlängert werden.

Die Wand als Klangkörper

Lange vor der Industrie hat der Schreiner Klaus Wangen gespaltenes Holz zu Wandpaneelen zusammengefügt. Diese waren vor allem eins: schön. Inzwischen hat die Familie der Holzobjekte musikalischen Zuwachs erhalten. Aus dünnem Fichten-Tonholz gespalten, sorgt die Wandverkleidung für Musikgenuss der besonderen Art. Denn bei der Entwicklung der Klangwand hat sich der Schreiner am Instrumentenbau orientiert. Körperschallwandler werden heute oft eingesetzt. Um aber ein Klangerlebnis erzeugen zu können, braucht es die Abstimmung der Technik mit der Fläche und dem Volumen des Körpers, der in Schwingung versetzt werden soll. «Je grösser die Abstrahlfläche des Körpers, desto gleichmässiger ist die Klangverteilung der Schallwellen im Raum», weiss Wangen. Das Ergebnis kann sich hören und sehen lassen. Der Klang ist warm und natürlich, ähnlich einem Musikinstrument.

www.listonegiordano.comwww.trapa.atwww.laurameroni.comwww.quasar.nlwww.design-collection.chwww.spaltart.de

ch

Veröffentlichung: 29. August 2019 / Ausgabe 35/2019

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