Plug & Play für das Handwerk

Wie bei einem ge-wöhnlichen BAZ hal-ten die Spannzangen der «UniLine» das Werkstück an Ort und Stelle. Bild: Biesse Schweiz GmbH

Produktion.  Mit kompakten Fensterbearbeitungszentren können heute auch kleinere Schreinereien effizient, vollautomatisch und somit konkurrenzfähig Fenster produzieren. Die SZ hat zwei Betriebe, die in eine derartige Maschine investiert haben, unter die Lupe genommen.

Moderne Fenster sind komplexe Bauteile, an die hohe Anforderungen gestellt werden. Manchmal erhält man den Eindruck, dass nur noch grosse, spezialisierte Betriebe sich dieser Herausforderung annehmen. Es gibt aber viele kleine und mittlere Hersteller, die nach wie vor selber Fenster produzieren – und das mit gutem Grund: Sie können bei kleineren Aufträgen dem Kunden ein Rundumpaket vom Fenster bis zum Einbauschrank bieten.

Fast fertig konfiguriert

Das haben auch die Maschinenhersteller erkannt, und so hat mittlerweile fast jeder ein kleines, verhältnismässig kompaktes Fensterbearbeitungszentrum (BAZ) im Angebot. Die Maschinen sind in ihrer Grundausstattung so konfiguriert, dass sie einfach aufgebaut und in kurzer Zeit in Betrieb genommen werden können. «Plug and Play» nennt man das in der Elektronikwelt, also einstecken und spielen oder in diesem Fall eben produzieren. Entsprechend kurz halten die meisten Hersteller ihre Zubehör- und Optionenliste. Hersteller wie Biesse liefern ihre «UniLine» sogar als Komplettpaket mit einem Werkzeugsatz und vordefinierten Programmen für ein bestimmtes Fenstersystem aus.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Allen Maschinen eigen ist, dass sie mit einer Be- und Entladestation ausgerüstet sind. Je nach Ausführung fasst diese etwa 15 bis 30 Teile, die automatisch aufgespannt und wieder abgestapelt werden. Sensoren vermessen dabei die Werkstücke: Entdeckt das System einen Fehler, wird dieses Teil abgestapelt und das nächste aufgespannt. So sind die Maschinen in der Lage, ein bis zwei Stunden autonom zu produzieren. In der Zwischenzeit kann der Maschinist die bereits fertig gefrästen und mit allen Beschlägebohrungen versehenen Teile verleimen. Je nach Fenstertyp und Maschine kann ein Mann etwa 10 bis 20 Fenster pro Schicht komplett fertig maschinieren.

Unterschiede gibt es beim Aufbau des Maschinenständers: Es gibt solche mit feststehenden Spannmitteln, bei denen sich das Portal oder der Ausleger in der X-Achse bewegt, beispielsweise die «UniLine». Andere Hersteller wie Saomad setzen auf fixe Portale, bei denen die Spannzangen das Werkstück in der X-Achse an der Spindel vorbeiführen.

Mit den kompakten Fenster-BAZ lassen sich ausserdem sehr effizient Türrahmen herstellen, ein interessanter Zusatznutzen, wo- durch auf dem allenfalls schon vorhandenen CNC-BAZ Kapazitäten für andere Aufträge frei werden.

Auf den nächsten Seiten folgen zwei Beispiele von Schreinereien, die auf einem kompakten Fenster-BAZ produzieren.

 

Keine halben Sachen

«Eigentlich wollte ich ja nichts mehr mit Fenstern zu tun haben», sagt Karlheinz Hinze. Nach vielen Jahren in der Fensterbranche hat Hinze 2007 deshalb eine eigene Schreinerei gegründet. 2013 zog die Hinze Schreinerei GmbH in ein neues Gebäude in Tecknau BL. Und dann überschlugen sich die Ereignisse: Kaum eingezogen, bekam der Schreinermeister das Angebot vom Eigen- tümer, noch mehr Produktionsfläche dazuzumieten.

Da stellte sich Karlheinz Hinze die Frage, was er denn mit diesem Platz anstellen könnte. «Und schon packte mich wieder das Fenstervirus», erzählt er mit einem Lachen. Zudem war die Schreinerei mittlerweile an verschiedenen Projekten beteiligt, bei denen auch die Fenster eine wichtige Rolle spielten, der Hintergedanke war also schon länger da.

Neu statt gebraucht?

Also machte sich Hinze auf die Suche nach einer passenden Produktionsanlage, wobei der Kauf einer gebrauchten Winkelanlage eine Variante darstellte. «Ich wollte aber keine halben Sachen machen und schaute deshalb auch verschiedene Fensterbearbeitungszentren an», sagt Hinze.

Schliesslich machte die «Woodpecker Just» von Saomad das Rennen. Zur Grundausstattung kamen noch ein Spänetransportband, ein grösseres Magazin für 30 statt 20 Werkstücke und verstellbare Klemmbacken hinzu. Letztere erlauben je nach Profil ein Bearbeiten von Teilen, die wesentlich kürzer sind als 250 mm. «Die Maschine kam dadurch zwar etwas teurer als andere Angebote, die auch sehr interessant waren. Aber mir war es wichtig, eine robuste Maschine zu erhalten, die mindestens zwei Stunden völlig autonom arbeitet», erklärt Hinze.

Umfangreiche Projekte

Auf dem Fenster-BAZ produziert werden mittlerweile verschiedene Fenstersysteme der Ernst Schweizer AG und auch sämtliche Türrahmen. Dadurch sind auf dem CNC-BAZ wieder Kapazitäten frei geworden, und die Schreinerei ist nun in der Lage, grössere Objekte von A bis Z selber zu produzieren. Im Moment ist beispielsweise ein Schulhaus in Planung, für welches die Schreinerei sämtliche Fenster, Fensterbänke, Türen und Einbauschränke herstellen darf. Übrigens: Bis auf Karlheinz Hinze hatte keiner der elf Mitarbeiter Erfahrung in der Fensterproduktion.

www.hinze-schreinerei.ch

 

Flexibel im Umbaubereich

Auf einer Kehl- und Schlitz-/Zapfenmaschine hat die Imwinkelried AG jahrzehntelang ihre Fenster produziert. Die Inhaber der Schreinerei mit insgesamt 15 Mitarbeitern in Fiesch VS spielten auch schon mit dem Gedanken, in eine klassische Winkelanlage zu investieren. «Für unseren Mischbetrieb wäre das aber eindeutig nicht das Richtige gewesen», erzählt Mitinhaber Willi Imwinkelried.

Passt wie angegossen

An der Holzmesse in Basel entdeckte man dann das neue Fensterbearbeitungszentrum «UniLine» von Biesse. «Es war schnell klar, dass diese Maschine die ideale Lösung für unsere Anforderung darstellt», sagt Imwinkelried. Insbesondere das Gesamtpaket von Maschine, Werkzeugen und Fenstersystem in Verbindung mit der automatischen Fertigung sowie auch der kompakten Bauweise konnten überzeugen, und das, obwohl damit eine Umstellung vom bisherigen Fenstersystem von Jansen auf die von Biesse vorgegebene Lösung für die Ernst Schweizer AG nötig wurde.

Zudem war zu diesem Zeitpunkt das neue 5-Achs-BAZ noch nicht sehr lange in Betrieb, und auch die Absauganlage wurde erneuert. Grosse Veränderungen kündigten sich für das Unternehmen an. Aber man packte die Chance und gestaltete das Werkstattlayout so, dass die «UniLine» perfekt hineinpasste. Dank dem Werkstückmagazin kann nun ein Maschinist problemlos das Fenster- und das 5-Achs-BAZ alleine bedienen, oder er verleimt nebenbei die fertig gefrästen Einzelteile.

Mehr Flexibilität

Künftig sollen ausserdem Verkleidungen, Rahmen- und Futterteile von Türen ebenfalls auf der «UniLine» produziert werden. Zudem will man auch in Kürze eine Heimatschutzfenster-Lösung in der eigenen Werkstatt herstellen. Genau diese Flexibilität ist gemäss Imwinkelried ein weiterer, wichtiger Faktor, denn die Schreinerei ist sehr stark im Umbaubereich von Einfamilienhäusern tätig: «Da kommt es vor, dass nebst anderen Innenausbauarbeiten lediglich ein einzelnes Produkt oder ganze Kleinserien von zehn und mehr Fenstern produziert werden müssen.»

www.imwinkelried-ag.ch

 

Veröffentlichung: 08. Januar 2015 / Ausgabe 1-2/2015

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