Ressourcen und wie sie recycelt werden
Nils Nolting erklärt, wie im Recyclinghaus die Holzelemente des Rohbaus mit Buchenholzschrauben verbunden wurden. Bild: Isabelle Spengler
Nils Nolting erklärt, wie im Recyclinghaus die Holzelemente des Rohbaus mit Buchenholzschrauben verbunden wurden. Bild: Isabelle Spengler
Bau Online. Im Forum Zukunft des Bauens beschäftigt man sich mit künftigen Herausforderungen in der Baubranche. Ein Thema ist auch, wie man mit der drohenden Ressourcenknappheit umgehen soll.
Es ist ein Umdenken gefragt. Je schneller, desto besser. Denn die Bau- und Immobilienbranche verbraucht Unmengen an Rohstoffen und ist für 50 Prozent des gesamten Abfalls weltweit verantwortlich. Und die langfristigen Prognosen sehen nicht rosig aus. Die Weltbevölkerung wächst unaufhörlich und mit ihr der Drang nach Wohlstand. Man rechnet, dass das Bauvolumen bis ins Jahr 2060 um 60 Prozent zunehmen wird. Das führt unweigerlich zu einer enormen Ressourcenverknappung.
Mit diesen deutlichen Worten wurden die Besucherinnen und Besucher des Webinars «Ressourcen und Recycling» des Forums Zukunft des Bauens buchstäblich aus der sich einschleichenden Mittagsschläfrigkeit gerissen. Es sei daher zwingend notwendig, dass sämtliche Prozesse, Vorhaben und Investitionen hinsichtlich ihrer Kreislauffähigkeit überdacht werden müssten, sagte Peter Mösle, Geschäftsführer der EPEA GmbH – Part of Drees & Sommer. Als eine praktikable Lösung betrachtet er das zukunftsweisende Designprinzip Cradle-to-Cradle (C2C). Damit sei es heute schon möglich, kreislauffähige Gebäude zu bauen und so der Ressourcenverschwendung und der Umweltbelastung entgegenzuwirken.
Mösle beschäftig sich seit Jahrzehnten mit Themen wie umweltgerechtes Bauen, Nachhaltigkeit und Innovation. «Um ein kreislauffähiges Gebäude zu bauen, braucht es eine neue Denkweise aller beteiligter Personen entlang der gesamten Wertschöpfungskette», erklärt er weiter. Von den Bauherren, über Architekten, Planern, Zulieferern bis hin zum Wirtschaftsprüfer, müsse man alle im Boot haben. Auch müssen die Bauprozesse von Grund auf neu gestaltet werden. So arbeiten er und sein Team an einer Art Katalog mit Materialausweisen, ähnlich wie die Bauteilkataloge der Bauphysiker. Darin wird jedes verwendete Material mittels eines Ampelsystems hinsichtlich seiner Recyclingquote bewertet. Solche Systeme kennt man zum Beispiel bereits bei den Energieausweisen von Elektrogeräten. Ziel ist es, diese Materialausweise in die Planung mittels Building Information Modelling (Bim) zu integrieren. Man könne so nicht nur den Wert eines bestehenden Gebäudes messen, sondern auch den der darin verbauten Ressourcen. Werden diese Baumaterialien in Zukunft immer knapper, seigert sich auch deren Wert und damit auch das Interesse, diese wiederzuverwerten.
Antonino Vultaggio, Architekt und Partner der HPP Architekten GmbH, stellte danach das von HPP Architekten zukunftsweisende Holzhybridprojekt «The Cradle» in Düsseldorf (D) vor. Der Neubau sei nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip erstellt worden. Dabei hätten die Architekten verschiedene Planungsthemen speziell beachten müssen. Zum Beispiel gab es viele offenen Themen beim zu verwendenden Material. Dieses sollte soweit möglich sortenrein, giftstofffrei und wieder trennbar sein. «Gerade bei den Klebstoffen oder dem Recyclingbeton gibt es noch viel Handlungsbedarf», stellte Vultaggio fest. Der Holzhybridbau wurde ausserdem mit einer speziell konstruierten Holzfassade ausgestattet, welche mehr kann als nur eine Klimahülle zu sein. Sie dient auch gleichzeitig zur natürlichen Beschattung.
Der Fachvortrag wurde von Nils Nolting, Gründungspartner von Cityförster Architecture + Urbanism PartGmbB, abgeschlossen. Er stellte das von seinem Unternehmen konzipierte Recyclinghaus vor. Es ist ein experimentelles Wohnhaus, das aus gebrauchten, recycelten und recyclingfähigen Bauteilen in recyclinggerechter Bauweise erstellt wurde. Es handelt sich um einen Prototyp, der die Möglichkeiten und Potenziale verschiedenster Arten von Recycling im Reallabor austestet und einen kreislauforientierten und ressourcenschonenden Planungsansatz aufzeigt.
Der Rohbau wurde zum Beispiel aus leimfrei zusammengesetzten Massivholzelementen erstellt. «Die einzelnen Teile haben wir mit Buchenholzschrauben miteinander verbunden, damit wir die Sortenreinheit der Wände gewährleisten konnten», erklärt Nolting die Bauweise. Als Fassadendämmung wurden recycelte Jutesäcke eingesetzt, für den Innenausbau verwendeten sie ausgemusterte Plattenwerkstoffe eines Messebauers, und das Garagentor besteht aus den Holzlatten dreier Saunakabinen. Es kamen aber auch gebrauchte Bauteile wie Fenster, Fassadenteile oder Stalltüren zum Einsatz, die aus Abbruchhäusern stammen. Dieses Puzzlespiel der Bauteile sei wahrlich eine planerische Herausforderung gewesen, sagt Nolting zum Abschluss, doch habe sich der Aufwand mehr als gelohnt.
Die Schreinerzeitung ist während der virtuellen Messe vom 13. bis 15. Januar 2021 mit von der Partie und berichtet laufend über die Neuheiten. Alle News von der Bau online sind in diesem Dossier gesammelt.
Isabelle Spengler
www.bau-muenchen.com
www.epea.com
www.hpp.com
www.cityfoerster.net
Die Bau München ist auch eine Denkfabrik. In einem bunten Strauss digitaler Forumsveranstaltungen werden diverse Themen rund um die Zukunft des Bauens behandelt. Hier geht es zu der Veranstaltungsübersicht…
Veröffentlichung: 16. Januar 2021
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