Schöne Bescherung

Sichtbar wertvoll ist das «Zschekkenbürlin Zimmer» in Basel mit dem Sternengewölbe in Tanne von 1509. Bild: Christian Härtel

Holzdecken.  Die Sanierung und Restaurierung von Deckenverkleidungen aus Holz beginnt mit der Arbeit an der Unterkonstruktion. Die Demontage der sichtbaren Ebene bringt manchmal auch Überraschungen zum Vorschein. Zum Beispiel Aufdoppelungen aus anderen Epochen.

Von den insgesamt gut 1,7 Millionen Wohngebäuden in der Schweiz sind fast 42 Prozent vor 1960 erbaut worden. Das zeigen die Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS) zum Ende des letzten Jahres. Ganz überwiegend handelt es sich dabei laut BFS um Gebäude mit zwei und drei Geschossen. Egal, ob ein Gebäude 100 oder 300 Jahre alt ist, der Deckenaufbau ist dabei stets ähnlich, weil über eine lange Zeit die Holzbalkendecke als Stand der Technik bei der Konstruktion gesetzt war. Wer sich mit Sanierung und Restaurierung beschäftigt, kommt deshalb nicht um sie herum.

Entwicklung der Decke

Das Verständnis um die wenigen, über lange Zeit ausgeführten Konstruktionen hilft, die jeweilige Bausituation durch die Zeiten hinweg lesen zu können und damit auch die möglicherweise unterschiedlichen Deckenschichten zu bewerten.

Die einfachste Form der Holzbalkendecke besteht aus der durchgehenden Balkenlage mit Bohlen oder Brettern, die oberseitig aufgenagelt die Grundlage für den Laufboden des oberen Stockwerks bilden. Nicht selten wurden die Bretter unterseitig bemalt. Jeder Schritt auf der Decke war im darunterliegenden Geschoss deutlich zu hören. Dieser hinsichtlich Schall- und Wärmedämmung unwirksame Aufbau war auch im Brandfall eine Katastrophe.

In Wohnhäusern entwickelte sich deshalb schon bald die zwar in der Erstellung deutlich aufwendigere, aber auch für höhere Ansprüche geeignete, sogenannte Einschubdecke. Dabei werden an den Tragbalken seitlich Nuten eingearbeitet, in die dann flächig eine Brettlage, auch Spundbretter genannt, geschoben wird. So entstand erstmals ein technisch nutzbarer Hohlraum zwischen der Laufebene des Bodens auf der Oberseite der Balken und der als Fehlboden benannten Brettlage innerhalb des Deckenquerschnitts. Der Hohlraum wurde dann mit schlecht brennbaren, schall- und wärmedämmenden Materialien gefüllt. Dabei kam oft ein Gemisch aus Lehm und faserigen Materialien zum Einsatz. Durch das eingebrachte Gewicht konnte man das Schwingungsverhalten der Decken deutlich verbessern.

Vereinfacht wurde das Prinzip später dadurch, dass man nicht mehr seitlich Nuten in die Balken gearbeitet hat, sondern Leisten an den Flanken aufnagelte, sodass die Brettlage einfach aufgelegt werden konnte. Diese Variante wird heute oft bei der Sanierung der Spunddecken eingesetzt, weil sich schadhafte eingeschobene Bretter ohne vollständigen Rückbau der Decke nur schwer ersetzen lassen.

Höhere Ansprüche, hängende Decken

Holzbalkendecken mit einem Fehlboden wurden oft direkt als Sichtfläche ausgebildet. Dabei wurde die Balkenunterseite auch profiliert und mit farbigen Anstrichen dekoriert. Aufwendigere Kassetten- oder Felderdeckenverkleidungen wurden meist der Balkenlage folgend mittels der profilierten Verkleidungen gegliedert.

«Bei solch älteren Aufbauten ohne Zwischenschicht ist im Rahmen einer Sanierung oder Restaurierung seitens der Bauherrschaft natürlich oft der Wunsch vorhanden, die Gebrauchseigenschaften einer solch einfach aufgebauten Decke zu verbessern», weiss Schreinerin Laura Weyermann, die auf eigene Rechnung in der Gemeinschaftswerkstatt mit dem Restaurator Hans Rentsch in Zürich arbeitet. Das sei manchmal schwierig, weil die Ansprüche heute natürlich viel höher sind.

Eine grundlegende Modifizierung und Verbesserung erhielten die Konstruktionen in der Barockzeit, als man auch für mineralische Aufbauten in Form von Stuckarbeiten und grossen Malereien eine flächige Deckenunterseite wünschte. Dazu wurde der Aufbau einer Holzbalkendecke mit der Lauffläche des Bodens nach unten spiegelbildlich ausgeführt. Anstelle einer einfachen Balkenlage wurden zwei voneinander getrennte Tragwerke eingezogen.

Der obere Aufbau mit Fehlboden blieb erhalten, darunter wurde dann aber eine entkoppelte und hängende Konstruktion für die flächige Ausbildung der Decke ausgeführt. Die obere Balkenlage trug die Nutzlasten ab, während die untere Balkenlage nur die Deckenschalung zu halten hatte. Durch die Entkoppelung waren auch die oft aufwendig gearbeiteten, unterseitigen Zier- und Schmuckelemente vor Beschädigungen durch die Schwingungen der tragenden Decke geschützt.

Verborgene Schätze am Ort lassen

«Für die Restaurierung einer barocken Decke von 1720 mussten wir diese herunternehmen. Zum Vorschein kam dann darunter eine Deckenverkleidung, die auf 1460 datiert werden konnte», erzählt Schreiner und Restaurator Hans Rentsch. Die Altersbestimmung erfolgt für eine gesicherte Bestimmung mittels einer dendrochronologischen Jahrringuntersuchung. «Wir haben dann die deutlich ältere Decke restauriert und konnten Teile der barocken Holzverkleidung für die Arbeiten an der in gleicher Art ausgeführten Wandverkleidung verwenden. Diese war teilweise schadhaft. Das war natürlich ein glücklicher Umstand, der sich in diesem speziellen Fall ergeben hat», so Hans Rentsch.

Der Grund für solche Funde ist einfach. Man hat keine Notwendigkeit gesehen, alte Deckenlagen vor dem Anbringen einer neuen Schicht zu entfernen. Die Isolation und auch Steifigkeit von Holzdecken war nie besonders hoch ausgebildet. Vielleicht hat man auch deshalb alte Schichten einfach belassen. Für Rentsch kommt es dabei immer auf den Einzelfall an.

Aus Sicht eines Restaurators könne es durchaus sinnvoll sein, eine versteckte, ältere Deckenschicht einfach an Ort und Stelle zu belassen und die vielleicht jüngere Holzarbeit zu restaurieren. Denn so bliebe die alte Schicht als Zeitzeuge erhalten und man halte sich für die Zukunft alle Optionen offen. «Wir wissen ja heute nicht, ob in fünfzig oder hundert Jahren die Arbeiten anders bewertet werden», sagt Rentsch. Die Lager der Denkmalpfleger sind ohnehin prall gefüllt. Und die kulturhistorische Konservierung im Bau durchaus eine Alternative. «Bei einer Demontage muss man ja alles dokumentieren und bei einer Restaurierung sucht man diese Dokumente manchmal auch vergebens. Im Grunde ist ein Brett am besten dokumentiert, wenn es einfach an der Decke verbleibt», so der Experte. Man solle sich als Restaurator und Zeitzeuge in seiner Neugierde etwas zügeln.

Auch die Schichten sind Zeitzeugen

«Man erlebt immer wieder Überraschungen bei der Restaurierung von Deckenverkleidungen aus Holz», sagt Weyermann. So etwa auch in einem Privathaus am Zürcher Rindermarkt. Aufgrund einer starken Verformung der Decke lag die Vermutung nahe, dass ein Tragbalken seine Funktion nicht mehr erfüllen konnte.

Deshalb entschied man sich dazu, die Deckenkonstruktion von unten zu öffnen und die Kassettendecke zu demontieren. Zum Vorschein kamen dabei zwei weitere Zeugen des Deckenaufbaus. Neben der auf den Tragbalken aufgebrachten Nutzschicht, die wohl aufgrund der unterseitig angebrachten Bemalung die Vermutung nahelegt, dass damit einst der Deckenaufbau fertig war, fanden Rentsch und Weyermann noch eine Zwischenschicht unterhalb der Balken. «Die mittlere Deckenschicht war aber nicht als Sichtfläche montiert worden, sondern diente für die zu restaurierende Kassettendecke als Unterkonstruktion», erklärt Rentsch.

Wiederverwertung als Schicht

Nach der Demontage haben die Schreiner die Zwischenschicht am Boden ausgelegt und dabei wurde klar, dass einfach nur das Material einer Verkleidung von einem anderen Ort dafür verwendet wurde. Die Elemente waren zugeschnitten und einfach passend gemacht, damit die Decke eine zweite Schalung erhalten konnte.

«Füllhölzer als Wiederverwertung findet man häufig unter Deckenverkleidungen. Wir probieren, so weit als möglich, die Schichten zu belassen. Das heisst, diese nicht zu demontieren, weil es sonst auch viele Unwägbarkeiten gibt», so Rentsch. Da aber die feuerpolizeilichen Ansprüche klar definiert waren, sollte in den Hohlraum der Decke eine Brandschutzebene eingebracht werden. Deshalb musste auch die Zwischenschicht abgenommen werden.

Aufbauten und Unterkonstruktionen wurden im Laufe der Zeit auch immer wieder ertüchtigt, weshalb sich beim Öffnen einer Decke und der Demontage für eine Restaurierung von Verkleidungen immer wieder neue, teils spannende Bilder ergeben. Jedoch sagt Rentsch, dass er in den vielen Jahren als Restaurator eigentlich nie eine Unterkonstruktion gesehen habe, die völlig aussergewöhnlich gewesen sei. «Innerhalb jeder Zeit hat man ähnliche Aufbauten gemacht», so der Experte. Für ihn sei es interessanter zu verstehen, wie die Schritte der Entwicklung abliefen und sich Ideen und Konstruktionen im Laufe der Zeit ausgebreitet und durchgesetzt haben.

schrynerei.ch

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Veröffentlichung: 20. Dezember 2018 / Ausgabe 51-52/2018

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