«Schoggi» auf der Jungfrau

Auf 3454 Metern Höhe funktioniert die Montage eines Verkaufsshops doch etwas anders als im Nachbardorf. Bild: Jungfraubahnen

Planung.  Bis ein Tourist auf über 3450 Metern über Meer Schweizer Schokoladenspezialitäten kaufen kann, braucht es eine genaue Planung und Organisation. Der Ladenbauer musste das Projekt auf dem Jungfraujoch während des laufenden Touristenbetriebs umsetzen.

Auf dem Jungfraujoch wurde im Juli 2014 der sogenannte «Chocolate Heaven» von Roger Federer und Lindsey Vonn eröffnet. Durch die Zusammenarbeit der Jungfraubahnen Holding AG und der Lindt und Sprüngli AG ist die wahrscheinlich höchste Verkaufsstelle für Schokolade entstanden. Auf 3454 Metern Höhe können die Touristen sich mit Süssem eindecken und in der angrenzenden Ausstellung erfahren sie, wie Schokolade hergestellt wird.

Der Ladenbau für den «Chocolate Heaven» wurde vom namhaften Schweizer Ladenbauunternehmen Killer Ladenbau AG, mit Sitz in Turgi AG, ausgeführt. «Es ist eine grosse Anerkennung, dass wir solch einen Prestigeauftrag erhalten haben. Das Vertrauen in unsere Firma macht mir Freude», sagt der Inhaber und CEO Marco Killer. Die SchreinerZeitung hat nachgefragt, wo die Schwierigkeiten in der Projektumsetzung lagen und bekam Einblick in einen nicht alltäglichen Auftrag.

30 Stunden Bähnlifahrt

Die Ausschreibung zu diesem Prestigeobjekt war natürlich sehr umkämpft. Durch den Preisdruck spielte die Kalkulation von Anfang an eine zentrale Rolle. Deshalb war eine durchgängige Ablaufplanung und eine möglichst genaue Schätzung der Zusatzkosten durch die erschwerten Liefer- und Montagebedingungen ein wichtiger Bestandteil der Projektvorbereitung.

So schlugen zum Beispiel am Ende des Auftrages die Bahnfahrten mit über 30 Stunden zu Buche. Tobias Steiger, Projektleiter Technik, sagt: «Wir haben die Projektvorbereitungen aufgeteilt in den Einkauf, die technische Planung, die Montage und die Logistik». So konnten die unbekannten Zusatzkosten in den einzelnen Teilbereichen eingegrenzt werden. Diese Vorgehensweise ermöglicht die Kalkulation kleinerer Positionen mit geringeren Summen. Es verringert sich gleichzeitig die Gefahr eines durchgängigen Kalkulationsfehlers oder einer vergessenen Position.

Grundorganisation

Um einen möglichst optimalen organisatorischen Ablauf zu erhalten, wurde auf einen starken Informationsaustausch zwischen dem ausführenden Architekturbüro Detail Design GmbH aus Zürich, dem Projektleiter und dem Leiter der Montage gesetzt. Der Einbezug des Montageleiters ist besonders bei einem so komplexen Anlieferungs- und Montageablauf ratsam. So kann jeder im Projektteam seinen Bereich vorplanen und die internen Abläufe vorbereiten. Eine organisatorische Besonderheit stellten die Vorbereitungen der Warenanlieferung auf die Baustelle.

Es musste jede Materiallieferung drei bis vier Tage im Voraus angemeldet sein und anschliessend zwei bis drei Tage im Voraus in Grindelwald bereitgestellt werden. Von der Abgabe in Grindelwald bis zur Entgegennahme auf dem Jungfraujoch hatten die Monteure keinen Zugriff und keine Aufsicht über die Ware. «Das war natürlich eine potenzielle Quelle für Beschädigungen. Normalerweise geben wir unsere Arbeiten bis zur Abnahme nicht in fremde Hände», sagt Steiger.

Verpackung und Transport

Um trotzdem eine möglichst fehlerfreie Lieferung sicherzustellen, wurde jedes Element einzeln verpackt und gegen Stösse gesichert. Die Verpackung wurde auch benötigt, weil die Transportzüge der Jungfraubahnen ungedeckt sind und somit keinen Schutz gegen das schlechte Wetter bieten. «Wir hatten zu Beginn Bedenken wegen der Zwischenlagerung, was die Feuchtigkeit und die Temperaturunterschiede angeht. Aber da wir die Montage im Frühling durchführen konnten, war dies kein grösseres Problem», erklärt Steiger. Je nach Wetterlage oder Jahreszeit müssten für den Schutz der Montageteile weitere Vorkehrungen getroffen werden.

Bis das ganze Material und Werkzeug auf dem Jungfraujoch angekommen war, brauchte es einige Zwischenstationen. Nach der Anlieferung in Grindelwald ging es zum festgelegten Zeitpunkt mit der Zahnradbahn weiter auf die Kleine Scheidegg. Von hier wurde das ganze Material auf die Zahnradbahn Richtung Jungfraujoch umgeladen. Diese Umladestation konnte von den Monteuren nicht überwacht werden, was im weiteren Verlauf noch zu einer Verzögerung führte. Oben angekommen, wurde das Material entladen und mit dem Palettenrolli bis zum Laden transportiert.

Montieren mit Hindernissen

Bei der Montage hatte das Team ebenfalls mit einigen ungewöhnlichen Verzögerungen zu kämpfen. Am ersten Montagetag schlug ein Blitz ein. Das hatte zur Folge, dass auch die Wagen mit dem Werkzeug der Monteure nicht mehr weiter hoch fahren konnten. «Die Monteure mussten improvisieren und Werkzeuge bei anderen Handwerkern ausleihen. Dies erschwerte den Start», sagt Steiger.

Die täglich über 2000 Besucher hatten auch ihre Tücken. Es kam vor, dass fertige Montageteile plötzlich als Sitzgelegenheit missbraucht wurden und eine Familie es sich auf dem Material bequem machte. Wie angedeutet, führte auch das unbeaufsichtigte Umladen zu einem Problem. «Plötzlich hatten wir nicht mehr alle Teile. Nach einer langen Suchaktion stellte sich heraus, dass diese beim Umladen auf der Kleinen Scheidegg liegen gelassen wurden», sagt Steiger. Durch die vorgegebene Lagerfläche und das begrenzte Transportvolumen der Jungfraubahnen musste der ganze Auftrag in Etappen angeliefert werden und somit wiederholten sich die ganzen Abläufe mehrmals.

Anstrengende Höhe

Der weiterlaufende Touristenbetrieb während der Montage und die Höhe von 3454 Metern stellten die Monteure vor eine Herausforderung. Da gleichzeitig zum Ladenumbau auch die angrenzende Ausstellung montiert wurde, waren die schon engen Platzverhältnisse noch kleiner. Handwerker aus mehreren Firmen mussten gleichzeitig auf der kleinen Fläche arbeiten. «Wir setzten nur erfahrene Monteure für diese Baustelle ein. Dadurch sind viele Probleme bilateral direkt auf der Baustelle gelöst worden», sagt Steiger. Genau dieses Fingerspitzengefühl der beteiligten Fachleute war ein Schlüsselelement zur erfolgreichen Umsetzung. Die Monteure mussten im Vorfeld genau bestimmen, welche Werkzeuge sie auf der Baustelle benötigten. Diese wurden mit dem Material angeliefert und konnten nicht mitgenommen werden, was bei vergessenen Dingen die Arbeit erschwerte. Bei schlechtem Wetter kam hinzu, dass fast alle Besucher im Gebäude blieben und nicht wie sonst üblich draussen die Aussicht genossen.

Monteure schlafen oben

Um die Zeit voll auszuschöpfen und die Anfahrtswege gering zuhalten, übernachteten die Monteure im Gasthaus Eigergletscher auf zirka 2400 Metern. Auf diese Weise mussten sie nicht immer die ganze Strecke nach unten fahren. Die Anlieferung und Verteilung der Elemente versuchten sie, wenn möglich in die Randzeiten zu legen oder gerade am frühen Morgen zu erledigen. Auf diese Weise konnte den Besucherströmen ausgewichen werden und die Montagezeit wurde bestmöglich ausgenutzt. Diese war nämlich an die Fahrtzeiten der Jungfraubahnen gebunden, weshalb auch nicht ausserhalb der Öffnungszeiten montiert werden konnte.

Die Umsetzung war ein voller Erfolg und alle Beteiligten waren sehr zufrieden. Wer den Mut und das Können für solche Projekte aufbringt, wird mit einer einzigartigen Referenz belohnt. Auch die beteiligten Monteure werden diesen Auftrag sicher in Erinnerung behalten.

www.killer.chwww.detail-design.comwww.jungfraubahnen.chwww.lindt.ch

Killer Ladenbau AG

Familientradition

Die Killer Ladenbau AG wurde im Jahr 1936 gegründet. Aktuell beschäftigt das Schweizer Familienunternehmen 60 Mitarbeiter. Mit Marco Killer ist die dritte Generation am Ruder des Unternehmens, das sich im stetigen Wachstum befindet.

Die Kernkompetenz der Firma ist der Ladenbau, mit dem Schwerpunkt Kettenkunden. Die Leistungen gehen von der Planung über die Montage bis zum «After Sale Service». Das Unternehmen setzt auf langjährige Geschäftsbeziehungen und Innovationen, wie im Bereich Management. Diese Philosophie ist einer der Schlüssel für die starke Position in der Branche.

Durch das stetige Wachstum und die Einführung eines neuen Lean-Managements hat sich die Firma zu einem kompletten Neubau des Geschäftssitzes entschieden. Mit der neuen Produktions- und Planungsstätte kann erwartungsvoll in die Zukunft der Firma geblickt werden.

njg

Veröffentlichung: 02. April 2015 / Ausgabe 14/2015

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