Schwer verständlich

Die menschliche Sprachstimme bewegt sich im Bereich zwischen 500 und 2000 Hz. Bild: Fotolia, PS Design

Luftschall.  Akustik und Schallschutz ist kein einfaches Gebiet. Die gewünschte Dämmung und Absorption von Luftschall kann erst im Verbund von richtiger Konstruktion, Anordnung und der sinnvollen Kombination der Materialien richtig greifen.

Bei der Arbeit am Schreibtisch wird es besonders deutlich. Laut einer Studie der Hochschule Luzern ist die Lärmstörung durch Gespräche anderer eine der wichtigsten Beeinträchtigungen im Büro. Darunter leidet die Konzentrationsfähigkeit und damit die Arbeitsleistung. Mehr als 70 % der Erwerbstätigen halten sich in Büros auf und kennen damit das Phänomen. Um gerade grossräumige Büros ruhiger zu machen, werden deshalb immer öfter Schallabsorber eingesetzt. Und bei Umbaumassnahmen kommt der Umsetzung von Luftschalldämmung und damit dem Wandaufbau grosse Bedeutung zu.

Doch die Frage, wie und mit welchen Materialien man einen möglichst hohen Anteil des entstehenden Luftschalls durch die Gespräche anderer dämmen kann, ist nicht so einfach zu lösen. «Man muss das Ganze immer im System betrachten. Die Materialien wirken immer nur im Zusammenhang mit dem richtigen Aufbau und der richtigen Anwendung», erklärt Meinrad Reichmuth, Inhaber von Akustik Projekt. Will heissen: Das Thema ist komplex. Nicht zuletzt deshalb sind schalltechnische Experten mit ausgefeilter Messtechnik im Zweifel vor Ort, um Licht ins Dunkel zu bringen.

Vieles geht durcheinander

Denn nähert man sich dem Thema Luftschalldämmung als Handwerker, stellt man schnell fest, dass man eine Aufgabe mit vielen Unbekannten vor sich hat.

So ist das Mass für die Luftschalldämmung R zwar eine wichtige und nachvollziehbare Eigenschaft, aber auch nicht mehr. Genauso wie die Rohdichte eines Holzes noch wenig über dessen Biegefestigkeit aussagt, lässt die Betrachtung des Schalldämm-Masses R eines Materials oder Bauteiles noch wenig Schlüsse über das gewünschte Ergebnis einer schalldämmenden Massnahme am Bau zu. So sind zum Beispiel die Schallnebenwege durch Verbindungs- und Befestigungsmittel sowie Leitungen aller Art, wie etwa Kabelkanäle und Lüftungsrohre, wichtig und können einem das Ergebnis verhageln. Schon in den 1980er-Jahren haben die Fachleute vom Institut für Lärmschutz in Aufsätzen geschrieben: «Man darf nie erwarten, dass die im Labor ermittelte Luftschalldämmung eines Bauteils mit der am Bau gemessenen Luftschalldämmung identisch ist.» Denn am Bau bestimmt das ganze System das tatsächliche Mass der Luftschalldämmung. «Bei einem einschaligen Bauteil oder auch einem Werkstoff, wie zum Beispiel einer Spanplatte, kann man natürlich den Rw-Wert angeben. Aber auf dem Bau wird das Bauteil oder der Werkstoff in ein System eingebunden, wodurch es kaum Sinn macht, sich dabei am einzelnen Wert festzuhalten», so Reichmuth. So verwundert es auch nicht, dass man öfter auf verbale Bewertungen stösst als auf belastbare Angaben für die verschiedenen Materialien.

Noch komplexer wird das Ganze, wenn man sich die subjektiven Parameter vor Augen führt. Teilt man einen Raum mit einer Trennwand, erhält man zwischen den beiden Räumen eine Luftschallpegeldifferenz (D). Je nachdem, wie die Räume möbliert und ausgestattet sind und wie das Hörempfinden durch die Nutzung des Raumes ist, kann die Trennwand mit einer definierten Luftschalldämmung ihren Zweck erfüllen oder aber nicht. Beat Kühn und Rudolf Blickle vom Institut für Lärmschutz rechnen vor, dass die Schallpegeldifferenz enorm sein kann. Wird mit der Trennwand zwischen zwei stark möblierten und voluminösen Räumen eine Luftschallisolation von 58 dB erreicht, kann die genau gleiche Trennwand zwischen zwei ruhebedürftigen Schlafzimmern zu einem Wert von 51 dB führen, wenn die Räume kleiner sind und spärlicher möbliert sind. «Damit sind alle ins Schlafzimmer übertragenen Geräusche um 7 dB (A) lauter, was deutlich hörbar ist», erklären Kühn und Blickle. Eine Zunahme um 10 dB (A) empfindet der Mensch als Verdoppelung der Lautstärke.

Mit Trockenbau Schall dämmen

Für eine typische beidseitig beplankte Wand, als Ständerkonstruktion ausgeführt mit einer Füllung aus faserigem, schallschluckendem Material, können hinsichtlich einer möglichst wirksamen Luftschalldämmung dennoch Empfehlungen gegeben werden.

Zunächst sollte die Masse der Beplankung möglichst hoch sein, aber gleichzeitig möglichst biegeweich. Je schwerer das Schalenmaterial für die Beplankung, desto weniger gut lässt sich dieses in Schwingung versetzen. Eine Verbesserung der Schalldämmung ergibt sich dann, wenn die Resonanzfrequenz der Wand unterhalb von 100 Hz liegt und damit ausserhalb des bauakustischen Bereiches zwischen 100 und 3150 Hz. Ist das Material biegesteif, wird von diesem auch mehr Schall reflektiert als von biegeweichen Werkstoffen.

Der Abstand zwischen den Platten zur Beplankung soll möglichst gross gewählt werden. Laut Kühn und Blickle verhält sich der Zusammenhang zwischen Schalenabstand und Masse umgekehrt proportional. «Bei gleicher Schalldämmung kann die Masse halbiert werden, wenn der Schalenabstand dafür verdoppelt wird», so die Experten.

Da Nebenübertragungswege grossen Einfluss auf die Schalldämmung haben, sind die Konstruktion und deren Befestigung bei Trennwänden wichtig. «Grundsätzlich gilt: Je fester die Schalenverbindung, um so geringer die Schalldämmung. Der Unterschied zwischen einer weich federnden und einer festen Verbindung kann ohne weiteres 6 dB betragen», so Kühn und Blickle. Holz ist ein guter Schallüberträger. Mit einer zusätzlichen Querlattung auf der Ständerkonstruktion lässt sich die harte Verbindung weicher gestalten. Auch schallentkoppelte Sonderprofile, wie sie von Timbatec entwickelt wurden, schaffen hier Abhilfe. Die typischen C-Profile aus dünnem Stahlblech werden von den Fachleuten als weich federnd eingestuft und eignen sich damit für die Unterkonstruktion.

Als schallschluckendes Material im Hohlraum der Wand sollten leichte und faserige Werkstoffe eingesetzt werden. Mineral- und Steinwolle, Zellulose, natürliche Fasern wie Hanf, Flachs oder Holz sind geeignet. Dagegen sollen Produkte auf Hartschaumbasis die Luftschalldämmung kaum verbessern.

In mehreren Versuchen wurde nachgewiesen, dass es – anders als bei der Wärmedämmung – beim Auffüllen des Hohlraumes nicht auf eine vollständige Füllung ankommt. Kühn und Blickle geben dafür an, dass 70 % der Dicke und 80 % der Fläche ausreichend seien. In jedem Fall muss nicht jedes noch so kleine Stück hineingepasst werden. «Der Schalldämmunterschied ist kaum messbar und schon gar nicht hörbar», so die Experten.

Dämmen und schlucken

Eine so aufgebaute Wand ist im System mit absorbierenden Materialien akustisch wirksam. «Bei richtigem Aufbau können Beplankungen aus Holz oder Gips im Tieftonbereich schallabsorbierend wirken. Sie reflektieren den Schall aber im Mittel- und Hochtonbereich», so Kurt Eggenschwiler von der Abteilung Akustik an der Empa. Um diese Frequenzen wirkungsvoll zu eliminieren, braucht es dann Absorber. Mikrogelochte Oberflächen von Holzwerkstoffen und poröse Materialien. Auch der Schallabsorptionsgrad eines Materials oder Bauteils ist stark frequenzabhängig. Für eine Prognose der Wirksamkeit einer Massnahme werden die detaillierten Kennwerte herangezogen. Schallpegelverteilung oder Nachhallzeit können so berechnet werden. Spätestens dann sind die Experten gefragt.

www.akustik-projekt.chwww.institutfuerlaermschutz.chwww.empa.ch

LuftSchall dämmen und absorbieren

Luftschalldämmung

Das Schalldämm-Mass R eines Bauteils ist von der Frequenz des Schalls abhängig. Der bauakustische Bereich erstreckt sich von 100 Hertz bis 3150 Hz. Mit R wird das 10-fache logarithmische Verhältnis von der auf das Bauteil auftreffenden Schallleistung zur vom Bauteil abgegebenen Schallleistung angegeben. Eine Verbesserung der Schalldämmung um 10 Dezibel (dB) bewirkt daher eine Halbierung der abgegebenen Schallleistung, sprich des Lärms.

Das bewertete Schalldämm-Mass (Rw) wird durch Messungen im Vergleich mit einer Bezugskurve ermittelt und in dB angegeben. Die Schalldämmwerte eines Bauteils werden dazu zuerst in Abhängigkeit von der Frequenz in ein Diagramm eingetragen, auf dem die Frequenz zwischen 100 und 3150 Hz und die jeweiligen Schalldämmwerte abgetragen werden. Damit kann man für die verschiedenen Frequenzbereiche das Mass der Schalldämmung für einen Werkstoff oder ein Bauteil nachvollziehen.

Absorption von Luftschall

Das Vermögen eines Werkstoffes oder Bauteils, Schall zu schlucken, wird durch den Schallabsorptionsgrad Alpha (a) ausgedrückt. Dieser ist abhängig von der Oberflächenbeschaffenheit. Ist Alpha gleich 1, wäre die Absorption vollständig, das heisst, es fände keine Reflexion des auftretenden Schalls statt.

Befindet sich in einem Raum ein hoher Anteil an schallschluckenden Materialien, wird bei jeder Reflexion des Schalls ein Teil der Energie vernichtet. Der Nachhall im Raum wird dadurch kurz. Je kürzer die Nachhallzeit, desto weniger laut ist eine gegebene Schallquelle. Der Schallpegel in einem Raum hängt also nicht nur von einer gegebenen Schallleistung ab, sondern vom Schluckvermögen der vorhandenen Materialien.

www.bellton.ch

ch

Veröffentlichung: 28. Mai 2015 / Ausgabe 22/2015

Artikel zum Thema

09. Mai 2024

Schwungvolle Radien, fliessende Formen

Umbau.  Für die Raiffeisenbank in Olten wurde die Innenarchitektur im bestehenden Rundbau realisiert. Beratung und Empfang konzentrieren sich kreisförmig um das Zentrum. Radiale Konstruktionen in Holz, Gips, Glas und Metall forderten die beteiligten Schreiner heraus.

mehr
29. Februar 2024

Grosses Kino unterm Dach

Typisch britisch.  Den Dachausbau einer Villa in Burgdorf BE hat die Schreinerei Werthmüller ganz nach dem persönlichen Geschmack des Bauherrn umgesetzt. Das Heimkino und die Bibliothek sind geprägt durch britische Stilelemente, allen voran die Ölfarbe auf profilierten Flächen.

mehr

weitere Artikel zum Thema:

Umbauen