Sicherheit durch Qualität

Im gehobenen Bereich ist ein erhöhter Einbruchschutz immer wieder ein Thema. Hier wurden die zugänglichen Fenster entsprechend ausgeführt. Bild: Fenster Nauer, Zuerrer Design

Einbruchschutz.  Das Prüfen und Zertifizieren von Einbruchschutzfenstern ist aufgrund der vielen Varianten aufwendig und teuer. Der FFF hat sich der Problematik angenommen und ein breit abgestütztes RC2-Fensterprojekt ins Leben gerufen. Bald werden die ersten Lizenzen vergeben.

Die Zahlen klingen positiv: Für das Jahr 2015 weist das Bundesamt für Statistik bei den Einbruchdiebstählen einen Rückgang von satten 19 % aus. Dies aber offenbar nicht aufgrund von weniger Personen mit kriminellen Absichten – Experten führen den Rückgang hauptsächlich auf die erhöhte Polizeipräsenz und das langsam steigende Einbruchschutzniveau zurück.

Allerdings ist die Gesamtzahl von 42 416 Einbrüchen nach wie vor relativ hoch. Pro 1000 Einwohner entspricht das etwas mehr als 5 Fällen. Das ist wesentlich mehr als in Deutschland, wo dieser Wert trotz massiven Anstiegs um fast 10 % bei nur knapp über 2 Fällen pro 1000 Einwohner liegt.

Bisher schwer vergleichbar

Diese Umstände haben den Schweizer Fachverband Fenster- und Fassadenbranche (FFF) dazu veranlasst, ein eigenes RC2-Fensterprogramm für Holz- und Holz-Metall-Fenster ins Leben zu rufen. Denn in etwa 80 % der Fälle dringen Einbrecher über Fenster oder Fenstertüren ein, und die Fensterbauer spüren die steigende Nachfrage nach geprüften Produkten.

Die meisten Betriebe hatten aber bis anhin kein geprüftes Produkt im Angebot. War in einer Ausschreibung ein erhöhter Einbruchschutz gefordert, ergänzte man das Fenster mit Sicherheitsbeschlägen oder Verstärkungen. Diese Massnahmen verbessern zwar das Schnutzniveau, sie sind aber meistens nicht als System geprüft, sprich sie sind schwer vergleichbar und für den Bauherren schwierig einzuschätzen.

Breit abgestütztes Projekt

Der Grund für die geringe Verbreitung von geprüften Systemen liegt in den hohen Kosten und Aufwänden, weil ja nicht nur ein Fenstertyp zertifiziert sein soll, sondern ein ganzes System. Das heisst, es müssen ein-, zwei- und dreiflüglige Fenster, verschiedenste Details, Eckverbindungen, Kanteln, Gläser und Beschläge sowie Kombinationen davon abgedeckt sein. Der Verband hat den Anspruch, möglichst viele verschiedene Systeme in das Projekt zu integrieren. Durch die breite Abstützung kann ein grosser Teil der Mitglieder profitieren. «Wegen des hohen Aufwandes haben sich wohl viele Systemgeber und Beschlägehersteller nicht an diese Aufgabe herangewagt», erzählt Beat Rudin, Leiter des Projektes und FFF- Geschäftsführer.

Mehr Gewicht als Verband

Also suchte sich der Verband verschiedene Mitgliederbetriebe für die unterschiedlichen Fenstersysteme, die bereit waren, die Vorarbeit zu leisten. Konkret ging es darum, Prüfkörper zu fertigen und allenfalls zu optimieren. Einer dieser Betriebe ist die Fenster Nauer AG aus Samstagern SZ. Das Unternehmen mit rund 110 Mitarbeitern produziert industriell Fenster und setzt dabei auf ein System der Ernst Schweizer AG. René Marty ist im Betrieb zuständig für Technik und Entwicklung und schätzt es, dass das Projekt so breit abgestützt ist: «So hat man bei den Systemgebern und Beschlägeherstellern mehr Gewicht.» Dies sei wichtig, vor allem auch wenn es darum gehe, ge- wisse Komponenten zu optimieren. «Da hat ein Fensterbauer alleine einen schwierigen Stand.»

Ebenfalls eine Herausforderung war es, die Systeme – wo nötig – mit einfachen Massnahmen anzupassen. Auf die Produktion sollten diese möglichst keinen Einfluss haben, also ohne zusätzliche oder neue Werkzeuge und spezielle Maschinen auskommen. «Bei den Brandschutzfenstern war dies eine viel grössere Sache», sagt Rudin.

Beim Einbruchschutz ist es aber gelungen, die Massnahmen relativ gering zu halten. Das liegt auch daran, dass die RC2-Fenster in ihren Dimensionen und Querschnitten unverändert bleiben. Das hat nicht nur Vorteile für die Produktion, denn optisch unterscheiden sich die Fenster nicht von einem gewöhnlichen Modell.

Deshalb war es wichtig, dass bei den Projektpartnern auch industriell fertigende Betriebe dabei waren. Denn wenn es industriell mit wenigen Massnahmen umgesetzt werden kann, gelingt dies auch den flexibleren, kleineren Fensterbauern.

Pflichten für Qualität

«Man darf den Aufwand aber dennoch nicht unterschätzen. Entscheidet man sich für das RC2-Fenster, muss man es konsequent umsetzen und die Philosophie im Betrieb leben», sagt René Marty. Denn der Lizenznehmer hat nicht nur eine Antrags- und Lizenzgebühr zu entrichten, er hat auch verschiedene Pflichten zur Qualitätssicherung zu erfüllen:

  • Herstellung und Montage gemäss eingereichten und freigegebenen Konstruktionen
  • Haftung für vorschriftsgemässe Ausführung durch Dritte (Verglasen/Montage)
  • Bestimmung einer Fachperson Einbruchschutz für seinen Betrieb

Ein entscheidender Baustein für den Erhalt der Lizenz ist das Vorhandensein des FFF-Qualitätssignets. Das Signet regelt verschiedenste Qualitätsmerkmale für normale Fenster und beinhaltet auch eine werkseigene Produktionskontrolle (WPK). Für das Einbruchschutzfenster muss die WPK dann mit spezifischen Anweisungen und Kontrollen ergänzt werden. «Wer das Q-Signet bereits hat, ist hier also klar im Vorteil, weil nicht alles von Grund auf neu eingeführt werden muss», sagt Beat Rudin.

Ausserdem muss der Lizenznehmer eine Liste der Objekte mit ausgeführten Lizenzprodukten führen und sicherstellen, dass alle Produkte von der Produktion bis zum Kunden rückverfolgbar sind. Der Fensterbauer muss dem FFF jährlich einen Abzug dieser Liste zukommen lassen, aufgrund derer die Signetkommission Stichproben veranlassen kann.

Dübel noch zu schwach

In Kürze sollen die ersten Betriebe ihre Einbruchschutz-Lizenz erhalten. Zudem will der FFF den Anwendungsbereich weiter ausbauen. So können beispielsweise Fenster mit Dübel-Eckverbindungen momentan nicht lizenziert werden, weil diese noch nicht abschliessend geprüft werden konnten. Für Fensterbauer, die beim Kauf eines neuen Bearbeitungszentrums auf diese Verbindung umgesattelt haben, ist das natürlich ärgerlich.

Beat Rudin ist aber überzeugt, dass diese und weitere Einschränkungen im Anwendungsbereich in absehbarer Zeit überwunden werden. Die Prüfungen dafür sind jedenfalls bereits geplant.

Reglemente sowie die Unterlagen für die Antragstellung können auf der Website des FFF heruntergeladen werden. Darüber hinaus plant der VSSM zusammen mit dem FFF sowie anderen Verbänden und Behörden für das Jahr 2017 verschiedene Fachanlässe zum Thema Einbruchschutz.

Entscheidend ist zudem die Sensibilisierung der Planer, Architekten und Bauherren auf das Thema: Oft sind diese nicht in der Lage, zwischen einem geprüften RC2-Fenster und anderen Bezeichnungen, wie «angelehnt an», zu unterscheiden.

www.fff.chwww.fensternauer.ch

Zuschüsse in Deutschland

Mehr Geld für Einbruchschutz

Die Fraktionschefs der Regierungskoalition in Deutschland haben kürzlich beschlossen, die Zuschüsse zur Einbruchsicherung von Fenstern und Türen von 10 auf 50 Millionen Euro pro Jahr aufzustocken. Ausserdem sollen Hausbesitzer ab 2017 auch bei kleineren Investitionen Beiträge erhalten. Dazu will man die zurzeit geltende Grenze von 2000 Euro weiter absenken.

Der Bundesverband Flachglas und der Verband Fenster und Fassade freuen sich über diesen Beschluss. Sie streben eine Regelung in der Landesbauordnung an, die Mindestanforderungen beim Einbruchschutz definiert.

www.window.de

ph

Veröffentlichung: 28. Juli 2016 / Ausgabe 30-31/2016

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