Studieren geht manchmal über Probieren

Ist das Dach in den Umbau miteinbezogen, so kann es durchaus Sinn machen, ein Notdach zu erstellen, um witterungsbedingten Verzögerungen vorzubeugen. Bild: Hecht Holzbau AG

Baustellenplanung.  Organisation ist alles. Was wie eine abgedroschene Floskel klingt, ist auf der Baustelle das A und O. Denn sind Ablauf und Logistik vor Ort nicht exakt geplant, sind kostspielige Pannen, Verzögerungen und Ärger vorprogrammiert.

Auf jeder Baustelle herrschen individuelle Verhältnisse, die bereits vor der Montage berücksichtigt werden müssen, um genauso effizient arbeiten zu können wie im Betrieb. Auf eine gute Planung setzt auch «Optibau», das Konzept zur Erleichterung der Arbeit und zur Optimierung der Arbeitsabläufe auf der Baustelle (siehe Kasten). Mit Optibau sollen die körperlichen Belastungen durch geeignete Mittel so weit wie möglich reduziert werden und damit Langzeitschäden vorgebeugt werden.

Zu diesem Zweck hat das Projektteam 13 konkrete Schlüsselelemente definiert. So beispielsweise den Einsatz von geeigneten Transport- und Hebemitteln. Um den Handwerkern den Einsatz der Schlüsselelemente zu ermöglichen, wird die Bauherrschaft dazu angehalten, das Areal mit befestigten, berollbaren Wegen zu erschliessen und so einen hindernisfreien Zugang zum Gebäude zu gewährleisten. «Mithilfe der Schlüsselelemente soll das Material geplant und strukturiert an den Montageort gelangen», sagt Hanspeter Thommen, der aktiv beim Optibau-Projekt mitgearbeitet hat. «Dies soll sicher und schonend für die Gesundheit der Arbeitnehmenden passieren.»

Zentral ist für den Fachmann der Eidgenössischen Koordinationskommission für Arbeitssicherheit (Ekas) ausserdem eben jene Sicherheit auf der Baustelle, ein Thema, das in der Ausgabe 42 der SchreinerZeitung (ab Seite 8) eingehend behandelt wurde.

An Neubauten erprobt

Das Optibau-Konzept ist bisher an Neubauten erprobt worden. «Wir sind der festen Überzeugung, dass es ebenfalls im Umbau angewendet werden kann», sagt Thommen. Denn: «Obwohl jedes Objekt seinen eigenen Charakter hat, egal ob Neu- oder Umbau, können doch gewisse Eigenheiten festgestellt werden.» So ist das Platzangebot beim Neubau in der Regel eher grösser, da die Umgebung erst im späteren Verlauf gemacht wird. Die Schlüsselelemente von Optibau, wie Krane, Gerüste oder Fassadenlifte, können somit im Idealfall frei gewählt und eingesetzt werden. Dies sowohl örtlich als auch zeitlich. Daneben können allenfalls auch die Zugänge ins Innere des Gebäudes planerisch so gewählt werden, dass sie die Logistik während der Bauzeit unterstützen oder überhaupt ermöglichen.

Beim Umbau ist der Platz meist stark eingeschränkt. Die Gebäude sind oftmals bewohnt und liegen inmitten einer lebendigen Umgebung mit Fussgängern, Autos und öffentlichen Verkehrsmitteln. Meist ist das Gebäude von einer Gartenanlage umgeben, auf die bei der Anlieferung des Materials Rücksicht genommen werden muss. Die Schlüsselelemente müssen der gegebenen Situation angepasst werden, was die Auswahl beträchtlich einschränkt.

«Wir sind allerdings der Meinung, dass die Palette von Transport- und Hebemitteln so gross ist, das Optibau mit der nötigen Sorgfalt durchaus eingesetzt werden kann, wenn auch eventuell nicht immer ganz wunschgemäss», sagt Thommen. Da gilt es für den Handwerker, flexibel zu sein.

Kann kein Kran aufgestellt werden, so können Seilwinden als Alternative dienen. Ist die Zufahrt mit dem Lastwagen nicht möglich, können Rollwagen eingesetzt werden; darf der Innenlift nicht benutzt werden, so kann ein mechanischer oder ein elektrisch angetriebener Treppensteiger die Beförderung schwerer Objekte erleichtern.

Koordinierter Arbeitsablauf

Für Fritz Hammer, den Leiter Qualitätssicherung und Arbeitssicherheit bei der Dietsche Montageprofis AG, beginnt eine optimale Baustellenorganisation bei der Schulung der Mitarbeitenden. Es gelte frühzeitig zu definieren, welche Leute an welchen Einsatzort geschickt werden. So könne von Anfang an eine klare Struktur in den Arbeitsablauf auf der Baustelle gebracht werden. Es sei wichtig, sich vor Arbeitsbeginn zu einem kurzen Briefing zu treffen, sich über das weitere Vorgehen auszutauschen und den Arbeitsablauf zu definieren. Als wesentlichen Punkt sieht er die Koordination mit den anderen am Bau beteiligten Handwerkern. Diese ist für den Schreiner besonders wichtig, da sein Arbeitsablauf zu wesentlichen Teilen von deren Terminplanung abhängt.

Konflikte vermeiden

Die gute Koordination ist gerade auch bei Umbauten äusserst wichtig, insbesondere dann, wenn die Objekte bewohnt sind. Um Konflikte zu vermeiden, sollten die Arbeitszeiten so weit wie möglich an die Mieter angepasst werden. In einem Mehrfamilienhaus gilt es, genau zu definieren, in welcher Wohnung wann gearbeitet werden kann. «Im Umgang mit den Mietern braucht es etwas Fingerspitzengefühl», sagt Hammer. «Die Handwerker sollten sich frühzeitig bei ihnen vorstellen und ihnen den Arbeitsablauf erläutern.» Denn, wenn man die Mieter anständig behandle und beim Umbau so gut wie möglich auf ihre Bedüfnisse Rücksicht nehme, stehe man sich gegenseitig viel weniger im Weg.

Sauberkeit als Visitenkarte

Eine saubere Baustelle ist eine Visitenkarte für die beteiligten Handwerker. In einem bewohnten Gebäude gelte es, Staubwände aufzustellen, die Böden komplett mit Floorliner abzudecken und Arbeiten wie das Zuschneiden oder das Hobeln von Brettern nach Möglichkeit draussen zu erledigen und nicht in der Wohnung.

Es sei denkbar einfach, die Baustelle sauber zu halten, wenn man bei jedem Gang etwas mitnehme und es gleich richtig entsorge. Ausserdem könne durch eine gute Baustellenordnung extrem viel Zeit eingespart werden.

Massaufnahme und Lagerplätze

Im Zusammenhang mit der Zeitersparnis ist auch die Massaufnahme nicht zu unterschätzen. «Der Schreiner darf sich bei einem Umbau niemals nur auf fremde Pläne und Skizzen verlassen», sagt Hammer.

Der Weg auf die Baustelle zur Massaufnahme zahle sich in jedem Fall aus. «Im Endeffekt sind eigene Masse die Zeitersparnis schlechthin, alles andere ist ein Risiko.» Denn wenn sämtliche Möbel bei der Montage an die tatsächlichen Verhältnisse angepasst werden müssen, verliert der Handwerker weit mehr Zeit, als er mit der eingesparten Fahrt zur Baustelle gewonnen hat. Zum Schluss spricht Hammer einen Punkt an, der auch im Optibau-Konzept festgehalten ist: den Lagerplatz.

Die Handwerker sollten unbedingt vor der Anlieferung des Materials abklären, wo dieses gelagert werden kann und wie viel Platz zur Verfügung steht. Auf dieser Grundlage können Menge und Reihenfolge der Materialien bei der Anlieferung bestimmt werden. Und auch hier zeigt sich: Gut organisiert ist halb gebaut.

www.asg-thommen.chwww.montageprofis.ch

Optibau

Gemeinschaftsprojekt

Mit «Optibau» haben Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften des Ausbaugewerbes, die Suva und das Seco ein Hilfsmittel zur Arbeitserleichterung und -optimierung auf der Baustelle geschaffen. Finanziert wurde das Projekt durch die paritätischen Kommissionen des Ausbaugewerbes. In der ersten Projektphase definierte man 13 Schlüsselelemente der Arbeitserleichterung. Diese wurden in einer zweiten Phase in der Praxis erprobt. In der finalen Phase fanden mehrere Workshops statt, um das Konzept bei allen an einem Bau beteiligten Akteuren – Bauherrschaft, Planer, Bauleitung und involvierte Unternehmen – bekannt zu machen. Mit der Ausarbeitung eines Faltblattes, das als konkrete Umsetzungshilfe im Internet bestellt werden kann, fand das Projekt Anfang September nach vier Jahren seinen Abschluss. Die Ergebnisse sollen nun durch eine Anschlussorganisation verankert und laufend weiterentwickelt werden.

www.optibau.info

mh

Veröffentlichung: 10. November 2016 / Ausgabe 45/2016

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