Verfugt und zugekittet

Bild: Christian Härtel Gelungene Fugendichtungen: Mit ein paar Kniffen bekommt man sie in den Griff.

Fugendichtungen.  Ein ziemliches Ärgernis für Kunden sind unsaubere Anschlussfugen mit elastischen Dichtstoffen. Damit Fugendichtungen in Profiqualität gelingen, braucht es etwas Übung, eine vernünftige Grundausstattung und ein paar Tricks und Kniffs.

Das Ganze ist kein Hexenwerk. Und doch sieht es manchmal genau so aus. Kaum etwas ist ärgerlicher als eine unsaubere Füllstoff-Fuge an einer sonst sauberen Arbeit. Der Ausgangspunkt bei der Fugendichtung ist deshalb eine Art Hassliebe zum Fugen, wie Markus Zöbeli, Gebietsleiter Ost bei der Gyso AG in Zürich-Kloten, die Tätigkeit formuliert. Denn: Manchmal ist Fugen einfach nötig, auch wenn die Arbeit noch so perfekt ausgeführt wurde, und manchmal gelingt die Fuge auch richtig gut. Und dann wieder gar nicht, was dann für Ärger sorgt. Der Griff zur «Kittpistole» ist, vor allem wenn er nicht jeden Tag erfolgt, oft heikel. Das muss nicht so sein.

Die Tipps weitergeben

Damit die «Kittfuge», meist in Form einer Silikonfuge, für Funktion und Ästhetik sorgt, reiste Zöbeli in diesem Jahr durch die Schweiz und erklärte im Rahmen der Veranstaltungsreihe «SchreinerUpdate» vom Verband Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten (VSSM) den Kollegen, wie der Umgang mit Dichtungsmassen zu einer leichten Übung wird.

Und weil das Ganze kein Hexenwerk ist, kann man den letzten Arbeitsschritt bei der Montage in einige wenige Bereiche gliedern. Es geht immer wieder um die Fragen, welcher Dichtstoff für die jeweilige Situation der richtige ist, welches die geeigneten Werkzeuge und Hilfsmittel sind und wie man damit richtig umgeht. Daneben gibt es noch die Besonderheiten, oder anders ausgedrückt: Achtung Fehlerquelle! Aber das ist es dann auch.

Der Kitt ist etwas anderes

Muss das Eindringen von Feuchtigkeit zwischen Bauteilen verhindert werden, kommen im Innenbereich vor allem drei Dichtungsmassen zum Einsatz. Das sind Silikon, Acryl und einer, der so gar nicht in den gängigen Sprachgebrauch, wohl aber in die gängige Praxis passt: der MS-Polymer-Dichtstoff.

Nicht unerwähnt sollen Dichtungsmassen auf Polyurethan-Basis (PU) sowie der echte Ölkitt bleiben. Beide haben ihre besonderen Einsatzbereiche, die aber weniger etwas mit dem normalen Alltag für eine Füllstoff-Fuge aus der Kartusche des Schreiners zu tun haben. Der echte Kitt aus Schlämmkreide und Leinölfirnis wird fast nur noch bei alten, historischen Verglasungen von Fenstern und Türen benötigt. Dichtstoffe auf Polyurethan-Basis haben ihre Vorteile vor allem beim Einsatz im Aussenbereich, weshalb der Schreiner seltener damit in Berührung kommt. Es gibt aber auch PU-Produkte, die für Innenanwendungen geeignet und entsprechend eingestellt sind.

Hier lauert schon ein Knackpunkt. Es gibt unglaublich viele, in den Details unterschiedliche Dichtstoffe, selbst innerhalb einer Materialgruppe. Der Austausch mit Experten und das Downloaden von technischen Merkblättern sowie das Anfertigen von Probestücken bei heiklen Materialien sind deshalb immer wieder nötig.

Welcher Dichtstoff sich wo eignet

Die tägliche Praxis geht um das Abdichten von Anschlüssen bei Küchen- und Badezimmermöbeln, Dehnfugen im Bodenbereich sowie das Verkleben von äusserst unterschiedlichen Materialien miteinander, wie etwa Abdeckungen aus Keramik, Stein oder Stahl auf Rahmenkonstruktionen.

Einfach «Kitt» nehmen kann schiefgehen. Wer etwa ein Spiegelglas mit Silikon befestigt, hat den Ärger vorprogrammiert. Denn das Silikon greift die Metalldampfbeschichtung an und so wird der Spiegel an den Klebelinien blind. Dichtstoffe auf Acryl-Basis haben auf nicht saugenden Untergründen zu wenig Haftung.

Für das Verkleben von Spiegeln ist der MS-Dichtstoff ein geeignetes Produkt. MS-Polymer-Dichtstoffe aus modifizierten Silanen sind generell bei flächigen Verklebungen auch mit Metall oder anderen Materialien eine gute Wahl.

Probleme mit den Weichmachern

«Grundsätzlich gibt es keine universellen Dicht- und Klebstoffe», sagt Zöbeli. Allerdings ist es oft das Silikon, das sich für viele Anwendungen eignet, vorausgesetzt, es handelt sich um ein Produkt, das frei von Weichmachern ist. Die Silikone ohne Weichmacher lassen sich etwas schwerer verarbeiten als Silikone mit Weichmacher. Dafür hat man später keine Probleme mit dem Wandern der Inhaltsstoffe. Gerade bei Holzwerkstoffen wie Parkettböden kommt es immer wieder vor, dass von den Anschlussfugen Weichmacher ins Holz ziehen und dieses dann unschön verfärben. Auch bei Natursteinen besteht die Wanderungsproblematik der Weichmacher.

Silikon ohne Weichmacher eignet sich für Dichtungsfugen an Glaskeramik, Natursteinen, Glas, Holzwerkstoffen oder auch Keramik. Manchmal sieht man nicht auf Anhieb, was für ein Silikon man vor sich hat. Der Hinweis «neutral vernetzend» besagt, dass keine Weichmacher im Silikon enthalten sind. In manchen Fällen kann das essigsaure Silikon aber auch unpassend sein, wenn etwa gerbstoffhaltige Hölzer, Silikon und Wasser chemisch reagieren.

Etwas zum Streichen

Sollen Passleisten oder Sockelblenden später überstrichen werden, ist Acryl die richtige Wahl. Auch MS-Polymer-Dichtstoffe können überstrichen werden. Diese kommen deshalb neben Verklebungen vor allem bei Anschlussfugen an der Wand, wie auch bei Fensteranschlüssen, zum Einsatz.

Ein besonderer Vorteil von Silikon ist seine Durchfärbbarkeit. Einige Hersteller bieten entsprechend auch die Möglichkeit, Silikon nach Farbwunsch zu produzieren. Das Ganze ist nicht so kostspielig, wie es scheint. Bei hochwertigen Innenausbauten ist dies im Gegenteil eine äusserst interessante Massnahme, um auch optisch hochwertige Silikonfasen anzubringen. Vor allem natürlich dann, wenn ein Farbkonzept umgesetzt wurde und der Einsatz von Standardfarben bei Dichtstoffen das Erscheinungsbild stören würde.

Ohne gutes Werkzeug geht nichts

Die Ausstattung, die es braucht, um Fugendichtungen in guter Qualität erstellen zu können, ist überschaubar. Trotzdem sieht man immer wieder recht wenig geeignete Hilfsmittel in der Praxis. «Das fängt schon bei der Handdruckpistole an. Wer eine Pistole für sieben Franken kauft, hat damit meist mehr Probleme als einen guten Arbeitsfortschritt», weiss Zöbeli. Bessere Pistolen lassen sich zuverlässig bedienen und sind hochwertiger gebaut. Neben einem Cutter und Putztüchern sind vor allem Reiniger, eventuell ein Primer für die Untergrundvorbereitung sowie ein geeignetes Abglättmittel nötig. Als Kernstück für die Arbeit des Abziehens braucht es einen richtigen Kittspachtel, den es mit unterschiedlichen Radien sowie Fasenlängen gibt. Wer ohne Spachtel arbeitet, überlässt das Werk dem Zufall und der eigenen Tagesform.

Unebene Materialien sind schwieriger

Bei glatten, geraden und unempfindlichen Oberflächenmaterialien, an denen eine Fugendichtung angebracht werden soll, ist das denkbar einfach. Deutlich anspruchsvoller sind unebene und vielleicht empfindliche Materialien beim Verfugen. Diese treten immer häufiger auf. Etwa strukturgebürstetes Holz. Dann sollte man zunächst einmal die Fugenränder abkleben, damit später beim Abziehen die Werkstoffe sauber bleiben.

«Neben speziellem Abklebeband mit wenig haftender Oberfläche geht dafür zur Not auch ganz normales Malerband, auch wenn die Oberfläche bei diesem nicht so glatt ist», sagt Zöbeli. Danach müssen die Fugenflanken gereinigt werden, was manchmal vernachlässigt wird, weiss der Experte. Schmutz kann die Haftung des Dichtstoffes auf den Materialien verhindern. Man sollte dabei auf ein Reinigungsmittel aus dem Fachhandel zugreifen, das sowohl entfettet als auch rückstandsfrei abtrocknet, ohne etwa Lackschichten anzugreifen.

Gegen unerwünschte Rissbildung

Bei grösseren Fugen oder auch Dehnfugen kommt es immer wieder zur sogenannten Dreiflankenhaftung, indem die Dichtstoffmasse bis auf den Fugengrund reicht. Dann ist es nötig, zunächst mit Hinterfüllmaterial «aufzufüttern». Dafür werden Schnüre in unterschiedlicher Stärke aus offenporigem Schaumstoff in die Fuge gedrückt. Die geringe Haftung des Dichtstoffes auf dem Schaumstoff sorgt für eine spannungsfreie Fugengeometrie. «Zur Not hilft auch ein Klebeband auf dem Fugengrund. Hauptsache, die Dichtungsmasse vernetzt nicht mit allen drei Flanken, was das Risiko einer Rissbildung erhöht», erklärt Zöbeli.

Je nach Untergründen kann das Aufpinseln von Primer auf die Fugenflanken für eine bessere Vernetzung sinnvoll sein. Mit Primer werden die Poren von Baustoffen verschlossen und die Flanken so vor Feuchtigkeitseinwirkung geschützt. Auch wird die hinderliche Oberflächenspannung von einigen Materialien gebrochen. Erst danach wird der Dichtstoff mit der Spritze satt aufgetragen und anschliessend mit der gewünschten Geometrie des Spachtels abgezogen und nachgeglättet.

Auch hier empfiehlt sich das richtige Mittel der Hersteller. Je nach Materialien und Art der Dichtstoffe können unterschiedliche Abglättmittel nötig sein. Etwa, wenn Anschlüsse mit empfindlichen Natursteinen wie zum Beispiel Marmor verfugt werden sollen.

«Spülmittel kann wegen starker Inhaltsstoffe wie Fettlösern, Parfum und Farbstoffen zu Schwierigkeiten führen, etwa mit Verfärbungen», so Zöbeli. Ein richtig eingestelltes Abglättmittel dagegen reduziert das Risiko von Farbreaktionen und das manchmal zu beobachtende oberflächliche Aufreissen von Dichtungsfugen. Zur Not kann auch mit Wasser verdünnter Spiritus genommen werden, der das Wasser entspannt. Beim Nachglätten kommt dann doch der Finger mit ins Spiel. Vor allem in Eckanschlüssen gibt es eigentlich keine Alternative zum gefühlvollen Einsatz der Fingerkuppe als Universalwerkzeug.

Gleiches mit Gleichem ersetzen

Trotz fungizider Einstellung vor allem von Silikondichtstoffen kommt es bei langfristiger Einwirkung von Feuchtigkeit oft zu Schimmelpilzbildungen in Fugendichtungen. Dann müssen diese erneuert werden. «Ganz wichtig ist beim Herausschneiden des alten Dichtstoffes und Reinigen der Fuge das Tragen von Einweghandschuhen. Sonst hat man die Pilzsporen gut über die Hände verteilt und kontaminiert gleich die neue Fuge damit», so Zöbeli. Nach dem Reinigen sollten die Handschuhe deshalb auch gleich entsorgt werden.

Werden Fugen saniert, empfielt es sich, sie mit dem gleichen Dichtstoff zu erneuern. Um herauszufinden, um welches Material es sich handelt, bedient man sich einer etwas archaischen Vorgehensweise: Man brennt den alten Dichtstoff einfach an. Denn Silikon enthält kein mineralisches Öl und brennt deshalb gar nicht richtig. Es verglimmt vielmehr bei mildem Geruch und weisslichem Rauch zu ebensolcher Asche. Ganz anders bei Acryl. Die gelbliche Flamme mit leicht süsslichem Geruch brennt fast aufgrund des Mineralölgehaltes. Allerdings sieht dies ähnlich aus wie beim Anbrennen von MS-Polymer-Dichtstoffen. In beiden Fällen kann jedoch dann mit MS-Polymer saniert werden.

www.gyso.chwww.sika.chwww.pci.ch

SchreinerUpdate

Neue Termine zum Thema Fugendichtung

In 2 × 66 Minuten werden zwei Themen kompakt vermittelt, so das Konzept der Veranstaltungsreihe «SchreinerUpdate». Auch «Fugendichtung in Profiqualität» wird thematisiert.

Die Daten 2019:

  • Mittwoch, 18. September, Herisau AR
  • Montag, 11. November, Spiez BE

Anmeldungen und weitere Infos, auch für Kurse mit anderen Inhalten:

www.schreinerupdate.ch

ch

Veröffentlichung: 20. Dezember 2018 / Ausgabe 51-52/2018

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