Viel Potenzial unter manchem Dach

Bild: Baer Création AG

Dachraumausbauten.  Ganz oben lassen sich interessante Aufträge mit einer hohen Wertschöpfung und einzigartige Referenzen verwirklichen. Doch damit dem so ist, muss sich der Schreiner mit den Gegebenheiten im Gebäude und den Bedürfnissen des Kunden auseinandersetzen.

Bei manchem Einfamilienhaus ist unter dem Dach noch eine unvollständig ausgebaute Raumfläche vorhanden. Manchmal ist diese schon über einen Zugang in Form eines Treppenaufganges oder einfach über eine Luke zugänglich. Diese Flächen sind eine optimale Alternative zu anderen Erweiterungen, wie zum Beispiel einem seitlichen Raumanbau. Vielmals wird ein Ausbau zum Thema, wenn es persönliche Veränderungen in der Familie gibt, die mehr Raum zum Ausweichen erfordern. «Wenn Nachwuchs erwartet wird oder die Kinder ins Teenager-Alter kommen, braucht eine Familie einfach mehr Platz und Freiraum», sagt René Hochuli, Inhaber der Schreinerei Bauhaus Muttenz aus Muttenz BL.

Vielfältigkeit ist Trumpf

Wirtschaftlich gesehen ist ein Dachraum-ausbau höchst interessant für einen Schrei-nerbetrieb. Standardmöbel und Schränke passen meist nicht in die individuell ausgebauten Räume. Hier hat der traditionelle Schreinerbetrieb mit seiner Vielfältigkeit und Flexibilität einen klaren Vorteil gegenüber reinen Anschlagfirmen. Trotz der attraktiven Auftragslage und der Wohnraumknappheit nehmen die Dachraumausbauten volumenmässig ab. «Der Rückgang der Nachfragen hängt unserer Meinung nach mit dem hohen Kubikmeterpreis im Verhältnis zu Neubauten zusammen», sagt Ruedi Baer, Inhaber der Baer Création AG. Umso wichtiger wird die spezifische und fachmännische Beratung des Kunden. Baer weiss: «Nur bei einer überzeugenden Lösung ist die Kundschaft bereit die entsprechenden Preise zu bezahlen».

Möglichkeiten offenlegen

Der Planer ist in der Pflicht, die Möglichkeiten einer korrekten Umsetzung abzuklären. Zu Beginn muss er abschätzen, ob ein Ausbau im vorhandenen Dachraum überhaupt möglich ist. «Wenn ich sehe, dass ich nach der Verkleidung noch einen Innenraum von zwei auf fünf Metern bei einer Höhe von knapp zwei Metern erhalte, muss ich von einem Ausbau abraten», sagt Hochuli. Ist genügend Raum vorhanden, steht die Prüfung des Daches und der vorhandenen Isolation an. «Es ist entscheidend, nur unter einem gesunden Dach mit einem Ausbau zu beginnen», sagt Hochuli und meint weiter: «Wenn der Kunde keinen eigenen Dachdecker hat, organisiere ich eine Prüfung der vorhandenen Infrastruktur.» Es wäre ärgerlich, wenn nach Beendigung des Ausbaues ein Wasserschaden durch ein defektes Dach eintreten würde.

Licht ist eine Grundlage

Damit man sich im Raum wohlfühlt, braucht es die richtige Menge an natürlichem Licht. Diese ist gesetzlich im Verhältnis zur Bodenfläche geregelt. Man muss die Art und Weise, wie man das Licht in den Dachraum bekommt, auf das Gebäude und die flankierenden Regelungen abstimmen. Weiter kann mit der richtigen Positionierung der Fenster das Wohlbefinden weiter verbessert werden. «Die Dachfenster dürfen nicht zu hoch angesetzt sein, ansonsten bekommt man ein Gefühl der Eingesperrtheit, wenn nur der Himmel und keine Umgebung sichtbar ist», sagt Baer.

Hier kann der Innenausbauer auch selbst Hand anlegen und sich weiterbilden. «Wir bauen unsere Dachfenster selber ein und haben unsere Mitarbeiter extra für diesen Zweck geschult», erklärt Hochuli. Um den Lichteinfall zu unterstreichen, kann mit der Positionierung der Zwischenwände und der richtigen Farbgebung ebenfalls viel für das Wohlbefinden im Dachraum getan werden.

Das richtige Angebot unterbreiten

Damit der Auftrag für Kunde und Ausbauer stimmig endet, muss der Planer ein Gespür für die individuellen Bedürfnisse entwickeln. Bei einer jungen Familie, die noch nicht unnötig Geld ausgeben will, kann man zum Beispiel auch mit einem Teilausbau viel erreichen. «Man merkt schnell, was der Kunde benötigt, und bei einem Dachausbau mit einer so hohen Wertschöpfung ist auch ein Grundausbau ohne Möbel interessant», sagt Hochuli.

Nachfolgend werden drei entscheidende Aspekte beschrieben, die zu einem erfolgreichen und praxistauglichen Dachraum-ausbau beitragen.

www.bauhaus-muttenz.chwww.baer-ag.ch

Die Öffnung als Verbindung

Es braucht den Mut des Schreiners und die Offenheit des Kunden, wenn ein etwas grösserer Eingriff im Gebäude umgesetzt werden soll. Durch das Entfernen von Zwischenböden kann ein ganz neues Raumgefühl entstehen, wenn auf die statische Gebäudebeschaffenheit und die räumliche Einteilung geachtet wird. Bei älteren Gebäuden ist das Entfernen von Deckenteilen meist kein grösseres Problem, da diese meistens aus gefüllten Balkenlagen bestehen. In neueren Gebäuden mit betonierten oder gemauerten Zwischendecken steigt der Aufwand meistens erheblich an. In jedem Fall lohnt sich eine kurze Rücksprache mit einem Statiker. Von der räumlichen Wirkung her ist zu beachten, dass der Aufgang oft im herausgebrochenen Deckenteil ist und somit in diesem Bereich ein Durchgangsraum entsteht. Wenn der Platz ausreicht, kann mit einem separaten Aufgang gearbeitet werden, um dies zu vermeiden. Die gewonnene Raumhöhe kann mit geschickt platzierten Dachfenstern den grosszügigen Eindruck noch zusätzlich unterstreichen.

Bei Deckendurchbrüchen ist in der Umsetzung die Absturzsicherung zu beachten. Diese sollte bereits in der Planung ausgesucht werden, damit sie zum Stil des Umbaus passt.

Nachträglich ausgesuchte Geländer oder Brüstungen wecken oft einen aufgesetzten Eindruck und zerstören die Offenheit des Durchbruchs. Mit unterschiedlichen Kombinationen aus Holz, Glas und Metall kann der Schreiner eigene Kreationen schaffen und den Charakter des Raumes aufgreifen. In solchen Fällen sind die Vorschriften für Brüstungen zu beachten und alle Masse einzuhalten.

Der Lichtfaktor

Mit Dachfenstern, Gaupen, Lukarnen oder Giebelfenstern stehen dem Ausbauer eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Auswahl, um Licht in den Dachraum zu bekommen. Die Fensterfläche muss im Verhältnis zur Bodenfläche stimmen. Diese ist bei normal durchsichtigem Glas mit einem Achtel der Bodenfläche vorgeschrieben. Neben den Vorlieben des Planers und des Kunden spielen oft auch die individuellen Zonenvorschriften eine gewichtige Rolle, wenn es um die Platzierung und Auswahl der Lichtöffnungen geht. Es gibt von Gemeinde zu Gemeinde Unterschiede, die es schon in der Planung abzuklären gilt. Vorschriftswidrige Planungen beanspruchen meist einen grossen Mehraufwand, da die Konstruktionen nachträglich an die neuen Gegebenheiten angepasst werden müssen.

Der richtige Blick nach draussen

Sind alle Vorschriften eingehalten, gibt es immer noch planerische Freiheiten die das Wohlbefinden stark beeinflussen können. Ein wichtiger Punkt in der Raumgestaltung ist die richtige Höhe der Fenster. Es ist wichtig dass die Umgebung durch ein Fenster sichtbar ist. Bei Fenstern, die nur einen Blick in den blauen Himmel gewähren, entsteht mit der Zeit ein ungutes Gefühl. Neben der natürlichen Beleuchtung kann mit gut platzierten künstlichen Lichtquellen, zum Beispiel in Form von Lichtbändern quer zum Fenster, die Lichtwirkung zusätzlich unterstützt und weiter in den Raum hineingezogen werden. Helle Farben und Materialien bringen ebenfalls Offenheit und Weite in die meist beschränkten Platzverhältnisse unter dem Dach.

Individuelle Möbel und Lösungen

Hier kann der Schreiner als Innenausbauer sein ganzes Können ausspielen. In den Schrägen unterm Dach findet meist kein Standardmöbel Platz und es ist eine angepasste Lösungsvariante gefragt. In den Kniestöcken kann der meist knappe Stauraum erweitert werden. Auszugskisten oder kleine Regale stellen eine gute Möglichkeit dar, den Platz sinnvoll zu nutzen. Alternativ kann auch mit einer kleinen, vorgesetzten Wand eine Stauecke oder Besenkammer im Kniestock entstehen. Auch die Unterteilung der Räume ist ein wichtiger Faktor: Grundsätzlich sollte man von jedem Bereich im Dachraum eines der Fenster im Blickfeld haben. Anstelle von Trennwänden können Möbel sehr gut als Raumtrennersatz zum Einsatz kommen. Ein Kleiderschrank auf der einen Seite und auf der anderen Seite genug Platz für die Plattensammlung oder das Spielregal – so wird funktionell und einzigartig getrennt.

Individuelle Chance

Der hohe Grad an Individualität stärkt zudem die Position des Schreiners beim Offerieren. Zum einen bringt er die Wertschöpfung in die eigenen Werkstatt und zum andern kann keiner die gleiche Lösung dem Kunden präsentieren. Der Fantasie sind fast keine Grenzen gesetzt. Von der kleinen Küche in der Dachschräge über das offene Bad bis zur Sauna kann der Schreiner einiges in den Dachraum einpassen. Wichtig bei jeglicher Art von speziellen Einbaulösungen ist die Gebrauchstauglichkeit im Alltag. Die an den Dachraum angepassten Werkstücke dürfen in puncto Bedienung und Komfort keine Abstriche zum normalen Pendant aufweisen.

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Veröffentlichung: 27. August 2015 / Ausgabe 34/2015

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