Vom Abbruchkandidaten zum Bijou

Eine Küche wie aus dem Bilderbuch im Obergeschoss des «Haus Fontana» im bündnerischen Sarn. Bild: Holzrausch

Aus alt mach neu.  Alpine Authentizität und Wohnlichkeit erzeugen. Nichts weniger hat sich die Firma Holzrausch aus Graubünden auf die Fahne geschrieben. Dies geschieht mit Umbauten von alten Bauernhäusern und Maiensässen. Was dabei zählt, ist die Harmonie zwischen Alt und Neu.

«Unser Ziel ist es, aus jedem Objekt ein Referenzobjekt zu machen.» Die Aussage von Geschäftsinhaber Oliver Schulthess lässt die Philosophie der Firma Holzrausch bereits erahnen. Das Planungs- und Ausführungsunternehmen aus dem bündnerischen Sils im Domleschg stellt an sich selbst hohe Ansprüche und setzt dabei Massstäbe. Wenn Schulthess und sein operativer Leiter, der Schreiner Peter Hermann, irgendwo in den Bündner Bergen alte, scheinbar abbruchreife Bauernhäuser und Maiensässe entdecken, sehen sie sogleich jede Menge Möglichkeiten. «Wo andere schon die Abrissbirne hervorholen würden, beginnen bei uns die ersten Renovationsgedanken», sagt Hermann lachend.

Ein spannendes Projekt

Den Renovationsgelüsten freien Lauf lassen konnte das Holzrausch-Team beispielsweise beim «Haus Fontana». Hier handelte es sich um einen alten, seit Jahren ungenutzten Teil eines Steinbauernhauses mit Giebeldach in der bündnerischen Berggemeinde Sarn. Das «Haus Fontana» zeichnet sich aus durch die Verbindung eines historischen Bauteils im barocken Bündner Baustil mit einem Anbau jüngeren Datums, der sich über die Dorfstrasse spannt. «Für uns war das ein unheimlich spannendes Projekt», sagt Schulthess. Nicht zuletzt deshalb, weil sich hier die «harmonische Kombination» von Alt und Neu respektive von Historischem und Modernem ganz besonders gut habe umsetzen lassen.

Ziel war es, den historischen Bauteil zu renovieren und dabei die Substanz der Treppen, des alten Gewölbekellers, des Balkenwerks sowie des Wohnzimmers möglichst zu erhalten. Geändert wurde indes die Nutzung der Räume. So wurde aus der ehemaligen Küche im 1. Obergeschoss ein Zimmer mit Cheminée, während die neue Küche ins Dachgeschoss integriert wurde. Letzteres ist im Holzstrickbau gehalten, in welchem die schwalbenschwanzförmigen Balkenenden wandbündig miteinander verbunden sind. «Zusätzlich haben wir in der Küche ein Panoramafenster eingebaut, wodurch eine wunderbare Aussicht über das ganze Tal entstanden ist», erklärt Schult-hess. Ebenfalls im Dachgeschoss findet man die mit Natursteinplatten gestaltete Nasszelle.

Der wenig erhaltenswerte Anbau wurde hingegen komplett abgerissen und durch einen verputzten Anbau in Elementbauweise ersetzt. Gleichzeitig wurde der auf Stahlträgern stehende Anbau leicht angehoben, um darunter eine bessere Durchfahrt zu ermöglichen.

Positive Überraschung

«Bei Umbauten von historischen Gebäuden ist es immer wieder spannend, zu sehen, was zum Vorschein kommt, wenn man etwas freilegt», sagt Holzrausch-Schreiner Peter Hermann.

Die Philosophie, möglichst viel erhalten zu wollen, kann da je nachdem zur grossen Herausforderung werden. «Natürlich gibt es jeweils sowohl positive als auch negative Überraschungen, die während solch eines Projektes auf einen zukommen», erklärt Schulthess. Im «Haus Fontana» war beispielsweise eine gut 200-jährige getäferte Holzdecke eine solche Überraschung. Eine positive. Denn der Zustand der historischen Stube war noch so gut, dass man sie nach leichten Restaurationsarbeiten übernehmen konnte. So wird die alte, getäferte Bündnerstube heute als Bibliothek genutzt.

Arbeiten mit Kontrasten

Das Fachwerk des aus dem Jahr 1660 stammenden Bündnerhauses wurde partiell freigelegt und stellenweise mit Glasscheiben geschützt, wobei die weiss verputzten Wände einen schlichten Kontrast zu den grob behauenen Balken bilden. Die offen gelegten Natursteinmauern, die Holzriemenböden in den Zimmern und die alten Steintreppen wurden belassen, respektive – wo nötig – wiederhergestellt. Auch sind die Türen zu den Räumen im alten Teil des Gebäudes allesamt antike Originaltüren aus Holz. Im Eingangsbereich des über drei Stufen zugänglichen Wohnhauses – wo sich unter anderem eine Garderobe und ein Wirtschaftsraum befinden – dient eine Scheibe im Boden als Oberlicht für das darunter- liegende Naturkellergewölbe.

Im Neubau alte Balken sichtbar

Der neue Anbau ist wiederum über zwei Stufen vom historischen Bauteil erreichbar. Hier wurde der Verputz von den Balken der Trennwand entfernt, um den alten Strick sichtbar zu machen und so den Räumen einen historischen Akzent zu verleihen. Ansonsten sind die Räume des Neubaus von modernen Möbeln geprägt, die Wände sind weiss verputzt. Als Boden wurde ein Eichenparkett gelegt. Ein Schiebefenster im Wohnzimmer ermöglicht schliesslich den Zugang zur grossen Terrasse und lässt gleichzeitig Licht in die Räumlichkeiten.

Heutige Ansprüche, historischer Charme

Die Beteiligten sind mit dem Resultat des Umbauprojekts «Stüva Fontana» voll und ganz zufrieden. Aus der ehemaligen «historischen Bauruine» ist ein Wohnhaus entstanden, das den Ansprüchen moderner Wohnkultur voll und ganz entspricht, ohne dabei den Charme und die Authentizität eines historischen Gebäudes zu verlieren.

«Natürlich sind Umbauarbeiten in dieser Form sehr aufwendig», sagt Oliver Schult-hess. So seien bei diesem Objekt «mehrere hunderttausend Franken» investiert worden. Damit bewege man sich ganz klar in einem Liebhabersegment. Dennoch ist er vom Potenzial der Um- und Ausbauten alter Bauernhäuser überzeugt. «Es gibt noch unheimlich viele solcher Objekte, die wie gemacht sind für unsere Ideen.»

Überschaubare Zielgruppe

Probleme, Käufer für die fertigen Objekte inklusive der raumgestalterischen Elemente zu finden, hatten Schulthess und sein Team bislang keine. Es sei ein kleiner Markt mit relativ wenigen Objekten, für den sich eine überschaubare Zielgruppe interessiere. Im Fall vom «Haus Fontana» in Sarn ist es ein weltgereistes Paar, welches sich für das authentische Wohnen im Bündner Bergdorf entschieden hat.

www.holzrausch.ch

Holzrausch

Bauen mit Geschichte

Die perfekte Balance finden zwischen Geschichte und Funktionalität und so das Bedürfnis von gemütlicher und trotzdem zeitgemässer Wohnlichkeit kreieren. Das ist seit nunmehr zehn Jahren die Aufgabe der Firma Holzrausch mit Sitz im bündnerischen Sils im Domleschg. Das Team um Inhaber Oliver Schulthess und den operativen Leiter Peter Hermann hat sich darauf spezialisiert, Bauern- und Walserhäusern neues Leben einzuhauchen. Und zwar im Sinne eines «Schlüsselfertig-Gesamtpaketes» von der Projektierung, über den Bau bis hin zum letzten Einrichtungs- und Dekorationsdetail. In den vergangenen Jahren konnte Holzrausch bei rund 40 teilweise über 300 Jahre alten Liebhaber- und Spezialobjekten ein neues Kapitel in der Geschichte des Hauses schreiben. Bei der Ausführung der Umbauprojekte arbeitet das Holzrausch-Team jeweils mit ausgewählten Handwerkern aus der Region zusammen.

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Veröffentlichung: 08. März 2018 / Ausgabe 10/2018

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