Von Enten, Adlern und einem Wolfsrudel

Eishockey-Coach Patrick Fischer verrät im «Cinema 8» in Schöftland einige Zutaten seines Erfolgsrezeptes. Bild: VSSM

Branchentreff.  Rund 250 Schreinerinnen und Schreiner bekamen am SchreinerForum 2020 des VSSM in Schöftland eine zünftige Portion Zuversicht serviert. Gerade in Krisenzeiten gelte es, neue Wege zu begehen, war zu hören, und sei es aus der schieren Hilflosigkeit heraus.

Einen Tag mit Aha-Erlebnissen, das wünschte VSSM-Zentralpräsident Thomas Iten zu Beginn des SchreinerForums den Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Rund 250 Schreinerinnen und Schreiner sowie Gäste waren vergangene Woche nach Schöftland AG gekommen, um sich unter dem Motto «Punktlandung» inspirieren zu lassen. Durch den Tag im Kinokomplex «Cinema 8» führte die Comedienne und einstige Miss Schweiz Stéphanie Berger.

Obwohl die Coronapandemie nicht expli- zit thematisiert wurde, schwang die Seuche im Hintergrund mit. Einerseits, weil es für die Teilnehmer gewisse Einschränkungen gab, was den persönlichen Austausch anging. Die Besucherschar war drei getrennten Sektoren zugewiesen worden, damit bei einem Coronafall nicht gleich die ganze Gesellschaft in Quarantäne muss.

Andererseits aber wiesen mehrere Redner darauf hin, dass es gerade in Krisenzeiten gelte, neue Wege zu finden und zu gehen. Als Erster tat dies Marcel Schwander (Bild), CEO von Strasserthun. Eben erst hatte die Berner Oberländer Schreinerei nach 2011 den anspruchsvollen Wechsel von der zweiten in die dritte Generation gemeistert und sich einen neuen Namen und eine neue Ausrichtung gegeben, als Anfang 2015 mit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses eine erste Krise das Unternehmen kalt erwischte. «Im Innenausbau von Hotels brach uns der Markt weg», sagte Schwander. Er habe damals schon auch gehadert. Doch dann habe er sich gesagt: «Wenn nun alle rein in die Schweiz kommen, dann gehen wir halt raus nach Europa.» Es sei grosses Denken in grosser Hilflosigkeit gewesen, räumte er ein. Doch der Erfolg gibt im Recht. Zwei Jahre hat das Team von Strasserthun herumgetüftelt, wie sich unterschiedlichste Werkstoffe mit Laser bearbeiten lassen. Heute sind die individualisierten Oberflächen und der Material-Showroom «Punkt 6» – «unsere Schatzkammer» – das wichtigste Alleinstellungsmerkmal der Schreinerei, das ihr den europäischen Markt eröffnet hat. Der Gewinn mehrerer Designpreise habe mitgeholfen. «Es braucht eine Vision und einen Weg, diese umzusetzen», sagte Schwander. Dazu sei es unabdingbar, die Angestellten ins Boot zu holen und diesen das Vertrauen zu schenken. «Man muss investieren, Veränderungen wagen und in Kauf nehmen, dass der eine oder andere den Prozess nicht mitmacht und abspringt», sagte Schwander. Was auch der Fall gewesen war. Heute sei es so, dass keine Woche vergeht ohne eine Blindbewerbung auf seinem Pult.

Flexibilität ist ein Gebot der Zeit

Was bei Strasserthun offenbar problemlos läuft, ist für andere Schreinereien zunehmend eine Herkulesaufgabe: das Halten und Rekrutieren von Fachkräften. Coach Marianne Breu (Bild) erklärte einerseits, wie sich die Einstellung zur Arbeit in den vergangenen Jahren verändert hat, und zeigte andererseits auf, wie Schreinerbetriebe darauf reagieren sollten, nämlich mit Flexibilität und personeller Vielfalt. Teilzeit und andere Modelle sollten demnach keine Tabus mehr bleiben, auch um junge Menschen länger im Beruf zu halten. Ihr Neffe, ein begeisterter Schreinerlernender im zweiten Jahr, habe ihr gegenüber eingeräumt, dass er es sich nicht vorstellen könne, das ganze Leben in diesem Beruf zu verbringen. Ausser bei den Jungen könnten sich auch mit älteren Quereinsteigern neue Wege auftun. Im kaufmännischen Bereich werden wegen der Digitalisierung zigtausend Stellen wegfallen. Was die Krise der einen Branche ist, kann die Chance des Handwerks sein. «Und glauben Sie mir, Sie finden kaum motiviertere Mitarbeiter, als die, die mit 40 noch eine Lehre beginnen», sagte Breu. «Und warum nicht auch an Gymnasien für den Schreinerberuf werben?» Bei aller Tradition sei grossräumiges Denken gefragt, um dem Fachkräftemangel zu begegnen.

Fokussieren statt zweifeln

Grossräumig denkt auch Patrick Fischer, Cheftrainer der Schweizer Eishockeynationalmannschaft. «Wir wollen Weltmeister werden», ist die Flughöhe von Fischer und seinem Team seit dem Gewinn der ersten Silbermedaille an der WM 2013 in Stockholm, als er Assistenztrainer war. Noch ist Fischer nicht am Ziel. Corona hat die anvisierte Punktlandung an der Heim-WM in diesem Frühsommer verhindert. «Unser Team versteht sich als Wolfsrudel: Die Gegner umzingeln wir. Im Innern schauen wir aufeinander.» Wichtig sei ihm, nicht nur die sportlichen Fähigkeiten der Rudelmitglieder zu kennen, sondern auch die persönlichen. «Wer sich nicht hundertprozentig zum Team und unserem Ziel bekennt, der ist nicht dabei», sagte Fischer. Auch wer sein Ego über das Team stelle, habe bei ihm einen schweren Stand. Obwohl er als aktiver Spieler selbst zu jenen gehört habe.

Fischer benutzte ein Bild aus der Tierwelt, um aufzuzeigen, woran Erfolg vielmals scheitert. «Auf der einen Seite sehe ich die Enten, die den ganzen Tag nichts als herumschnattern und kaum richtig fliegen können.» Für Fischer symbolisieren sie das negative Prinzip, die, die immer das halbleere Glas sehen. Auf der anderen Seite seien eben die Adler. «Sie haben den Überblick, sind lösungsorientiert und auf ein Ziel fokussiert», sagte Fischer. Wie Schwander unterstrich er, wie wichtig es sei, dem Team zu vertrauen. «Niemand spielt gut, wenn du ihm ständig die Knarre an den Kopf hältst», sagte er. Da sei es besser, jeden immer wieder an sein Potenzial zu erinnern.

Zuallererst verkauft der Verkäufer sich

Ums Ausschöpfen seines Potenzials geht es auch im Verkauf. Das machte Daniel Enz (Bild) klar, der nicht Eishockeyspieler, sondern Ver- käufer trainiert. Man verkaufe nicht allein ein Produkt oder eine Dienstleistung, sondern zuerst sich selbst. In blumigen Worten schilderte er Muster aus seinem Trainingsalltag. Etwa jene vom Autoverkäufer, der mit einer strahlenden Kundin von der Probefahrt zurückkehrt, um dann mit dem Nebensatz, dass der Wagen halt leider kein Schiebedach habe, die Sache kurz vor Abschluss an die Wand zu fahren. «Wer als Verkäufer im Auto ‹Highway to hell› hört, wenn er zu einem Kunden unterwegs ist, wird kaum Erfolg haben», sagte er. «Weder Frontallappen noch Hinterhauptslappen sind die wichtigsten Hirnregionen eines Verkäufers, sondern der Jammerlappen.» Wichtig für den Verkaufserfolg sei nicht Detailwissen, sondern der «Mindset», die Einstellung im Kopf, der Glaube an das, was man an den Mann oder die Frau bringen will, und vor allem der Glaube an sich selbst. «Lachs zu verkaufen, ohne Lachs zu mögen, ist zwar nicht unmöglich, aber schwierig.»

www.strasserthun.chwww.mariannebreu.chwww.sihf.chwww.danielenz.ch

Stefan Hilzinger

Veröffentlichung: 08. Oktober 2020 / Ausgabe 41/2020

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