Was wie gut abschneidet

Das würde man so sicher nicht machen. Der Hersteller des noch jungen Materials «Lapitec» will aber die «ewige» Haltbarkeit seines Produktes demonstrieren. Bild: Lapitec

Abdeckungen.  Die Vielfalt an Materialien für Küchenabdeckungen nimmt stetig zu. Denn die Küche ist auch zum Statussymbol geworden. Doch nicht jeder der eingesetzten Werkstoffe ist wirklich praktisch, zumindest wenn in der Küche auch noch gekocht werden soll.

Eine Küche mit Fronten und Abdeckung aus echtem Silber. Eine andere komplett aus einem grobporigen Stein gefertigt. Oder wie wäre es mit poliertem Messing? Vielleicht besser ein Kunststein mit Prägemuster oder reliefbildender, eingelassener Metallstruktur? An der grössten Küchenshow der Welt, der Eurocucina in Milano im April, war dies alles zu sehen.

Die eher unbekannte Vielfalt

Dem relativen «Einheitsbrei» der äusseren, kubisch-architektonischen Gestaltung von Küchen – in überwiegend sehr dunklen Farbtönen gehalten – fügen die Hersteller Besonderheiten in der Materialisierung als Unterscheidungsmerkmal für den gehobenen Bereich an. Neben exklusiven, bekannten Materialien wie Messing oder Silber fallen mineralische Besonderheiten auf, die sich im Detail unterscheiden. Etwa der gleichnamige Kunststein von Oniro Lava: im Süden Italiens aus Lavagesteinsmehl gefertigt, laut Hersteller frei von Harzen und Bindemitteln, beständig gegen alles und für die Ewigkeit gemacht. Belastbare Prüfergebnisse zum Material selbst finden sich aber weder auf der Internetseite, noch können solche Daten derzeit auf Anfrage verbindlich geliefert werden.

Ein schwieriges Feld für den Küchenbauer, den Werkstoffhändler und auch für den Journalisten. Weil alle Beteiligten die Antwort auf die Frage, was denn nun das beste Material für eine Küchenabdeckung ist, schuldig bleiben müssen. Realität ist aber, dass viele hochwertige neue Materialien bereits im Küchenbau angewandt werden, gerade weil man der Erste sein möchte, ein Differenzierungsmerkmal braucht und dabei nicht so genau sagen kann, wie der Konsument seine Küchenabdeckung belasten kann und pflegen muss. Eigentlich keine gute Ausgangslage, oder aber man ist einfach wagemutig.

Wenn die Lage dermassen unübersichtlich ist, dann hilft es meist, wenn man beginnt, die Dinge zu sortieren. Kategorien bilden ist eine Möglichkeit. Etwa Holz- und Holzwerkstoffe, Metalle, Natur- und Kunststeine. Glas und Glaswerkstoffe extra und die keramischen Werkstoffe sowie die Mineral- und Quarzitwerkstoffe. Moment, da sind wir wieder bei den Kunststeinen. Und wohin gehört dann eigentlich Beton?

Design hat sein Gewicht

Schaut man sich typische Vertreter der einzelnen Kategorien an, lassen sich bezüglich der Rohdichte recht einfach Gruppen bilden mit den Materialien. Mit Abstand am schwersten sind die Metalle. Auf über acht Gramm je Kubikzentimeter bringt es der gern eingesetzte Chrom-Nickel-Stahl (Edelstahl). Jeweils etwas schwerer in aufsteigender Reihenfolge: Messing, Kupfer und das Silber.

Deutlich leichter sind die Vertreter der Gruppe um 2,4 g/cm3. Dazu gehören Glas und Glaskeramik, Quarzitwerkstoffe wie etwa «Silestone» und keramische Materialien wie «Neolith» oder «Lapitec». Aber auch faserbewehrter Beton ist nicht schwerer. Eine nur geringfügig höhere Dichte weisen die Natursteine wie Marmor, Granit oder Gabbro auf, die zwischen 2,5 und 3,0 g/cm3 liegen. Mineralwerkstoffe wie «Avonite», «Corian» oder «Hi-Macs» liegen zwischen 1,6 und 1,8 g/cm3 und kommen damit schon fast in die Nähe von High Pressure Laminate (HPL) mit einer Rohdichte von 1,35 g/cm3. Das schwere, massive Eichenholz wiegt nur halb so viel.

Nur mit der Rohdichte lassen sich aber keine Schlüsse auf Oberflächenhärte oder Gebrauchseigenschaften ziehen, zumal die Werkstoffe in typischen Konstruktionen und damit Materialstärken für Abdeckungen zum Einsatz kommen.

Nimmt man das Beispiel einer drei Meter langen Abdeckplatte mit 60 cm Tiefe, liefert das interessante Ergebnisse für die Materialisierung der 1,8 m2 messenden Beispielfläche. Dann wiegt eine 30 mm dicke Platte aus Granit mindestens 150 kg, eine aus Beton 130 kg, und auch eine wertige Edelstahlplatte mit 8 mm Stärke bringt es schon auf knapp 120 kg. Man stelle sich vor, die Fläche etwa einer Kücheninsel ist noch etwas grösser, auch die vertikalen Seiten sind im gleichen Material gearbeitet und werden, wie beim Edelstahl, am Stück montiert. Dann wird dies bei einer Anlieferung in den 4. Stock durchaus zum Thema.

12 mm Keramik, 10 mm Glas sowie ähnliche Stärken von Kunststeinen und Mineralwerkstoffen bleiben zum Teil deutlich unter 50 kg für die Abdeckplatte des Beispiels. Eine 30 mm starke, massive Eichenplatte, die keine besondere Unterkonstruktion benötigt, wiegt demgegenüber nur 35 kg.

Sachdienliche Hinweise erwünscht

Für den praktischen Gebrauch einer Küche sind Härte, Schlag- und Kratzfestigkeit sowie die chemische und thermische Beständigkeit der Küchenabdeckung entscheidende Grössen. Ebenfalls ganz wichtig: der notwendige Pflegeaufwand.

Die Mohs'sche Härteskala von eins bis zehn gibt Auskunft über die Empfänglichkeit für Kratzer auf der Oberfläche der Abdeckung, denn auch wenn nicht auf der Fläche gerüstet wird, können Kratzer durch das Abstellen von Töpfen und Geschirr entstehen. Weich (2) nach Mohs sind etwa die Metalle Silber, Kupfer und Messing. Mineralwerkstoffe sind in der Regel nicht viel härter. So gibt der Hersteller LG für den Mineralwerkstoff «Hi-Macs» die Mohs'sche Härte 2 bis 3 an. Der derzeit für Küchen beliebte Marmor liegt auf der Skala bei 3, also mit dem Messer ritzbar. Granit ist mit der Einordnung bei 5 schon härter, genauso wie Glaskeramik und Glas (5,5).

Weil die Skala nach Mohs aber nicht linear verläuft, sind Materialien der Stufe 7 um ein Vielfaches oberflächenhärter gegenüber den Klassen 5 oder 6. Dazu gehören die Kunststeine der Quarzitwerkstoffe und Keramik aus Feinsteinzeug. Beim Edelstahl kommt es auf die genaue Zusammensetzung und damit auf die Sorte an. Diese liegen wohl zwischen 6 und 8.

Wenn mal was daneben geht

Arbeitsflächen in Küchen müssen so manchem Angriff standhalten. Dazu gehören Belastungen durch Säuren wie Essig, heisse Fettspritzer oder auch einfach der entstandene Rotweinrand. Unempfindlich gegenüber solchen Attacken zeigen sich hier die Materialien Edelstahl, Keramik und Quarzitwerkstoffe. Auch HPL ist, sofern die Oberfläche nicht mit starken Säuren oder alkalischen Lösungen belastet wird, recht unempfindlich. Die guten Eigenschaften hängen vor allem mit der gegen Null gehenden Fähigkeit der Oberflächen zusammen, Feuchtigkeit aufzunehmen. Auch die Mineralwerkstoffe schneiden hier gut ab, wenngleich die Hersteller bei der Einwirkung von Hitze deutlich vorsichtiger sind. Je nach Produkt reicht die Beständigkeit nur bis etwa 180 °C, was im praktischen Betrieb den Einsatz von Untersetzern beim Abstellen von Töpfen bedingt. Zwar besteht wie bei Quarzwerkstoffen grundsätzlich Hitzebeständigkeit, doch im Grunde empfehlen die Hersteller immer die Verwendung von entsprechenden Schutzmassnahmen, um Schäden auszuschliessen.

Auch Stein braucht Pflege

Die derzeit beliebten Arbeitsflächen aus Natursteinen kommen schneller an ihre Grenzen. Die Variabilität ist aufgrund des Naturmaterials gross. Und: Entgegen weit verbreiteter Meinung nimmt auch dieses Naturmaterial Feuchtigkeit auf und gibt diese wieder ab. Weil Steine offenporig sind, wird oft eine Imprägnierung aufgebracht, die aber – wie beim Holz auch – kein hundertprozentiger Schutz sein kann. Auch beim Abstellen von heissen Töpfen ist Vorsicht geboten. Zwar halten Granit und Co. im Grunde der Hitze weitgehend Stand, doch besteht das Risiko, dass feinste Haarrisse entstehen, weshalb auch hier der Einsatz von geeigneten Unterlagen dringend empfohlen wird.

Und bitte das Holz nicht vergessen

Die Belastung durch die alltägliche Arbeit kann bei Natursteinen zur Fleckenbildung führen, die aber als «normale Gebrauchsspuren» angesehen werden müssen. Ist ein Stein imprägniert, muss diese Behandlung von Zeit zu Zeit aufgefrischt werden. Ähnliches gilt für Betonoberflächen. Wie beim Holz auch werden die Betonoberflächen entweder regelmässig mit Wachs behandelt oder filmbildend imprägniert. Vor allem Säuren und farbige Lösungen können sonst der Oberfläche stark zusetzen. Auch eine dauernde Einwirkung von Feuchtigkeit ist unbedingt zu vermeiden.

Den technischen Merkblättern für die unterschiedlichen Materialien kann man eine wichtige Gemeinsamkeit entnehmen. In der Regel lassen sich die eingesetzten Werkstoffe am besten mit einem weichen Tuch und einer milden Seifenlauge reinigen. Bei Kalkflecken empfiehlt sich der Einsatz eines milden Essigreinigers. Bei Natursteinen ist aber auch hier Vorsicht geboten. Tückisch ist der Einsatz von Reinigungspads. Auch wenn es zunächst als unproblematisch erscheinen mag: Edelstahl, Glas oder harte Keramikoberflächen bekommen feine Kratzer, die eine Oberfläche im Laufe der Zeit unansehnlich werden lassen.

Küchenabdeckungen brauchen Pflege und Achtsamkeit. Ein Umstand, der als Nachteil oft in einem Atemzug mit Massivholzabdeckungen genannt wird. Der Unterschied besteht allerdings darin, dass die Materialerfahrung beim Holz ungleich grösser und ein Auffrischen leichter umsetzbar ist. Und damit ist die Realität auch eine Chance für das Holz. Denn wie Holz zu behandeln ist, damit es am Ende gut abschneidet, das weiss der Schreiner ganz genau. Die anderen müssen sich erst noch beweisen.

Steckbriefe

«Lapitec»

Gesinterter Stein aus «durchgefärbtem Feinsteinzeug», der zu grossen Platten geformt wird. «Lapitec» soll frei von Poren sein und deshalb keinerlei Alterungserscheinungen unterliegen. Laut Hersteller ist das Material beständig gegenüber Säuren, Basen und Lösungsmitteln, dabei hart, stoss- und feuerfest, frostbeständig und unempfindlich gegenüber UV-Strahlung.

www.lapitec.com

«Oniro Lava»

Neuer, aus Lavagesteinsmehl gefertigter Kunststein, der gegenüber den anderen Quarzit- und Keramikwerkstoffen nochmals unempfindlicher sein soll. Handwerklich hergestellt, lassen sich auch Prägemuster umsetzen. Bislang hat der Hersteller jedoch noch keine belastbaren Daten vorgelegt.

www.onirolava.com

«Neolith»

Die Keramik wird aus Tonerde, Feldspat, Quarzsand und Mineralien bei über 1200 °C synthetisiert. Bereits ab einer Stärke von 3 mm erhältlich, soll «Neolith» einen Absorptionsgrad von nahezu Null aufweisen und damit undurchlässig für Wasser und unempfindlich gegen Flüssigkeiten wie auch haushaltsübliche Chemikalien sein. «Neolith» ist temperaturbeständig und einfach zu reinigen.

www.neolith.com

«Dekton»

Rohstoffe, die zur Herstellung von Glas, Keramik und Quarzwerkstoffen verwendet werden, finden auch bei «Dekton» ihre Verwendung. Gesintert und hochverdichtet, soll das Material absolut porenfrei sein und deshalb besondere Eigenschaften aufweisen. Im Grunde soll der Werkstoff aus dem Hause Cosentino alle nötigen mechanischen, chemischen und physikalischen Pluspunkte in sich vereinen. Selbst Chlorbleiche oder Backofenspray soll der «Dekton»-Oberfläche nichts anhaben können.

www.dekton.com

ch

Veröffentlichung: 05. Mai 2016 / Ausgabe 18/2016

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