Wege zu besonderen Wünschen

Das Foyer des Stadtcasino Basel zeigt ein Wechselspiel der Staketen mit gefrästen und nicht gedrechselten Oberflächen. Bild: Claude Vuille

Sondereffekte.  Wer einen einzigartigen Effekt sucht, findet diesen meist nicht direkt vor der eigenen Haustür. Helle Köpfe, passende Technik und Zusammenarbeit mit Partnern haben den folgenden Beispielen zum Erfolg verholfen.

Wer an einem Samstag durch die Läden zieht, möchte sich stimulieren und inspieren lassen, vielleicht sogar etwas kaufen. Wer aber in ein Möbelhaus geht, hat schon eine gewisse Vorstellung von einer Veränderung in seinem Zuhause im Kopf. Und wer gar zum Handwerker geht, der braucht etwas Bestimmtes. Das kann ein unauffälliger, weisser Einbauschrank oder etwas aus dem Standardrepertoire sein. Für den Handwerker das normale Tagesgeschäft eben, bei dem er ein mit vielen Mitbewerbern vergleichbares Angebot mit einem ebensolchen Lösungsansatz abgibt.

Einige Kunden aber suchen gezielt die Firma, die etwas kann, das zur Verwirklichung ihres Wunschs notwendig ist. Das betrifft die handwerkliche Umsetzung, aber auch die kreative Hilfe in die eine oder andere Richtung. Solche Herausforderungen beflügeln den Berufsalltag und schaffen die Grundlage, dass weitere Kunden das Spezielle in dieser Firma suchen. Die fünf folgenden Beispiele zeigen verschiedene erfolgreiche Projekte und gewähren einen kleinen Blick in die Hintergrundgeschichten.

Alte Formen neuartig gefertigt

Das Stadtcasino in Basel sollte renoviert und auch der heutigen Zeit angepasst werden. Das Architekturbüro Herzog & de Meuron erhielt den Auftrag, und unter der Leitung der Ritter Giger Schmid Architekten SIA AG bekam das traditionsreiche Konzerthaus ein neues Kleid. Die Architekten benötigten für das Brüstungsgeländer im neuen Foyer des Musiksaals neue Staketen. Sie hatten Zugang zu den privaten Musterbüchern des Architekten des Musiksaals aus dem 19. Jahrhundert und wählten verschiedene Originalvorlagen für Geländerstäbe aus. In Dreiergruppen wurden die Staketen in einer harmonischen Reihenfolge so positioniert, dass ein bewegtes Erscheinungsbild, ähnlich einer Melodie, entstand. Im Gegensatz zu gedrechselten Stäben sollte nun aber das 21. Jahrhundert mit seinen technischen Möglichkeiten sichtbar werden.

Der Massivholzverarbeiter Vonrickenbach Swiss AG aus Muotathal SZ ist bekannt für seine vielseitigen CNC-Fräsarbeiten. Die von den Architekten Herzog & de Meuron neu gestalteten Staketen wurden so gefräst, dass eine stufenförmige Ornamentik entstand, welche den ursprünglich runden Querschnitt in einem ganz anderen Licht zeigt und auch einen anderen haptischen Charakter hat. Zusammen mit dem breiten, griffigen Handlauf und dem Untergurt zeigt das irritierende Spiel einer langen «Melodie aus Holz» in dem grossen Raum seine Wirkung. Korpus- wie auch Polstermöbel, welche im Foyer anzutreffen sind, wurden ebenfalls mit solchen Staketenformen versehen.

Mit Standardteilen zum Unikat

Es muss nicht immer von Grund auf eine Sonderanfertigung sein, die einen Raum in einen ganz speziellen Ort verwandelt. Denn man kann durchaus auch Grundlagen schaffen, mit denen dann ganz eigene Effekte erzielt werden können. Beim Parketthersteller Bauwerk Parkett AG in St. Margrethen SG stellt man fest, dass natürliche und individualisierbare Produkte immer mehr an Bedeutung gewinnen. Auch Parkettprodukte sollten dem Kunden also ermöglichen, seine ganz persönliche Idee von einem Holzboden zu verwirklichen. Mehr als zwei Jahre haben die beiden Designer Stephan Hürlimann und Simon Husslein getüfftelt, bis die «Formpark»-Familie geboren war. Das Produkt musste mit seinen Formen und Dimensionen sowie auch in der Wirkung im Raum und im Zusammenspiel mit dem Licht absolut stimmig sein. Herausgekommen ist ein Parkettsystem, welches auf vielfältige Weise zusammengestellt werden kann, ohne dass zwingend ein fortlaufendes Muster eingehalten werden muss – ein Produkt, mit dem der Kunde selbst ganz eigene Zusammenstellungen kreieren kann. So erhält der Kunde einen Boden, auf dem er seinen ganz speziellen Raum begehen kann. Damit diese individuellen Verlegemöglichkeiten auch tatsächlich funktionieren, braucht es eine hohe Fertigungsqualität bei der Masshaltigkeit und vor allem beim beidseitig winkligen Abschluss der Parkettfriese.

Ganz persönliche Lichtobjekte

Beruf darf auch immer etwas mit Berufung zu tun haben, denn wo Interesse und Spass mit an der Arbeit sind, kann man sich auch gegenseitig beflügeln. Luca Oberli, Kim und Nico Muhmenthaler sind begeistert von ihrer regionalen Produktion und der Zusammenarbeit mit anderen KMU. Vor drei Jahren haben sie die Firma KLN Swiss GmbH in Zimmerwald BE gegründet und bieten Schreinerarbeiten und Holzprodukte an. Ihre Spezialität sind Lampen und vor allem solche aus Altholz. Da spielt die Liebe zum Detail und die enge Zusammenarbeit mit Elektrikern eine grosse Rolle.

Damit jeder Lampentyp mit dem vorgesehenen Holz funktioniert und die Technik unsichtbar darin untergebracht ist, war einiges an Entwicklungszeit notwendig. Mittlerweile bringen Kunden sogar Hölzer mit, die für sie eine ganz persönliche Geschichte haben, und sie lassen daraus beispielsweise eine Pendelleuchte über dem Esstisch fertigen. Der Strom kommt dann direkt durch das Drahtseil, und ein eigens entwickelter Mechanismus erlaubt eine stufenlose Höhenverstellung.

Das Holz, dessen Gestaltung, die Lichtquellen, ihre Strahlrichtungen sowie deren Steuerung sind bei solchen Arbeiten weitgehend auf die Wünsche der Kunden ausgelegt. Die erarbeiteten Kenntnisse in diesem Bereich ermöglichten der noch jungen Firma schon einige Kontakte und Zusammenarbeiten mit anderen Schreinereien in der Region. Die Betriebe sind im Innenausbau tätig und suchten nach lichttechnischen Lösungen mit Sondereffekten.

Leuchtend weiss mit Ornament

In der Praxis eines Augenarztes dreht sich natürlich alles um die Optik, und das gilt im Besonderen für den Empfangskorpus. Die Urner Schreinerei Mengelt und Gisler AG in Flüelen sollte für eine Praxis in Schwyz eine leuchtend weisse Empfangstheke herstellen, die von der Meier-Zosso Planungs AG entworfen worden war. Die Oberfläche der aus dem Mineralwerkstoff Corian zu fertigenden Front sollte schattenlos flächig hinterleuchtet und mit einer feinen, floralen Frässtruktur versehen sein. Als Partner im Hintergrund wurde die deutsche Hasenkopf Industrie Manufaktur GmbH mit der Fertigung der Corian-Elemente beauftragt. Die Firma verfügt über Routine in der Verarbeitung von Mineralwerkstoffen und bietet mit ihrer CNC-Frästechnik «Frescata» viele eigene Oberflächenstrukturen an. Sie realisiert ebenso Sonderanfertigungen nach den Entwürfen kreativer Kunden. Das vorgegebene Astmotiv enthält teilweise nur 1,5 mm breite Einfräsungen, die 3 mm tief sein mussten. Dazu waren mehrere exakte Fräsgänge notwendig. Die enge und gute Zusammenarbeit der ausführenden Betriebe erbrachte dann auch das wunschgemässe Resultat.

Ausdrucksvolle Eingänge

Wenn kreatives Schaffen nicht an einen fixen Ort gebunden sein soll, kann es sein, dass es sich dabei um Kunst handelt, die einem Publikum präsentiert werden soll. Ein Kunsthaus bietet dazu Räume mit dezent zurückhaltend neutraler, aber edler, eigener Wirkung mit ausgezeichnetem Licht. Ein solches Haus muss allerdings auch Kompetenz in Sachen Kunst ausstrahlen und den Besucher auf die Ausstellungsstücke einstimmen.

Der Erweiterungsbau des Kunsthauses Zürich wird voraussichtlich in diesem Herbst eröffnet und orientiert sich auf eine zeitgemässe Weise am ursprünglich ersten Bau aus diesem Gebäudeensemble. Grosszügig bemessene Hallen und Gänge führen zu den Ausstellungsräumen und riesige Doppeltüren führen hinein. Die Frank Türen AG aus Buochs NW durfte ihr Können mit diesen Toren unter Beweis stellen. Nach den Vorgaben der David Chipperfield Architekten aus Berlin entstanden Doppeltüren mit 3500 mm Höhe und bis 2600 mm Breite. Die über 400 kg schweren Rahmentüren aus Eiche wurden mit Messing in scharfkantiger Ausführung beschichtet und erfüllen in den Einbruch-Widerstandsklas- sen die Anforderungen bis zu RC4. Damit bieten die Eindruck vermittelnden Durchgänge auch wirklichen Schutz.

www.vonrickenbach.swisswww.bauwerk-parkett.comwww.kln.swisswww.hasenkopf.dewww.frank-tueren.ch

Andreas Brinkmann

Veröffentlichung: 13. Mai 2021 / Ausgabe 20/2021

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