Wenn Schreiner eine Reise tun …

Gemeinsam studieren Vater und Sohn Kasper einen Prospekt und machen da und dort neue Entdeckungen. Bild: Stefan Hilzinger

Rundgang.  Zig Schreinerinnen und Schreiner hatten sich die «Holz» dick in ihrer Agenda eingetragen. Auch bei Christian Kasper war das nicht anders. Er und ein Grossteil der Mitarbeitenden seiner Schreinerei in Weinfelden TG machten sich auf ins Getümmel der Messe.

Es kam, wie es kommen musste: Am Schluss lief Christian Kasper die Zeit davon. «Ja, wir gerieten wirklich noch in Zeitnot», sagt der Holzingenieur aus Weinfelden TG über den Abschluss seines Besuches an der Fachmesse «Holz» in Basel am vergangenen Mittwoch. Kasper ist nicht allein an die Stadt am Rheinknie gereist. Knapp zwei Drittel der Belegschaft der Firma Kasper AG, Schreinerei-Raumgestaltung, steigen kurz vor 6 Uhr im Thurgau in den Car nach Basel. «Es sind Herbstferien, daher sind halt nicht alle dabei», sagt Seniorchefin Gisela Kasper, die auf der Fahrt an die Holz-Messe Kaffee und Gipfeli unter die noch etwas schläfrige Reisegesellschaft bringt. «Schaut euch um nach allem, was uns in der Schreinerei das Leben vereinfachen könnte und meldet mir dies dann anschliessend.» Das gibt Kasper seinen Leuten mit auf den Weg, bevor sie mit Hunderten anderer Besucherinnen und Besucher um kurz nach halb 9 in kleinen Gruppen oder einzeln in die Messehallen einmarschieren.

Nach Plan von Stand zu Stand

Christian Kasper, der von seinen Eltern Otmar und Gisela begleitet wird, peilt den Rundgang durch die Hallen nicht aufs Gratwohl an. Er zieht einen Hallenplan hervor, worauf er die Stände der Firmen markiert hat, die er besuchen möchte. Es ist laut in der Halle. Nicht nur wegen der vielen Besucher, sondern vor allem auch wegen der Maschinen, die dem Fachpublikum selbstverständlich «in action» präsentiert werden wollen.

Doch zunächst interessieren sich die Kaspers weniger für Maschinen, sondern für Software. «Wir wollen bei der Digitalisierung Schritt für Schritt vorwärtsmachen», sagt Kasper, der berufsbegleitend auch ein Studium zum Holztechnik-Ingenieur abgeschlossen hat. So geht es also als Erstes an den Stand von Triviso, wo das Trio von Thomas Mathis, Verkaufsleiter Ostschweiz, begrüsst wird. Man kennt sich, ist per Du. Die Schreinerei Kasper arbeitet bereits mit dem ERP von Triviso. Was bisher noch fehlte, war ein digitales Werkzeug im Bereich der Kreditoren. «Wir haben uns entschieden, diesen Teil noch anzuschaffen. An der Messe konnten wir das Tool nun einmal eins zu eins anschauen», sagt Christian Kasper. Besonderes Interesse zeigt Mutter Gisela, die bis zur Übernahme des Geschäfts durch die zweite Generation vor drei Jahren für die Buchhaltung verantwortlich war.

«Die Digitalisierung vereinfacht die Abläufe und schafft Übersicht», sagt Christian Kasper. Weil immer mehr Rechnungen per Mail eintreffen und auch dank dem QR-Code können die Vorteile einer digitalen Kreditorenbuchhaltung nun besser genutzt werden, ist er überzeugt. «Wir arbeiten auch bei unseren Lieferanten darauf hin, künftig auf Papier zu verzichten, auch wenn dies wohl nie zu hundert Prozent der Fall sein wird.» Christian Kasper hat den Betrieb vor drei Jahren von seinen Vater übernommen, welcher sich mit der Schreinerei 1982 selbstständig gemacht hatte. Ebenfalls in der Firma tätig ist Schwester Barbara, die sich um Buchhaltung und Personal kümmert. Mit rund 30 Angestellten ist der Betrieb laut Kasper mittlerweile die grösste Schreinerei im Ort.

Auch Türenherstellung durchgängig

Um Digitalisierung geht es auch bei der nächsten Station auf dem Rundgang, bei der Softwarefirma CAD+T. Hier begrüsst ein jovialer Seniorchef Anton Schwarz die drei. Wie Otmar Kasper hatte auch er seinen Betrieb nach rund 40 Jahren unlängst an den Junior übergeben. Doch weil der Sohn gerade verhindert war, muss der Vater den Standdienst übernehmen. «Es ist ein grosses Glück, wenn man in der eigenen Familie eine Nachfolge findet», sagt Schwarz. Nach dem Smalltalk kommt er aufs Grundsätzliche der Digitalisierung zu reden. «Wie bringe ich die Stammdaten auf die Maschine? Und überhaupt: Wohin mit all den vielen Daten?», sagt Schwarz. Diese Fragen zu beantworten, dass sei seine Lebensaufgabe. «Wir haben in vielen Bereichen schon Durchgängigkeit vom Zeichenraum auf die Maschinen», sagt Christian Kasper. Einzig bei der Türenherstellung besteht noch ein blinder Fleck. «Diesen Teil wollen wir nun noch vervollständigen. Das wird die Arbeit im Bankraum erleichtern», ist er überzeugt. Die Idee ist ausserdem, in der Werkstatt einen grossen Touchscreen zu installieren, auf dem sich die Bankschreiner dank QR-Code und Lesegerät alle Informationen zu einem Werkstück abrufen und anzeigen lassen können. «Dieser Teil ist jedoch noch nicht zu 100 Prozent entschieden», sagt Kasper, daher sei es gut gewesen, sich in Basel nochmals ein Bild davon zu machen.

Die Situation am Markt gibt zu reden

Ein paar Schritte weiter, am Stand der Firma Hans Weber Maschinentechnik GmbH, die in Kronach (D) unter anderem Schleifautomaten herstellt, treffen die drei wieder einen alten Bekannten: Gerhard Huber. Auch hier ist man rasch im Gespräch, denn Huber kommt demnächst in die Werkstatt nach Weinfelden, um den Service am Schleifautomaten zu machen. Das Gespräch dreht sich locker um die aktuelle Situation am Markt. «Wega dera schiis Situation i de Ukraine woasch ned, wo doas no ana goaht», braucht der Vorarlberger deutliche Worte. Dennoch mag er nicht klagen. Zwar seien die Unternehmer der Holzbranche wohl etwas zurückhaltender bei den Investitionen. «Doch wenn es beim Verkauf nicht so rund läuft, läuft es dafür im Service», sagt Huber. Schliesslich wollen dann alle ihre bestehenden Maschinen so lange wie möglich noch nutzen können. Wer jetzt bei Weber einen neuen Schleifautomaten ordere, müsse ohnehin mit einer Lieferfrist von rund einem Jahr rechnen.

Weiter geht es über die Stände der grossen Maschinenhändler und -hersteller. «Was den Maschinenpark angeht, sind wir derzeit auf aktuellem Stand», sagt Christian Kasper. Grössere Anschaffungen seien nicht geplant. Daher bleibt es hier bei kurzen Stippvisiten. Die Tasche, die sich Kasper für Prospekte umgehängt hat, füllt sich nur langsam. Am Stand von Homag gibt es dann eine Kaffeepause. Man diskutiert übers Lackieren, denn Oberflächen sind und bleiben ein wichtiges Thema für die Branche. «Eines des grössten Probleme ist nicht die Technik, sondern, dass man kaum mehr gute Lackierer findet», ist man sich in der Runde einig. Doch die Anschaffungskosten von mindestens 150 000 Franken für einen Lackierroboter, lassen einen solchen vorerst in die Ferne rücken.

Neue Beschläge sind immer spannend

In der oberen Etage der «Holz» geht es etwas ruhiger zu und her, denn hier dominieren die Anbieter von Beschlägen, Werkstoffen sowie von Farben und Lacken. Kaspers schauen sich etwa am Stand von Blum um, wo sie ein neuer Schiebetürenbeschlag speziell interessiert. «Neue Beschläge sind immer spannend», sagt Christian Kasper. «Daher schauen wir sie uns genau an.»

Der Tag habe sich doppelt gelohnt, zieht er später ein Fazit: Einerseits habe die Firma wieder einmal einen gemeinsamen Ausflug unternehmen dürfen, andererseits konnte er sich an der Messe über die neuesten Technologien informieren – und einiges davon hat er in Gedanken auf den weiteren Weg mitgenommen. «Und ja, aus dem Team sind auch schon zwei, drei Vorschläge bis zu mir gelangt.»

www.schreinerei-kasper.ch

Stefan Hilzinger

Veröffentlichung: 20. Oktober 2022 / Ausgabe 42/2022

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