«Wir sind wieder am Planen»

Die Resultate zeigen, dass Adi von Euws Entscheid, in eine neue grosse Anlage zu investieren, richtig war. Bild: Philipp Heidelberger

Produktion.  Die von Euw Fenster AG sorgte 2015 in der Fachwelt für Aufsehen, als eine riesige neue Fensterproduktionsanlage montiert wurde. Geschäftsführer Adi von Euw erzählt im Interview, wie sich die Anlage bis jetzt bewährt hat und welche Projekte für die Zukunft anstehen.

SchreinerZeitung: Anfang 2015 wurde bei Ihnen die damals grösste «Conturex»-Fensteranlage montiert. Würden Sie es heute wieder so machen?

Adi von Euw: Wir würden es wieder so machen. Es gab damals auch nicht viele Alternativen für uns. Man ist vom Platz her eingeschränkt und hat bezüglich Leistung, Bearbeitung sowie Qualität gewisse Vorstellungen. Hinzu kommt, dass es auf dem Markt nur wenige Anbieter gibt, die solche Anlagen bauen. Da wir vorher schon mit Weinig zusammengearbeitet haben und sehr zufrieden waren, haben wir uns wieder dafür entschieden.

Zurecht also?

Ja, bis auf kleine Störungen, die es bei so komplexen Anlagen immer geben kann, sind wir sehr zufrieden mit der Leistung.

Was gibt es denn für Störungen?

Das kann ein Problem mit der Software sein. Auch bei so einer Anlage kann es vorkommen, dass sich ein Computer einfach aufhängt. Was hatten wir noch? (Denkt nach.) Einmal machte das Lager einer Spindel Schwierigkeiten und natürlich Sensoren, die wegen den Spänen und dem Staub mal falsche Informationen liefern.

Was war denn mit dem Lager der Spindel?

Da hörte man, dass damit etwas nicht ganz in Ordnung war. Man hätte die Maschine schon noch weiterlaufen lassen können. Aber wir wollten keinen längeren Stillstand der Produktion riskieren, und innerhalb eines Tages war die ganze Spindel gewechselt. Die ausgebaute Spindel wurde dann revidiert, so haben wir jetzt eine auf Reserve. Natürlich kosten solche Ersatzteile auch immer etwas, aber dafür bleibt so die Produktion am Laufen.

Aber ansonsten gab es nie eine Kollision?

Beim Einfahren der Maschine gab es schon das eine oder andere, aber während des Betriebes hatten wir bis jetzt wirklich noch keine einzige Kollision.

Gab es Prozesse oder Komponenten an der Maschine, die man noch anpassen musste?

Das gab es insbesondere während des Einfahrens. Gerade im Bereich der Vereinzelung, also dort, wo die Teile aus dem Puffer in die Anlage gebracht werden. Da konnte man die Wartezeiten minimieren, und so sind wir auch auf der Leistung, die uns im Vorfeld versprochen wurde.

Sprich auf den zwei Teilen pro Minute ...

Genau, also im Durchschnitt. Wenn man ganz einfache Teile hat, dann liegen wir bei bis zu 2,5 Teilen pro Minute, bei sehr komplexen eher etwas darunter. Aber die Teile sind dann natürlich fixfertig, das war mit der alten Anlage nicht so.

Welche Auswirkungen hatte die neue Anlage auf den restlichen Betrieb?

Es gab Verschiebungen, weil gewisse Arbeiten intensiver geworden sind und andere vereinfacht wurden. Gerade bei der Beschlägemontage kommen wir mit einer Arbeitskraft weniger aus, weil jetzt alle Beschläge vormarkiert sind und nur noch angeschraubt werden müssen. Auch das Herstellen von Spezial-, Schräg- und Bogenfenstern ist wesentlich einfacher geworden.

Welche Arbeiten sind intensiver geworden?

Wir legen heute noch mehr Wert auf die Sortierung des Holzes. Auf der neuen Anlage werden die Teile kaum noch geschliffen, es ist vielmehr ein Polieren. Der Abtrag ist also wesentlich kleiner als beim Schleifen. Da muss das Holz einfach eine Topqualität haben. Deshalb haben wir auch beim Verputzen und bei der Nachkontrolle eher mehr Aufwand, wo halt kleine Fehler noch von Hand gespachtelt oder rausgeschliffen werden müssen.

Bei der Umsetzung des Projektes hiess es, die Anlage könne von nur einer Person bedient werden. Hat das funktioniert?

Ja, das ist heute noch so. Der Mitarbeiter muss die Anlage im Prinzip nur füttern und überwachen. Wenn der 200 Teile fassende Puffer gefüllt ist, hat er Zeit, noch andere Dinge zu tun.

Zum Beispiel?

Dann bereitet er schon die nächsten Aufträge vor, führt Kontrollen und Wartungsarbeiten durch oder wechselt die Messer an Werkzeugen, die gerade nicht im Einsatz sind. Der Unterhalt ist uns allgemein sehr wichtig und darf nicht unterschätzt werden. Wir haben den Anspruch, die Anlage in einem Topzustand zu halten. Sie wird zwei Mal in der Woche komplett gereinigt, alle Wartungen werden gemacht, und wenn mal ein Druckluftschlauch leckt, dann wird dieser sofort gewechselt.

Gab es auch schon eine Revision?

Im Februar wurde die Anlage komplett durchgecheckt. Bis auf einige kleine Teile musste nichts ersetzt werden. Natürlich wurden auch die Maschinentische kontrolliert. Diese 40 Meter langen Bahnen müssen auf den Hundertstel stimmen. Aber es musste kaum justiert werden. Da hat es sich ausgezahlt, dass wir ein neues Betonfundament auf Injektionspfählen machen liessen.

Wie ist die Belegschaft mit den Umstellungen klar gekommen?

Das hat sehr gut funktioniert. In den meisten Fällen bewirkte die neue Anlage eine wesentliche Arbeitserleichterung. Zum Beispiel grosse Rahmen müssen heute nicht mehr zu zweit von Hand an der Kehlmaschine bearbeitet werden.

Es gab keine Ängste, man habe dann keine Arbeit mehr?

Überhaupt nicht, es gibt ja auch immer wieder neue Aufgaben. Vor drei Jahren baute man noch in den wenigsten Fenstern eine Überschlagsdichtung ein. Heute ist das Standard, dann gibt es in diesem Bereich wieder mehr zu tun.

Bei der Projektierung haben Sie nicht nur mit dem Maschinenhersteller, sondern auch mit dem Beratungsbüro Tre Innova zusammengearbeitet. Wie hat sich das bewährt?

Wenn wir vor fünf Jahren dasselbe Wissen gehabt hätten wie heute, dann hätten wir es auch alleine machen können (lacht). Nein im Ernst, wir sind ja keine CNC- und Anlagen-Techniker. Sich in so komplexe Abläufe einzuarbeiten, ist enorm schwierig und braucht viel Erfahrung. Auch das Ausarbeiten eines Werkzeugkonzeptes ist nicht ohne. Die Zusammenarbeit hat sich definitiv gelohnt.

Stehen schon wieder neue Projekte an?

Ja, wir sind schon wieder am Planen. Wir wollen anbauen und die ganze Oberflächenbehandlung neu aufbauen. Jetzt beschichten wir mit einem einseitigen Hubgerät, welches 17 Jahre alt ist. Es funktioniert eigentlich noch einwandfrei. Aber je älter so eine Anlage ist, desto grösser ist das Risiko, dass irgendwann mal etwas an der Steuerung kaputtgeht und es keine Ersatzteile mehr gibt. Hinzu kommt, dass Fenster immer häufiger in anderen Farben gewünscht werden. Bei der jetzigen Anlage ist ein Farbwechsel einfach enorm aufwendig und lohnt sich fast nicht. Alles von Hand zu lackieren, kann es aber auch nicht sein.

Wie wollen Sie das lösen?

Wahrscheinlich läuft es auf zwei Knickarmroboter hinaus. Dort kann der Farbwechsel automatisch erfolgen und mit zwei Robotern sind wir etwa auf derselben Leistung wie beim jetzigen Hubgerät. Dafür sind wir wesentlich flexibler, und die Qualität ist höher, weil die Ecken und Fälze besser erreicht werden. Die Ansprüche an die Oberflächenqualität sind ebenfalls gestiegen.

Sehen Sie noch Potenzial bei den Fenstersystemen oder bleibt das jetzt bei den heutigen Lösungen mit Dreifachisolierverglasungen?

Ich hoffe, es bleibt nicht bei den Dreifachverglasungen, weil das Gewicht einfach zu gross ist. Insbesondere heute, wo immer grössere Dimensionen gefragt sind, bin ich mir nicht sicher, ob dies langfristig das Richtige ist. Kommt es aus irgendwelchen Gründen zu Problemen, können solche Fenster nicht mehr einfach gewechselt oder saniert werden. Insbesondere weil die Anschlüsse mittlerweile so komplex sind. Insofern wäre es toll, wenn es irgendwann ein Zweifachisolierglas gäbe, welches die Anforderungen erfüllt. Das würde dann auch die Abläufe und die Montage auf dem Bau wieder vereinfachen.

Der Fenstermarkt ist unter Druck. Wie schätzen Sie die Lage ein?

Ja, die Preise sind schon eine Herausforderung, insbesondere im Kunststoffbereich, wo der Druck aus dem Ausland gross ist. Ein Betrieb sollte aber nicht nur existieren, sondern auch etwas verdienen, um wieder investieren zu können. Und im Moment wird ja noch viel gebaut. Nimmt dies mal ab, dann gibt es wahrscheinlich schon eine Marktbereinigung. Ein Teil des Preiskampfes ist aber sicher auch hausgemacht, gerade im Holz-Metall-Bereich, wo die Fensterkapazitäten in den vergangenen Jahren stetig ausgebaut wurden. Aber zum Glück gibt es nach wie vor viele Kunden, denen es etwas wert ist, wenn ein Produkt vollständig in der Schweiz hergestellt wird.

ph

www.voneuw.ch

www.treinnova.ch

www.weinig.com

Fakten und Zahlen

Die Anlage

Die im Januar 2015 von Weinig montierte Anlage wiegt rund 100 Tonnen. Am Anfang steht ein «Powermat 1200» für das Aushobeln der Kanteln, welche direkt im Anschluss geschliffen und in den Puffer transportiert werden. Von dort gelangen sie dann in die «Conturex», wo die Teile aufgespannt bleiben, bis sie die Anlage fertig bearbeitet verlassen. Die Maschine kann bis zu 5 m lange Kanteln bearbeiten. Dazu ist sie mit sieben Hauptspindeln, drei Universalspindeln, einem Mehrspindelbohrkopf und einem Ritzaggregat ausgerüstet.

Die Investitionssumme betrug zwischen 3 und 4 Millionen Franken, wovon etwa eine Viertelmillion für Werkzeuge eingesetzt wurde.

Das Unternehmen

Die von Euw Fenster AG aus Rothenthurm SZ wurde im Jahr 1919 gegründet und wird heute in der dritten Generation von Adi von Euw geführt. 45 Mitarbeiter produzieren etwa 8000 Fenstereinheiten pro Jahr.

Veröffentlichung: 17. August 2017 / Ausgabe 33/2017

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