Anatolische Alternative

Ein Zedernbestand im Taurusgebirge im Süden der Türkei, wo die Baumart natürlicherweise vorkommt. Bild: Gregor Aas

Libanonzeder.  Die Fichte liefert Bauholz, ist aber dem Klimawandel nicht gewachsen. Nun laufen Versuche in Deutschland und der Schweiz, ob die Libanonzeder ein Ersatz sein könnte, denn sie übersteht kalte Winter und kommt mit Sommertrockenheit gut zurecht.

Fichten und Kiefern dominieren im heimischen Wald und auf dem Holzmarkt. Dass das mit dem Klimawandel nicht so bleiben wird, ist klar. Die Fichte als «Brotbaum» ist dem nicht gewachsen. Es braucht Alternativen in den heimischen Wäldern. Eine mögliche Kandidatin könnte die Zeder sein. Bereits gibt es erste Probepflanzungen in der Schweiz, die zeigen, dass sie zunächst hohe Ausfallquoten hat, dann aber gut mit dem heimischen Klima zurechtkommt.

Im Moment spielt die Zeder auf dem heimischen Holzmarkt noch keine Rolle. Es kommen bestenfalls einzelne Stämme auf den Markt, die in Parks oder botanischen Gärten entnommen wurden. Schon wegen ihrer Seltenheit werden sie meist zu exklusivem Furnierholz verarbeitet.

In seiner Herkunftsregion wird das beständige Zedernholz dagegen schon seit der Antike massenhaft im Schiffsbau eingesetzt, aber auch im Möbelbau und sogar für Dachstühle und tragende Balken verwendet.

Längst laufen Versuche mit Arten, die in ihrer Herkunftsregion gut mit den Bedingungen zurechtkommen, die hierzulande in Zukunft zu erwarten sind. Wachstum, Vitalität und Verjüngung zu untersuchen, dauert Jahrzehnte. Um so besser, wenn es bereits ältere Bestände gibt. Gregor Aas (Bild), Forstwissenschaftler und Direktor des Ökologisch-Botanischen Gartens in Bayreuth (D), weiss daher sein Glück zu schätzen, dass in seinem Garten gleich 4 Baumgruppen mit insgesamt fast 100 Libanonzedern (Cedrus libani) stehen. Sie sind etwa 40-jährig und entstammen dem Saatgut eines Bestandes im Taurusgebirge in der Südtürkei auf 1800 Metern Höhe. «Dort herrschen heisse und trockene Sommer. Im Winter kann die Temperatur auf minus 30 Grad Celsius fallen. Bei uns haben sie bisher bis zu minus 25 Grad Celsius gut überstanden», berichtet Aas. «Das Problem vieler südlicher Arten, dass sie nicht kältetolerant genug sind, stellt sich hier nicht.»

Guter Zuwachs trotz Trockenheit

Die Trockenjahre 2003, 2018 und 2019 hätten seine Zedern besser ertragen als heimische Fichten und Waldkiefern, berichtet Aas: «Wir haben Jahrringproben entnommen. Natürlich sehen wir auch bei den Zedern eine Reduktion im Zuwachs in Trockenjahren. Die Ringe waren jedoch deutlich breiter als jene der am selben Standort beprobten Fichten und Kiefern.»

Vor allem aber hätten sie, anders als Fichten, jeweils im Jahr nach dem Trockenheitsstress bereits wieder ihr normales Zuwachsniveau erreicht. Aus dem Herkunftsgebiet weiss man, dass die Zedern auch bei langanhaltender Sommertrockenheit kontinuierlich wachsen. Für ein gutes Wachstum ist jedoch ein Jahresniederschlag von 600 Millimetern nötig. Mehrere Zedern aus dem Bayreuther Bestand hat Michael Risse in einer Masterarbeit in der Holzforschung an der Technischen Universität München auf ihre Holzeigenschaften untersucht.

Risses Ergebnisse zeigen, dass die Zeder eine hohe natürliche Dauerhaftigkeit des Kernholzes aufweist. Sie liegt in der höchsten Klasse. Es eignet sich demnach selbst in unbehandeltem Zustand für den Einsatz im Aussenbereich. Denkbar ist eine Verwendung als Wandverkleidung oder für Gartenmöbel. Das Holz weist die nötige Härte und Abriebfestigkeit für Terrassenbeläge auf.

Die Festigkeitswerte des Holzes der Libanonzeder halten nach Risses Untersuchungen einem Vergleich mit den in hiesigen Wäldern dominierenden Wirtschaftsbaumarten stand. Sie sind dem Fichtenholz sogar überlegen.

Das Holz würde sich für Parkett, Vertäfelungen oder Möbel eignen sowie für den Türen- und Fensterbau, sofern die Quell- und Schwindeigenschaften beachtet werden. Wird das Holz auf trockenen Sonderstandorten angebaut, steigt die Festigkeit, da die Jahresringbreiten abnehmen. Dann ist sogar eine Verwendung als Konstruktionsholz denkbar, wie sie in der Türkei traditionell üblich ist. Selbst für tragende Konstruktionen scheint das Holz entsprechend der ermittelten Festigkeitswerte geeignet zu sein. Hier braucht es aber noch eingehendere Prüfungen.

Anbauversuche in der Waadt

Sämlinge der Libanonzeder wurden in Kooperation mit der Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) auch in Mutrux VD gepflanzt, um ihre Eignung fürs Schweizer Klima zu untersuchen. Die Art zeigte eine hohe Jugendmortalität. Von 867 Libanonzedern gingen in Mutrux 80 Prozent in den ersten beiden Jahren ein. Nach zwei Wuchsjahren am Ort, also nach überwundenem Pflanzschock, überlebten die verbleibenden Bäume aber gut.

Peter Brang von der WSL, Leiter der Forschung auf der Fläche in Mutrux, erklärt: «Auch bei unseren Versuchspflanzungen zeigten sich bei der Zeder anfangs viele Ausfälle. Wir haben dann als mögliche Ursache festgestellt, dass die Wurzeln kaum Mykorrhizapilze aufwiesen.» Auf den anderen Baumarten der umgebenden Flächen fanden sich allerdings durchaus welche. «Auch bei Atlaszedern sind die Ausfälle im Projekt Testpflanzugen anfangs sehr gross. Es sieht ganz so aus, als seien Zedern anfangs echte Sensibelchen», merkt Brang an.

www.wsl.chwww.obg.uni-bayreuth.de

Gutes Bauholz

Kaum Verzug beim Trocknen

Als Bauholz ist die Libanonzeder in ihrer Heimat bewährt. Das Material eignet sich für Dachkonstruktionen, Säulen und Wände und auch für den Schiffsbau. Zedernholz ist seit der Antike begehrter Rohstoff. Es ist ähnlich beständig wie Robinie und stabiler als Douglasienholz.

Beim Trocknen entsteht kaum Verzug. Hohe Festigkeit und ein grosser Kernholzanteil zeichnen es aus. «In Bayreuth konnten wir Jahresringbreiten von durchschnittlich 4,9 Millimetern pro Jahr ermitteln», untermauert Gregor Aas den erfreulichen jährlichen Holzzuwachs. Da die Zedern erst eine tiefe Pfahlwurzel bilden, bevor sie in die Höhe wachsen, ist Verbuschung anfangs ein Problem. Die Pflanzungen müssen von Konkurrenzvegetation freigehalten werden. Dafür sind die Zedern später dank ihrer Wurzeln sehr trockenheitsresistent und auch für Schutzwald geeignet. Das natürliche Verbreitungsgebiet der Libanonzeder reicht vom westlichen bis mittleren Taurusgebirge in der Türkei bis in den Libanon und nach Syrien. Sie wächst dort auf 500 bis 2400 Metern Höhe über Meer. Die Libanonzeder ist dort Extremwerten zwischen – 35 Grad und + 30 Grad Celsius ausgesetzt, welche sie übersteht..

Alexandra von Ascheraden, Ava

Veröffentlichung: 18. August 2022 / Ausgabe 33/2022

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