Auf die Treppe, fertig, los

Auch diese Treppe ist in Zusammenarbeit mit einer Schreinerei entstanden, mit anschliessendem Einbaumöbel und Wandverkleidung. Bild: Stefan Rüegg

Planungsdienstleistung.  Eine Treppe lässt sich grundsätzlich auch mit einfachen Hilfsmitteln umsetzen. Wenn Profi-Treppenbauer und Schreinerei ihre Kompetenzen bündeln, entstehen oft handwerkliche Treppenwerke, die ohne das gemeinsame Wirken kaum möglich gewesen wären.

Hand aufs hölzige Schreinerherz: Eine Treppe selbst bauen, das wäre schon Mal was. Statisch anspruchsvoll, komplexe Massaufnahme und aufwendige Visualisierung, vielleicht sogar mit Krümmlingen in grösseren Dimensionen gespickt – zugegeben, es spricht auch einiges dagegen, wenn man nicht gerade im Treppenbau gross geworden ist. Aber viele Schreinerinnen und Schreiner standen schon einmal auf einer eindrücklichen Holztreppe und dachten sich: So was will ich auch mal bauen.

Das A und O als erste Hürde

Die Planung einer Treppe ist die alles entscheidende Grundlage. Wer das nicht von Grund auf gelernt hat, dem begegnen schnell eine ganze Reihe von Fragezeichen, wie das eine oder andere Detail zu bewerten und zu berücksichtigen ist, damit am Ende alles passt. Und klar: Wie war noch mal das ideale Steigungsverhältnis einer Treppe für das sichere Begehen auch für ältere Menschen? Wer jeden Tag damit zu tun hat, für den sind all die Fragen wie Aufgaben aus dem kleinen Einmaleins. Für alle anderen bleibt selbst nach dem suchenden Blick ins Fachbuch so manche Frage offen. In der Literatur finden sich Angaben über die Typen und Formen von Treppen, die Berechnung von Stufenmassen, Angaben über nötige Materialstärken und vieles mehr. Praktische Hinweise, etwa für die Befestigung einer freitragenden Falttreppenkonstruktion, finden sich kaum. Lehrbücher brauchen Zeit. Wohnzeitschriften erscheinen jede Woche und damit gehen auch die Wünsche von Bauherren einher.

Ein Treppenbauer erstellt für einen Kunden ein Mal eine Treppe. Schreinerinnen und Schreiner begleiten ihre Kunden oft über lange Zeit. In Sachen Marketing ist das Gold wert. Spannen die beiden Holzwerker zusammen, kann das einige Vorteile haben.

Den Profi auf Schritt und Tritt dabei

Das weiss auch Wendelin Brägger (kleines Bild), Geschäftsleiter der Treppenbau.ch AG in Ganterschwil SG. Das Unternehmen arbeitet regelmässig mit Schreinereien zusammen. Dabei kommt es zu allen denkbaren Konstellationen. «Es gibt Schreiner und Holzbauer, die wegen der Massaufnahme und der Planung einer Treppe zu uns kommen. Wir bereiten dann alles vor, und unsere Partner bauen die Treppe selbst», erklärt Brägger. Das funktioniert freilich vor allem bei einfacheren Konstruktionen und weniger bei komplex gewundenen Treppenanlagen.

Ein solches Vorgehen macht laut Brägger auch Sinn, denn wer nicht über reichlich Erfahrung im Treppenbau verfüge, der könne lange über die richtige, konkrete Lösung nachdenken. Typisches Beispiel ist der Verlauf eines steilen Aufganges. Das geschulte Auge sieht schnell, wie ein Zwischenpodest realisiert werden kann. «Das kann auch eine einfache Konstruktion sein. Wenn 30 Stufen steil nach oben führen müssen, ist eine Treppe für viele Menschen einfach anstrengend zu begehen», sagt er. Dann komme es darauf an, den Verlauf einer Treppe mit einem Zwischenpodest richtig zu planen, und dafür brauche es eben Erfahrung.

Die eine gute Idee für eine Treppe in der jeweiligen baulichen Situation ist das entscheidende Momentum. «Die Massaufnahme und das Zeichnen sind bei einfachen Treppenläufen nicht das Problem», sagt Brägger. Das ist auch für Nicht-Treppenbauer machbar, zumal die gängigen CAD-Programme der Branche inzwischen auch für die Treppenplanung die nötigen Werkzeuge und Funktionen bieten. Trotzdem braucht das viel Zeit, was die individuelle Treppe dementsprechend teuer mache.

Die Baustelle am Rechner

Bei Treppenbau.ch arbeitet das Team seit gut zwei Jahren mit einem «Focus 3D-Scanner» von Faro. Dieser tastet Räume mit allen Details ab und erzeugt eine Punktewolke aus mehreren Millionen Messpunkten für das dreidimensionale Abbild. So lässt sich ein exaktes Modell ganzer Häuser in kurzer Zeit generieren. «Je schiefwinkliger und krummer die Situation vor Ort ist, desto mehr lohnt sich sein Einsatz», sagt Brägger. Nebst der Vielzahl der Daten und der fehlerfreien Massaufnahme ist vor allem von Vorteil, dass jederzeit am Rechner im Planungsbüro Details wie etwa die Platzierung von Steckdosen und Ähnliches eingesehen werden können. Ein wiederholter Be- such vor Ort auf der Baustelle ist so nicht nötig. Hat man früher so manche Teile erst vor Ort eingepasst, können durch das realistische Bild mehr Arbeiten vorab in der Werkstatt erledigt werden. Das spart Zeit und damit Geld. «Das Gerät ist heute etwa drei Tage die Woche im Einsatz. Wir erledigen inzwischen praktisch alle Massaufnahmen mit dem 3D-Scanner», so Brägger.

Bei der Ambauen Treppen AG in Beckenried NW setzt man ebenfalls auf den räumlichen Scan. «In manchen Fällen reicht aber auch der Kreuzlinienlaser völlig aus, so- dass wir mit beiden Techniken in der Massaufnahme arbeiten», sagt Christian Ambauen, Geschäftsführer des Unternehmens.

Als reiner Planungsdienstleister für Treppen agiert Ambauen weniger, vielmehr seien bei Kooperationen mit Schreinereien nebst der Planung auch die Fertigungskompetenz des Treppenbauers gefragt. Der Grund: Die Massivholzverarbeitung kann vom Treppenbauer oft rationeller ausgeführt werden.

Das Zusammen hat viele Gesichter

Auch Brägger kennt die Situation gut, dass die federführende Schreinerei ihm die Planung und Fertigung für ihren Kunden überlässt. «Die Oberflächenbehandlung und die Montage, vor allem wenn gleichzeitig auch Boden, Einbauschränke, Türen und andere Arbeiten vor Ort auszuführen sind, macht dann die Schreinerei selbst», sagt Brägger. Dies sei die häufigste Variante der Zusammenarbeit. Wenn die Auftragsbücher nicht ganz so voll seien, würden die Schreinereien einen grösseren Anteil im Prozess übernehmen. «Vor allem während der Wintermonate spüren wir diese Tendenz.»

Das Ganze scheint reibungslos zu funktionieren. «Wir haben einige Schreiner und Zimmerer, die jedes Jahr fünf oder sechs Treppen mit uns zusammen realisieren», sagt Brägger. Das Zusammenspiel wird heute dank der digitalen Datendurchgängigkeit möglich. Gerade dann, wenn Einbauschränke unter einem Treppenlauf geplant seien, komme die Zusammenarbeit zum Tragen. Bei Schränken, Türen oder Wandverkleidungen sei der Schreiner einfach rationeller. «Stehen weitere Arbeiten auf dem Plan, ist es sinnvoll, wenn die gesamte Oberflächenbehandlung samt Treppe aus einer Hand kommen. Denn schon kleine Unterschiede im Ablauf, selbst wenn das gleiche Öl verwendet wird, sieht man am Ende oft.»

Auch gemeinsam montieren

Wie intensiv die konkrete Zusammenarbeit zwischen den Akteuren ist, zeigt sich nicht nur bei der Aufteilung der einzelnen Arbeitspakete für die Erstellung einer Treppe. Das Team von Treppenbau.ch hat schon öfter komplexere Treppen, bei denen Schreinereien beteiligt waren, gemeinsam vor Ort montiert. «So kann ich einfach eine Person aus unserem Betrieb losschicken, die dann mit zwei Schreinern vor Ort die Montage erledigt. Vor allem, wenn die Baustelle weit entfernt ist und der Schreiner vor Ort, macht das Sinn, weil es das ganze Projekt nicht unnötig verteuert», sagt Brägger.

Inzwischen hängt an der Treppe oft noch die Arbeit eines Einbauschrankes, einer Garderobe oder eine andere Arbeit im Innenausbau. Die Treppe rückt dabei wieder in den Mittelpunkt und wird öfter als Schmuckstück im Raum gesehen, war sie doch zeitweise eher am Rand des Geschehens eher ein notwendiges Übel. Nicht zuletzt deshalb sucht Brägger auch die Zusammenarbeit mit den hölzigen Kollegen. «Schreinerinnen und Schreiner haben den Kundenkontakt, wir haben das Know-how in Sachen Treppen. Wenn der Schreiner dem Kunden sagt, dass er einen guten Treppenbauer hat, mit dem er zusammen die Treppe realisieren kann, bleibt der Schreiner der Ansprechpartner, und das Ergebnis ist durch die Partnerschaft am Ende einfach top», weiss Brägger.

www.treppenbau.chwww.ambauen.ch

Christian Härtel

Veröffentlichung: 17. Juni 2021 / Ausgabe 25/2021

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