Auf vier Wegen zum Ziel

Vierwegstapler vereinen zwei Stapler in einem. Mit einem Ausschubmast ausgerüstet, sind sie kompakt und flexibel einsetzbar. Bild: Arbor AG

Transport.  Vierwegstapler sind flexibel einsetzbar und erleichtern den Materialtransport bei beengten Platzverhältnissen. Der Kauf eines solchen Fahrzeuges will aber gut vorbereitet sein, damit die Vorteile genutzt werden können und die Wirtschaftlichkeit gegeben ist.

In vielen Schreinereien gehört das Abladen von Platten, Kanteln und Massivholzbrettern nach wie vor zu den Aufgaben, die von Hand erledigt werden müssen – meistens von Lernenden. Zwar gibt es immer mehr Betriebe, die einen Frontstapler oder eine Ameise ihr Eigen nennen. Sie sind verhältnismässig günstig, und auch der Occasionsmarkt gibt einiges her.

Manövrieren auf engstem Raum

Oft sind aber die Platzverhältnisse so ungünstig, dass das Manövrieren mit Frontstaplern sehr umständlich oder praktisch unmöglich ist. Diese Problematik tritt in Schreinereien noch häufiger auf, da nicht nur Paletten, sondern auch sehr viel Langgut transportiert werden muss. An dieser Stelle kommen Vierwegstapler ins Spiel: Sie vereinen die Funktionen eines Frontstaplers mit jenen eines Seitenstaplers. Letztere kennt man insbesondere aus der Holzindustrie und den Sägewerken.

«In den letzten Jahren haben die Anfragen für Vierwegstapler aus Schreinerbetrieben stetig zugenommen», sagt Andreas Stettler. Er ist Geschäftsführer der Arbor AG in Boll BE, die von Front- über Seiten- bis hin zu Vierwegstaplern alles im Angebot hat. Stettler führt die steigende Nachfrage auf Optimierungsmassnahmen der Betriebe zurück. Denn auch Lernende können produktivere Arbeiten erledigen, als Material abzuladen und umherzuhieven.

Drei oder vier Räder

Die Verwandlung vom Front- zum Seitenstapler funktioniert ganz simpel, indem die Räder um 90 Grad gedreht werden. Dennoch gibt es Unterschiede: So sind Vierwegstapler sowohl mit drei als auch mit vier Rädern verfügbar. Der Vorteil von drei Rädern ist, dass die Maschine auch auf unebenen Untergründen immer stabil steht. Bei vier Rädern braucht es zusätzlich einen Ausgleichsmechanismus, der die Maschine wiederum verteuert. Theoretisch bieten Stapler mit vier Rädern eine etwas bessere Kippsicherheit. Allerdings sind alle Fahrzeuge ohnehin so geprüft, dass sie im Rahmen der angegebenen Gebrauchsvorschriften nicht umkippen können.

Allgemein gelten Vierwegstapler als sehr sichere Fahrzeuge. Aufgrund der weit auskragenden Radarme sind sie sehr standfest und trotzdem kompakt. Möglich macht dies ein Ausfahrmast, womit die Gabel bei Bedarf herausgefahren werden kann. Eingefahren ragt die Gabel, je nach Länge, nicht oder nur teilweise über die Radarme hinaus. Dank des Vierwegbetriebs muss beim Abladen nicht mehr um 90 Grad gedreht und das Langgut quer transportiert werden. Im Seitenfahrmodus hat der Staplerfahrer in Fahrtrichtung sogar eine bessere Übersicht.

Einfache Technik dank Hydraulik

Unterschiede gibt es auch beim Steuerungsmechanismus. Einzeln individuell drehbare Räder bieten mehr Wendigkeit und erlauben beispielsweise auch diagonales Fahren. Allerdings braucht es dafür eine elektronische Steuerung mit verschiedenen Fahrprogrammen. Einfacher aufgebaut sind hydraulisch gesteuerte Systeme: Im Frontmodus sind die beiden vorderen Räder fix parallel zur Gabel gerichtet, gelenkt wird mit dem Einzelrad am Heck. Im Seitenfahrmodus drehen sich alle drei Räder um 90 Grad zur Gabel, das Einzelrad wird fixiert. Gesteuert wird nun mit den beiden Rädern an den Radarmen.

Der Bediener bestimmt die Fahrtrichtung ganz einfach mittels eines Hebels, den er in die gewünschte Fahrtrichtung stellt. Das Hydrauliksystem stellt dann die Räder automatisch in die richtige Position respektive legt quasi den Rückwärts- oder Vorwärtsgang ein. Das Umstellen vom Front- in den Seitenfahrmodus beansprucht deshalb aber einen kurzen Augenblick.

Trotzdem scheinen sich hydraulisch gesteuerte Räder in der Holzbranche besser zu bewähren. Andreas Stettler begründet das mit dem einfacheren System: «Wenn alles hydraulisch gesteuert ist, benötigt man keine komplexe elektronische Steuerung, es braucht nur einen Motor und eine Hydraulikpumpe. Man verbaut also in erster Linie technische Standardkomponenten, die sich einfach reparieren lassen.» Dadurch könne man die Stapler verhältnismässig günstig produzieren und die Wartungskosten tief halten. Selbstverständlich werden die Stapler auf Wunsch auch mit allen Schikanen wie multifunktionalen Joysticks, Bildschirmen und Klimaanlage ausgeliefert.

Wissen, was man transportieren will

Vierwegstapler kosten natürlich mehr als gewöhnliche Modelle. Deshalb lohnt es sich, die Situation im Betrieb genau zu beurteilen. Als Allererstes muss geklärt werden, was für Material wie oft transportiert werden soll. Denn je grösser und schwerer das Transportgut ist, desto leistungsfähiger und grösser muss der Stapler sein, was sich wiederum auf den Preis auswirkt. Ein zentrales Kriterium ist dabei der Lastschwerpunkt. Dieser Punkt wird vom Gabelrücken bis zum Schwerpunkt der Last gemessen. Je weiter dieser Punkt vom Gabelrücken entfernt ist, desto geringer ist die Tragkraft des Staplers. Dies wird von den Herstellern meistens in einem Tragkraftdiagramm dargestellt.

Konkret heisst das: Ist bei einem Stapler eine Tragkraft von 4000 kg bei einem Lastschwerpunkt von 600 mm angegeben, ergibt das eine Tiefe der Last von 1200 mm, sofern das Gewicht gleichmässig verteilt ist. Bekanntlich messen Standardplatten in der Regel aber 2070 mm, somit ergibt sich ein Lastschwerpunkt von 1035 mm. Unter diesen Umständen fällt die Tragkraft dann unter 3000 kg. «Dieser Umstand geht leider oft vergessen», sagt Stettler. Deshalb kann sich eine Absprache mit dem Plattenlieferanten lohnen, damit dieser sehr grosse und schwere Pakete beim Beladen des Lastwagens aufteilt. Dadurch kann man allenfalls einen eher kleineren und somit günstigeren Stapler kaufen. In diesem Zusammenhang darf man auch die Tragfähigkeit des Werkstattbodens nicht vernachlässigen, denn nur schon das Eigengewicht solcher Maschinen kann beträchtliche Ausmasse annehmen.

Grundrisse optimieren

Sind diese Punkte geklärt, müssen die räumlichen Gegebenheiten analysiert oder – falls neu gebaut wird – miteinbezogen werden. Wo kann der Vierwegstapler mit dem Material durchfahren und wo nicht? Gibt es Steigungen oder Rampen, die befahren werden müssen? Kann oder muss vielleicht sogar das Lager umgebaut oder optimiert werden? Gerade Letzteres ist entscheidend, wenn man mehr Geld für einen Vierwegstapler ausgeben will: Die Investition muss sich bezahlt machen. Entweder weil dadurch das Lager dichter organisiert werden kann und so Flächen für andere Zwecke frei werden oder weil der Stapler an Stellen eingesetzt werden kann, wo dies bisher aufgrund der Platzverhältnisse nicht möglich war. Die Fachhändler bieten darum auch die Analyse, Planung und Organisation eines Grundrisses an. Mithilfe von Simulationen lässt sich überprüfen, ob der Stapler überall hinkommt. «In kniffligen Fällen haben wir das vor Ort auch schon mit einem Ausstellungsmodell getestet», sagt Andreas Stettler.

Elektrisch auf dem Vormarsch

Wie bei den Frontstaplern gibt es für die Vierwegstapler Antriebe mit Diesel-, Gas- und Elektromotoren. Letztere setzen sich gemäss Stettler trotz des höheren Anschaffungspreises immer mehr durch: «Der Diesel ist zwar günstiger in der Anschaffung, aber die Wartung wird aufgrund der strenger werdenden Abgasvorschriften und der damit verbundenen Technik immer teurer.» Hinzu kommen noch der Lärm und die Abgase, die je nach Einsatzort weniger erwünscht sind. Da hat der Elektroantrieb die Nase klar vorne, zumal auch die Wartungsintervalle länger sind. Aufgrund der zusätzlichen, beweglichen Teile eines Vierwegstaplers dürfte der Wartungsaufwand gegenüber einem Frontstapler dennoch leicht grösser sein.

Allgemein darf man die Sicherheitsaspekte nicht unterschätzen, obwohl Vierwegstapler mit etwas Übung nicht schwieriger zu bedienen sind als Frontstapler. Der Bediener des Fahrzeuges muss eine entsprechende Ausbildung absolviert haben. Darüber hinaus benötigen Stapler eine Strassenzulassung, sobald das Werksgelände öffentlich zugänglich ist oder vielleicht auch mal eine kurze Strecke auf einer öffentlichen Strasse zurückgelegt werden muss.

Frontstapler oder mit Deichsel

Für jene, die nur selten die Seitenstaplerfunktionen benötigen oder nicht allzu grosse und schwere Gegenstände transportieren wollen, gibt es auch Vierwegfrontstapler. Sie verfügen über keine Radarme und keinen Ausschubmast, sind aber ebenfalls kompakt. Eine interessante Alternative sind handgeführte Vierwegstapler mit Deichsel. Sie verfügen über einen Gabelausschub statt eines Ausschubmasts. So lassen sich ebenfalls Paletten, Kanteln oder Bretter problemlos auf Kragarmregale heben.

www.arbor-ag.chwww.rohrer-marti.ch

ph

Veröffentlichung: 26. August 2017 / Ausgabe 29-30/2017

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